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Allgemeines Einleitung

Im Dokument Jugendhintergrund und Psychologie (Seite 77-81)

Möglichkeiten und Grenzen der Ju- Ju-gendarbeit mit rechtsextremistischen

1 Allgemeines Einleitung

Angesichts der aktuellen Diskussion vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 über den Sinn eines möglichen Verbo-tes der rechtsextremen NPD durch das Bundesverfassungsge-richt in Karlsruhe und dessen Folgen für die rechte Szene in Deutschland, stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit eine freiheitliche Demokratie wie die deutsche, neben einer solchen Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen, diese schon im Vorfeld steuern bzw. beeinflussen kann und soll. Im Problembereich des Rechtsextremismus in Deutschland fällt den Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonderes Au-genmerk zu, da Heranwachsende nun einmal besonders ‚ex-tremismusanfällig‘ sind.1 Dies belegt auch eine im Verfas-sungsschutzbericht des Jahres 1994 veröffentlichte Analyse der verurteilten Gewalttäter von 1991 bis 1994 in der militanten rechtsextremen Szene: Danach waren 78 % der Täter Jugend-liche und Heranwachsende im Alter von 14 bis 20 Jahren. Den Großteil stellten hierbei die 17- bis 19jährigen.2

1 Vgl. SCHERR, Albert: Zum Stand der Debatte über Jugend und Rechtsextremismus; in: FALTER, Jürgen W./ JASCHKE, Hans-Gerd/

WINKLER, Jürgen R. (Hg.): Rechtsextremismus - Ergebnisse und Perspektiven der Forschung, Politische Vierteljahresschrift, Son-derheft 27/1996, S. 97

2 Bundesministerium des Inneren (Hg.): Verfassungsschutzbericht 1994, S. 93f.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, gab in einer Rede anlässlich der Festveranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum des Bundesamtes für Verfassungs-schutz am 24. Oktober 2000 im Zusammenhang mit der Fra-ge, wie fremdenfeindlichen und rassistischen Gewaltverbre-chen entgegengetreten werden kann, zu bedenken:

„Es macht wenig Sinn, an den Symptomen einer Krankheit herumzudoktern, wenn die Ursachen dafür nicht zuvor scho-nungslos und selbstkritisch analysiert werden. Bei dieser kriti-schen Analyse sollten wir meines Erachtens unser Hauptau-genmerk auf zwei Schwerpunkte legen: Zum Einen die präventive Jugendarbeit als eine Investition in unser aller Zu-kunft zu begreifen und ihr damit endlich auch den Stellenwert zukommen zu lassen, der ihr gebührt. ?...?“3

So ist die Jugendarbeit mit Jugendlichen mit rechtsextremem Hintergrund zwar kein allzu neues, doch aber ein immer noch bzw. gerade wieder sehr aktuelles Thema.

Definition

Es stellt sich nun die Frage, was man eigentlich unter Ju-gendarbeit versteht. Wie definiert man JuJu-gendarbeit über-haupt? Jugendarbeit oder auch Jugendhilfe umfaßt sämtli-che Maßnahmen der Jugendwohlfahrt, die außerhalb der Schule von staatlichen und nicht-staatlichen Stellen

3 SPIEGEL, Paul: Rede anlässlich der Festveranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum des Bundesamtes für Verfassungsschutz am 24.10. 2000 in Köln, siehe Anlage

führt werden. Staatliche Stellen sind hierbei in erster Linie die Jugendämter, freie Träger sind meist Vereinigungen der freien Wohlfahrtspflege.4

Rechtsgrundlage für die öffentliche Jugendarbeit ist das Kin-der- und Jugendhilfegesetz (KJHG) vom 26.06.1990, das als achtes Buch in das Sozialgesetzbuch eingegliedert ist. Im § 1 Absatz 1 Satz 1 KJHG heißt es: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Per-sönlichkeit“.5 Ihm sollen gesellschaftliche Werte, wie Solidari-tät, Chancengleichheit, Verantwortung, Demokratie, Gleich-berechtigung und Toleranz vermittelt werden. Jugendarbeit stellt hierbei gewissermaßen die Schnittstelle zwischen den In-teressen der Jugendlichen und den Werten der Gesellschaft dar. Das Ziel ist dabei letztendlich, Jugendliche in die Lage zu versetzen, die gesellschaftliche Entwicklung zu erkennen und diese verantwortungsvoll mitzugestalten.6

Im Folgenden soll ausschließlich der Begriff der Jugendarbeit verwendet werden.

4 Vgl. dtv-Lexikon Band 9, 1995, S. 117

5 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der Bundesrepublik Deutschland: Auszug aus dem Sozialgesetzbuch (SGB): Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe, Online im In-ternet: http://195.227.51.240/infoc/download/sgbviii.doc (Stand: 01.10.2001), s. Anlage

6 Vgl. LANDGRAFF, Karsten/ TOKUMARU, Lutz: Offene Jugendar-beit (OJA), Online im Internet: URL: http://home.-germany.net/vika/mailing2.htm#2 (Stand: 01.10.2001)

Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, die verschiedenen Formen von Ju-gendarbeit mit ‚rechten‘ Jugendlichen und jungen Erwach-senen darzulegen und in zukunfts- und handlungsorientierter Art und Weise aufzuzeigen, welche Chancen und Möglichkei-ten sie bietet. Es sollen aber auch die Grenzen verdeutlicht werden, die sie nicht zu überwinden vermag. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, näher auf die Ursachen und Erklärungsversuche des Phänomens ‚Rechtsextremismus bei Jugendlichen‘ einzugehen. Vielmehr soll erörtert werden, wie sozusagen ‚das Übel an seiner Wurzel gepackt‘, anstatt auf Auswüchse und Folgen dieses Übels reagiert und somit nur an dessen Oberfläche gekratzt werden kann – Prävention an-statt Reaktion also.

Dabei wird auf verschiedene Facetten der Jugendarbeit, wie etwa die offene, mobile und akzeptierende Jugendarbeit eingegangen. Auch die Rolle der internationalen Jugendar-beit und des internationalen Jugendaustauschs wird erörtert.

Schließlich sollen anhand eines Beispiels auch Überlegungen zur Bedeutung der Kommune bei der präventiven Jugendar-beit angestellt werden und geprüft werden, welchen Beitrag der Verfassungsschutz beisteuern kann, zumal er doch auch als „präventiver Verfassungsschutz“7 verstanden wird, der be-reits im Vorfeld von Straftaten tätig wird. Im letzten Teil der

7 JESSE, Eckhard: Die streitbare Demokratie und der politische Ex-tremismus, in: Bundesministerium des Inneren (Hg.), Extremismus und Gewalt, Band III (Reihe: Texte zur inneren Sicherheit), Bonn, 1994, S. 7

Arbeit soll die Position der Jugendarbeit mit rechten Jugend-lichen in der Gesellschaft aufgezeigt werden, um zu verdeut-lichen, dass sie allein kein Allheilmittel gegen rechtsextremisti-sche Tendenzen bei Jugendlichen und jungen Heranwachsen-den sein kann.

2 Jugendarbeit als Handlungsstrategie gegen

Im Dokument Jugendhintergrund und Psychologie (Seite 77-81)