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Allgemeine Phänomenologie und Charakterisierung des metastabilen

T- IDLS

5. Der metastabile Czochralski-Silicium-Defekt 143

5.2 Bordotiertes Cz-Silicium

5.2.3 Allgemeine Phänomenologie und Charakterisierung des metastabilen

Neben den in Kapitel 5.2.2 beschriebenen Sauerstoff-korrelierten Defekten ist zusätzlich die Beteiligung von Sauerstoffatomen auf Zwischengitterplätzen an einigen teilweise elektrisch aktiven Komplexen mit intrinsischen Partnern (z.B. Leerstellen) oder extrinsischen Verun-reinigungen, wie beispielsweise B, C, N, Fe, Al, Mn oder Pt bekannt [184]. Das gravierendste Problem hinsichtlich aus Cz-Silicium prozessierter Solarzellen ist der oft kurz Cz-Defekt ge-nannte metastabile Defekt, welcher in bordotierten Kristallen mit dem für Cz-Silicium typi-schen hohen Sauerstoffgehalt auftritt. In diesem Unterkapitel wird das bei bordotierten Cz-Kristallen zu beobachtende Degradationsphänomen erläutert sowie auf bisherige Charakterisie-rungsergebnisse der Literatur eingegangen.

Unter Beleuchtung oder Ladungsträgerinjektion durch Anlegung einer Spannung in Vor-wärtsrichtung tritt bei bordotiertem Cz-Silicium eine Degradation des Wirkungsgrades von Solarzellen auf, welcher ausgehend von einem hohen Wert unmittelbar nach Prozessierung schließlich einen stabilen verringerten Wert aufweist. Bei hocheffizienten Laborzellen beträgt die relative Degradation bis zu 10% (relativ) [3], während bei kommerzieller Fertigung ty-pischerweise 3-7% beobachtet werden [185]. Somit büßen Solarzellen aus bordotiertem Cz-Si im Vergleich zu günstigerem mc-Si-Material einen Teil des ursprünglichen Vorteils durch höhere Ausgangslebensdauern wieder ein und die lichtinduzierte Degradation (LID) stellt ein gravierendes Hindernis hinsichtlich der aktuellen Bemühungen um höhere Wirkungsgrade dar.

Erstmals beobachtet wurde der Degradationseffekt von Fischer und Pschunder im Jahre 1973 an bordotiertem Cz-Si [2]. Die beobachtete Reduktion der Volumenlebensdauer, und damit einhergehend vor allem der Spannung und des Wirkungsgrades einer Solarzelle, ist reversibel, da sich durch eine Temperung bei 200°C der Ausgangswirkungsgrad wieder erreichen lässt [2, 3, 186].

In Abbildung 5.3a ist das typische Degradationsverhalten der Leerlaufspannung einer bordotierten Cz-Si-Hochleistungssolarzelle wiedergegeben. Dargestellt ist der durch Erzeu-gung von Überschussladungsträgern induzierte Spannungsabfall. Dieser wurde durch Beleuch-tung entsprechend 100 mW/cm2 (schwarze Kreise) sowie durch Anlegen einer Spannung von 750 mV in Vorwärtsrichtung (graue Kreise) erzeugt [140, 186]. Die relative VOC-Degradation wurde jeweils nach Ausheilung bei 200°C bzw. ausgehend von ca. 655 mV gemessen. In Abbildung 5.3b ist die Ausheilung des Cz-Defekts dargestellt [186]. Wie aus der relativen VOC -Erholung durch Behandlung bei verschiedenen Temperaturen ersichtlich, lässt sich durch einen Temperschritt von 20 Minuten bei 200°C die ursprüngliche Spannung bzw. Zellleistung wieder vollständig herstellen. Der Zyklus aus Degradation und Temperung läuft hierbei vollständig reversibel ab.

0 200 400 600 800 1000 -4

-3 -2 -1 0

0 100 200 300 400 500

0 1 2 3 4 5

Forward Bias (750 mV) Stored in Dark

Boron-doped Cz-Si ρ=1.2 cm

(a) Illumination (1 sun)

Relative VOC-Degradation [%]

Illumination Time [min]

Boron-doped Cz-Si ρ=1.2 cm

Relative V-Increase [%] oc (b)

Temperature [°C]

Abbildung 5.3. Degradation der Leerlaufspannung einer bordotierten Cz-Si-Hochleistungssolarzelle mit cm

2 ,

1

ρ = . (a) Relative VOC-Degradation, gemessen jeweils nach Ausheilung bei 200°C und einem Aus-gangswert von ca. 655 mV. Dargestellt ist der Spannungsabfall durch Beleuchtung bei 100 mW/cm2 (schwarze Kreise) und durch Anlegen einer Spannung von 750 mV in Vorwärtsrichtung (graue Kreise) [140, 186]. (b) Ausheilung des Cz-Defekts, dargestellt durch die relative VOC-Erholung durch Behandlung bei verschiedenen Temperaturen. Nach ca. 20 Minuten bei 200°C lässt sich die Anfangsleistung wieder vollständig herstellen, wobei die Degradations- und Ausheilzyklen vollständig reversibel ablaufen [186].

Insbesondere seit Mitte der 90er Jahre wurden in zahlreichen Untersuchungen die Eigen-schaften von Cz-Silicium analysiert. Das Potential von Cz-Si wurde von Knobloch et al. mit Solarzellenwirkungsgraden von deutlich über 20% demonstriert [3, 140]. Ein Degradations-effekt wurde nur in Silicium mit ausreichend hohem Gehalt an Bor und Sauerstoff beobachtet.

In Kristallen mit anderen Dotierstoffen, wie Gallium oder Phosphor, aber auch in bordotiertem FZ-Si mit typischerweise geringer Sauerstoffverunreinigung tritt dieses Phänomen nicht auf [6, 187-189].

In der Literatur finden sich zahlreiche Untersuchungen zu den elektrischen Eigenschaften des Czochralski-Defekts [4, 77, 124, 190]. Mittels fortgeschrittener Methoden der Lebens-dauerspektroskopie in Form von TDLS- und IDLS-Experimenten ermittelten Rein et al. für den rekombinationsaktivsten Zustand eine energetische Lage in der oberen Bandlückenhälfte bei EC-Et = 0,41 eV sowie einen Symmetriefaktor von k =σnp = 9,5 [124]. Um bei der Ana-lyse des Cz-Defekts den Einfluss anderer Störstellen zu beseitigen, lässt sich eine so genannte normierte Defektkonzentration Nt*

einführen [27],27 welche von dem für die Degradation ver-antwortlichen Defekt abhängt:

0

* := 1/τd −1/τ

Nt (5.4)

Hierbei bezeichnet τd die Volumenlebensdauer im stabilen Endzustand nach Degradation bzw.

τ0 deren Wert im Ausgangszustand nach Temperung. Zur Bestimmung von Nt* müssen τd bzw.

τ0 beim gleichen Injektionsniveau η =∆n/NA aufgenommen werden. Unter der Annahme, dass abgesehen vom Cz-Defekt alle anderen Rekombinationskanäle durch den Zyklus von

27 Nt* ist proportional zur Defektkonzentration Nt, welche sich aber aufgrund der Unkenntnis von σn nicht direkt ermitteln lässt.

5.2 Bordotiertes Cz-Silicium 151 rung und Degradation nicht beeinflusst werden, hängt Nt*

nach Gl. (1.27) nur noch von den Ei-genschaften des Cz-Defekts ab. Mit Hilfe der normierten Defektkonzentration lässt sich bei-spielsweise der Cz-Defekt hinsichtlich quantitativer Abhängigkeit von Sauerstoff- und Dotier-atomkonzentration untersuchen, worauf im Rahmen der in den Kapiteln 6 und 7 diskutierten Materialanalysen zurückgegriffen wird. In Abbildung 5.4 sind typische injektionsabhängige Lebensdauerkurven einer bordotierten Cz-Probe dargestellt. Aus dem Verlauf nach Temperung (τ0) bzw. nach Degradation (τd) wurde die SRH-Lebensdauerkurve (τCz) des metastabilen Cz-Defekts bestimmt. Daneben sind für drei verschiedene Injektionsdichten jeweils τd- bzw. τ0 -Messpunkte zur Bestimmung der normierten Defektkonzentration Nt*

hervorgehoben.

Zeitaufgelöste Untersuchungen der Rekombinationsaktivität des Cz-Defekts ermöglichten eine Unterscheidung zwischen einer schnellen anfänglichen Degradation innerhalb von Se-kunden bis Minuten, sowie einer langsameren Degradation innerhalb von Minuten bis Stunden, welche die stabile Lebensdauer nach längerer Beleuchtung limitiert [191]. Des Weiteren wurde von Bothe et al. eine empirisch ermittelte Parametrisierung der Lebensdauer τd im degradierten Zustand aufgestellt [192]. Bei einem Injektionsniveau von ∆n/NA = 0,1 sowie einer Borkonzen-tration [Bs] zwischen7×1014 cm-3und 2×1017 cm-3 und einer Sauerstoffkonzentration [Oi] zwi-schen 2,5×1017 cm-3 und 1,2×1018 cm-3 nimmt sie für Wafer im typischen Zustand der Auslieferung, d.h. ohne weitere Hochtemperaturbehandlung, folgende Form an:

B-doped Cz-Silicon (3.5 cm)

τCE-Auger

Effective Lifetime τ eff [µs]

Injection Density ∆n [cm-3]

Abbildung 5.4. Injektionsabhängigkeit der mittels QSSPC-Apparatur ermittelten Lebensdauer einer bordotierten Cz-Silicium-Probe mit einer Dotierkonzentration von NA =4×1015 cm-3. Die offenen kreisförmigen Symbole bzw.

τ0-Werte entsprechen dem ausgeheilten, die dreiecksförmigen Symbole bzw. τd-Werte dem nach Beleuchtung degradierten Zustand des Cz-Defektes. Aus diesen beiden gemessenen Kurven wurde die ausschließlich der SRH-Lebensdauer des Cz-Defekts zuzuschreibende τCz-Kurve (schwarz gefüllte Kreise) berechnet. Die Bestimmung der normierten Defektkonzentration Nt* erfolgt jeweils bei einem definierten Wert des Injektionsniveaus η=∆n/NA

(siehe hervorgehobene Messwerte in Form der drei größeren Symbole, welche drei unterschiedlichen Injektions-dichten entsprechen). Abbildung aus [4].

Laut Anmerkungen in der Literatur ist bisher im Gegensatz zu Lebensdauermessungen kein Nachweis des Cz-Defekts mittels DLTS gelungen, wobei mögliche Erklärungen dieses Sachverhalts vorgeschlagen bzw. diskutiert wurden [4, 27, 193].

5.3 Einfluss intrinsischer Defekte und Modell des