5.6 M ATHEMATISCHER H INTERGRUND DER M ETHODE
5.6.1 Allgemeine mathematische Betrachtungen zur quantitativen PCR
Die geometrische Darstellung der Messwerte (Plot) statt der arithmetischen Berechnung einer qPCR wird gewöhnlich zur Auswertung herangezogen. Wie bei vielen Plots hat sich die rein geometrische Auswertung als einfacher und übersichtlicher erwiesen. Zum vertieften theoretischen Verständnis einer Plotmethode ist jedoch eine algebraische Behandlung der geometrisch durchaus plausiblen Vorgänge notwendig.
Die Grundgleichung zur mathematischen Beschreibung der quantitativen PCR lautet:
Pn= P0*an
Mit Worten ausgedrückt: Die Ausgangsmenge an target-DNA (oder Eduktmenge)P0 wird bei einer Effizienz von α nach n Zyklen zu der PCR-Produktmenge Pn amplifiziert.
Die bekannten Messwerte sind Pn und n, gesucht bzw. unbekannt sind die Werte P0 und α. Es handelt es sich um eine Gleichung mit 2 Unbekannten. Daher sind zur Berechnung mindestens zwei Messwerte notwendig. In der Praxis sind jedoch aus statistischen Gründen immer wesentlich mehr Messwerte zwingend notwendig. Die übliche Auswertung durch eine Plot findet durch folgende Umrechnung statt:
P P a
P P n a
y a bx
n n
n
=
=
= +
+ 0
0
*
log log *log , oder als lineare allgemeine Geradengleichung:
Diese Formel transformiert die Grundgleichung der qPCR in die allgemeine Geradengleichung und ermöglicht die graphische Darstellung und Auswertung.
Zur Errechnung von P0 und α brauchen wir folgende Gleichungen:
P P P P
n
n
n n
=
=
0
0
*α
α
P P P P P P
n
n
n n
n n
=
=
=
0
0
0
*α α
α
Wollen wir P0 aus 2 Messwerten für n und Pn berechnen so erhalten wir durch Gleichsetzung von α:
Ergebnisse 103
α = =
− = −
− = −
− = −
− = −
− = −
= −
− P P
P P
P P
n
P P
n P
n
P n
P n
P n nn
n P n P n P n P
n P n P n P n P
P n n n P n P
P n P n P
n
n n n
n
n n
n n
n n
n n
n n
n n
0 0
0 0
0 0
0 0
0 0
0
0
'
log log log ' log
'
log log log '
'
log
' '
' log ' log log ' log
log ' log log ' ' log
log ( ' ) log ' ' log
log log ' ' log
(
' '
'
'
' ' ' '
[* ]
n
P P
P
n n
n n n n
' ) ' '
' '
[Potenzieren der Gleichung]
0 = −
y
x a
b
n Po
log P
n α
Pn
Abbildung 35: Gegenüberstellung der einfachen, allgemeinen Geradengleichung y=a+b x und der halblogarithmischen Darstellungsweise der Formel logPn= logP0+nlogα zur geometrischen Lösung der qPCR.
Damit kann die Gleichung in einer linearen Plotmethode graphisch dargestellt werden und ist geometrisch lösbar. Eine allgemeinere Behandlung der Formel bietet eine flexiblere Auswertung. Deshalb wurde der folgende Weg beschritten.
Für bekannte Produktmengen Pn und P'n bei bekannten Anzahl von PCR-Zyklen n und n' kann sowohl die Effizienz der PCR α als auch die Menge des Ausgangsproduktes Po bei beliebiger Ausgangsverdünnung ƒ wie folgt direkt errechnet werden.
Zuerst die Berechnung von α:
Ergebnisse 104
Pn =P0&an
logPn =logP0+ nloga logP0 =logPn− nloga
PnÂ=P0&f&anÂ
logPnÂ=logP0+ logf+ nÂloga logP0 =logPnÂ− logf− nÂloga Beide Gleichungen sind nach logP0 aufgelöst und können jetzt gleichgesetzt werden.
logPn− nloga=logPnÂ− logf− nÂloga nÂloga− nloga=logPnÂ− logP− logf
loga(nÂ− n)=logPnÂ− logPn− logf loga= logPnÂ− logPn− logf
(nÂ− n) [Potenzieren,um die Logarithmen zu entfernen]
a= (nÂ−n)f& PnÂ
Pn [fu¨rPn=PnÂgilt:]
a= (nÂ−n)f
Die Berechnung für P0 lautet davon abweichend:
Pn =P0&an
logPn =logP0+ nloga nloga=logPn− logP0
loga= logPn− logP0
n
PnÂ=P0&f&anÂ
logPnÂ=logP0+ f+ nÂloga nÂloga=logPnÂ− logP0− f
loga= logPnÂ− logP0− f nÂ
Beide Gleichungen sind jetzt nach logα aufgelöst und können durch das Gleichsetzungsverfahren gelöst werden.
logPn− logP0
n = logPnÂ− logP0− logf nÂ
nÂlogPn− nÂlogP0 =nlogPnÂ− nlogP0− nlogf nlogP0− nÂlogP0 =nlogPnÂ− nÂlogPn− nlogf
logP0(n− nÂ)=nlogPnÂ− nÂlogPn− nlogf logP0 = nlogPnÂ− nÂlogPn− nlogf
(n− nÂ)
logP0 = nlogPnÂ− nlogf− nÂlogPn
(n− nÂ)
logP0 = n(logPnÂ− logf)− nÂlogPn
(n− nÂ) [Potenzieren der Gleichung]
P0 = (n−nÂ)
Pn f
n
Pnn [oder in anderer Schreibweise:]
P0 = (n−nÂ)PnÂn&f−n&Pn−nÂ
Ergebnisse 105 Damit steht eine Gleichung zur direkten Berechnung zur Verfügung. Jedoch ist sie nicht sehr tauglich in der Praxis, da sie beim Rechnen gleichzeitig sehr große und sehr kleine Zahlen erzeugt. Dies führt auf Taschenrechnern und auch bei nicht korrekter Variablenbenutzung auf einem PC zu nicht unbedeutenden Rundungsfehlern.
Prinzipiell ist damit aber der mathematische Beweis erbracht, daß eine bei verschiedenen Ausgangskonzentrationen durchgeführte PCR mit 2 Messpunkten einen unmittelbaren Rückschluß sowohl auf die Effizienz als auch auf die unverdünnte Ausgangsmenge erlaubt.
Betrachten wir jedoch noch 2 wichtige Sonderfälle. Die Zyklen-abhängige PCR benutzt keine unterschiedlich verdünnten Ausgangskonzentrationen. Auch hier gilt wieder die allgemeine Gleichung. Mathematisch gesehen ist hier ƒ=1. Damit vereinfacht sich die allgemeine Formel der qPCR wie folgt:
P0= (n−nÂ)PnÂn&f−n&Pn−nÂ
P0= (n−nÂ)PnÂn&Pn−nÂ
P0= (n−nÂ)
PnÂ
f n
PnnÂ
P0= (n−nÂ) PnÂn PnnÂ
Die Allgemeingültigkeit dieser Formel ist somit gegeben.
Wie aus den Formel ersichtlich ist, kann man auch (abweichend von der von mir beschriebenen Methode) mit nur zwei Werten Pn und Pn' aus zwei unterschiedlichen Verdünnungen mit zwei vorgegebenen Zyklenzahlen n und n' bei entsprechend statistisch notwendiger Wiederholung der Wertbestimmung sowohl die Effizienz als auch die Ausgangsmenge P0 berechnen. Das Konzept der qPCR durch Variation der eingesetzten Ausgangsmenge läßt sich vielfach verändern und stellt eine sehr variable Methode dar.
Ein anderer Sonderfall der allgemeinen Gleichung der PCR ist auch von entscheidender Bedeutung. Betrachten wir nicht weiter den Radikanden, sondern den Wurzelexponenten. Man kann den Wurzelexponenten vereinfacht als Dn für den Fall setzen, für den gilt: Dn=n-n'. Setzen wir nun n=n' so wird Dn=0 . Dies führt zu der Formel:
P0 = 0PnÂn&f−n&Pn−nÂ
Die 0-te Wurzel aus einem Radikanden ist jedoch nicht definiert. Die Gleichung ist für diesen Grenzwert nicht lösbar. Mit anderen Worten ist bei noch so exakter Bestimmung zweier Produktwerte bei gleicher Zyklenanzahl nie eine Bestimmung der
Ergebnisse 106 Ausgangskonzentration möglich. Dies ist bei der graphischen Betrachtung dieser Aussage evident. Neben dieser evidenten und wenig aufregenden Bedeutung ergibt sich aber noch etwas Entscheidendes. Sieht man nämlich ∆n=0 als Grenzwert verschiedener Werte an, kann man den Umkehrschluß ziehen, daß ein großes ∆n eine bessere, sprich statistisch genauere, Bestimmung der Ausgangskonzentrationen erlaubt. Auf die in dieser Arbeit vorgestellte Methoden übertragen heißt dies, daß eine Spreizung der Messwerte auf der n-Achse eine Verbesserung der Genauigkeit der Messung bewirkt. Da eine Vergrößerung der Spreizung mit der üblichen Zyklentitration qPCR begrenzt ist durch die Sensitivität der DNA-Detektion als untere und durch die Plateauphase der PCR selbst als obere Beschränkung sind hier enge Grenzen in der Präzision der Methode gesetzt. Dies wird bei der qPCR mit verdünnten Werten umgangen. Hier ist eine Spreizung der Messwerte auf der n-Skala nicht durch die Plateauphase der PCR gegeben. Bei höherer Verdünnung ƒ der Eduktmenge P0 wird die Plateauphase wesentlich später (sprich ∆(n - n') <∆(n - n'')) erreicht.
n P0
P0*f
n n'
log P
n''
Plateauphase
Detektionsminimum
Abbildung 36: Darstellung der Auswirkung der Verdünnung f der AusgangslösungP0
auf die Spreizung der Differenz der Zyklenzahl ∆(n - n') <∆(n - n'').
Ergebnisse 107