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Algorithmus zur Auswertung von Schmelzkurven

3 E RGEBNISSE SOWIE DEREN D ISKUSSION

3.2 Algorithmen und Software

3.2.2 Algorithmus zur Auswertung von Schmelzkurven

Algorithmen und Software Kapitel 3.2

Algorithmen und Software Kapitel 3.2

Der Intensitätsabfall des Schmelzkurvensignals kann betrachtet werden als die Summe zweier Anteile: einem Anteil proportional zum Schmelzprozess der fluoreszierenden Produk-te und einem AnProduk-teil proportional zum Produk-temperaturbedingProduk-ten Quench, der seinerseits wie-derum abhängt von der Menge noch fluoreszierender Produkte im Reaktionsansatz. Um diese beiden Anteile voneinander differenzieren zu können, werden zunächst die ungefäh-ren Charakteristika der Peaks in den Peakkurven bestimmt. Dabei werden die Peaks an-hand lokaler Maxima in den Peakkurven identifiziert. Die angrenzenden Minima definieren die Grenzen des Peaks. Beträgt der Signalunterschied über den Temperaturbereich des ge-fundenen Peaks weniger als 10 % des Signals vor dem Peak, wird der Peak nicht berück-sichtigt. In den Temperaturintervallen zwischen den Peaks ist die Menge fluoreszierender Produkte konstant, so dass hier alle Änderungen der Fluoreszenzintensität ausschließlich durch die Temperaturzunahme verursacht und nicht von Schmelzprozessen überlagert wer-den.

Innerhalb der Temperaturbereiche der gefundenen Peaks tragen sowohl der temperatur-abhängige Quench als auch der Schmelzprozess zu der beobachteten Signalabnahme bei.

Der temperaturabhängige Quench an den Grenzen dieser Temperaturbereiche ist bekannt (siehe oben). Der ungefähre Verlauf des Schmelzprozesses geht aus der aufgezeichneten Schmelzkurve innerhalb des Temperaturbereichs des Peaks hervor. Da die absolute Größe des temperaturabhängigen Quenchs proportional ist zur Menge der fluoreszierenden, also nicht geschmolzenen Produkte, entspricht der Quench im Peakintervall in guter Näherung der Abbildung der Schmelzkurve auf die Quenchwerte an den Intervallgrenzen.

Das Ergebnis einer Berechnung ist in Abb. 3-21 veranschaulicht. Der ermittelte Quench lässt sich als Anteil der Peakkurvenwerte verstehen. Außerhalb der durch die Peakgrenzen

72 76 80 84 88 92 96

Temperatur (T) [°C]

-dF/dT

Nicht korrigiert Quench-Anteil Korrigiert

B) Peak 1 Peak 2

72 76 80 84 88 92 96

Temperatur (T) [°C]

Signal (F) Nicht

korrigiert Korrigiert

A) Peak 1 Peak 2

Abb. 3-21 Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs von Schmelzkurvendaten.

A) Schmelzkurven vor (blau) und nach (rot) Korrektur des temperaturabhängigen Quench. B) Peakkurven der Daten von A) sowie der ermittelte Quenchanteil (grün). Die Bereiche der Peaks sind hellgrau hinterlegt.

Algorithmen und Software Kapitel 3.2 definierten Temperaturbereiche ist der Quench identisch mit der Peakkurve, innerhalb ist er proportional zur Schmelzkurve in diesem Temperaturbereich und verbindet praktisch die angrenzenden Segmente (grüne Kurve in Abb. 3-21 B).

Die Korrektur des Quenchs erfolgt durch die Subtraktion der berechneten Quenchwerte von der Peakkurve. Die korrigierte Peakkurve wird anschließend wieder integriert und auf den Signalbereich der ursprünglichen Schmelzkurve abgebildet.

3.2.2.3 Bestimmung der Menge und Schmelztemperatur der PCR-Produkte

Menge und Schmelztemperatur der entstandenen PCR-Produkte lassen sich anhand der Peakkurven bestimmen. Da die Peaks mehrerer im selben Reaktionsansatz enthaltenen Produkte sich überschneiden können, werden die Charakteristika der Peaks durch die An-passung von Gl. 3.14 an die korrigierte Peakkurve ermittelt:

( )

i i

n T i i

y T h e

µ σ

−

=

=

2

1

Gl. 3.14 Die Funktion beschreibt eine Summe von Gaußkurven. Dabei ist T die Temperatur, n die Anzahl der Peaks, und hi, µi und σi sind die Höhe, Schmelztemperatur und die Breite (SD) von Peak i.

Die zur Produktmenge proportionale Fläche des Peaks i ergibt sich aus Gl. 3.14 durch ( , )

i i i i i

A h σ = ⋅ ⋅h σ π Gl. 3.15

Es werden nur Peaks berücksichtigt, deren Höhe über der durch das Signalrauschen defi-nierten Grenze liegt. Das Signalrauschen wird anhand der Abweichungsquadrate von Messwerten und Spline-Funktion ermittelt.

3.2.2.4 Vergleichende Auswertung mit dem neuen Algorithmus

Die rein temperaturbedingte, nicht durch Schmelzprozesse fluoreszierender Produkte her-vorgerufene Signalabnahme kann bei geringen Produktmengen die schmelzbedingte Sig-nalabnahme überschreiten. Je höher die Schmelztemperatur des nachzuweisenden Pro-dukts, desto geringer ist der durch den Schmelzprozess bedingte Anteil an der Gesamtsig-nalabnahme. Die Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs von Schmelzkurvendaten erhöht hier die Sensitivität, da die gesamte verbleibende Signalabnahme ausschließlich dem Schmelzprozess zugeordnet wird. Je nach Qualität der Ausgangsdaten lässt sich durch die Korrektur die Sensitivität im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren um das vier- bis achtfache steigern. Ein Beispiel dafür ist in Abb. 3-22 gezeigt.

Das spezifische PCR-Produkt (125 Bp) hat eine Schmelztemperatur von ca. 86 °C. Wäh-rend die Probe mit 10 initialen Templatkopien in der nicht korrigierten Darstellung keinen erkennbaren Peak bei dieser Temperatur zeigt, ist nach der Korrektur deutlich zu erkennen, dass spezifisches Produkt gebildet wurde (vergleiche rote Kurve in Abb. 3-22 B bzw. D).

Erst nach der Korrektur wird ein weiterer Peak bei etwa 79 °C sowohl bei der Leerprobe (0

Algorithmen und Software Kapitel 3.2

Kopien) als auch bei der Probe mit 10 Kopien erkennbar. Bei den Produkten mit dieser Schmelztemperatur handelt es sich wahrscheinlich um Primerdimere. Durch PAGE-Analyse ließ sich im Fall der Probe mit 100 initialen Templatkopien nur das spezifische Produkt nachweisen.

Der Einfluss der Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs bei Schmelzkurvenmessun-gen mit SYBR-Green I-Detektion auf die Genauigkeit der ProduktmenSchmelzkurvenmessun-genbestimmung an-hand der Peakflächenintegrale wurde an den PAI- und F7c-Zielsequenzen getestet. Die aufgereinigten PCR-Produkte, generiert mit den Primerpaaren PAI-H1/R1 und F7c-H1/R1 wurden nach UV-spektrophotometrischer Konzentrationsbestimmung in den Verhältnissen 1:4, 1:2, 1:1, 2:1 und 4:1 gemischt und zur Schmelzkurvenanalyse in PCR-Reaktionsgemi-sche gegeben. Die Aufzeichnung der Schmelzkurven erfolgte wie in 2.5.5 beschrieben.

Das PAI-Produkt zeigt einen Schmelzpeak mit einem Maximum bei ca. 83.5 °C, während das F7c-Produkt bei einer Temperatur von ca. 89.5 °C schmilzt. Das Ergebnis ist in Abb. 3-23 dargestellt.

0 1 2 3 4 5 6

70 75 80 85 90 95

Temperatur (T) [°C]

-dF/dT

Tm = 85.2 °C B)

-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 1.5

70 75 80 85 90 95

Temperatur (T) [°C]

Log Signal (F)

100 10 0

A)

Templat-Kopien

0 2 4 6 8 10 12

70 75 80 85 90 95

Temperatur (T) [°C]

-dF/dT

Tm = 85.7 °C

Tm = 78.9 °C D)

-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 1.5

70 75 80 85 90 95

Temperatur (T) [°C]

Log Signal (F)

C)

Abb. 3-22 Steigerung der Sensitivität der Schmelzkurvenanalyse durch die Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs. Unterschiedliche Mengen humaner genomischer DNA wurden über 40 Zyklen mit den Primern IGF-H2/R2 in Anwesenheit von SYBR-Green I amplifiziert. Die PCR-Produkte wurden in einer anschließenden Schmelzkurven-analyse untersucht. Die Detektion erfolgte in Kanal 1. A) Nichtkorrigierte Schmelzkur-ven. B) Peakkurven der Daten von A). C) Korrigierte SchmelzkurSchmelzkur-ven. D) Peakkurven der Daten von C)

Algorithmen und Software Kapitel 3.2

-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0

-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0

Log PAI:F7c (eingesetzt) Log PAI : F7c (gemessen) Nicht korrigiert

Korrigiert

Das im Unterschuss eingesetzte Produkt mit der niedrigeren Schmelztemperatur (PAI) wird ohne Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs deutlich überbestimmt. Das liegt dar-an, dass bei seiner Schmelztemperatur das im Überschuss befindliche Produkt mit der hö-heren Schmelztemperatur (F7c) hier noch zur Gesamtfluoreszenz beiträgt und der dazu proportionale Quench die Signalminderung bei dieser Temperatur verstärkt. Das PAI-Produkt konnte ohne Korrektur bei einem vierfachen Überschuss des F7c-PAI-Produkts nicht mehr quantifiziert werden, da die Signalminderung bei der Schmelztemperatur (Peakhöhe) in diesem Fall geringer war als der anfängliche Signalverlust durch den Quench. Nach Korrektur des temperaturabhängigen Quenchs ist die tendenzielle Überbestimmung des Produkts mit der niedrigeren Schmelztemperatur nahezu eliminiert, die Steigung der Reg-ressionsgeraden ist ungefähr gleich 1.

Die deutliche Steigerung der Genauigkeit durch die Quenchkorrektur bei der Bestimmung von Produktmengenverhältnissen anhand von Schmelzkurvenanalysen mit Hybridisierungs-sonden ist in 3.4.2.5 für den Fall einer kompetitiven PCR gezeigt. Dieses Beispiel demonst-riert gleichzeitig die Vorzüge der Quenchkorrektur, nämlich die höhere Genauigkeit und den größeren dynamischen Bereich, für quantitative Schmelzkurvenanalysen, wie sie z. B.

bei der quantitativen kompetitiven PCR verwendet werden.147,217