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Aktuelle Praxis Ausweichreaktionen und unzulässige Praktiken

Im Dokument 117/2019 (Seite 89-92)

2 Status quo des Rückbaus und der Entsorgung

2.2 Technische Praxis von Rückbau und Entsorgung

2.2.4 Aktuelle Praxis Ausweichreaktionen und unzulässige Praktiken

Sämtliche befragten Akteure wurden auch zu möglicherweise bekannten unzulässigen

Ausweichreaktion / Praktiken befragt. Die entsprechenden Antworten lassen sich grundsätzlich differenzieren in den Bereich der Demontage, den Bereich der Entsorgung/Verwertung und den Bereich der Finanzierung.

90 2.2.4.1 Demontage

Als übergreifendes Problem bei der Demontage von WEA wurde von vielen Befragten ausgeführt, dass der Bereich des Rückbaus einer WEA, weitgehend nicht oder nur unzureichend reglementiert wird. So gebe es keine marktübergreifenden Standards wie der Rückbau einer WEA erfolgen soll, was die generelle Definition von unzulässigen Praktiken erschwert.

Die Möglichkeit von Behörden, Vorgaben zu machen und deren Einhaltung zu kontrollieren wird gemäß den Ergebnissen der Befragung sehr unterschiedlich wahrgenommen. So gibt es durchaus Behörden, die konkrete Vorgaben machen und diese auch vor Ort prüfen. Am Markt wird jedoch aktuell kein einheitliches Vorgehen diesbezüglich beobachtet, sodass Behörden häufig nur sehr unspezifisch bis gar nicht in den Rückbau einer WEA eingebunden sind.

Ähnlich stellt sich die Situation auf Grundlage der Ergebnisse der direkten Befragung der Behörden dar. Insgesamt ist festzustellen, dass die vorliegende Erfahrung auf Seiten der Behörden noch sehr begrenzt sind. Zudem handelte es sich bei den bisher zurückgebauten WEA überwiegend um Repowering-Projekte, was für die Sachbearbeiter der Immissionsschutzbehörden den Vorteil hatte, dass man im Zuge der neuen BImSchG-Genehmigung ohnehin in Kontakt zu dem Betreiber der rückzubauenden WEA stand und somit auch den Rückbau der alten WEA mitgestalten konnte. Für diese Vorhaben wurde zudem deutlich angemerkt, dass der Rückbau gegenüber der Errichtung der neuen WEA klar zweitrangig priorisiert wurde. Für Rückbauprojekte, die kein Repowering waren, wurden dagegen zum Teil auch deutliche Probleme beschrieben. So kommt es durchaus vor, dass die Rückbauanzeige unterbleibt und die Behörden den Rückbau einer WEA erst deutlich verzögert und zufällig mitbekommen. Solche Fälle werden jedoch eher der Unkenntnis der Betreiber zugeschreiben, führen jedoch zwangsläufig dazu, dass die Behörden der Rückbauprozess und schließlich auch den Verlust der Leistung überhaupt nicht überprüfen können. Ein relevantes Problem ist hierbei auch, dass viele alte WEA noch unter Baurecht genehmigt worden sind und zwischenzeitlich in die Zuständigkeit der Immissionsschutzbehörden gefallen sind. Solche sehr alten Genehmigungen enthalten vielfach deutlich weniger und unspezifische Nebenbestimmungen. Als ein Beispiel wurde diesbezüglich erläutert, dass es bei einzelnen WEA-Genehmigungen keine Pflicht zur Anzeige eines

Betreiberwechsels gibt. Bei solchen WEA können die zuständigen Immissionsschutzbehörden den Betreiber einer WEA häufig nur durch längere Recherchen ausfindig machen, was zweifelsfrei als großer Mangel zu werten ist. Neuere Genehmigungen enthalten dagegen gemäß der Einschätzung der Befragten sehr viel detailliertere Bestimmungen, sodass man aus Problemen der letzten Jahre klar die richtigen Schlüsse gezogen habe, problematisch ist jedoch, dass aufgrund der langen Betriebsphasen von WEA positive Effekte, insbesondere was den Rückbau betrifft, erst deutlich zeitverzögert

auftreten.

Sehr interessant ist zudem auch die Auffassung der Behörden bzgl. Zuständigkeit im Bereich des Rückbaus. So wurde von einem Befragten zwar grundsätzlich erläutert, dass die

Immissionsschutzbehörden auch für die Überwachung des Rückbaus zuständig sind, diese

Zuständigkeit sei jedoch nur für den Bereich zum Schutz vor schädlichen Umwelteinflüssen gegeben.

Dies stehe im klaren Gegensatz zur Genehmigung einer WEA, die eine Konzentrationswirkung (auch für andere Rechtsbereiche) aufweist. Praktisch führe dies dazu, dass die Immissionsschutzbehörde den Rückbau einer WEA nur dahingehend bewerten darf, ob von den dargestellten Methoden

schädliche Umwelteinflüsse ausgehen oder nicht. Andere Rechtsbereiche wie bspw. der Arbeitsschutz, baugesetzliche Regelungen oder Ähnliches werden dagegen von den Immissionsschutzbehörden nicht betrachtet, weswegen der Betreiber einer WEA eigentlich Rückbauanzeigen an diverse Fachbehörden stellen müsse. Von anderen Behördenvertretern wurde dahingehend jedoch entgegenstehend

angegeben, dass eine interne Weiterleitung, auch an andere Fachbehörden erfolge, insofern dies als nötig erachtet wird.

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Übergreifend wurde jedoch von allen Behördenvertretern angegeben, dass die Einflussnahme auf Rückbauvorhaben derzeit noch sehr gering sei. So werden in der Regel keine direkten Vorgaben gemacht und Abrissgenehmigungen oder ähnliches nicht ausgestellt. Dies im Übrigen auch, da man die schädlichen Umweltauswirkungen, die von Rückbauarbeiten an ausgedienten Altanlagen ausgehen können, als insgesamt als gering einstuft, insbesondere auch bei Bezug auf andere Anlagen, die unter das BImSchG fallen, welches dem Betreiber klare Pflichten zuweist.

Nachfolgend werden zwei Beispiele für einzelne Rückbau-Aspekte dargestellt, die aus unserer Sicht von den Behörden zusätzlich fokussiert werden sollten und deutlich für die Schaffung von Standards sprechen.

Als ein erstes Beispiel hierfür kann bspw. das Zerlegen von Rotorblättern auf der Baustelle herangezogen werden. Gemäß den Ergebnissen unserer Recherchen ist dieser Prozess nicht

übergreifend reglementiert und wird lokal sehr unterschiedlich gehandhabt. Dies führt grundsätzlich zu einer Ungleichbehandlung verschiedener Betreiber. Es sollte zudem untersucht werden, ob von den beim Sägen entstehenden Stäuben Risiken für Mensch und Umwelt ausgehen.

Als ein zweites Beispiel zur Verdeutlichung der Schaffung von klaren Standards wird auf eine

alternative Rückbaumethode, ohne Kraneinsatz verwiesen. So wird in Deutschland teilweise auch das Umziehen von WEA praktiziert. Hierbei wird die WEA mittels eines Seils und eines Kraftfahrzeugs umgezogen, während häufig ein zusätzlicher Bagger an der Rückseite das Fundament anhebt, um das Umkippen der WEA zu unterstützen. Das Verfahren ist grundsätzlich auf eher kleinere WEA limitiert, wird jedoch gemäß den Ergebnissen der Befragungen gegenwärtig noch angewandt, obgleich von einigen Akteuren erhebliche Bedenken diesbezüglich geäußert wurden. Gegenüber dem Rückbau mit einem Kran, führt das Verfahren zu deutlich geringeren Kosten, führt jedoch häufig zu einer Verteilung von GFK-Splittern und Stäuben in der unmittelbaren Umgebung, sowie ggf. auch zu einer

Kontamination der Böden durch die in den Anlagen verbliebenden Restmengen an

Betriebsflüssigkeiten. Die Tätigkeiten sind arbeitsschutztechnisches ein Sicherheitsrisiko und stürzende Anlagen tragen zur Bodenverdichtung bei. Mögliche Verbesserungen dieser

Verfahrensweise, wie bspw. das Umziehen der WEA bei einer Rotorstellung entgegen der Fallrichtung oder der Überzug der Rotorblätter mit Vlies, führen gemäß den Ergebnissen unserer Befragung noch nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen.

Von einigen Fachfirmen aus dem Bereich des Rückbaus wurde zudem auch ausgeführt, dass derzeit ein hoher Preisdruck insbesondere durch Unternehmen aus Osteuropa aufgebaut werde. Teilweise

würden hier gängige deutsche Regelungen (z.B. Arbeitssicherheit) nicht eingehalten. Durch das vielfältige Ausbleiben von Kontrollen, verschärfe dies die Wettbewerbssituation zunehmend.

Gemäß der Bewertung eines einzelnen Akteurs führt das Fehlen von Standards zudem vereinzelt auch zu einer Verunsicherung verschiedener Betreiber. So seien einzelne Betreiber derart um ihren Ruf besorgt, dass Sie an Rückbaufirmen derart überzogene Anforderungen stellen würden, die unter Umständen nicht umsetzbar seien.

Da während der Befragungen auch Indikationen für ein mögliches Aufkommen von schädlichen Stoffen innerhalb von Beschichtungen/Lacken der Türme aufgekommen sind, sollte dieser Problematik gesondert nachgegangen werden.

Als ein grundsätzliches Problem während des Rückbaus, ist zudem die im Baugewerbe gängige Praxis des Einsatzes und der zum Teil mehrfachen Weitergabe von Arbeiten an Subunternehmer zu nennen.

So begründet sich hieraus zwar grundsätzlich kein pauschaler Mangel und teilweise werden auch qualitativ sehr hochwertig arbeitende Firmen unterbeauftragt, oft führt ein solches

Geschäftsverhalten, jedoch auch zu qualitativen Problemen bis hin zu arbeitsschutzrechtlich bedenklichen Verhalten, bei einer gleichzeitigen Schaffung von nur schwer zu durchschauenden Verantwortlichkeiten.

92 2.2.4.2 Entsorgung / Verwertung

Für den Bereich der Entsorgung/Verwertung werden die in Deutschland branchenübergreifenden Standards als grundsätzlich sinnvoll und funktional aufgefasst. So werden Entsorgungsnachweise und teilweise auch Wiegescheine ausgestellt und somit eine gute Dokumentation der

Entsorgung/Verwertung geschaffen. Gemäß der Bewertung der meisten befragten Akteure sei dies ein etablierter und gut funktionierender Prozess, vereinzelt gaben Akteure jedoch auch an, dass

Entsorgungsnachweise nicht durchgehend eingefordert werden. So wurde auch beschrieben, dass bspw. das Vergraben von ganzen Rotorblättern in Einzelfällen praktiziert worden sei. Ähnlich zeichnet sich diesbezüglich auch die Einschätzung mit Blick auf die befragten Behördenvertreter. So wurden verschiedene Angaben bzgl. der einzufordernden Dokumente zu Entsorgung gemacht. Während einzelne Behörden die Entsorgung vollständig nachgewiesen haben wollen, reicht es Anderen die Entsorgungsfirmen namentlich zu kennen und wieder andere fordern bezgl. der Entsorgung überhaupt keine Dokumentation ein.

Weitgehend negativ werden außerdem auch die aktuellen Entsorgungswege für GFK und CFK-Abfälle eingeschätzt. So haben viele Akteure noch grundsätzliche Bedenken bzgl. der zu erwartenden

Stoffmengen und der aktuell verfügbaren Entsorgungswege (GFK als Ersatzbrennstoff zur Zementindustrie, Faserrückgewinnung durch Pyrolyse für CFK) und sehen hier weiteren

Forschungsbedarf. Zudem werden die Hersteller von Rotorblättern von vielen Akteuren in der Pflicht gesehen, das Design und die Materialienauswahl deutlich in Richtung einer besseren

Recyclingfähigkeit zu optimieren und ggf. auch R-Fasern in neuen Rotorblättern einzusetzen. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch über eine Rücknahmeplicht von Rotorblättern nachzudenken.

Mit Bezug auf die Rotorblätter (und teilweise auch auf andere Komponenten) sollten zudem die technischen Spezifikationen bzw. deren Informationsgehalt dahingehend verbessert werden, dass die stoffliche Zusammensetzung und die stofflichen Mengen eindeutig bestimmbar sind und während des Rückbaus klar ist, an welchen Stellen bspw. GFK und wo CFK verbaut ist.

Einige Akteure schätzen zudem (branchenübergreifend) die Verwertungswege für Betonabfälle (derzeit primär als Füllmaterial) nicht optimal ein und plädieren hier insbesondere für eine verstärkte Nutzung von R-Beton. Dies auch vor dem Hintergrund einer zukünftigen Verknappung von Bausanden.

2.2.4.3 Finanzierung

Aufgrund der Gespräche mit finanzierenden Banken, lassen sich derzeit aus dem Bereich der

Rückbaubürgschaften kaum Probleme ableiten. So gaben die befragten Banken an, dass bisher noch in keinem Fall der finanzielle Ausfall des Betreibers eingetreten sei und die Rückbaubürgschaften

tatsächlich abgerufen wurden. Anderweitige möglicherweise unzulässige Praktiken sind den Banken zudem nicht bekannt.

Unter Berücksichtigung einer Verlängerung der Finanzierungslaufzeiten, als Folge der Anpassungen am EEG, rückt die Thematik des Rückbaus von WEA jedoch zunehmend in den auch in den Fokus von Banken.

Ähnlich kann auch die Situation bzgl. der Grundstückseigentümer eingeschätzt werden. So konnten keine Verpächter identifiziert werden, die tatsächlich negative Erfahrungen mit dem Rückbau von WEA gemacht haben.

Im Dokument 117/2019 (Seite 89-92)