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3.1 Funktionelle Charakterisierung der molekularen Testsonden

3.1.1 Aktivierung des präferentiellen Signalwegs (G i ) durch den M 4 -Rezeptor

Zunächst sollten die als molekulare Sonden dienenden Testsubstanzen, Iperoxo und seine N-alkylierten Derivate, auf Aktivierung des M4-Rezeptors hin untersucht und anhand von Daten, die zu dem Zeitpunkt bereits vorhanden waren, mit dem M2-Rezeptor verglichen werden.

Die Aktivierung von G-Proteinen ist die direkte Folge einer Rezeptoraktivierung durch einen agonistisch wirkenden Liganden und kann anhand der Messung der [35S]GTPɣS-Bindung an die Gα-Untereinheit bestimmt werden. Wie im Methodenteil erläutert (Abschnitt 2.1.2.1), wird unter den hier gewählten Versuchsbedingungen ausschließlich die Aktivierung von Gi/oα-Proteinen erfasst.

Für diese funktionelle Untersuchung wurden Membranhomogenate aus Flp-InTMhM4-CHO-Zellen verwendet, deren Charakteristika (KD und Bmax) in Tab. 6.1 im Anhang aufgeführt sind. Eine hohe Konzentration des inversen Agonisten Atropin diente an jedem Versuchstag der Identifizierung einer möglichen Spontanaktivität der Rezeptoren.

Im Folgenden beruht die graphische Darstellung der Ergebnisse auf den normierten und zusammengeführten Mittelwerten der Einzelexperimente. Die Kenngrößen der [35S]GTPɣS-Bindung, Wirksamkeit und Maximaleffekt, sind tabellarisch mit Standardfehler dargestellt.

59 3.1.1.1 Auswahl von Iperoxo als Referenzsubstanz

Zu Beginn wurde Iperoxo, als Ausgangsverbindung zur Generierung der molekularen Testsonden, mit Acetylcholin, dem endogenen Liganden muskarinischer Rezeptoren, verglichen. Dies diente zum einen der Überprüfung des eigenen experimentellen Arbeitens sowie der Etablierung der Ausgangsverbindung Iperoxo als Referenzsubstanz für die vorliegende Arbeit.

Endogene Liganden werden allgemein als Vollagonisten definiert. Substanzen, die unter den gleichen Bedingungen eine gleichhohe Signalantwort wie Acetylcholin hervorrufen, sind ebenfalls Vollagonisten am entsprechenden Rezeptor.

-14 -12 -10 -8 -6 -4 -2

-20 0 20 40 60 80 100 120

Acetylcholin Iperoxo

Testsubstanz (log M) [35 S]GTPS-Bindung (% Iperoxo-Maximum)

Abb. 3.1 Vollagonist-induzierte [35S]GTPɣS-Bindung an Flp-InTMhM4-CHO-Membranhomogenat. Ordinate: Prozentuale [35S]GTPɣS-Bindung normiert auf den Basalwert und das obere Plateau der Konzentrations-Effekt-Kurve von Iperoxo.

Abszisse: Dekadischer Logarithmus der molaren Agonist-Konzentration. Kurvenanpassung: Vier-Parameter-logistische Gleichung (Gleichung 15) mit konstantem Hill-Koeffizient nH=1, da die freilaufende Kurvensteilheit nicht signifikant von 1 abwich (F-Test, p>0,05). Datenpunkte: Mittelwerte ± Standardfehler aus je 3 Experimenten, jeweils in Vierfachbestimmung.

Eine konstitutive Rezeptoraktivität wurde an keinem Versuchstag detektiert.

Testsubstanz

an M4 pEC50 Emax (% IPX) n

Iperoxo ***8,58 ± 0,06 100 ± 3 3

Acetylcholin 6,37 ± 0,10 99 ± 4 3

Tab. 3.1 Kenngrößen ± Standardfehler der Agonist-induzierten [35S]GTPɣS-Bindung an Flp-InTMhM4 -CHO-Membranhomogenat. pEC50: negativer dekadischer Logarithmus der molaren Testsubstanz-Konzentration beim halbmaximalen Effekt. Emax: Maximaleffekt der Testsubstanz entsprechend dem oberem Plateau der Konzentrations-Effekt-Kurve von Iperoxo (IPX). n: Anzahl der Einzelexperimente. Im jedem Einzelexperiment war der Hill-Koeffizient nH nicht signifikant verschieden von 1 (F-Test, p>0,05). *** signifikant unterschiedlich zu Acetylcholin (t-Test, p<0,0001).

Die jeweils parallel durchgeführten Versuche zeigten eine identische maximale [35S]GTPɣS-Bindung für Acetylcholin und Iperoxo, was ebenso durch N. Janßen (Dissertationsschrift 2011) beschrieben worden war. Die um 2,21 Dekaden signifikant höhere Wirksamkeit von Iperoxo gegenüber Acetylcholin liegt im Bereich der in vorgenannter Dissertationsschrift gefundenen Linksverschiebung der Konzentration-Effekt-Kurve von Iperoxo um 2,09 Dekaden. Eine um 2,40 Dekaden höhere Wirksamkeit von Iperoxo im Vergleich zu Acetylcholin bei gleichem Maximaleffekt ist ebenfalls für den M2-Rezeptor bekannt (Schrage et al., 2013).

Eine Iperoxo-Konzentration von 1 µM induzierte somit eine maximale [35S]GTPɣS-Bindung am M4 -Rezeptor. Diese Konzentration wurde im Folgenden zur Normierung auf die maximal mögliche Systemantwort verwendet.

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3.1.1.2 Die Verlängerung des n-Alkylsubstituenten beeinflusste die Kenngrößen Wirkung und Maximaleffekt

Die funktionelle Charakterisierung der molekularen Testsonden erfolgte mit 1 µM Iperoxo als Referenzwert für die maximal-induzierbare [35S]GTPɣS-Bindung. Die Konzentrations-Effekt-Kurve für Iperoxo ist zum besseren visuellen Vergleich in jedem Graphen dargestellt.

-14 -12 -10 -8 -6 -4 -2

Abb. 3.2 Iperoxo-induzierte [35S]GTPɣS-Bindung im Vergleich zu seinen N-alkylierten Derivaten an Flp-InTMhM4 -CHO-Membranhomogenat. Ordinate: Prozentuale [35S]GTPɣS-Bindung normiert auf den Maximaleffekt von Iperoxo (1µM) als 100% und die basale [35S]GTPɣS-Bindung ohne Ligand als 0%. Abszisse: Dekadischer Logarithmus der Agonist-Konzentration.

Kurvenanpassung: Vier-Parameter-logistische Gleichung (Gleichung 15) mit konstantem Hill-Koeffizient nH=1, da die freilaufende Kurvensteilheit nicht signifikant von 1 abwich (F-Test, p>0,05). Supramaximale Konzentrationen der Substanzen IP-C9 (log M > -4) und IP-C10 (log M> -5) wurden dabei von der Datenanalyse ausgeschlossen. Datenpunkte:

Mittelwerte ± Standardfehler aus 3-5 unabhängigen Experimenten, jeweils in Vierfachbestimmung. Eine konstitutive Rezeptoraktivität wurde an keinem Versuchstag detektiert.

61 Testsubstanz an

M4 pEC50 Emax (% IPX 1 µM) n

Iperoxo 8,65 ± 0,05 99 ± 3 10

IP-C2 7,46 ± 0,08 96 ± 4 5

IP-C3 6,35 ± 0,07 *83 ± 3 4

IP-C4 5,64 ± 0,08 *68 ± 3 5

IP-C5 5,71 ± 0,08 *73 ± 3 3

IP-C6 5,77 ± 0,08 *57 ± 2 3

IP-C7 5,84 ± 0,12 *60 ± 3 5

IP-C8 6,22 ± 0,09 *49 ± 2 5

IP-C9 6,41 ± 0,09 *47 ± 2 3

IP-C10 6,84 ± 0,13 *33 ± 2 3

Tab. 3.2 Kenngrößen ± Standardfehler der [35S]GTPɣS-Bindung an Flp-InTMhM4-CHO-Membranhomogenat. pEC50: negativer dekadischer Logarithmus der molaren Testsubstanz-Konzentration beim halbmaximalen Effekt. Emax: Maximal-effekt der Testsubstanz normiert auf eine maximal-wirksame Konzentration von Iperoxo (IPX) von 1 µM als 100% und die basale [35S]GTPɣS-Bindung ohne Ligand als 0%. n: Anzahl der unabhängigen Einzelexperimente. Im jedem Einzelexperiment war der Hill-Koeffizient nH nicht signifikant verschieden von 1 (F-Test, p>0,05). * signifikant unterschiedlich zu Iperoxo (ANOVA mit p<0,0001, Dunnett-post-Test mit p<0,05).

Eine Verlängerung der Alkylkette am quartären Stickstoff von Iperoxo hatte eine Abnahme der Wirksamkeit (pEC50) zur Folge. Mit einem Wirksamkeitsverlust von ca. drei Dekaden gegenüber Iperoxo war Butyliperoxo (IP-C4) das am schwächsten wirksame Derivat innerhalb der Substanzreihe.

Des Weiteren führte die Verlängerung des Alkyl-Substituenten ab -C3 zu signifikant kleineren Maximaleffekten im Vergleich zur Ausgangssubstanz Iperoxo (ANOVA mit p<0,0001, Dunnett-post-Test mit p<0,05), sodass diese Derivate für die hier untersuchte Gi/o-Proteinaktivierung als Partialagonisten zu bezeichnen sind.

Durch supramaximale Konzentrationen der Substanzen Nonyliperoxo (IP-C9) und Decyliperoxo (IP-C10) zeigte sich eine wieder absinkende [35S]GTPɣS-Bindung. Dies könnte durch einen unspezifischen, d.h. Rezeptor-unabhängigen Effekt, z.B. aufgrund der physikochemischen Eigenschaften dieser Testsubstanzen, verursacht worden sein, auf die in Abschnitt 3.1.3.3 nochmals näher eingegangen wird. Die entsprechenden Datenpunkte wurden bei der nicht-linearen Regressionsanalyse ausgeschlossen, um eine Verzerrung des maximal-induzierbaren Effektes zu umgehen.

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