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2 Organisation und Steuerung

2.4 Agenturen und Netzwerke

2.4.1 Konzept

Mit Ausnahme der überdachenden Aktivitäten der Programmleitung und einem Teil des Gebäu-debereichs (Förderprogramme der Kantone) wird EnergieSchweiz von 16 privaten Agenturen und Netzwerken umgesetzt. Sie entwickeln Massnahmen zur Förderung der erneuerbaren Ener-gien und der Energieeffizienz, die teilweise mit Mitteln von EnergieSchweiz finanziert werden.

Ihre Träger sind in der Regel Interessenorganisationen des jeweiligen Marktbereichs.8

Die Agenturen und Netzwerke verpflichten sich gegenüber dem Bund zu Massnahmen im Dienste der Ziele von EnergieSchweiz, die im Rahmen von Leistungsvereinbarungen (mehrjähri-ge Rahmenverträ(mehrjähri-ge, konkretisierende Jahresverträ(mehrjähri-ge) fest(mehrjähri-gelegt werden. Sie selbst wiederum (mehrjähri- ge-hen teilweise Leistungsvereinbarungen über konkrete Projekte mit weiteren Umsetzungspartnern ein, teilweise ergreifen sie die Massnahmen selbst. Die Agenturen und Netzwerke finanzieren sich grundsätzlich selbst, werden aber vom Bund für die Erreichung der vertraglich vereinbarten Ziele unterstützt. Organisatorisch sind die Agenturen im Rahmen ihres Leistungsauftrags frei. Sie wer-den über das Controlling durch die Programmleitung gesteuert. Auch Evaluationen dienen der Optimierung ihrer Aktivitäten. Nicht ganz alle Aktivitäten von EnergieSchweiz wurden über Agenturen abgewickelt. So hat das BFE im Rahmen von EnergieSchweiz direkt eine Zielverein-barung mit Auto-Schweiz zur Reduktion des Treibstoffverbrauchs von Neuwagen abgeschlossen (UVEK 2002).

Für die neue Phase von EnergieSchweiz, die 2011 angelaufen ist, ist man vom Agenturansatz weggekommen: Anstelle der mehrjährigen Rahmenverträge werden Zukunft Projekte direkt ge-fördert. Die folgende Beurteilung ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund dieser strategischen Grundsatzentscheidung zu sehen.

2.4.2 Erfahrungen aus Sicht der Befragten

Insgesamt kann aufgrund der Interviewaussagen und der schriftlichen Befragung gefolgert wer-den, dass eine Mehrheit der Befragten das Agenturmodell als sinnvollen Ansatz für die erste Pha-se von EnergieSchweiz beurteilt. Zwar bestehen durchaus differenzierte Ansichten über die Vor- und Nachteile von Agenturen, im Grundsatz bestand jedoch mehrheitlich Einigkeit, dass es mit Hilfe der Förderung von Partnern mit mehrjährigen Rahmenverträgen gelungen ist, in den ver-schiedenen Marktbereichen jeweils einen koordinierenden Akteur zu schaffen und so einen kom-petenten und dauerhaften Ansprechpartner zu haben. Gerade der Aufbau und die Etablierung

8 So wird etwa die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) getragen von Economiesuisse, dem schweizerischen Gewerbeverband (SGV), dem Baumeisterverband (SBV), Swissmem, der Interessengemeinschaft Energieintensive Branchen (IGEB), dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und der Erdöl-Vereinigung (EV). Im Schwerpunkt Erneuerbare Energien wurde die Agentur für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (A EE) als Dachorganisation gegründet, welche gemeinsame Interessen der erneuerbaren Energien koordinieren, bündeln und gegen aussen vertreten sollte.

Daneben bestanden als weitere Partner von EnergieSchweiz spezifische Netzwerke der Promotoren der verschiedenen erneuerbaren Energien.

21 einer Agentur brauche Zeit und könne nicht innert kürzester Frist geschehen; unter diesem Ge-sichtspunkt habe die längerfristige Unterstützung Sinn gemacht.

Im Folgenden wird basierend auf den Erfahrungen der Interviewpartner näher auf die Vor- und Nachteile des Agentur-Modells eingegangen, wobei auch die Frage der Steuerungsmöglichkeiten seitens des BFE thematisiert werden.

Vorteile des Agentur-Modells

Aufgrund der verschiedenen Interviews lassen sich insbesondere folgende Stärken des Agentur-Modells festhalten:

Kompetente Ansprechpartner in den verschiedenen Bereichen: Durch die mehrjährige Unter-stützung in Form der Rahmenverträge hatten die Agenturen die Möglichkeit, sich in ihrem Bereich als kompetente und gut vernetzte Akteure zu positionieren und sich entsprechendes Wissen anzueignen. Die Agenturen bündelten im Idealfall die wich-tigsten Vertreter einer Branche. Besonders für die Anfangsphase wurde es als wichtig erachtet, durch eine mehrjährige Unterstützung zu einer gewissen Erwartungssicher-heit bei den Agenturen beizutragen. Zwar habe die Unterstützung explizit nie Struk-turbeiträge enthalten, de facto habe aber eine gewisse Sockelfinanzierung durchaus stattgefunden, räumen die Befragten ein.

Kontinuität: Durch die mehrjährige Unterstützung eines Partners wird eine hohe Kon-tinuität erreicht: Informations- und Beratungsangebote können dadurch kontinuier-lich gewährleistet werden. Die Qualität der Angebote nehme aufgrund der zuneh-menden Erfahrungen zu. Auch die bereits bestehenden Beziehungen zu den wichtigs-ten Marktakteuren und die Bekanntheit einer Agentur seien Vorteile des Agentur-Modells. Mitunter brauchen Angebote auch eine gewisse Anlaufzeit, ehe die erwarte-ten Wirkungen eintreerwarte-ten. Es besteht teilweise die Befürchtung, dass in den Augen ei-niger Befragten wichtige und dauerhaft notwendige Sensibilisierungsmassnahmen im Rahmen eines Projektmodells nicht sichergestellt werden können und sich stattdessen eine „Stop-and-go“-Praxis einstellen könnte.

Flexibilität innerhalb eines Rahmenvertrags: Seitens der Agenturen wurde darauf verwiesen, dass es im Rahmen der mehrjährigen Rahmenverträge möglich sei, die Mittel zwi-schen verschiedenen Massnahmen zu verschieben, wenn sich zum Beispiel heraus-stellte, dass man mit einem geplanten Projekt nicht die gewünschte Wirkung erzielen konnte. Diese Art der Flexibilität fehle demgegenüber im Projektmodell.

Politische Abstützung: Die Agenturen haben in der Regel ein Mitglied der eidgenössi-schen Räte als Präsidentin resp. Präsident eingesetzt. Dadurch entstand ein Netzwerk von Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die dem Programm in den beiden Räten Rückhalt gaben (vgl. Abschnitt 3.4.3). Es wurde in den Interviews angedeutet, dass dieser Rückhalt für das Gesamtprogramm bei der Diskussion um die Streichung von EnergieSchweiz im Jahr 2003 von Bedeutung gewesen sei. Ähnliches lässt sich bei der Einführung der CO2-Abgabe sagen (vgl. Abschnitt 6.2).

Geringer administrativer Aufwand: Der administrativen Aufwand seitens des BFE für die operative Steuerung der Agenturen durch die Bereichsleiter wird im Vergleich zu ei-nem Projektmodell als tief betrachtet.

22 Nachteile des Agenturmodells

Demgegenüber traten in den Interviews auch verschiedene Schwächen des Agentur-Modells zu Tage. Sie können gleichzeitig als die (erwarteten) Stärken eines projektorientierten Ansatzes gese-hen werden:

Zunehmende Trägheit, schwacher Wettbewerb und geringe Innovationskraft: Von verschiedenen Seiten ist in Bezug auf die Agenturen eine gewisse Trägheit festgestellt worden. Einige Interviewpartner waren der Meinung, dass die Rahmenverträge Gefahr laufen, zu ei-ner Dauersubventionierung von Akteuren zu verkommen. Zudem verfügen die Agen-turen über einen insgesamt grossen Handlungsspielraum. Auch wird dem Agentur-modell eine eher geringe Innovationsfähigkeit zugeschrieben. Der Wettbewerbsge-danke sei im Agenturmodell nur schwach verankert gewesen. Zwar habe beim Start von EnergieSchweiz in gewissen Bereichen bezüglich der einzugehenden Partner-schaft durchaus eine Konkurrenz geherrscht. Einmal installierte Agenturen hätten sich aber kaum mehr mit Konkurrenz in ihrem Aktivitätsfeld rechnen müssen.

Entgegen der Programmlogik: Betont wurde auch, dass eine dauerhafte finanzielle Unter-stützung nicht im Sinne des Programms ist. EnergieSchweiz will Aktivitäten anstossen und solange unterstützen, wie dies als nötig erachtet wird. Irgendeinmal sollen aber – so die Erwartungen – Agenturen ohne die stetige Unterstützung durch Ener-gieSchweiz auskommen. Der Druck auf die Partner, vermehrt Eigen- und Drittmittel zu generieren, wird unter dem Projektmodell zunehmen.

Fehlende thematische Flexibilität auf Ebene des Gesamtprogramms: Das Agentur-Modell hat durch die Mehrjährigkeit der Rahmenverträge und auch durch die Einbindung von Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu einer stark festgefahrenen Struktur ge-führt: Die Mittel sind längerfristig zugeteilt worden, was die Besetzung neuer Themen schwierig gemacht habe. Weiter sei es aufgrund der direkten Vernetzung der Agentu-ren mit Parlamentsmitgliedern nur sehr schwer möglich gewesen, die Mittel oder gar das gesamte Budget einer Agentur zu streichen. Dies führt zu einer Pfadabhängigkeit hinsichtlich der Inhalte und der unterstützten Akteure und erschwert die Bemühun-gen, aus einer Gesamtoptik wichtige Themen aufzugreifen.

Begrenzte Steuerungsmöglichkeiten: Hinsichtlich der Steuerung hat das Agentur-Modells einen grossen Handlungsspielraum der Agenturen bewirkt; die Rolle des BFE wird eher als begleitend beurteilt. Die Selbständigkeit der Agenturen bei der Umsetzung er-schwert eine übergeordnete Koordination der Massnahmen; teilweise kam es zu Kon-flikten, wenn Agenturen in den Augen der Programmleitung zu grosse Ansprüche auf Eigenständigkeit stellen, aber weiterhin durch EnergieSchweiz Gelder mitfinanziert wurden. Umgekehrt konnten sich Agenturen mit gutem Grund gegen eine starke Ein-flussnahme von EnergieSchweiz, wenn sie sich weitgehend über andere Kanäle finan-zierten als mit Mitteln von EnergieSchweiz (vgl. Abschnitt 3.4.2).

2.4.3 Diskussion

In der Bilanz ergibt sich, dass das Agenturmodell zumindest in der Anfangsphase von Ener-gieSchweiz und für jene Bereiche, in denen noch keine etablierten Trägerschaften für potenzielle Aktivitäten bestanden, im Sinne einer Aufbauhilfe der richtige Ansatz war, um überhaupt die

23 entscheidenden Akteure unter ein Dach zu bringen, sie auf die Ziele des Programms auszurichten und Massnahmen zugunsten der Ziele von EnergieSchweiz realisieren zu können. Der implizite Strukturbildungsbeitrag war für wenig etablierte Agenturen wohl notwendig. Ein Vorteil war si-cher auch die mit den Agenturen verbundene Flexibilität und der eher geringe Steuerungsauf-wand für das BFE.

Gleichwohl fragt es sich aufgrund der oben zusammengetragenen Nachteile, ob der flächende-ckende Einsatz des Agenturmodells über die gesamte Programmdauer (2001 bis 2010) hinsicht-lich eines effizienten Mitteleinsatzes flächendeckend die optimale Lösung war. Zumindest für jene Partner, die bereits in Energie 2000 eingebunden waren und jene, die sich früh als leistungs-fähig etablierten, wäre ein Abrücken vom Agenturmodell und ein Wechsel zu einer Projektfinan-zierung möglicherweise sinnvoll gewesen. Tatsächlich gibt es heute mehrere Agenturen, für wel-che die Beiträge von EnergieSchweiz nur noch einen Bruchteil ihrer Eigenmittel ausmawel-chen, und die damit gut ohne langfristige Beiträge existieren können (vgl. Abschnitt 3.4.2). Festgehalten werden muss ferner, dass es nicht in allen potenziellen Aktivitätsbereichen glückte, Partner in Agenturen zusammenzuschliessen, oder dass nicht in allen Agenturen alle relevanten Akteurs-gruppen gleich gut eingebunden waren. (vgl. Abschnitt 5.2.2). Ob dies mit einem anderen Ansatz besser möglich gewesen wäre, ist allerdings hier nicht zu beantworten.

Unterschiedlich beurteilen die Gesprächspartner die „Zukunftstauglichkeit“ des Agenturmodells:

Während die einen eine gewisse Trägheit konstatieren und sich eine grössere Flexibilität wün-schen, befürchten andere dass durch das Projektmodell die Kontinuität, gerade auch im Bereich der Information und Beratung, verloren gehen könnte. Es erstaunt wenig, dass sich die Vertrete-rinnen und Vertreter der Agenturen in den Interviews eher für die Beibehaltung der bestehenden Organisationsform ausgesprochen haben. Einig sind sich die Interviewpartner, dass die Agentu-ren auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen sollen. Zu bedenken geben einzelne Gesprächs-partner, dass nicht alle Agenturen diesbezüglich aufgrund der unterschiedlich hohen Eigen- und Drittmittel dieselbe Ausgangslage hätten.