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Zu den Ureinwohnern Ceylons. Das Beddadorf. Die Schakale. Verrat der Beddas. Die Höhle. Rettung. Zurück zur "Hammonia" im Hafen von Galle.

Nachdem die Umgegend überall durchforscht, wurde der große Zug zu den Veddas angetreten. Tippoo und etwa dreißig seiner Sklaven begleiteten die Weißen, Waffen und Vorräte wurden in Menge mitgenommen, ebenso von unsern Freunden diejenigen kleinen Geschenke, welche sich nur bei ganz Wilden anwenden lassen und daher den selbst webenden und Putzgegenstände fertigenden Singhalesen nicht geboten werden konnten.

Schon einige Tagereisen hinter dem auf Bäumen belegenen Dorfe der Bellalahs hörte jede Spur von Zivilisation vollständig auf. Kein Getreidefeld, kein gebahnter Weg, keine Hütte zeigte sich mehr dem Blick, das Terrain wurde bergiger und immer bergiger; die Hasen, Hirsche und Ziegen machten den Büffelherden, den Elefanten, Stachelschweinen und Genettkatzen Platz, große Geier hausten auf den Höhen, Adler wiegten sich in der Luft und Tigerspuren im Sand verrieten, daß der Würger ganz in nächster Nähe lauerte.

Jetzt befanden sich, nach des Häuptlings Angabe, die Reisenden im Innern der Insel; das ganze Gebiet war dichter Wald, meistens aus undurchdringlichem Gebüsch und darüber den hohen, wehenden Palmen bestehend; zuweilen mußte ein Umweg gemacht werden, um den Durchgang zu erzwingen, zuweilen versperrten gefallene Bäume die Passage, und wenn der eine oder der andere versuchte, auf den grünüberzogenen Stamm zu treten, um so an die andere Seite zu gelangen, dann brach plötzlich die grüne Decke, eine Wolke von Schutt und Moder drang hervor, Spinnen oder Käfer flohen nach allen Seiten, braune Eidechsen von mindestens einem halben Meter Länge mit glänzenden, perlengleichen Augen schlüpften durch das Gras, und zusammengerollte Schlangen verließen in eiliger Flucht ihr Lager; – noch aber sah man kein Dorf und kein menschliches Wesen. Als sich endlich die Wohnstätten der Veddas dem Blick offenbarten, da schien es den Reisenden, als sei plötzlich Westafrika nach Ceylon versetzt. Elende, schwankende, schiefe und dem Einsturz nahe Zelthütten aus Pflöcken und schmutzigen Fellen; ganz nackte schwarze Menschen; Tümpel, in denen sich Enten, Hühner und Kinder wälzten; derselbe Schmutz, dieselbe Vertiertheit wie in Dahomey, – nur nicht dieselbe Harmlosigkeit und Bekanntschaft mit der Existenz weißer Menschen. Frauen und Kinder flüchteten schreiend, die Männer griffen zu ihren aus Holz geschnitzten Wurfspießen und nahmen hinter den nächsten Stämmen in offenbar feindlicher Absicht Stellung. Es war unmöglich, sie durch gütliches Zureden zum Näherkommen zu bewegen; sie gaben keine Antwort

und ließen auch die auf den freien Platz vor der nächsten Hütte niedergelegten Geschenke an Waffen unbeachtet, bis endlich die Vermittlung der Frauen durch bunte Tücher und Perlen erfolgreich gewonnen wurde. Die schwarzen, fettglänzenden Gestalten mit ihren überaus häßlichen Gesichtern und kleinen Schlitzaugen kamen erst zögernd, dann aber immer dreister aus den Hütten hervorgekrochen und tanzten und sprangen wie Wahnsinnige, sobald es ihnen gelungen war, irgend einen jener verlockenden Gegenstände zu erhaschen; sie streckten die Hände aus, um mehr zu empfangen, aber ganz wie Tiere, die das Maul öffnen, sobald man sie füttert, durchaus nicht wie Menschen, die für ein erhaltenes Geschenk danken und diesen Dank auch betätigen möchten. Wer die Fremden waren, wie die ganze Sache zuging, und selbst in welcher Weise man die bunten Schmuckgegenstände verwenden sollte, schien diesen verkommenen Geschöpfen gar nicht einzufallen; sie hielten Tücher oder Bänder in den Händen, das war ihnen genug.

Die Singhalesen wandten sich voll Abscheu von diesem Treiben hinweg. Ihnen fehlte naturgemäß das hohe, wissenschaftliche Interesse, welches die Weißen leitete; sie sahen wie auf unsaubere Tiere auf die Neger herab, und nichts hätte sie bewegen können, kriechend eine dieser im Schmutz begrabenen Hütten zu betreten. Wieder wurden die Zeltleinen wie Hängematten befestigt, die Singhalesen schlugen ihre Wohnungen unter den Bäumen auf, und ein hohes Wachtfeuer loderte zum Himmel empor. Brotfrüchte, Fleisch, Palmenwein und gekochte Eier sowie Kaffee bildeten das Nachtmahl, bei dem beide wilde Stämme, die Braunen und die Schwarzen, von fernher zusahen. Erstere hielten sich an ihre Maniokkugeln und aus Mais gebackenen, nicht minder unverdaulichen Kuchen, letztere hätten vielleicht bei ihrer unbeschreiblichen Armut alles Gebotene gierig verschlungen, wagten sich aber nicht nahe heran, sondern blieben in gemessener Entfernung unter den Bäumen stehen und bewunderten das seltsame Schauspiel.

Die Männer bildeten Gruppen, in deren Mitte sehr lebhaft gesprochen wurde; niemand von allen näherte sich indessen dem Lager der Weißen, niemand schien der englischen oder singhalesischen Sprache mächtig.

"Die Hälfte von uns muß wachen," entschied Holm. "Fünfzehn von deinen Leuten, verehrter Freund Tippoo, und unserer zwei dazu. Die Kerle sind falsch, glaube ich, sie führen irgend einen Spitzbubenstreich im Schilde."

"Was suchst du hier, Herr?" fragte der Häuptling. "Von allen Söhnen Singhalas sind die Veddas die niedersten, – geh zu den Tamils und den Malaien, da findest du bessere Sitten."

Holm lächelte. "Das verstehst du nicht, Tippoo," antwortete er. "Gerade den Naturzustand will ich ja kennen lernen, nicht die Sitten, welche künstlich erworben, sondern die, welche angeboren sind. Gerade die Veddas in ihrer geringen Anzahl bilden die letzten Abkömmlinge der Ureinwohner von Ceylon, sie sind die interessantesten von allen, denn

sämtliche andere gehören fremden Ländern an, – die Singhalesen z. B.

höchstwahrscheinlich dem verhältnismäßig nahen Indien."

Der Braune sah sehr erstaunt aus. "Woher weißt du das, Herr?" fragte er.

"Aus den Berichten solcher Reisenden, wie wir welche sind, Freund Tippoo. Oder schreiben nicht etwa eure Priester ihre heiligen Bücher auf die Blätter der Schirmpalme und zwar im Sanskrit oder der Palisprache? – beide sind indischen Ursprungs."

Der Singhalese bejahte. "Zu Hause habe ich in einer Bambusschachtel einen Eisenstift und ein Buch aus solchen Blättern," antwortete er. "Ich will es dir schenken und dir einen Spruch hineinschreiben, – hier bei den Veddas findest du nichts dergleichen."

"Das glaube ich aufs Wort, Meister Tippoo," lachte der junge Gelehrte. "Die schwarzen Schurken trachten ohne Zweifel weniger nach Bildung als nach Speise, – ich denke, wir besehen morgen im hellen Tageslicht das schmutzige Dorf von allen Seiten, bringen womöglich einen oder den anderen dieser Kerle zum Sprechen und kehren dann um. Es sind Wochen vergangen, seit wir uns in der Nähe deines Dorfes unter den Ruinen der alten indischen oder persischen Stadt zuerst begegneten; wir haben Eile, zu unserem Schiff zurückzukehren."

"Meine Leute und ich begleiten euch dorthin," antwortete der Braune. "Gerade an der Küste leben viele Tiger und Genetten, es ist gefährlich, in so geringer Anzahl ihnen entgegen zu gehen. Ihr seid nur durch besonderen Zufall dem Verderben entronnen."

Holm sah zum Walde hinüber. Ein starker Regen rauschte herab, ohne indessen das Blätterdach durchdringen zu können, die Luft war köstlich abgekühlt, und das Feuer warf malerische Streiflichter über das elende Dorf, welches zwar freie, keinem Oberhaupt untergebene, aber dafür auch fast den Tieren gleichstehende Bewohner barg.

"Ich sah im Sande noch ganz kürzlich eine Spur wie von Raubtierfüßen, jetzt erst fällt mir's wieder ein," sagte er, "aber von kleinen."

Der Singhalese nickte. "Schakale," versetzte er, "ich habe es auch bemerkt."

"Ach, dann können wir vielleicht in dieser Nacht noch einen Angriff erleben. Wenn die Bestien hungrig sind, kommen sie in die Dörfer, nicht wahr?"

"Selten, aber es ist doch schon vorgefallen, Herr."

"Nun gut, Häuptling. Je mehr Feinde, desto mehr Ehre! Laß nur die Hälfte von deinen Leuten wach bleiben, die anderen aber schlafen, damit sie rechtzeitig jene ersten ablösen können. Ich denke, wir gehen jetzt zur Ruhe."

Der Singhalese gab seine Befehle, worauf sich die Hälfte der Sklaven mit gekreuzten

Beinen, das Gesicht dem Dorf zugekehrt, um das Feuer herum auf den Boden setzte und, die Waffen in der Hand, scharfen Ausguck hielt, während Holm und der Malagasche mit geschultertem Gewehr gewissermaßen auf Vorposten im Halbkreis patrouillierten.

Pünktlich um zwei Uhr nachts erfolgte die Ablösung, allein auch während der letzten noch übrigen Stunden bis zum Morgen geschah nichts, was den tiefsten Frieden in irgend einer Weise gestört hätte. Das Negerdorf lag vollkommen still und ruhig, die Bewohner schienen zu schlafen, kein Laut drang aus den Hütten hervor.

Als Tippoo und Franz die übrigen weckten, hatte man eine ruhige Nacht verbracht, und dennoch stieg bei unseren Freunden ein banger Verdacht auf. Es war unseren Reisenden aufgefallen, daß sämtliche Männer des Negerdorfes verschwunden waren; auch nicht ein einziger befand sich mehr in der Nähe. Jedenfalls hatten sie während der dunkeln Nachtstunden das Weite gesucht, um von irgend woher einen verräterischen Überfall zur Ausführung zu bringen, ebenso sicher aber waren sie auch nicht allzu tief in den Wald vorgedrungen, da ja keiner unter ihnen wußte, welche Richtung die Fremden einschlagen würden. Die Veddas hielten ihr Dorf umzingelt und beabsichtigten bei Einbruch der zweiten Nacht irgend ein Bubenstück zu vollführen; darüber konnte kein Zweifel obwalten.

"So werden wir uns schlagen müssen," nickte Holm. "Jedenfalls ist unserseits nichts geschehen, um die Wilden zu reizen oder zu beleidigen; wir dürfen daher ruhig sein und außerdem auch mit Sicherheit den Sieg erwarten. Die hölzernen Wurfspieße werden es mit den Feuerwaffen nicht aufnehmen können. – Zuerst laßt uns das Dorf besehen."

Die Schmutzhütten und die meistens aus Pfützen bestehenden Plätze zwischen denselben wurden besichtigt, aber auch heute zeigten sich Frauen und Kinder durchaus unzugänglich; sie kamen nicht in die Nähe der Weißen, antworteten auf keine Frage und flohen in das Innere der Höhlen, wo dies möglich war, – so oft man ihnen freilich irgend ein Geschenk hinlegte, stürzten sie eilends herzu und rafften es ohne ein Wort des Dankes begierig vom Boden auf.

Vergeblich suchten die Reifenden eins von den ziemlich herangewachsenen Kindern zu bewegen, sich abgipsen zu lassen, obgleich ein Abguß von dem Gesicht eines dieser Ureinwohner Ceylons von hohem Interesse gewesen wäre. Hans machte ein ziemlich langes Gesicht, als er einsah, daß sowohl Bitten als Geschenke machtlos waren, und begriff nun erst recht, was Holm ihm über die Schwierigkeit dieser Operation gesagt hatte.

Vor den Hütten lagen die üblichen Herdsteine, denen auch der rohgearbeitete Eisenkessel nur selten fehlte, dennoch aber bewiesen manche Zeichen, daß auch rohes Fleisch gegessen wurde, ebenso halbreifer roher Mais und Brotfrüchte. Diese letzten wenigen Ureinwohner der Insel betrieben durchaus nichts, sondern lebten wie die Buschmänner vom Kap in den Tag hinein, vielleicht Heuschrecken essend, wenn weiter keine Nahrungsmittel vorhanden waren, Kokusmilch trinkend und im Schmutz vergehend,

dabei scheu, häßlich und durch das stete Einreiben mit Palmöl einen unangenehmen Geruch verbreitend; sie waren von allen Völkerschaften, die unsere Freunde kennen gelernt, die am wenigsten anziehende, – ohne allen Zweifel, weil ihre Anzahl fortwährend schmolz, ihr Gebiet von Singhalesen und Malabaren alljährlich verkleinert und sie in jeder Beziehung durch die auf der Insel fortschreitende Kultur dem Untergang entgegengeführt wurden.

Von schwarzen Kindern und dem verschiedensten zahmen Geflügel umkreischt und umschnattert, sahen die Weißen in jede Hütte, so gut als es ging, hinein, aber nirgends fand sich mehr als nur ein Lager aus Moos und Blättern, nirgends waren Geräte zu entdecken, und überall krochen Insekten in reicher Fülle.

"Die Veddas wandern," erklärte Tipvoo, "sie schlagen ihre Zelte auf, wo Brotbäume und genießbare Früchte wachsen, zuweilen kommen sie sogar in die Nähe unserer Felder, aber wir bereiten ihnen immer einen so heißen Empfang, daß der Besuch nur sehr kurz währt. Wenn an einem Orte nichts mehr zu holen ist, zieht die verlumpte Schar weiter und sucht günstigeren Boden."

"Gerade wie bei uns die Zigeuner," rief Franz. "Ohne Arbeit, in stetem Müßiggang, stehlend und bettelnd, unter Schmutz vergraben, jedes feste, dauernde Obdach meidend, – welche Ähnlichkeit!"

"Weil die Verhältnisse die gleichen sind," fiel der Doktor ein. "Menschen ohne Nationalgefühl, ohne staatsbürgerliche Rechte und Pflichten müssen sittlich verkommen.

Alle diese als ›wild‹ und ›halbwild‹ bezeichneten Völker sterben aus, während die Kulturstaaten alljährlich Taufende ihrer Untertanen abgeben, um an fernen Enden der Welt neue Reiche der Bildung und Gesittung gründen zu helfen. Die vertierten Veddas haben den Singhalesen weichen müssen, die Malabaren stehen wieder bedeutend höher als diese in ihren Bambusnestern und mit der trostlosen Kastenwirtschaft, während sie ihrerseits durch Kirche und Schule, durch den Umgang mit Weißen und die Notwendigkeit des bürgerlichen Erwerbes allmählich aber sicher den Bildungsgrad und die Lebensweise der Engländer annehmen. – Die letzten Veddas werden im Laufe unseres Jahrhunderts ihre Nomadensitten aufgeben und Ackerbauer werden müssen."

Tippoo hatte respektvoll den alten Herrn ausreden lassen, obgleich er ihn nicht verstand;

jetzt jedoch schlug er vor, sobald als möglich aufzubrechen. "Alle Veddadörfer gleichen einander vollkommen," sagte er. "Wenn wir auch bis an die Meeresgrenze vordringen würden, so gäbe es doch nichts Neues kennen zu lernen. Die schmutzigen Neger sind hier wie dort falsche Schurken."

Man nahm einstimmig diesen Vorschlag an und traf nach dem Frühstück Anstalten zur Abreise. "Wir werden nun von allen Seiten beobachtet," erinnerte der Singhalese. "Aus jedem hohlen Baum, aus jedem Dickicht und hinter jedem Felsvorsprung sehen lauernde Blicke uns nach, es wäre daher gut, wenn ihr einmal die Wirkung eurer Feuerwaffen

zeigen würdet."

Aller Augen suchten nach einem Ziel. "Seht ihr da den Kaschubaum?" rief Holm. "Der Blitz scheint ihn getroffen zu haben, ein Teil der Borke ist herabgerissen, – da, gerade im Eingang der Felsspalte, kaum fünfzig Schritt von den ersten Hütten entfernt. Laßt uns auf die weiße Fläche zielen."

Gesagt, getan. Alle Büchsen wurden geladen und Kugel nach Kugel schlug in den Stamm.

Zuweilen flog auch eine daneben bis tief in den inneren Raum des Felsens hinein, und dann war es den Männern, als töne ein Winseln oder Bellen, ein Angstgeheul wie aus weiter Ferne zu ihnen herüber, – sie schossen jetzt absichtlich in die Spalte; was darin steckte, ob Mensch oder Raubtier, das sollte sich zeigen.

Aber nein, ein Mensch war es nicht, das hörten alle, eher ein Fuchs.

Tippoo pfiff seinen Sklaven. "Schakale" sagte er. "Sucht die Ausgänge."

Und während sich die Singhalesen gehorsam entfernten, um von allen Seiten den Gebirgspaß zu umschleichen, berichtete er den Weißen, daß sich höchstwahrscheinlich ein Rudel von vielleicht ein- bis zweihundert Schakalen hier im Berge zusammengefunden habe, um den Enten und Gänsen der Veddas einen Besuch abzustatten, und daß diese hungrige Meute nun von den plötzlich eindringenden Kugeln erschreckt worden sei. "Wenn meine Leute den Zugang gefunden haben," schloß er,

"dann schießt ihr aus nächster Nähe in die offene Spalte hinein, während wir die roten Gesellen in Empfang nehmen, sobald sie erscheinen."

"Ganz gut, Freund Häuptling, aber was wollt ihr mit einem Tier, dessen Fleisch ungenießbar, und dessen Fell unverwendbar ist?"

"Wir verkaufen die Jungen nach Galle oder Kolombo, Herr. Wozu hätte ich Sklaven, wenn sie mir nichts verdienen müßten? Der die beiden jungen Tiger hinbringt, kann auch Schakale mitnehmen."

Tippoos Talent zum Finanzminister wurde allerseits anerkannt, und als die ausgeschickten Sklaven zurückkamen, war der Feldzugsplan genau entworfen. Rechts vom Dorfe war ein stark befahrener Schacht, an dessen äußerer, enger Mündung zahlreiche rote und graue Haare verrieten, daß sich alte, ausgewachsene Tiere in starker Anzahl hindurchgedrängt haben mußten; weitere Zugänge fanden sich nicht, und durch den vorderen Spalt konnte unmöglich auch selbst der magerste Schakal ins Freie gelangen; die Singhalesen nahmen also zu beiden Seiten des Schachtes Stellung hinter den Bäumen und in den unteren Zweigen derselben; Franz mit Rua-Roa hatten sich fast ganz an den Ausgang gedrängt, und Holm und die beiden anderen standen vor dem Spalt.

In aller Augen glühte die Jagdlust; die gefährliche Lage, in der man sich den raubsüchtigen Wilden gegenüber befand, war vergessen; man dachte jetzt nur noch an die

räuberischen Tiere, welche diesen Bau bewohnten und an das Vergnügen, sie herauszutreiben.

"Feuer!" kommandierte Tippoo.

Drei Kugeln flogen in den Berg hinein, drei weitere folgten, Pulverdampf und schauerliches Geheul drangen aus dem Spalt hervor; dann entstand ein Toben und Drängen, ein Scharren wie von vielen hundert Füßen, und endlich stürzte die rote Meute, einander überkollernd, schreiend in rasendem Lauf den harrenden Todfeinden entgegen.

Es war offenbar für die nächtlichen Räuber ein letzter, von der Verzweiflung eingegebener Entschluß, sich am hellen Tage hinauszuwagen in das Dorf, aber die einschlagenden Kugeln da drinnen führten eine so beredte Sprache, daß jedes Schwanken im Keime erstickte; – brausend wie ein entfesselter Strom ergoß sich das rote Heer.

Bei dieser seltsamen Massenjagd war es für die Schützen nicht nötig, zu zielen. Wo aus einem engen Schacht in ihrer unmittelbaren Nähe das Wild herausquoll wie Wasser aus einem Brunnen, da hinein brauchten sie nur zu feuern oder ihre eisenbeschlagenen Wurfspieße zu schleudern, und Opfer nach Opfer war ihnen gewiß.

Holm schoß immer noch in den Spalt, bis zuletzt auch die alten Weibchen der Schakale mit ihrer Nachkommenschaft sich zur Flucht entschlossen. Ganz junge Tierchen, kaum so groß wie ein neugeborener Pudel, noch unsicher gehend, aber doch mit Raubtierblicken um sich schauend, folgten den fliehenden Müttern, und eben darauf hatten die Singhalesen gewartet. Sie umringten zu vier oder sechs ein solches kleines Füchschen und ergriffen es trotz seines ängstlichen Sträubens, keineswegs aber ohne eigene Leibesgefahr. Die Weibchen gerieten in Wut, als sie die Not ihrer Kleinen sahen und wandten sich angreifend gegen die Singhalesen, welche indessen den Kampf mit diesen Tieren schon aus Erfahrung kannten und auf Gegenwehr von seiten der Mütter gefaßt waren.

Fünf oder sechs Spieße bohrten sich in den hundeahnlichen rot- und graubehaarten Körper des Schakals, sobald er zum Sprunge ansetzte, um den Räuber seines Kindes mit den Zähnen zu packen, zuweilen freilich nicht früh genug, nicht ehe das scharfe Gebiß die nackten Lenden der Männer erfaßt und furchtbar zerfleischt hatte, immer aber so rechtzeitig, daß das erbeutete Junge von anderen, die im Augenblick herzueilten, in Sicherheit gebracht werden konnte. Nachdem auf diese Weise sechs kleine Schakale gefangen waren, befahl Tippoo, die Jagd einzustellen, d. h. nur noch zu erlegen, was nahe genug kam, aber keine Jungen mehr zu ergreifen.

Franz und Rua-Roa schossen unaufhörlich den Fliehenden nach, wenigstens fünfzehn bis zwanzig tote Schakale lagen auf der Walstatt, ebenso viele und noch mehr schleppten sich mit Wunden bedeckt davon, um in den nächsten Gebüschen zu verenden, und wieder andere wanden sich im Todeskampfe zwischen den Dorfhütten. Negerinnen, Kinder und Geflügel waren, um die Wette schreiend und kreischend, entflohen, die Luft ringsumher

von Pulverdampf erfüllt und der Boden schlüpfrig vom vergossenen Blut, unter den

von Pulverdampf erfüllt und der Boden schlüpfrig vom vergossenen Blut, unter den