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5. Diskussion

5.1. Abstimmung zwischen Glutamatsynthese und –abbau in B. subtilis

B. subtilis konkurriert in seinem natürlichen Habitat mit einer Vielzahl anderer Organismen um die zur Verfügung stehenden Nährstoffe. Um sich bei dieser starken Konkurrenz zu behaupten, muß B. subtilis die vorkommenden Nährstoffe (C- und N-Quelle, u. a. Nährstoffe) möglichst schnell aufnehmen und verwerten. B. subtilis erreicht die höchsten Wachstumsraten bei der Verwertung der bevorzugten C-Quelle Glukose. Die Glukose wird bei ihrer Verwertung jedoch nicht vollständig zu CO2 oxidiert, sondern nach ihrer Umwandlung in der Glykolyse über den Überflußstoffwechsel als Essigsäure ausgeschieden (Grundy et al., 1993; Shin et al., 1999; Presecan-Siedel et al., 1999). Diese Strategie, Nährstoffe ineffizient aber schnell zu verwerten, um sich gegenüber konkurrierenden Mikroorganismen durchzusetzen, scheint bei vielen Bakterien vorzukommen. Dabei wird in Kauf genommen, daß die in der C-Quelle konservierte Energie durch die Bakterien nicht vollständig genutzt wird (Pfeiffer et al., 2001).

Damit die Bakterien mit der zur Verfügung stehenden C-Quelle maximale Wachstumsraten erreichen können, müssen der C- und der N-Stoffwechsel optimal aufeinander abgestimmt sein. Ein schnelles Wachstum ist nur dann möglich, wenn der Aminogruppendonor Glutamat, welcher für die Synthese aller anderen N-haltigen Verbindungen benötigt wird, in einer ausreichend großen Menge gebildet wird. Zur Synthese von Glutamat muß Ammonium aufgenommen und auf das Akzeptormolekül α-Ketoglutarat übertragen werden (Abb. 2.3.). Die Bildung von Glutamat geschieht in Bakterien hauptsächlich auf zwei Wegen: Zum einen kann das Glutamat über den GOGAT-Zyklus und zum anderen mit Hilfe einer anabolen GDH synthetisiert werden (Schreier, 1993). Das Gram-negative Bakterium E. coli kann Glutamat über beide Wege synthetisieren. Wie E. coli, so können die meisten Bakterien Ammonium sowohl mit Hilfe des GOGAT-Zyklus aus auch durch eine anabole GDH assimilieren (Schreier, 1993).

B. subtilis synthetisiert den Aminogruppendonor Glutamat ausschließlich mit Hilfe der energieverbrauchenden Reaktion der GS im GOGAT-Zyklus (Bohannon & Sonenshein, 1989). Im Rahmen dieser Arbeit konnte bestätigt werden, daß die GDH in B. subtilis ein kataboles Enzym ist und nicht zur Glutamatsynthese beiträgt. Daher ist eine gltC-Mutante, in der die GOGAT nicht exprimiert wird, auxotroph für Glutamat (Abschnitt 4.1.4.). B. subtilis

Diskussion 98 stellt jedoch keine Ausnahme unter den Bakterien da. Das Bakterium Rhizobium etli kann Ammonium ebenfalls nur mit Hilfe des GOGAT-Zyklus assimilieren (Castillo et al., 2000).

Es gibt jedoch auch Bacillus-Spezies, die Ammonium sowohl über den GOGAT-Zyklus als auch mit Hilfe einer anabolen GDH assimilieren können. Die Bakterien B. licheniformis und B. megaterium besitzen beide eine anabole GDH, die Ammonium auf α-Ketoglutarat übertragen kann (Hemmilä & Mäntsälä, 1978; Kim & Hollocher, 1982). Die GDH in B.

licheniformis besitzt sowohl eine anabole als auch eine katabole Funktion und es wird vermutet, daß dieses Enzym eine wichtige Rolle bei der Konstanthaltung des Glutamatpools spielt (Meers & Pedersen, 1972). In dem N2-fixierenden Bakterium B. polymyxa nimmt die GDH die primäre Position bei der Ammoniumassimilation ein (Kanamori et al., 1987). In bestimmten Isolaten des Bakteriums Bacteroides fragilis wird Ammonium ebenfalls hauptsächlich mit einer anabolen GDH assimiliert (Abrahams & Abratt, 1998). Die Art und Weise, wie die Bakterien den Aminogruppendonor Glutamat synthetisieren und welche N- und C-Quelle diese Bakterien bevorzugt nutzen, steht möglicherweise in direktem Zusammenhang mit dem Nährstoffangebot in ihrem natürlichen Habitat (Belitsky, 2002). Das Gram-negative Bakterium Alcanivorax borkumensis kann ausschließlich Alkane als C-Quelle verwerten (Yakimov et al., 1998). Das Bakterium ist daher besonders in solchen Habitaten verbreitet, in denen Alkane vorkommen.

Damit B. subtilis beim Wachstum in Gegenwart der bevorzugten C-Quelle Glukose und der N-Quelle Ammonium eine ausreichende Menge des Aminogruppendonors Glutamat bilden kann, muß das glutamatabbauende Enzym RocG in Gegenwart von Glukose reprimiert werden. In der Tat wird die Expression des Enzyms in B. subtilis beim Wachstum mit Glukose durch das globale Regulatorprotein des C-Stoffwechsels CcpA reprimiert (Belitsky et al., 2004; Reif, 2004, Bertram et al., 2006). Durch diesen Regulationsmechanismus wird gewährleistet, daß beim Wachstum von B. subtilis in Gegenwart der C-Quelle Glukose mit Hilfe des GOGAT-Zyklus der Glutamatbedarf gedeckt wird und hohe Wachstumsraten erzielt werden können (Abb. 5.1. A).

Beim Wachstum mit einer schlechten C-Quelle, wie z. B. Succinat, und in Anwesenheit von Arginin wird die katabole GDH RocG stark exprimiert und Arginin kann über den Argininabbauweg zu Glutamat umgewandelt werden (Abb. 5.1. B; Gardan et al., 1995; Gardan et al., 1997). Das gltAB-Operon hingegen wird unter diesen Bedingungen stark reprimiert. Die Repression des gltAB-Operons wird durch RocG vermittelt (siehe Abschnitt 5.2.). Die argininabhängige Regulation des gltAB-Operons ist sinnvoll, da die GOGAT in

Diskussion 99

TCC

TCC

Glutamat α-KGA

Schlechte C-Quelle Gute N-Quelle

Succinat

GDH

Arginin Glutamat α-KGA

Glukose

GOGAT Gute C-Quelle Schlechte N-Quelle A)

B)

Gegenwart von Arginin nicht zur Synthese von Glutamat benötigt wird. Durch die inverse Regulation der GOGAT und der GDH RocG wird in der Zelle für eine konstante Glutamatversorgung gesorgt.

Abb. 5.1. Abstimmung zwischen Glutamatsynthes und -abbau in B. subtilis

A) In Gegenwart von Glukose und Ammonium wird die GOGAT stark exprimiert, um beim Wachstum von B.

subtilis mit der bevorzugten C-Quelle den Glutamatbedarf der Zelle zu decken.

B) Beim Wachstum mit der schlechten C-Quelle Succinat und der N-Quelle Arginin kann zum einen der Aminogruppendonor Glutamat gebildet werden und zum anderen kann das Gerüst von Glutamat in den C-Stoffwechsel einfließen und für anabole Reaktionen genutzt werden.

α-KGA = α-Ketoglutarat.

Die Nutzung nur eines Weges zur Assimilation bringt auch Nachteile mit sich. Beim Wachstum von B. subtilis in Gegenwart von C-Quellen, die zu einer schwachen CCR führen, kann die Expression der katabolen GDH durch das globale Regulatorprotein des C-Stoffwechsels CcpA, nicht verhindert werden (Belitsky et al., 2004). B. subtilis kann daher mit schlechteren C-Quellen, wie z. B. Sorbitol oder Arabinose, nicht so schnell wie mit der bevorzugten C-Quelle Glukose wachsen, da die GDH Glutamat abbauen kann (Abschnitt 4.5.1.). In Abwesenheit von Glukose limitiert daher der Aminogruppendonor Glutamat die

Diskussion 100 Wachstumsgeschwindigkeit (Abb. 4.14.). Durch die Inaktivierung des glutamatabbauenden Enzyms kann B. subtilis die im Vergleich zu Glukose minderwertigeren C-Quellen Sorbitol und Arabinose besser verwerten und sogar die C-Quelle Succinat in Gegenwart der N-Quelle Ammonium nutzen (Abb. 4.14.; Commichau et al., 2006b). Unter bestimmten Wachstumsbedingungen ist die katabole Funktion der GDH für B. subtilis jedoch essentiell.

In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, daß die GDH benötigt wird, damit das Bakterium die Aminosäure Arginin als C-Quelle nutzen kann (Abb. 4.4.). In Abwesenheit von RocG kann das Bakterium Arginin nicht als alleinige C-Quelle nutzen, da die Umwandlung von Glutamat in α-Ketoglutarat nicht möglich ist und damit das Gerüst der Aminosäure nicht in den C-Stoffwechsel einfließen kann (Abb. 2.3.; Abb. 5.1. B). Im Wildtypstamm von B. subtilis wird die GDH allerdings zu schwach exprimiert, um Glutamat als C-Quelle nutzen zu können. Erst die Überexpression der GDH ermöglicht die Nutzung von Glutamat als C-Quelle (Abb. 4.4.).

Die Nutzung von Arginin hingegen wird dadurch ermöglicht, daß die GDH in Gegenwart von Arginin stark exprimiert wird (Gardan et al., 1995 & 1997).

Da in B. subtilis die Expression des einzigen glutamatbildenden Enzyms (die GOGAT) durch die GDH reguliert wird (Abschnitt 5.2.), welches zusätzlich als Enzym in der Zelle den Aminogruppendonor Glutamat in großem Umfang abbauen kann und damit für die Verwertung von Arginin essentiell ist, wird das Substratspektrum des Bakteriums durch diesen Regulationsmechanismus der Glutamatbiosynthese stark eingeschränkt. B. subtilis kann nur solche C-Quellen nutzen, die das glutamatabbauende Enzym RocG reprimieren, damit Ammonium durch die Reaktionen des GOGAT-Zyklus assimiliert werden kann. Auf die katabole Funktion von RocG kann jedoch nicht verzichtet werden, weil dieses Enzym für die Verwertung von Arginin als C-Quelle benötigt wird. Die Nutzung zweier Wege zur Ammoniumassimilation kann unter bestimmten Bedingungen einen Wachstumsvorteil bieten.

In der späten Wachstumsphase trägt die anabole GDH in dem Cyanobakterium Synechocystis signifikant zur Ammoniumassimilation bei (Chávez et al., 1999).