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Abschließende Bemerkungen

Im Dokument Erziehung & Unterricht (Seite 64-67)

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gehen aktiv auf ihr Gegenüber zu und eröffnen in der Regel von sich aus das Gespräch. Sehr rasch entwickelt sich ein vertrautes Verhältnis, wobei ihnen ein hohes Maß an Autorität zugeschrieben wird. Die Schülerinnen und Schüler asso-ziieren mit ihnen Wissen und (Lebens-)Erfahrung, erwarten von ihnen die Wahrheit („Wie es gewesen ist“) zu erfahren. Dennoch löst die Konfrontation mit der Geschichte ihrer El-tern und/oder (Ur-)GroßelEl-tern zum Teil sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Das Spekt-rum reicht von Betroffenheit, Bewunderung und Anerkennung, über Demut und Scham bis hin zu Abwehr und Verleugnung. Trifft letzteres zu, ist es wichtig, die Auslöser zu eruieren und kritisch zu hinterfragen: Welche Assoziationen, eigene Erinnerungen, Lebensansprü-che, Ängste und/oder Phantasien werden mit dem Gehörten verbunden?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der moralisch mahnende Charakter, den Zeitzeugen-gespräche, vor allem im schulischen Kontext, besitzen. Eines der Ziele, wenn nicht das wichtigste, ist die Sensibilisierung für Menschenrechte und Toleranz. Daher sind insbeson-dere die Lehrkräfte gefordert, sich mit der multikulturellen Zusammensetzung der Klassen auseinanderzusetzen und die Themen Rassenhass, Verfolgung und Ausgrenzung mit heu-tigen politischen Phänomenen in Verbindung zu bringen. In diesem Sinn appellierte Her-mann Langbein immer wieder an sein Publikum:

„Es ist immer leicht zu gehorchen, jemandem zu folgen. Denn wenn es schief geht, kann man sich ausreden: ‚Was kann ich dafür! Der und der hat es gesagt!‘ Das ist billig, leicht.

Sucht euch nicht den leichteren Weg! Ich will euch den Rat mitgeben: Geht nur einen Weg, den ihr selber verantworten könnt. Wenn etwas von euch verlangt wird, was ihr nicht ver-antworten zu können glaubt, denkt zuerst nach und holt Erkundigungen ein, und wenn ihr nicht überzeugt werdet, tut es nicht! Auch dann nicht, wenn es hie und da einen blauen Fleck kostet, auch dann nicht, wenn es mit Unannehmlichkeiten verbunden sein kann.“ 20

ANMERKUNGEN

1 Salus 1981, S. 53.

2 Bericht über die Vortragsreise, S. 4. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 297, Mappe 1.

3 Bruha 1987, S. IX.

4 Zum 20. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager. Bulletin des Comité International des Camps 7, S. 2.

5 Langbein 1965.

6 Brief des Comité International des Camps an den Bundesminister für Unterricht vom 16. Juli 1966. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, rote Ordner „Österreich“ 7.

Steffek, (Un)ausgesprochen 239

7 Brief des Bundesministers für Unterricht an das Comité International des Camps vom 15. Oktober 1966.

ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, rote Ordner „Österreich“ 7.

8 Langbein 1997, S. 9-10. Langbein 1967, S. 7-8 u. S. 47-52.

9 Zeitgeschichte im Schulunterricht. Kärntner Tageszeitung vom Januar 1976.

10 Leserbrief „Zauberwort Auschwitz“. Kärntner Nachrichten vom Januar 1976.

11 Brief von Friedrich Rainer an die Schüler der 8a-Klasse des BG und BRG Völkermarkt vom 29.01.1976 sowie ein undatiertes, anonymes Schreiben an die 8a-Klasse des BG und BRG Völkermarkt. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 213. Briefwechsel von Elisabeth Cencig und Hermann Langbein von 20.10.1974 bis 25.03.1995.

ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, rote Ordner „Österreich“ 1.

12 Brief von Hermann Langbein an Fred Sinowatz vom 07.04.1976. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, rote Ordner

„Österreich“ 7.

13 Gedächtnisprotokoll der Besprechung von Hermann Langbein, Leopold Rettinger und Kurt Scholz im Unterrichtsministerium vom 30.09.1977. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 235, Mappe 4.

14 GZ 28.432/1-19a/79: Comité International des Camps – Vortragsangebot zur Zeitgeschichte – Empfehlung an die Schulen (Pädagogischen und Berufspädagogischen Akademien, Pädagogischen und Berufspädagogischen Insti-tute) vom 22.01.1979. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 291b, Mappe 11.

15 Brief von Hermann Langbein an Franz Göbhart, Walter Göhring, Anton Pelinka, Norbert Schausberger, Karl R.

Stadler, Erika Weinzierl und das Institut für Zeitgeschichte Wien vom 10.03.1978. ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 235, Mappe 10.

16 Vašek 1994, S. 26.

17 Kößler 2007, S. 179.

18 Interview mit Irma Trksak vom 24.06.2009.

19 Stellungnahme 25 anlässlich der Vortragsreihe „80 Jahre Burgenland – Zeitzeugen in burgenländischen Schulen“ im BG Mattersburg vom 16.05.2001.

20 Langbein 1988, S. 42.

LITERATUR

Bruha, A. (1987): „Unter Hitler war alles viel besser als heute“. Erfahrungen einer Zeitzeugin aus den sechziger Jahren. In: Niemals vergessen! Seit 10 Jahren berichten Zeitzeugen an unseren Schulen.

AZ-Thema 11, IX.

Kößler, G. (2007): Gespaltenes Lauschen. Lehrkräfte und Zeitzeugen in Schulklassen. In: M. Elm u.a.

(Hrsg.). Zeugenschaft des Holocaust. Zwischen Trauma, Tradierung und Ermittlung. Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 2007. Campus-Verlag, Frankfurt/Main, New York, 176-191.

Langbein, H. (1967): Auschwitz und die junge Generation. Europaverlag, Wien, Frankfurt/Main, Zürich.

Langbein, H. (1988): Auschwitz: Symbol für die Verbrechen des Nationalsozialismus. Was ist gesche-hen? Wieso konnte es geschegesche-hen? Leben im KZ und danach. Tonbandprotokoll der Veranstaltung der Schülervertretung der Berufsbildenden Schulen in Ennepetal am 7. Februar 1987 mit Hermann Langbein. Manuskript. Ennepetal.

Langbein, H. (1997): Darf man vergessen? In: A. Pelinka/E. Weinzierl (Hrsg.). Das große Tabu. Öster-reichs Umgang mit seiner Vergangenheit. 2. Aufl. Verlag Österreich, Wien, 8-16.

Langbein, H. (1965): Zusammenfassung der Erfahrungen, die von der Delegation des Comité Internati-onal des Camps gesammelt wurden vom 11.04.1965. In: ÖStA/AVA, Depot: Langbein E/1797, Karton 155.

Leserbrief „Zauberwort Auschwitz“. Kärntner Nachrichten vom Januar 1976.

Salus, G. (1981): Niemand, nichts – ein Jude. Theresienstadt, Auschwitz, Oederan. 2. Aufl. Reprint. Verlag Darmstädter Blätter, Darmstadt.

Vašek, T. (1994): Oma Jochmann weint nicht mehr. Profil 1994, 7, 26-27.

240 Steffek, (Un)ausgesprochen

Zeitgeschichte im Schulunterricht. Kärntner Tageszeitung vom Januar 1976.

Zum 20. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager: Aussprache von Überlebenden mit der jun-gen Generation in Deutschland. Bulletin des Comité International des Camps 7, 2.

ZUR AUTORIN

Mag. Dr. Andrea STEFFEK, Studium der Geschichte in Wien und Klagenfurt mit den Forschungs-schwerpunkten Zeitgeschichte, Nationalsozialismus, Faschismus, Widerstand unter besonderer Be-rücksichtigung von Frauen, Erinnerungskultur, Oral History.

Wirth, AktivistInnen für Reformen, Umweltschutz und Frieden 241

Im Dokument Erziehung & Unterricht (Seite 64-67)