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Abfrage von Nutzungsweisen

1  Politische Partizipation Jugendlicher im Web 2.0.  Eine Einführung

4.4  Ergebnisse

4.4.4  Abfrage von Nutzungsweisen

Nutzungsweisen – Differenzierung und Rahmung  

Um die Informiertheit der Jugendlichen über Dienste und Beteiligungsmöglichkeiten als Be-dingungsrahmen für praktizierte politische Netzaktivitäten zu kennen und in die Auswertung mit einbeziehen zu können, wäre eine Differenzierung der Abfrage über Dienste in der Ska-lierung „Kenne ich nicht – Ist mir bekannt (nutze ich aber nicht) – kenne ich und nutze es (selten – häufig)“ ratsam.

Tabelle 4.6: Beispiele „Politisches Interesse im Kontext Informationssuche“ 

 Überzeugung, im Netz… „Kann man alles erforschen“ (210) + „Kann man alles finden“ (768) (OT) 

 „die neuesten Nachrichten lesen, finde ich ist das Internet auch ne ganz nette Möglichkeit und Alternative  zu äh Printmedien“ (Parteien 78 f.)  

 „Wenn man das Interesse hat sich über was zu informieren, dann gibt man das schnell bei Google ein oder  bei sonstigen Suchmaschinen, dann findet man da gleich ein paar Millionen Treffer und das ist natürlich um  einiges angenehmer, wenn man dann sichere Quellen hat als wie in die Bibliothek zu gehen und sich dort  zu informieren.“ (Parteien 80‐84)  

 Bsp. Abonnements: „meinetwegen interessiert dich nur, was in NRW passiert und meinetwegen die Pres‐

senachrichten unserer Bundesvorstand oder Landesvorstand, dann abonnierst du nur diese, kriegst die als  E‐Mail zugesendet und kannst dir zusätzliche Informationen in diesem Forum angucken“ (Parteien 497‐500) 

Selektive Nutzungsweisen als Rahmung von praktizierter Beteiligung und Interessensvertretung wären ebenfalls angeraten abzufragen, beispielsweise in ihrer Nutzungsintensität und -ausprägung, z. B. als intensiv – selektiv – verweigernd (z. B. Posten, Uploads, Profilgestal-tung etc.).

Partizipationsgrade 

Da eine Untersuchung beteiligungsbezogener Aktivitäten – wie in Kapitel 4.2 ausgeführt – einer Differenzierung der Aktivitätsgrade und der Partizipationsrelevanz entsprechender Netzaktivitäten bedarf, werden exemplarisch Differenzierungen für die Operationalisierung vorgeschlagen (vgl. Tabelle 4.7).

 

Tabelle 4.7: Beispiele „Differenzierung des Partizipationsgrades“ 

EntEntsprechend den Differenzierungen der „ladder of participation“ (vgl. Kapitel 4.2.2) wären Nut‐

zungsweisen‐Items auszudifferenzieren (je nach Forschungsperspektive) anhand  

des Grades an Partizipativität  

des damit verbundenen Verantwortungs‐/bzw. Aktivitätsgrades (z. B. Mailverteiler erstellen/Mitglied in  einem Verteiler sein) 

Differenzierungsgrade der engagementbezogenen Kommunikationsräume: 

öffentlich (z. B. Foren) 

halböffentlich (z. B. Mailinglisten, Facebook‐Gruppe…) 

intern (z. B. Partei‐Netzwerke mit Login)  

Kontextualisierung der politischen Netzaktivitäten durch allgemeine Inter‐

netnutzung 

Die Einordnung der praktizierten politischen Netzaktivitäten und Beteiligungsweisen bedarf neben Informationen zu Offline-Beteiligungserfahrungen und -aktivitäten einer Kontextualisie-rung durch Angaben zur allgemeinen Internetnutzung der Befragten um Sinnzusammenhän-ge und Bedeutungskontexte rekonstruieren zu können. Somit werden im FolSinnzusammenhän-genden in Tabel-le 4.8 beispielhaft Hinweise für inhaltliche Dimensionen in diesem Zusammenhang formuliert:

Tabelle 4.8: Ansatzpunkte und Beispiele zur Kontextualisierung politischer Netzwerkaktivitäten  Zusammenhang von allgemeiner Intensität der Internetnutzung und privater/engagementbezogener Nut‐

zung und dem entsprechenden Nutzungsausmaß, z. B. 

„Wenn zum Beispiel Veranstaltungen in OT sind, dann posten wir auch in Facebook, dass zum Beispiel 'ne  Disco is' oder so.“ (OT 1057‐1058)  

„Also ich schreib' schon GAR nichts mehr mit in den Vorlesungen […] weil ich weiß, das is' ALLES online.“ 

(Verbände 78‐82) 

„Facebook ähm ja also jetzt natürlich privat um mit Freunden zu schreiben, aber auch um ja parteipoliti‐

sche Aktivitäten also ja managen von so'n paar Facebookseiten halt eben und Events erstellen“ (Parteien  56‐58)  

„Äh was mach' ich im Internet? […] Ich bin die ganze Zeit in Kontakt eben wegen der ehrenamtlichen Arbeit  über E‐Mail und so weiter, ähm was natürlich 'n wichtiger Teil ist. Ich hatte jetzt, als ich umgezogen bin  länger kein Internet, was .. ECHT 'n krasser Nachteil war, weil's halt schwierig war einfach mit Leuten in  Kontakt zu treten. Dann natürlich Socialmedia, Facebook, mit Freunden in Kontakt bleiben. Vor allem  Freunde, […] die jetzt nicht in (Stadt) wohnen, und mit denen man halt irgendwie, oder die möglicherweise  im Ausland sind, mit denen man Kontakt halten möchte. Ähm, Internet ist für mich 'ne riesen Informati‐

onsquelle, […] nimmt eigentlich 'nen Großteil meines Tagesgeschäfts sozusagen ein, im Internet halt ein‐

fach zu sein und Informationen zu beziehen, Kontakt zu halten.“ (Parteien 11‐22)  

„wir haben halt ganz viel Außenwirkung dadurch, also wir kommunizieren GANZ viel über 's Internet, an  andere Leute, versuchen dadurch Menschen zu erreichen. Ähm, haben INterne Kommunikation, benutzen  das selber als Ressourcequelle, um uns selbst zu informieren, uns auszutauschen“ (Verbände 783‐786)  

„es geht bei uns mehr ineinander über dieses private und nach außen gerichtete, weil wir also die meisten  Listen und alle Sachen die wir so organisieren, sind ja in der Regel offen, also frei einsehbar von allen, […] 

und darum es gehört quasi auch das was wir so tagtäglich machen, schon fast mit zur Öffentlichkeit, das is  Arbeit, weil die Leute sich das halt angucken können live […] das bei uns nicht öffentlich ist, sind Listen oder 

Gruppen, wo es um bestimmte persönliche Daten geht. Also von Vorständen, wo es dann um sensible Da‐

ten geht, die halt geschützt werden müssen“ (Parteien 357‐363)  

„Bei uns in der V‐Partei, da gibts praktisch zwei Sparten, einmal das was zur Öffentlichkeitsarbeit gehört,  dass man Bilder von Aktionen die man durchführt oder sonstige Posts, einfach auf der Seite veröffentlicht  und dann die Sparte, das ist zur internen Kommunikation zwischen den Vorstandsmitgliedern oder sonsti‐

gen Mitgliedern, ähm verfügbar, dass das in einem können die Mitglieder diskutieren oder Absprachen  treffen oder sich verabreden für irgendwelche Aktionen, ähm in der anderen Seite haben wir halt einfach  unsere Präsens im Facebook, wo wir uns darstellen, wo wir zeigen was wir tun, wofür wir stehen und sol‐

che Sachen.“ (Parteien 324‐331)  

Strategien im Umgang mit der Differenz von privat und politisch/öffentlich (Identitätsdarstellung, Kommu‐

nikation, Öffentlichkeit von Postings…) 

Die Verknüpfung von online und offline und entsprechende Bedeutungs‐ und Funktionalitätszuschreibun‐

genhaben sich als relevant erwiesen – dies sollte in der Fragebogenkonstruktion berücksichtigt werden. 

Wie prägt die Veränderung von Zeitdruck und Entgrenzung (Verdichtung, Erreichbarkeit…) die Nutzung von  Medien im privaten wie im beteiligungsbezogenen Kontext? 

Unterschiede hinsichtlich der Nutzungsintensität von Netzkommunikation (auf lokaler Ebene wenig?/auf  Landesebene mehr?/auf Bundesebene viel? – wie viel und wofür? z. B. Bund: Information, Land: Versamm‐

lungen organisieren, lokal: Events veröffentlichen…)  Unterschiede nach Organisationsgrad und ‐erfahrung  Bedeutung der Dienste für die lebensweltlichen Bezüge, z. B.  

 „Wenn man zum Beispiel zuhause is, dann kann man guck'n, wann der nächste Bus kommt (…) Also  FAHRPLAN. Guck isch einfach“ (OT 228‐229)  

  „Es gibt auch so VEREINseiten. (…) Ja, und wenn man zum Beispiel kein Training hat, dann schreiben die 

das ja, damit man Bescheid weiß, nicht dass man dann umsonst dahin fährt (…) Dann können die das (…)  da drauf schreiben, also auf Facebook. Schreiben die uns eine Nachricht und dann kann man das ja sehen,  also lesen“(OT 774‐789)  

 „bei mir ist das in der UNI jetzt auch ganz krass (…) ich hab' das auch noch nie erlebt, dass man so KRASS  vernetzt ist, einfach, so über's Internet. Also ich mein' da ist dann 'ne Facebookgruppe, wo die ganze Zeit  irgendwas läuft und geschrieben wird. Dann ähm haben sie jetzt 'ne riesen Drop‐Box aufgemacht, wo ein‐

fach von jeder Vorlesung, von jedem Seminar ALLES, alle Texte, alle Mitschriften halt hochgeladen wer‐

den“ (Verbände 63‐60) 

Einschätzungen und Bedeutungszuschreibungen an Nutzungsweisen als Deu‐

tungshintergrund  

Schließlich konnte eine Reihe von Bedeutungszuschreibungen herausgearbeitet werden, die für die Deutung der Ergebnisse von Relevanz sind. Hierzu zählen die Voraussetzungen, die für eine informierte Beteiligung wichtig sind, die verschiedenen Strategien beim Umgang mit neuen normativen Erwartungen im Kontext der Communities, die Einschätzungen zu den Vor- und Nachteilen von Online- bzw. Offline-Formen von Engagement sowie der Blick auf Tools, die die Gremienarbeit erleichtern (vgl. Tabelle 4.9).

 

 

Da Facebook solch eine zentrale Bedeutung und spezifische Strukturen und Zuschreibungen hat bzw. provoziert, wäre darüber hinaus zu überdenken, inwiefern diese Dimension im Fra-gebogen spezifisch abgefragt wird. Zu beachten ist, dass manche Praxen nur im Rahmen von Facebook stattfinden (z. B. wenn anderen Mitgliedern Onlinepoker beigebracht wird).

Tabelle 4.9: Ansatzpunkte und Beispiele zum Themenfeld Einschätzungen und Bedeutungszu‐

schreibungen an Nutzungsweisen als Deutungshintergrund 

Welche Anforderungen stellen zentrale Voraussetzungen für informierte Beteiligung dar, z. B. 

 mit den riesigen Informationsmengen umgehen können/über Strategien dafür verfügen 

 in vielen Netzwerken sein 

 auswählen können, was man wo postet und liest 

 dauernd „on“ sein 

 kritische Einordnung von Informationen/Kontakten/Quellen 

Umgang mit neuen normativen Erwartungen im Kontext von Communities: geadded wer‐

den/Freundschaftsanfragen von Unbekannten: Wie geht man damit um wenn das in einer unklaren Vermi‐

schung von privat und politisch passiert? (Hierbei ist anzumerken, dass die Gruppendiskussionen – wenig  überraschend, aber doch relevant – zeigten, dass diese Aspekte als kritische Reflexion des Internet in sehr un‐

terschiedlicher Hinsicht einer Reflexion zugänglich waren und sich dabei habitusbezogene Unterschiede zeig‐

ten) 

Einschätzungen zur Bedeutung bzw. zu Vor‐ und Nachteilen von Online‐ bzw. Offline‐Formen von Engage‐

ment und ihren wechselseitigen Bezügen, z. B. 

„Andererseits is' es aber auch so, im Internet hast du halt ganz schnell und ganz leicht die Möglichkeit Posi‐

tion zu beziehen, und da is' diese Hemmschwelle halt auch relativ gering. Darüber hinaus dann aber im ech‐

ten Leben sozusagen aktiv [zu werden, is' halt nochmal was ganz ANDERES. Also ich mein' du erreichst mög‐

licherweise so und so viele Menschen, aber der Prozentsatz, der DAVON dann im Endeffekt wirklich was ak‐

tiv dann TUT, is' halt gering so.“ (Verbände 990‐995)  

„Ja find' ich auch ganz spannend, weil 's tatsächlich ähm bei den meisten Sachen, die ich mache, so läuft,  dass man sich halt OFFline kennenlernt ähm und sich dann halt ONline vernetzt. Aber dass die ganze Vorso‐

zialisation halt offline gelaufen is' und das halt relativ selten is', dass Leute, die uns ANschreiben, dann auch  wirklich bei uns bleiben. Und das dann doch eher so über persönliche Kontakte funktioniert. Also langzeitge‐

sehen funktioniert.“ (Verbände 997‐1001) 

„Natürlich das man das auch also oder jemanden zu überzeugen, find ichs weitaus einfacher doch dann im  richtigen Leben sozusagen, aber ich mein das schmälert das ja nicht wirklich, es geht ja beim Internet nicht  darum irgendwie Leute zu überzeugen, sondern eher Informationen schnell weiterzuleiten und das Organi‐

satorische damit ja zu vereinfachen“ (Parteien 102‐106)  

„ich würd, sagen, (…) wenn ich jetzt zu Demos gehe oder so oder generell politisch aktiv bin, mit dem Inter‐

net, dann sind das für mich keine zwei Welten, die Internetaktivität und Reallife ‐Aktivität, sondern dass  vermischt sich, also das geht ineinander über, das ist ein fließender Übergang, davon lass ich mich mit Leu‐

ten auf Twitter abspreche, mit denen telefoniere, sie dann treffe, mich sage, ja wir schreiben gleich noch‐

mal, oder ich mir angucke wo ich hin muss, oder so. Für mich ist das heutzutage kein Unterschied mehr ob  ich jetzt im Reallife mache, oder im Internet. Weil für mich sind das keine zwei Welten. Das ist ein (…) und  dasselbe.“ (Parteien 1044‐1054)  

„Also Engagement ist in erster Linie Engagement, und dass sollte man nicht auf zwei verschiedene Stufen  stellen, obwohl ich der festen Überzeugung bin, da geb ich dir auch Recht und es ist meine persönlich Mei‐

nung, dass wenn man wirklich auf die Straße geht, sein Gesicht hinhält und sagt, ich steh als diese Person  auch ganz unabhängig von meinem Facebook‐Profil für diese Meinung und ich zeige mich, ist ja auch schon 

viel Wert und gehört auch noch relativ viel Mut dazu das zu machen.“ (Parteien 1069‐1075)  

Besonderer Fokus auf Tools, die die Gremienarbeit erleichtern (Mumble, Etherpad, Netzwerke)? [Diese  Tools wurden nur von den sehr partizipationserfahrenen Jugendlichen mit hohem Organisationsgrad er‐

wähnt] 

„Also ICH zum Beispiel.. nur Facebook, YouTube, nur das.“ (OT 745) 

„Vorstandssitzungen machen wir eigentlich alle über Mumble, […] hat halt einfach den Vorteil, dass man  eben auch wenn man jetzt grad mal nicht in der Nähe des Landesvorstands einfach immer mithören kann  oder auch direkt Fragen stellen kann“ (Parteien 434‐437)  

„dann gibt noch so eben die Apps zu den speziellen Aktionen, meinetwegen wenn da so "Dresden Nazifrei" 

sowas läuft, kann man sehr gut ne App zu entwickeln, oder zu manchen Parteitagen der Q‐Partei gibts auch  welche, wo man sich mobil sich extra sofort die Anträge genauer anzeigen lassen kann, oder wo man mei‐

netwegen die Karte oder nen Liveticker sieht, war auch bei den Castortransporten sehr oft so, da konnte  man mobil immer sehen, wo dieser Zug grade ist, wo grad welche Aktion ist, […] das Programm sich angu‐

cken“ (Parteien 1148‐1154)  

Etherpad: „Darüber funktioniert unsere interne organisatorische Arbeit im zum größten Teil.“ (Parteien 379  f.) 

 

Insgesamt konnten auf der Grundlage der theoretischen Überlegungen sowie der Gruppen-diskussionen vielfältige Hinweise zur Entwicklung des Forschungsdesigns und zur Instru-mentenentwicklung gewonnen werden. Das Material im Anhang verweist darüber hinaus auf wichtige Dimensionen, die für die Itembildung von Bedeutung sind.

   

 

4.5 Anhang ‒ Material für die Item‐Bildung