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2.   Literaturübersicht

2.2   Heparin (Unfraktioniertes Heparin)

2.2.3   Überwachung

Auf Grund der geringen Bioverfügbarkeit und der großen interindividuellen Schwan-kungen der Pharmakokinetik von unfraktioniertem Heparin beim Tier (Lunsford et al.

2007) und beim Menschen (Lunsford et al. 2007; Alban 2008), bedarf die Therapie mit UFH einer sehr genauen Überwachung, um Unter- oder Überdosierung mit mög-lichen Blutungskomplikationen zu verhindern (Lunsford et al. 2007; Goggs et al.

2009). Zur Überwachung der Heparintherapie stehen unter anderem verschiedene Gerinnungstests wie die Messung der TZ und der aPTT zur Verfügung. Die seltener eingesetzte TZ-Messung zeigte nach verschieden Studien beim Menschen sogar ei-ne höhere Korrelation mit der Plasmaheparinkonzentration als die aPTT (Bounameaux et al. 1980; Ray et al. 1996). In der Studie von Ray et al. (1996) zeigte die TZ zusätzlich eine höhere Genauigkeit bei der Beurteilung der Plasmaheparin-konzentration. Allerdings zeigte die zitierte Studie, dass die TZ bereits bei leicht über dem therapeutischen Bereich liegenden Heparinaktivitäten (> 0,5 I.E./ml gemessen mit Protamintitration) nicht mehr messbar war, obwohl die TZ-Messung mit einem sehr konzentrierten Thrombinreagenz (Humanthrombin mit finaler Konzentration von 9 Inhibitor Units (IU)/ml) durchgeführt wurde. Hierzu korrespondierend erwiesen sich TZ-Messungen mit den üblichen Thrombinaktivitäten als zu empfindlich für die Über-wachung der UFH-Therapie, da wie in einer Studie beim Hund gezeigt, bereits im therapeutischen angestrebten Bereich nicht messbare Werte vorlagen (Mischke u.

Jacobs 2001).

Die Messung der aPTT hat sich als geeignete und die am häufigsten verwendete Me-thode zur Überwachung der UFH-Therapie beim Menschen (Ray et al. 1996; Hirsh et al. 2001; Eickelboom u. Hirsh 2006) und beim Hund (Green 1980; Hellebrekers et al.

1985) erwiesen. Eine retrospektive Studie von Basu et al. (1972) suggerierte, das ei-ne aPTT-Ratio von 1,5–2,5 mit eiei-nem reduzierten Risiko der rezidivierenden venösen

Thromboembolien assoziiert ist. Etwa zur gleichen Zeit demonstrierten Chiu et al.

(1977) am Kaninchenmodell, dass durch eine aPTT-Ratio von 1,5–2,5 die Vergröße-rung eines bestehenden experimentell herbeigeführten Thrombus verhindert werden konnte. Levine et al. (1994) fanden in weiteren Untersuchungen heraus, dass diese Verlängerung mit einer durch Protamintitration gemessenen Plasmaheparinaktivität von 0,2–0,4 I.E./ml korrespondiert, was einer Plasmaheparinaktivität von 0,3–0,7 I.E./ml gemessen mit chromogener Anti-FXa-Messung entspricht (Olson et al. 1998).

Basierend auf diesen Studie fanden eine 1,5- bis 2,5-fache Verlängerung der aPTT-Ausgangswerte (Raschke et al. 2003; Hirsh et al. 2008; Lehman u. Frank. 2009) und eine korrespondierende Plasmaheparinaktivität von 0,3–0,7 I.E./ml als empfohlene therapeutische Zielbereiche (Olson et al. 1998; Raschke et al. 2003) für eine geeig-nete Therapie mit UFH in der Humanmedizin zunächst weite Akzeptanz (Raschke et al. 2003).

Allerdings gibt es inzwischen viele verschiedene aPTT-Reagenzien und über 300 verschiedene Reagenz-Geräte-Kombinationen (Olson et al 1998; Raschke et al.

2003), wobei nicht nur unterschiedliche Reagenzien (Mensch: Shapiro et al. 1977;

Bjornsson et al. 1986; Kitchen und Preston 1996; Raschke et al. 2003; Hund:

Mischke u. Jacobs 2001), sondern auch unterschiedliche Chargen des gleichen Re-agenz teilweise erheblich in ihrer Heparinsensitivität variieren (Brill-Edwards et al.

1993; Bates et al. 2001). Brill-Edwards et al. (1993) und Kitchen und Preston (1996) untersuchten die Korrelation zwischen aPTT-Ratio und Plasmaheparinaktivität beim Menschen und stellten erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Reagenzien fest, wenn für Plasma mit einer mittels Protamintitration gemessenen Heparinkon-zentration von 0,2–0,4 I.E./ml die aPTT-Ratios berechnet wurden. Kitchen und Pres-ton (1996) ermittelten einen Bereich von 1,6–1,9 für das in ihrer Studie am wenigsten sensitivste und von 2,2–2,9 für das in ihrer Studie sensitivste der geprüften sechs

aPTT-Reagenzien und kamen zu dem Schluss, dass Plasmaproben mit derselben aPTT-Ratio deutlich unterschiedliche Heparinkonzentrationen und umgekehrt Plas-maproben mit derselben Heparinkonzentration erheblich unterschiedliche aPTT-Ratios aufweisen können. Mischke (2003) untersuchte in seiner Studie die Heparin-sensitivität von sechs verschiedenen kommerziellen aPTT-Reagenzien an caninem Blut und fand heraus, dass die aPTT-Ratios bei einer Heparinkonzentration von 0,7 I.E./ml abhängig vom jeweiligen Reagenz zwischen 1,2 und 2,5 variierten und dass eine aPTT-Ratio von 1,5 bei dem einen Reagenz mit einer Heparinaktivität von 0,3 I.E./ml bei einem anderen mit einer Heparinaktivität von 1,2 I.E./ml assoziiert war.

Mischke (2003) kam zu dem Schluss, dass auf Grund der unterschiedlichen Heparin-sensitivität der verschiedenen aPTT-Reagenzien, Empfehlungen für die Kontrolle der Heparintherapie mittels aPTT reagenzspezifisch sein sollten.

Aufgrund der unterschiedlichen Heparinsensitivität der aPTT-Reagenzien wird in ver-schiedenen Studien empfohlen, dass jedes Labor eine reagenzspezifische Kalibrati-on für jedes verwendete aPTT-Reagenz durchführt (Volles et al. 1998; Bates et al.

2001; Mischke et al. 2003), indem die aPTT-Ratios von Plasmaproben mit einer ge-messenen Plasmaheparinaktivität von 0,3–0,7 I.E./ml bestimmt werden (Eickelboom u. Hirsh 2006).

Im Hinblick auf die zusätzlichen präanalytischen (Methode der Blutentnahme, fal-sches Zitrat-/Blutverhältnis und Aufbereitung des Plasmas) und analytischen Fakto-ren (Reagenz und Koagulometer) sowie die biologischen Variablen (erhöhte Kon-zentrationen von Faktor VIII oder Fibrinogen, die aus einer Akuten-Phase-Reaktion resultieren, Faktorenmängel und eine niedrige Antithrombin-Konzentration), welche die aPTT beeinflussen, wurde in einigen Studien beim Menschen diskutiert, die aPTT-Messung durch eine routinemäßige Überwachung der Plasmaheparinaktivität mittels des spezifischeren, voll automatisierbaren Anti-FXa-Tests zu ersetzen (Bates

et al. 2001; Eickelboom u. Hirsh 2006; Lehman u. Frank. 2009). In humanmedizini-schen Studien, welche die aPTT mit der spezifihumanmedizini-schen Anti-FXa-Messung hinsichtlich der Einordnung als subtherapeutischer, therapeutischer oder supratherapeutischer Heparinspiegel verglichen, wurden diskrepante Testergebnisse bei 43–53 % der Pa-tienten festgestellt (Übersicht bei Vandiver u. Vondracek 2012). Dies bringt die zahl-reichen Patienten-individuellen biologischen Variablen zum Ausdruck (wie z. B. Ein-zelfaktor- und Antithrombin-Aktivität), die die Heparinwirkung auf die aPTT zusätzlich beeinflussen (Eickelboom u. Hirsh 2006), wobei allerdings gerade dies von einigen Autoren als Vorteil für die Vorhersage der optimalen Antikoagulation gewertet wurde (Baker et al. 1977; Lehmann u. Frank 2009). Anhand von Kriterien wie dem essenti-ellen therapeutischen klinischen Erfolg, aber auch der Anzahl der zur Dosiseinstel-lung notwendigen Tests und der Heparingesamtdosis deuten aktuell verfügbare hu-manmedizinische Studien zur Sicherheit und Effektivität der Anti-FXa-Messung deren Überlegenheit im Vergleich zur aPTT für das Monitoring der UFH-Therapie an (Über-sicht bei: Vandiver u. Vondracek 2012). Die reduzierte Zahl an erforderlichen Tests kann ausgleichen, dass die Einzelmessung der Anti-FXa-Aktivität sehr viel kostenin-tensiver als die Messung der aPTT ist (Rosborough 1999). Allerdings ist der Anti-FXa-Test noch nicht in jedem Labor verfügbar (Eickelboom u. Hirsh 2006).

Der Einsatz der Thromboelastometrie zur Überwachung der Heparintherapie in der Human- als auch in der Veterinärmedizin wird in den Kapiteln 2.1.2.3, 2.1.2.4, 2.1.4.4 besprochen.