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Meininger Impfzentrum schließt Ende August

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Seite 12

Karlsruhe verhandelt über Merkel-Äußerung

Karlsruhe – Im Februar 2020 nannte Kanz- lerin Angela Merkel (CDU) die Wahl eines Ministerpräsidenten mit AfD-Stimmen in Thüringen „unverzeihlich“ – nun ent- scheidet das Bundesverfassungsgericht, ob sie damit eine rote Linie überschritten hat.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) rechtfertigte in der Karlsruher Verhand- lung am Mittwoch, dass sich Merkel damals bei einem Staatsempfang in Südaf- rika zu Wort gemeldet hatte. Die mitreisen- den Journalisten und vor allem der Koali- tionspartner hätten eine Positionierung gewollt. Es sei auch um das internationale Ansehen der Bundesrepublik gegangen.

Die klagende AfD wertete die Äußerun- gen dagegen als direkten Angriff. „Wir mei- nen, dass so ein Angriff, zumal bei einem offiziellen Staatsbesuch unter dem Logo Bundeskanzler/Bundeskanzlerin, nicht

verfassungsgemäß ist und Frau Merkel damit gegen ihre Neutralitätspflicht ver- stoßen hat“, sagte der Vize-Vorsitzende Ste- phan Brandner vor Beginn der Verhand- lung. In Karlsruhe will die Partei feststellen lassen, dass ihr Recht auf Chancengleich- heit im politischen Wettbewerb verletzt worden sei. Das Urteil wird erfahrungsge- mäß in einigen Monaten verkündet.

Eigentlich hatte sich am 5. Februar 2020 Bodo Ramelow (Linke) im Landtag in Erfurt erneut zum Regierungschef wählen lassen wollen. In den ersten beiden Wahl- gängen bekam er nicht genug Stimmen. Im dritten Wahlgang hatte ihn dann völlig überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich um eine Stimme geschlagen – mitgewählt von CDU und AfD. Drei Tage später war Kemmerich unter Druck zurückgetreten.

Merkel, die gerade auf Reisen war, hatte sich einen Tag nach der Wahl zu Wort gemeldet und ihrer Pressekonferenz mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa eine „Vorbemerkung aus innenpolitischen Gründen“ vorausge- schickt. Das Ergebnis müsse „rückgängig gemacht werden“, sagte sie, zumindest die CDU dürfe sich nicht an dieser Regierung beteiligen. Eine Mitschrift der Pressekonfe- renz stand zwischenzeitlich auf bundes- kanzlerin.de und bundesregierung.de.

Die Verfassungsrichter stellten kritische Fragen: Sei es nicht guter Brauch, dass im Ausland grundsätzlich nicht über Innen- politik gesprochen werde? Warum habe Merkel nicht klarer gemacht, dass sie sich als Parteipolitikerin äußere? Und hätte sie das nicht im Anschluss an die Pressekonfe- renz tun können? dpa Seite 3

Meininger Impfzentrum schließt Ende August

Erfurt – Thüringen steuert aufgrund der erlahmenden Impfbereitschaft nach. Von den derzeit vier überregionalen Impfzentren werde nur das in Erfurt über den Sommer hinaus fortgeführt. Hintergrund dafür sind neben der sinkenden Nachfrage nach Impf- terminen auch auslaufende Mietverträge und anderweitig geplante Nutzungen der Hallen, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Impfdosen seien bislang aber nicht verfallen – sie seien bis mindestens Ende Oktober haltbar.

Das seit dieser Woche vorerst geschlossene Impfzentrum in der Erfurter Messehalle zieht derzeit in eine andere Halle um und wird den Angaben zufolge dann in einem Monat wieder öffnen. Das Geraer Impfzent- rum in der Panndorfhalle schließt bereits ab der kommenden Woche, könne aber bei Bedarf kurzfristig wieder hochgefahren wer- den, hieß es. Die Impfzentren in Leinefelde

und Meiningen stellen voraussichtlich Ende August den Betrieb ein. Unverändert bestehen bleiben laut dem Ministerium die 29 wohnortnahen Impfstellen. Sie sollen mindestens bis Ende September fortgeführt werden.

In Thüringen macht sich seit einiger Zeit eine gewisse Impfmüdigkeit breit. Die über- regionalen Impfzentren seien derzeit teil- weise nur noch zur Hälfte ausgelastet. „Es war immer absehbar, dass die Nachfrage nach Impfterminen irgendwann nachlassen würde“, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Dieser Punkt sei jetzt gekommen. Um möglichst viele Menschen zur Impfung zu ermutigen, sei daher Kreati- vität gefragt. „Wenn die Menschen nicht zu den Impfungen kommen, dann müssen die Impfungen eben zu den Menschen kom- men“, betonte die Ministerin. So sollen mobile Teams, die anfangs die Impfungen in den Pflegeheimen unterstützten, in kleine und mittlere Firmen ohne Betriebsarzt gehen. Das Impfangebot durch die mobilen Teams gelte grundsätzlich auch für die Ange- hörigen von Beschäftigten. Wer in Sonne- berg zum Impfen geht, erhält eine Bratwurst gratis. Am Kyffhäuser-Denkmal in Nordthü- ringen gibt es am Donnerstagnachmittag eine Aktion, bei der Impfwillige keinen Ein-

tritt für das Denkmal zahlen müssen. 60 Impfungen seien dort möglich. In Thürin- gen sind den Angaben zufolge bislang 54,4 Prozent erstmals geimpft. 46,2 Prozent haben bereits die Zweitimpfung erhalten.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Bevölkerung derweil gemahnt, ange- sichts steigender Corona-Zahlen Schutz- maßnahmen nicht zu vernachlässigen.

Wenn sich die Inzidenz weiter alle zwölf Tage verdoppele, hätte man im September einen Wert von über 400, sagte der CDU-Po- litiker am Mittwoch in Berlin. Alle miteinan- der müssten sich die Frage stellen, „wollen wir das passieren lassen“. Spahn rief dazu auf, die bekannten Maßnahmen einzuhal- ten. „Es geht darum, Maske im Innenraum tragen. Sich regelmäßig testen lassen. Wenn man noch nicht geimpft ist, sich impfen las- sen“, sagte er. „Wir entscheiden jetzt, jetzt in diesen Tagen des Julis darüber, wie Septem- ber, Oktober, November werden.“ Das Robert Koch-Institut meldete Mittwoch- morgen (Stand 4.36 Uhr) eine Inzidenz von 11,4. Am Vortag betrug der Wert noch 10,9 und beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9.

In Thüringen lag der Wert am Mittwoch bei 4,8. Im Landkreis Hildburghausen, dem Corona-Hotspot im Land, sank die Inzidenz

auf 22,2. dpa/les

Immer weniger Thüringer bu- chen Termine in den landesweit vier großen Impfzentren. Das Land zieht daraus nun Konse- quenzen und setzt verstärkt auf kreative Impfaktionen.

Es liegt Ärger in der Luft: Die konstituierende Sit- zung des Kreistages, der sich erstmals wieder mit Abgeordneten aus Eisenach zusammenfand, war wie immer durch Verpflichtungen und Wahlen geprägt. Doch bereits in dieser ersten Sit- zung gab es Anzeichen dafür, dass die Arbeit in diesem Kreistag nicht einfach werden könnte, wie Ute Weilbach mutmaßt. Aber auch andern- orts ist es ungemütlich: Die jüngste Sitzung des Unterbreizbacher Gemeinderates begann zwar mit einem Akt der Menschlichkeit. Und endete mit einer Bürgerfragestunde, in der üble Boshaf- tigkeiten gegen die Gemeinderäte ausgestoßen wurden. Beate Funk war vor Ort. Ihnen allen einen schönen Tag! Lokalteil

Schwierige Kreistagssitzung und Eskalation in Unterbreizbach

Nachricht des Tages

Sevilla – Das war ein so ungebetener wie über- raschender Besucher im hohen Haus: Eine Rat- te hat am Mittwoch für ein zeitweiliges Chaos im Parlamentssaal der südspanischen Region Andalusien gesorgt. Parlamentspräsidentin Marta Bosquet leitete gerade eine Sitzung in Sevilla, als sie das Nagetier von ihrem Podium aus unter den Tischen der rechtspopulistischen Vox-Partei entdeckte und übers Mikrofon einen spitzen Schrei ausstieß, wie die Zeitung „El Periódico“ berichtete. Mehrere Abgeordnete sprangen von ihren Sitzen, und einige rannten unter dem Gelächter weiter entfernt sitzender Volksvertreter fluchtartig aus dem Saal, wie auf Videobildern zu sehen war. Andere Parlamen- tarier versuchten, das Tier zu verscheuchen, was ihnen nach einiger Zeit auch gelang. Die Ratte habe das Weite gesucht und sei durch den Eingang hinter dem Podium gerannt, schrieb

die Zeitung. dpa

Ratte verjagt spanische Abgeordnete aus dem Parlament

Klartext

Amazon-Gründer Jeff Bezos hat am Jahres- tag der ersten Mondlandung seinen ersten Ausflug ins Weltall unternommen. Viele hat das ja aufgeregt: die Geldverschwen- dung, der Größenwahn eines geltungs- süchtigen Multimilliardärs. Kann man so sehen. Doch das eigentliche Ärgernis war die lächerliche Verkleidung dieses Typen, der Cowboyhut und die Boots zum kobalt- blauen Overall. Weil Bezos das Klischee vom geschmacklosen superreichen Ameri- kaner unbedingt bestätigen wollte, schritt er wie eine Mutation aus Vorstadtklempner und John Wayne zur Rakete, auf der er – Achtung, peinliches Bild! – als Space Cow- boy ins All ritt. Wahnsinn. Der Sternen- himmel als Kuhweide – das hat das Weltall wahrlich nicht verdient. Das ist ungefähr so cool, als wäre der deutsche Astronaut Alexander Gerst auf dem Weg zu seiner Mission in Socken und Birkenstock-Sanda- len erschienen. Und dann war dieser Cow- boyhut auch noch eine Nummer zu groß.

Gut möglich, dass nach diesem Auftritt der nächste prominente reiche Weltraumtou- rist in kurzen Golfhosen sein Ticket löst.

redaktion@stz-online.de

Kuhjunge im All

Von Tomo Pavlovic

Lesermeinung des Tages

Die gute Entwicklung der E-Mobilität in Europa dürfte sich laut einer Umfrage und Marktanalyse mittelfristig verstärken. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der teil- nehmenden Verbraucher gaben in einer Untersuchung

an, sich innerhalb der nächsten zwei Jahre ein E- oder Hybridfahrzeug zulegen zu wol- len, Martina Fischer (66) aus Schmalkalden meint:

Ich habe da meine eigene Meinung. Ich gebe weder den Elektroautos noch den Hybridautos eine Zukunft. Die Ideen sind noch nicht ausge- reift. Das beginnt mit der Reichweite für so ein Auto und der dazugehörigen Ladezeit bei E-Autos. Über den Preis rede ich gar nicht. Die Batterien sind Sondermüll, und bei einem Unfall gibt es bei so einem Auto die größten Probleme. Das habe ich erst neulich im Fernse- hen mitbekommen. Für mich hat die Brenn- stoffzelle die Zukunft, die Autoindustrie sollte sich weiter darum kümmern, ich denke, das ist die Zukunft.

Lehrergewerkschaft klagt über fehlende Luftfilter

Erfurt – Nach Einschätzung der Bildungsge- werkschaft GEW kommt die Ausstattung von Thüringer Klassenzimmern mit Luftfilteranla- gen nur schleppend voran. Viele Schulträger würden am Nutzen der Anlagen zweifeln, sagte die Landesvorsitzende der GEW, Kathrin Vitz- thum, am Mittwoch in Erfurt. Sie forderte, die Geräte in den Unterrichtsräumen einzusetzen.

Es gebe dafür sogar Fördergelder. „Insofern müssten die Schulträger da jetzt mal in die Puschen kommen.“ Nach Angaben des Landes- Infrastrukturministeriums sind aus diesem Pro- gramm 3,64 von 4,5 Millionen Euro abgerufen worden. Allerdings könnten mit dem Geld neben Filteranlagen auch CO2-Ampeln, Plexi- glasscheiben oder neue Fenster gefördert wer- den. Wie viel Geld also tatsächlich in Luftfilter- anlagen gesteckt werde, lasse sich derzeit noch

nicht sagen. sh Seite 3

Die nächste Generation der britischen Royals zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Im Mittelpunkt steht Prinz George, der heute seinen achten Geburtstag feiert. Beim EM-Finale gegen Italien fühlten sich viele Engländer mit ihrem künftigen König besonders eng verbunden. Happy Birthday, George!Foto: Uncredited/ picture alliance/dpa/The Duchess of Cambridge/AP Seite 6

Ihn lieben die Briten

Erfurt – Thüringer Landkreise und kreis- freie Städte sollen beim Einführen von Corona-Schutzmaßnahmen nicht nur die Inzidenz, sondern unter anderem auch die Krankenhausbelegung beachten. Das sieht ein neuer Eindämmungserlass vor, den das Thüringer Gesundheitsministerium am Mittwoch veröffentlichte. Demnach soll die Sieben-Tage-Inzidenz weiterhin der Leitindikator für Corona-Maßnahmen bleiben. Doch stärker als bisher soll auch die lokale Lagebeurteilung eine Rolle spie- len. Unter anderem sollen die Intensivbet- tenkapazitäten und die Einweisungsraten in die Krankenhäuser beachtet werden sowie die Umstände des Infektionsausbru- ches und die jeweilige Impfquote.

Bei der Inzidenz sollen die Schwellenwer- te bei 35, 50 und 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen bleiben. Der Wert von 200 entfällt. Auf- grund der Impfungen sagte Gesundheits- minister Jens Spahn, „200 ist das neue

50“. dpa

Inzidenz nicht mehr alleiniges

Kriterium

Guten Morgen!

Bad Salzungen Rhönkurier

32. Jahrgang / Nummer 168 Donnerstag, 22. Juli 2021 www.insüdthüringen.de / Preis 1,70 Euro

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Wie man ein Werkzeug wiedererkennt

Meiningen – Ein Aufkleber, ein spe- zielles Gummi, ein umgebautes Detail, eine verblasste Gravur, eine abgeplatzte Stelle – keiner der Män- ner, die als Zeugen im Prozess am Landgericht Meiningen aussagen, hat die geringsten Schwierigkeiten, seine Gerätschaften, Dutzendware oder nicht, genau zu beschreiben.

„Man erkennt seine Werkzeuge“, sagt einer, „man kennt sein Gerät“, sagt ein anderer. Und man konnte es

wohl mühelos identifizieren, als die Polizei bei mehreren Durchsuchun- gen enorme Mengen gestohlen gemeldeter Dinge fand und in gro- ßen Hallen in Gotha und in Suhl aus- stellte. Bei den Fahrzeugen – Autos, Multicars, ein Anhänger, ein Rasen- traktor – war die Sache noch einfa- cher. Zwar waren alle Kennzeichen weg, die Fahrgestellnummern aber (noch) nicht abgeschliffen; mal lagen Papiere des Eigentümers noch im Fahrzeug, mal handelte es sich um eine Sonderbauform oder es gab individuelle kleine Umbauten.

Die bestohlenen Männer – selbst- ständige Handwerker, der Chef eines großen Hausmeisterdienstes, der Besitzer eines Ferienhauses, der Geschäftsführer einer Straßenbaufir- ma, ein Werkzeug- und ein Nutzfahr- zeug-Händler aus Südthüringen – haben einen Großteil ihrer Sachen wiederbekommen. Manches heil, manches beschädigt oder kaputt,

zwei Autos waren allerdings völlig ausgebrannt.

Angeklagt ist ein 51-Jähriger aus einem Dorf im Landkreis Schmalkal- den-Meiningen – in seinem Haus und in mehreren „ihm zugehörigen Objekten“ in der Region, sagt ein Kri- po-Beamter, ist das Diebesgut wohl gefunden worden. Der Mann soll, als er die Fahrzeuge, Baumaschinen,

Werkzeuge und Verkehrszeichen gekauft hat, nicht nur gewusst haben, dass alles gestohlen ist. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat er die Diebe „angeheuert“. Die ihn – das ist im Prozess bisher nur angedeutet worden – nach ihrer Ergreifung als Auftraggeber genannt haben? Sie sind wohl für einen späteren Ver- handlungstag als Zeugen geladen, einige seien, hatte der Vorsitzende

Richter am ersten Prozesstag gesagt, bereits wegen Bandendiebstahls – nicht nur in Thüringen, sondern auch in Bayern – verurteilt worden.

Die Anklage gegen den 51-Jährigen lautet auf gewerbsmäßige Hehlerei.

Er soll die Fahrzeuge, Baumaschinen, Werkzeuge und Verkehrsschilder für seine eigenen Baustellen stehlen las- sen haben – oder um sie gewinnbrin- gend weiterzuverkaufen. Den Gesamtwert des angekauften Diebes- guts summieren die Staatsanwältin- nen auf mehr als 270 000 Euro.

Wegen der ausgebrannten Autos, die entweder nicht oder nur zum Trans- port von schwerem Gerät gebraucht worden sein sollen, wird dem Mann außerdem Anstiftung der Diebe zur Brandstiftung zur Last gelegt.

Bisher hat der Angeklagte geschwiegen, einer seiner Verteidiger hat angekündigt, es werde „keine Angaben zur Sache“ geben.

Der Prozess wird fortgesetzt.

Von mehreren Leuten soll der Angeklagte Fahrzeuge, Werkzeuge, Baumaschinen gekauft haben – wissend, dass es sich um gestohlene Dinge handelte. Im Prozess haben am Mittwoch einige der Bestohlenen ausgesagt.

Aus dem Gerichtssaal zurückgeblättert

Photovoltaik gilt Anfang der Zehner- Jahre als das Zukunftsgeschäft. Und so eröffnet der Elektro- und Automo- bilzuliefer-Konzern Bosch am 22. Juli 2011 seine Solar-Tochter Bosch Solar Energy AG in Arnstadt. Bereits drei Jahre zuvor war das Unternehmen bei der damals börsennotierten Ersol AG aus Erfurt ins Thema Solarzellen eingestiegen. Dass keine zwei Jahre später damit für Bosch schon wieder Schluss sein wird, ist da noch nicht zu ahnen.

Vor zehn Jahren: Ausflug in das Solar-Geschäft

online

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Logistikzentrum geht im Sommer an den Start

Mitarbeiter transportieren Versandkartons bei einem Probebetrieb im neuen Amazon-Logistikzentrum in Gera. Der Online-Versandhändler will dort noch im Sommer den Betrieb aufnehmen. Im ersten Betriebsjahr sollen auf einer Flä- che von acht Fußballfeldern mehr als 1000 Arbeitsplätze entstehen, sagte ein Sprecher am Mittwoch in Gera. Insgesamt könnten zwischen 16 und 18 Millio- nen kleinere Artikel hier gelagert werden und sollen von dort weiter in die

Verteilzentren gebracht werden. Bis zu 225 Lastwagen täglich könnten hier höchstens ein- und ausfahren – in der Realität werde man aber deutlich darunter liegen. Damit entsteht in Gera eines der größten Amazon-Logistik- zentren in Ostdeutschland. Standorte in ähnlicher Größenordnung gibt es in der Nähe von Magdeburg und Leipzig. Das Unternehmen investierte nach eige- nen Angaben rund 130 Millionen Euro in Gera. Foto: Bodo Schackow/ dpa

Lkw-Fahrer baut mit 3,11 Promille Unfall

Erfurt – Auf der Autobahn 4 ist ein Lastwagenfahrer mit einem Alkohol- wert von 3,11 Promille mit einem Auto zusammengestoßen und ein- fach weitergefahren. Der Fahrer des anderen Wagens verfolgte den 50- Jährigen und meldete ihn der Auto- bahnpolizei, wie die Polizei am Mitt- woch mitteilte. An einer Raststätte wurde der Lkw-Fahrer dann von der Polizei angehalten. Insgesamt hatte er einen Sachschaden in Höhe von 4000 Euro verursacht. Die Polizei erstattete Anzeige gegen ihn und nahm ihm den Führerschein ab.

Lkw-Unfall auf A 9 – Fahrer schwer verletzt

Schleifreisen – Am Hermsdorfer Kreuz ist ein Lastwagen ungebremst in einen Fahrbahnteiler auf der A 9 gefahren und komplett zerstört wor- den. Der 58 Jahre alte Fahrer wurde bei dem Unfall am Mittwochmorgen durch die Windschutzscheibe geschleudert und schwer verletzt, wie die Polizei mitteilte. Demnach wollte er von der A 9 in Richtung München zur A 4 in Richtung Frank- furt am Main abfahren, folgte aber offenbar nicht korrekt der Fahrbahn.

Beide Fahrbahnen, die von der A 9 auf die A 4 führen, wurden wegen der Bergungsarbeiten gesperrt.

Erfurt – Thüringen verlangt bei der Suche nach einem Endlager für stark radioaktive Abfälle mehr Transpa- renz von der zuständigen Bundesge- sellschaft. Das geht aus einem Brief von Umweltstaatssekretär Olaf Möl- ler an die Bundesgesellschaft für Endlagerung hervor. Das Umweltmi- nisterium reagierte damit auf die Mitteilung der Bundesgesellschaft, dass sich zwei der vier Gebiete, in denen in Deutschland spezielle Daten zu Gesteinsformen erhoben werden sollen, auf Thüringen erstre- cken. Die Landesregierung sei darü- ber vorab nicht informiert worden.

Die Festlegung allein des Thüringer Beckens zur Untersuchung der Eig- nung von Salzstrukturen sei von Tei- len der Bevölkerung als „Vorfestle- gung auf einen künftigen Endlager- standort in Thüringen“ aufgefasst worden, heißt es in dem Schreiben von Möller. Thüringen erwarte, dass die Kriterien, nach denen die Regio- nen ausgewählt wurden, benannt werden.

Konkret will die Gesellschaft zur Methodenentwicklung unter ande- rem Kali- und Steinsalzlagerstätten im Thüringer Becken und eine Region mit Kristallin-Gestein unter- suchen, von der Teile in Ostthürin- gen liegen. Mit der Entscheidung beschäftigt sich auf Antrag der SPD- Fraktion am Mittwoch auch der Thü- ringer Landtag. Sie hat eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Thüringer Interessen bei der Endlagersuche für hoch radioaktive Abfälle schützen“

beantragt.

Laut Bundesgesellschaft erstrecken sich die Gebiete zur Untersuchung von bestimmten Gesteinsarten als möglichem „Wirtsgestein“ für ein Atomendlager über fünf Bundeslän-

der. dpa

Thüringen will mehr Infos zur Endlagersuche

FDP wird zum Verlierer der abgesagten Neuwahl

Erfurt – Thomas L. Kemmerich führ- te die FDP mit dem hauchdünnen Polster von 73 Stimmen zurück in den Landtag. Doch seit diesem Glückstreffer bei der Landtagswahl 2019 hat den Eigentümer einer Fri- seurkette das Glück verlassen. Als er am 5. Februar 2020 die wegen der AfD-Stimmen vergiftete Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten annahm, brach ein solcher Protest- sturm über ihn herein, dass er umge- hend seinen Rücktritt ankündigte – gedrängt von der Bundes-FDP. In der ersten Corona-Welle marschierte er bei einer Demo von Lockdown-Kriti- kern mit, womit er endgültig bei der Parteispitze unten durch war.

Nun hat der Landes- und Fraktions- chef maßgeblich dafür gesorgt, dass sich die FDP-Abgeordneten bei der geplanten Abstimmung über die Selbstauflösung des Parlaments ent- halten wollten. Damit hat er sich offenkundig selbst in die Finger geschnitten. Denn die zur Fraktion gehörende Ostthüringer Unterneh- merin Ute Bergner, die als einzige für

die Neuwahl war, hat am Mittwoch angekündigt, die Fraktion verlassen zu wollen und künftig für die von ihr mitbegründete Partei „Bürger für Thüringen“ im Parlament zu sitzen.

Dabei hatte noch am Dienstag ein Fraktionssprecher laut Frankfurter Allgemeine Zeitung gesagt: „Uns lie- gen keine Informationen vor, dass Frau Bergner die Fraktion verlassen möchte.“

Die Folgen für die FDP sind verhee- rend. Die verbliebenen vier Abgeord- neten dürfen mit dem Austritt von Bergner, der am 6. September statt- finden soll, keine Fraktion mehr sein. Dafür sind mindestens fünf Abgeordnete nötig. Mit dem Frak- tionsstatus fallen viele Privilegien weg: Kemmerich hat dann keinen Anspruch mehr auf die doppelte Diät von 12 000 Euro und auf den Dienst- wagen. Außerdem verliert die FDP den Oppositionszuschlag von 25

Prozent über den üblichen Zuwei- sungen. Auch die Rechte der Abge- ordneten werden gestutzt, etwa bei den Redezeiten.

Selbst schuld, wird mancher hämisch sagen. Wäre die FDP für die mittlerweile abgesagte Neuwahl gewesen, hätte sie den Umfrageauf- wind nutzen und mit sechs oder gar sieben Abgeordneten in den Landtag einziehen können. Zudem wäre sie auf elegante Weise Ute Bergner losge- worden, die schon länger auf dem Absprung ist. Von ihr fühlen sich einige vermutlich regelrecht reinge- legt. Denn Bergner hatte jüngst noch versichert, dass sie die FDP-Fraktion nur dann verlässt, wenn sich der Landtag auflöst.

Allerdings hat sich die promovierte Physikerin politisch schon immer ebenso unorthodox wie unbere- chenbar verhalten. Obwohl sie 2019 für die FDP in den Landtag wollte,

spendete ihr Unternehmen noch an die örtliche CDU. Nach der Land- tagswahl besprach Bergner eigenen Angaben zufolge mehrmals mit Lin- ken-Ministerpräsident Bodo Rame- low, wie trotz fehlender rot-rot-grü- ner Mehrheit dessen Wiederwahl zu erreichen sei. Als vier CDU-Abweich- ler sich gegen die vorgezogene Neu- wahl aussprachen, sprang Bergner dem bedrängten CDU-Fraktionschef Mario Voigt bei und sicherte ihr Ja zu.

Vermutlich sind einige bei Rot-Rot- Grün nun heilfroh, sich nicht auf Bergners Schützenhilfe bei der Abstimmung über die vorgezogene Neuwahl verlassen zu haben.

Ihr Austritt aus der FDP-Fraktion könnte als Rache an den Kollegen gedeutet werden. Bergner betonte jedoch im Gespräch mit unserer Zei- tung: „Ich verabschiede mich nicht mit Groll oder Hass.“ Ihr gehe es nicht um Rache. Nun solle das im Parlament umgesetzt werden, wofür sie seit Langem werbe – ein Regieren mit wechselnden Mehrheiten. Das Konzept habe sie Ramelow gleich nach der Landtagswahl zugeschickt.

Derartige Formulierungen stehen tatsächlich im rot-rot-grünen Koali- tionsvertrag. Berührungsängste kennt die politische Grenzgängerin keine. Auf die Frage, ob auch die AfD einbezogen werden sollte, antworte- te Bergner: „Warum nicht.“ Einem guten Antrag nicht zuzustimmen, nur weil er von der AfD komme, sei Quatsch. Generell ist sie überzeugt:

„Extreme Positionen finden im Par- lament keine Mehrheit.“

Die FDP verliert ihren Frak- tionsstatus - und damit Geld und Rechte. Frak- tionschef Thomas Kemme- rich wird sich in den Aller- wertesten beißen wegen des Neins zur Neuwahl.

Von Eike Kellermann

Abstimmung über Misstrauensvotum am Freitag

Über das von der AfD angestrengte Misstrauensvotum gegen Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) soll der Thüringer Landtag am Freitag entscheiden. Der Punkt wurde am Mittwoch ohne Widerspruch der Ab- geordneten auf die Tagesordnung der Plenarsitzung am Freitag gesetzt und soll dann nach der Mittagspause aufge- rufen werden. Die Tagesordnung wurde einstimmig angenommen.

Bei dem Misstrauensvotum, das von je- der Fraktion eingebracht werden kann, braucht ein Gegenkandidat zum amtie-

renden Regierungschef eine absolute Mehrheit – also 46 Stimmen. Die AfD- Fraktion hat 22 Sitze im Landtag.

Sie hatte ihren Fraktionschef Björn Hö- cke als Gegenkandidaten zu Ramelow aufgestellt. Seine Kandidatur gilt als aussichtslos, weil alle anderen Fraktio- nen bereits angekündigt haben, ihn nicht unterstützen zu wollen. Beim konstruktiven Misstrauensvotum gibt es nur diesen einen Wahlgang.

Die CDU hat bereits angekündigt, beim Misstrauensvotum nicht mitabstimmen zu wollen. Kommentar Seite 4

Suhl – Der Suhler Waffenhersteller Haenel sieht sich im Streit um den Großauftrag über die Lieferung von 120 000 Sturmgewehren des Typs MK 556 für die Bundeswehr weiter auf gutem Weg und zeigt sich optimis- tisch. Wie die Geschäftsführung des Unternehmens am Mittwoch in Suhl mitteilte, sieht sie die Firma selbst bestens aufgestellt, um den Auftrag abzuarbeiten – sollte der Zuschlag doch an die Südthüringer gehen.

Dafür spreche, dass ein Gutachten bestätigte, dass „mit Gewissheit“

kein Patentverstoß vorliege, wäh- rend das Beschaffungsamt der Bun- deswehr lediglich von der „Möglich- keit“ solcher Verstöße ausgehe und mit dieser Begründung im vergange- nen Jahr die in trockenen Tüchern geglaubte Auftragsvergabe stoppte.

Die Vergabekammer hatte Haenel aus dem Verfahren ausgeschlossen und den Auftrag in den Schwarzwald vergeben.

Allerdings erfolgte dies mit einer anderen Begründung als der ver- meintlichen Patentverletzung, die die Suhler vehement von sich wei- sen. Nun hieß es von der Bundeswehr aus Bonn, das Angebot aus dem Thü- ringer Wald sei deutlich teurer als das des Mitbewerbers gewesen. Dies wie- derum bestreiten die Suhler.

Unterdessen dauerten die Prüfun- gen des Patentamtes in München noch an, auch die juristische Ausei- nandersetzung mit dem schwäbi- schen Mitbewerber Heckler & Koch ist noch nicht endgültig ausgestan- den. Man gehe aber davon aus, dass das Vergabeverfahren noch einmal neu aufgerollt werde und nach Prü- fung aller Unterlagen Haenel auch tatsächlich den Zuschlag erhalte.

Damit rechne man Mitte des kom- menden Jahres, sagte Haenel-Ge- schäftsführer Olaf Sauer. Nach Ertei- lung der nötigen Genehmigungen und weiteren Vorbereitungen könne im Jahr 2024 der Produktionsstart erfolgen.

Über sieben Jahre lang kämen dann jährlich rund 17 000 der neuen Bun- deswehr-Sturmgewehre aus dem Suhler Werk mit 135 Beschäftigten.

Es wäre der mit Abstand größte Auf- trag für ein Südthüringer Unterneh- men seit Jahrzehnten. all

Waffenhersteller Haenel weiter

optimistisch

Erfurt – Vor Thüringer Gerichten wurden noch nie so wenig Men- schen angeklagt und verurteilt wie im Corona-Krisenjahr 2020. Insge- samt mussten sich im vergangenen Jahr 22 670 Menschen vor einem Thüringer Gericht verantworten, wie das Statistische Landesamt am Mittwoch in Erfurt mitteilte.

Gegen mehr als 17 900 Angeklagte wurde eine Freiheits- oder Geldstra- fe, Strafarrest oder Jugendstrafe ver- hängt. Das sei sowohl bei den Ange- klagten als auch Verurteilten die niedrigste Zahl seit Beginn der Statis- tik Ende der 1990er Jahre, hieß es. Die Thüringer Gerichte arbeiteten vor allem während des ersten Lock- downs im Notbetrieb und hatten pandemiebedingt nicht so viele Ver- fahren verhandeln können.

Die Verurteilungsquote lag 2020 den Angaben zufolge bei 79 Prozent und damit geringfügig über dem Vor- jahreswert von 78,3 Prozent. Die meisten Verurteilungen wurden mit 23,8 Prozent wegen Straftaten im Straßenverkehr sowie mit 22,3 Pro- zent wegen Vermögens- und Eigen- tumsdelikten wie Betrug und dem Erschleichen von Leistungen ausge- sprochen. Von den Verurteilten hat- ten 15,1 Prozent keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das sei der bis- lang höchste Anteil, den es in Thü- ringen gegeben habe. dpa

Zahl der Verurteilungen

auf Tiefststand

Seite 2 H_STZ-SLZ.2-1

THÜRINGEN

Donnerstag, 22. Juli 2021

(3)

Auch Thüringer Amtsinhaber mit dem Neutralitäts-Problem

Erfurt – Maulkorb oder demokrati- sche Spielregel? Um diese Frage geht es in dem Verfahren am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Grund ist eine Klage der AfD, die einen Verstoß der Neutrali- tätspflicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) moniert. Diese hatte bei einem Staatsbesuch in Süd- afrika nach der Wahl des FDP-Manns

Thomas Kemmerich im vorigen Feb- ruar den Vorgang „unverzeihlich“

genannt und gefordert, das Ergebnis müsse „rückgängig gemacht“ wer- den.

Entscheidend dabei ist, dass dies nicht Aussagen der Politikerin Ange- la Merkel waren, sondern welche der Bundeskanzlerin – die wegen des Staatsbesuchs auch auf der Internet- seite der Bundesregierung dokumen- tiert waren.

Was dieser feine Unterschied zwi- schen Person und Amt bedeutet, haben auch schon Thüringer Politi- ker durch höchstrichterliche Urteile erfahren müssen. Die erste war im Jahr 2014 die damalige Sozialministe- rin Heike Taubert (SPD). Sie hatte in einer Mitteilung die Thüringer zu Protesten gegen einen Parteitag der rechtsextremen NPD in Kirchheim bei Arnstadt aufgerufen. Ein drei- viertel Jahr später entschied der Thü- ringer Verfassungsgerichtshof, Tau-

bert habe zulasten der NPD in den laufenden Landtags- und Kommu- nalwahlkampf eingegriffen. Sie kön- ne sich nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, da sie nicht als Privatperson, sondern als Amtsträgerin zu den Protesten aufge- rufen habe. Hierbei ging es auch nur um die Proteste, denn „negative Werturteile“ über die NPD habe die Ministerin sehr wohl abgeben dür- fen.

AfD auf NPD-Spuren

Ebenfalls um die Auseinanderset- zung mit der NPD ging es 2016 wegen eines Interviews von Ministerpräsi- dent Bodo Ramelow (Linke) im MDR.

Dieser hatte im Jahr zuvor auf die nur knapp gescheiterte Abwahl der lin- ken Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf im Stadtrat reagiert und an die demokratischen Parteien appelliert, es dürfe keine Gemein-

samkeiten auf der Basis von NPD-An- trägen geben. Weil das Interview in der Staatskanzlei mit der Landesflag- ge im Hintergrund geführt wurde, befand das Verfassungsgericht, Ramelow habe seine „Amtsautori- tät“ in Anspruch genommen, damit

sei die Grenze des Zulässigen über- schritten worden. Zu dieser Zeit lief bereits der Verbotsantrag gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsge- richt.

Gerade dieses Urteil war auf sehr gemischte Reaktionen gestoßen. So

sprach die damalige Linken-Landes- vorsitzende Susanne Hennig-Well- sow von einem „Maulkorb“ für Poli- tiker. Auch andere Politiker vor allem aus dem rot-rot-grünen Lager forder- ten, der Kampf gegen Rechtsextre- mismus müsse auch weiterhin mög- lich sein.

Unter der Rubrik „Kampf gegen Rechtsextremismus“ sehen viele auch die Auseinandersetzung mit der AfD. Die trat in die Fußstapfen der NPD und hatte nur einen Monat nach dem Ramelow-Urteil auf die gleiche Weise gegen den damaligen Justizminister Dieter Lauinger (Grü- ne) Erfolg. Lauinger hatte vor einer Kundgebung der AfD gewarnt und erklärt: „Wer den Scharfmachern hinterherläuft, macht sich auch für die Folgen der Stimmungsmache mitverantwortlich.“ Auch hier war das Problem, dass die entsprechende Mitteilung über das Ministerium ver- breitet worden war.

Das Bundesverfassungsge- richt verhandelt über Äu- ßerungen von Bundes- kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Kemmerich- Wahl im vorigen Jahr. Das rechtliche Problem dahin- ter ist Thüringer Politikern derweil gut bekannt.

Von Jens Wenzel

Das Thüringer Verfassungsgericht musste sich schon mehrfach mit dem Thema

befassen. Foto: dpa/Martin Schutt

Und im Herbst das gleiche Spiel von vorn?

E

s wird ein kollektives Aufatmen durch Thüringen gehen am Freitagmittag.

Dann, wenn dieses Schuljahr endgül- tig zu Ende ist, die Zeugnisse ausgeteilt sein werden und sich die Türen der Schulgebäude schließen – zumindest für die Schüler in der Regel bis Anfang September. Dann beginnt das Schuljahr 2021/2022.

Aufatmen werden alle gleichermaßen:

Schüler, Eltern, Lehrer, Schulsozialarbeiter, Sekretärinnen… Alle, die irgendetwas mit dem schon in normalen Zeiten nicht gerade einfachen System Schule zu tun haben.

Denn ohne Zweifel war das nun zu Ende gehende Schuljahr 2020/2021 eines der schwierigsten jeher. Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern und Lehrer, die sich von jetzt auf gleich vom Präsenzunterricht verab- schieden und auf Wechsel- oder Distanz- unterricht umstellen mussten; was vor allem heißt: Lernen nicht mehr in der Schule, son- dern etwa am Küchentisch mit viel mehr Unterstützung durch Mama und Papa als zuvor ... Die Frage, wer vor allem kleine Kin- der in dieser Zeit zu Hause beaufsichtigt, ihnen bei technischen Problemen mit der Schulcloud hilft, wenn die sich überhaupt von zu Hause lösen lassen… Erbitterte, ja geradezu vergiftete Debatten um die Masken- pflicht im Unterricht…

Man muss nicht lange nachdenken, um zu verstehen, warum dieses Schuljahr eines ist, bei dem sich viele nach dessen Ende sehnen.

Die Werte steigen schon wieder

Und nun? Natürlich sind erst einmal Som- merferien. Die aber werden begleitet von wieder deutlich steigenden Coronazahlen, bundesweit und auch in Thüringen. Die Sie- ben-Tage-Inzidenz für ganz Deutschland liegt inzwischen wieder bei über elf Corona- Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. Vor Kurzem war sie noch nicht einmal halb so hoch. In Thüringen liegt der Ver- gleichswert inzwischen bei fast 5, wobei es gerade im Südthüringen erneut erhebliche Abweichungen vom Landesdurchschnitt gibt. Für den Landkreis Hildburghausen wies die Landesregierung am Mittwoch den Wert 22,2 aus, für Schmalkalden-Mei- ningen 17,6. Und auch in einer bekannten Corona-Problemregion in Ost- thüringen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz wieder erheblich über dem Thüringen- Schnitt: Im Landkreis Greiz waren den Anga- ben nach am Mittwoch 11,3 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche registriert worden.

Es ist also keine Promotion in Epidemiolo- gie nötig, um zu bemerken und zu verstehen:

Wenn in etwa sechs Wochen das nächste Schuljahr beginnt, werden die Infektions- zahlen wieder auf einem hohen Niveau lie- gen. Die offene Frage lautet dabei nur: Wie hoch ist hoch?

Bei der Thüringer Gewerkschaft für Erzie- hung und Wissenschaft (GEW) ist man sich

vor dem Hintergrund all dieser Faktoren und Entwicklungen deshalb schon heute sicher, dass Schüler, Eltern und Lehrer im nächsten Schuljahr unschöne Déjà-vus erleben wer- den. Dass Dinge, die man schon im zu Ende gehenden Schuljahr nicht mochte, trotzdem wiederkommen werden. Dass sich im Herbst vieles wiederholen wird, was sich eigentlich nicht wiederholen soll.

Wie Wechselunterricht zum Beispiel.

Zumindest phasenweise werde es auch im nächsten Schuljahr in manchen Schulen erneut eine Abkehr vom Präsenzunterricht geben müssen, sagt die Landesvorsitzende GEW, Kathrin Vitzthum, voraus. Schulen

müssten deshalb die Sommerferien nutzen, um Konzepte unter anderem dazu zu erarbei- teten, welche Klassenstufen zuerst in den Wechselunterricht geschickt werden sollten,

„damit eine Schule, wenn es so weit ist, auch in dieses Modell umsteigen kann“.

Zuerst ältere Kinder, weil die zu Hause nicht betreut werden müssen? Oder zuerst Abschlussklassen? Oder vielleicht doch die ganz Kleinen zuerst, weil es für sie derzeit noch überhaupt keine Covid-19-Impfungen gibt? Selbst auf solche ganz grundlegenden Fragen, über die schon Dutzende Male nach- gedacht worden ist, gibt es noch immer keine letztgültigen Antworten, weil sich das, was die Wissenschaft über das Coronavirus weiß,

immer wieder verändert.

Sogar eine konkrete Zahlenvorstellung dazu, ab wann Wechselunterricht aus Sicht der Gewerkschaft wieder nötig werde, hat Vitzthum. Das, sagt sie, werde dann gesche- hen müssen, wenn in einer Region ein Inzi- denzwert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten werde. Das entspreche auch einer Empfehlung des Robert-Koch-Ins- tituts (RKI).

Wieder mit Maskenpflicht?

In dem entsprechenden RKI-Papier, das aus dem Oktober 2020 stammt, heißt es, ab die- sem Schwellenwert solle es sowohl für jünge- re als auch für ältere Schüler Wechselunter- richt geben. Schon beim Erreichen eines Schwellenwertes von 35 sei dies zu erwägen – ebenso wie „kurzzeitige, lokale Schulschlie- ßung mit Distanzunterricht“.

Wer diese Empfehlung liest, dem erschließt sich also, wie weit weg man in Landkreisen wie Hildburghausen oder Schmalkalden- Meiningen tatsächlich davon ist, im neuen Schuljahr zu dem zurückkehren zu können, was auch der politische Wille ist: Präsenz- unterricht, bei dem alle Schüler wieder dauerhaft in die Schule gehen würden.

Doch weil das mit Empfehlungen immer so eine Sache ist, darf man fest davon ausgehen, dass nicht nur die Wiederkehr des Wechsel- unterrichts im Herbst wie ein Déjà-vu über die Schulen in Thüringen hereinbrechen wird – sondern eben auch die Debatten um die Infektionsschutzmaßnahmen insge- samt. Vor allem zu Masken und dem Impfen.

Vitzthum schaut darauf, wenn sie sagt, diese Konflikte seien längst noch nicht ausgestan- den. „Ich fürchte, das wird mit voller Wucht zurückkommen.“

Immerhin lässt sich auch das ja schon beob- achten. Zum Beispiel an der anhaltenden Kontroverse zwischen der GEW und dem Thüringer Bildungsministerium zur Frage, ob es nach den Ferien an Schulen im Land eine umfassende Masken- und Testpflicht geben soll.

Aus dem Bildungsministerium heißt es im Kern: Nein.

In der Formulierung eines Sprechers des Hauses, dem der Linke-Politiker Helmut Hol- ter vorsteht: „Bislang vorgesehen ist, dass an den Grundzügen des vorbeugenden Infek- tionsschutzes in der Phase Grün nichts Wesentliches geändert wird.“ Dies bedeutet eine Maskenpflicht im Schulgebäude und im Schülerverkehr. Die Maskenpflicht im Unter- richt könne nach diesem Plänen durch die Schulleitung angeordnet werden, wenn an der Schule Infektionen aufgetreten sind. Für das an den Schulen tätig Personal und die Schüler solle es ein „Testangebot“ geben, was nichts anderes heißt als: Test auf freiwilliger Basis. „Das Ministerium hat darüber hinaus die rechtliche Möglichkeit, eine Testpflicht anzuweisen, wenn es die Lage erfordert“, sagt der Sprecher. Dieser Schritt müsse aber sorg- sam abgewogen werden.

Mit Delta aus den Ferien

Die GEW nimmt dagegen die völlig konträ- re Position ein und sagt: Ja.

Die Gewerkschaft will mindestens in den ersten beiden Wochen des neuen Schuljah- res umfassende Corona-Tests und umfassen- des Masketragen für all jene vorschreiben, die sich durch die Schulen bewegen. Das, sagt Vitzthum, schließe auch eine Maskenpflicht im Unterricht ein. Immerhin bestehe nach den Sommerferien die Gefahr, dass Men- schen aus ihrem Urlaub das Coronavirus –

und dann auch noch in der gefährlichen Del- ta-Variante – mitbringen und Schulen damit ohne Test- und Maskenpflicht zu Infektions- herden würden, argumentiert sie. Und weil die besonders ansteckende Delta-Variante des Virus inzwischen auch in Deutschland das Infektionsgeschehen dominiert, lässt sie vorsichtig durchblicken, dass sie sich sogar für die Zeit nach den ersten beiden Schulwo- chen eine Test- und Maskenpflicht vorstellen kann. Die Kinder, sagt Vitzthum, hätten nach allen Erfahrungen der jüngeren Ver- gangenheit mit diesen Maßnahmen ohne- hin keine Probleme – anders als manche Erwachsenen.

Diese Einschätzung ist auch aus Lehrerkrei- sen immer wieder zu hören: Nicht die Kinder oder Jugendlichen, sondern deren Eltern würden die erbitterten gesellschaftlichen Debatten um Corona in die Schulen tragen, erzählen Lehrer aus verschiedenen Schulen einhellig. Noch so etwas, das in diesem Schuljahr so war und sich demnächst nicht ändern dürfte.

Weitere Déjà-vus dürften sich bei Schülern, Eltern und Lehrern überall dort einstellen, wo es um die technische Ausstattung der Schulen geht und wo bislang viel geredet, aber nur ein bisschen gehandelt worden ist – weshalb sich die Lage in den Klassenzimmer im Herbst 2021 kaum wirklich anders darstel- len wird als im Herbst 2020. Zwar, sagt Vitz- thum, laufe inzwischen die Ausstattung der Schulen mit Tablets und Notebooks. „Die Anschaffung der Endgeräte, das geht.“ Doch trotzdem seien noch immer viele Schulen nicht ans Breitband-Netz angeschlossen. In den allermeisten Fällen sei es deshalb völlig unmöglich, aus einem Klassenzimmer heraus Unterricht über einen Livestream zu Schülern nach Hause zu übertragen. So viel zur Digitalisierung. In Deutschland. 2021.

Das Schuljahr 2020/2021 geht zu Ende. „Endlich“, denken viele, viele Schüler, Eltern, Lehrer. Doch der Ausblick auf das nächste Schuljahr ist nicht wirklich beruhigend. Im Herbst dürfte sich vieles wiederholen, was sich eigentlich nicht wiederholen sollte.

Von Sebastian Haak

In den Thüringer Schulen werden am Freitag die Stühle für die Ferien hochgestellt. Und nach den Ferien? Da drohen wieder dieselben Probleme. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

’’ Das wird mit voller Wucht zurückkommen.

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GEW-Landeschefin Kathrin Vitzthum über Debatten um Masken und das

Impfen an den Schulen

Seite 3

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Donnerstag, 22. Juli 2021

THÜRINGEN UND DEUTSCHLAND

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piesacken – der übliche Job einer Opposition. Selbst die Frage, ob Höcke mehr oder weniger Stimmen auf sich vereint als die 22 seiner eige- nen Fraktion, ist allenfalls etwas für besonders Politik-Interessierte. Die Verfassung sieht nun einmal vor, dass eine Fraktion den Antrag stellen kann – also muss man damit einfach umgehen und sollte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen.

Denn dass es insbesondere nach der gescheiterten Landtags-Auflösung genug andere Dinge zu klären gibt, daran besteht ebenfalls kein Zweifel.

Es müssen Konzepte her, wie der Frei- staat Thüringen in den nächsten drei Jahren handlungsfähig bleibt – das fängt bereits mit dem Landeshaus- halt für 2022 an. Die nächsten, ganz und gar nicht konstruktiven Störfeu- er sind abzusehen. Seite 2 jens.wenzel@insuedthueringen.de

Kommentar

Gar nicht konstruktiv

Von Jens Wenzel

An diesem Frei- tag soll also nun der Misstrauens- antrag der AfD gegen den linken Ministerpräsi- denten Bodo Ramelow im Landtag abge- stimmt werden.

Eine vernünftige Entscheidung – denn dazu gleich in der ersten Ferienwoche extra eine Sondersit- zung des Parlaments einzuberufen, wäre zu viel Aufwand gewesen.

Dass Herausforderer Björn Höcke in dem Wahlgang für das sogenannte konstruktive Misstrauensvotum nicht die notwendigen 46 Stimmen bekommen wird, um Ramelow abzu- lösen, liegt auf der Hand. Es geht doch nur darum, Rot-Rot-Grün zu

Olympischer Schwung

Das Erbe der Merkel-Regierung

Berlin – Offen ist, welche Parteien nach der Bundestagswahl am 26.

September die Bundesregierung bil- den. Sicher ist jedoch, dass das künf- tige Bündnis eine Reihe unerledigter Aufgaben von der großen Koalition erben wird. Jenseits der Corona-Pan- demie, wo die weitere Entwicklung schwer absehbar ist, hat die Deutsche Presse-Agentur die wichtigsten Prob- lemfelder zusammengestellt:

■ Das Klima: Die Klimaschutzpolitik ist eines der dicksten Bretter, die noch zu bohren sind – während die Zeit davonrennt, weil sich die Erde weiter erhitzt. Zentral ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Von mehr Wind- und Sonnenenergie hängt maßgeblich ab, ob Deutschland sei- ne ambitionierteren Klimaziele erreicht. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft schätzt, dass bis 2030 pro Jahr rund 1500 neue Windräder an Land nötig wären. Einen konkreten Ausbauplan bis 2030 ist die jetzige Regierung aber schuldig geblieben.

Bei der Klimapolitik spielt auch der soziale Ausgleich eine Rolle: Wie können steigende Preise auf fossile Energie so abgefangen werden, dass sie nicht zu sozialen Verwerfungen führen? Dass dies keine leichte Auf- gabe wird, zeigt der Koalitionsstreit um die CO2-Kosten bei Mietverhält- nissen. Eine Regelung, die Mieter entlastet hätte, war auf den letzten Metern gescheitert.

Außerdem wird sich angesichts der verheerenden Fluten in Teilen Deutschlands die kommende Regie- rung auch intensiv mit der Anpas- sung an die bereits sichtbaren Folgen des Klimawandels beschäftigen müs- sen. Der Status quo dürfte nicht rei- chen, um Menschen ausreichend vor Dürre, Starkregen und anderen Ex - tremwetter-Ereignissen zu schützen.

■ Die Verkehrswende: Um die Klima- ziele zu erreichen, sind auch große Veränderungen beim Verkehr not- wendig: Für deutlich mehr Elektro- autos bleibt der Ausbau eines kun- denfreundlichen und flächende- ckenden Ladenetzes eine Dauerauf- gabe. Auf der Agenda stehen ebenso mehr Geld für den öffentlichen Per- sonenverkehr sowie gesetzliche Erleichterungen beim Bau von Rad- wegen. Ein großes Thema könnte werden, ob der CO2-Preis und damit die Benzinpreise schneller als bisher geplant steigen muss. Dazu kommt die umstrittene Frage eines generel- len Tempolimits.

■ Die Schuldenquote: Im Koalitions- vertrag hatten Union und SPD ver- einbart, dass die Staatsschulden unter 60 Prozent der Wirtschaftsleis- tung gedrückt werden. Zwischen- durch hatte das auch geklappt – doch die Corona-Pandemie riss mit teuren Hilfsprogrammen ein neues Riesen- loch in den Haushalt und die Quote wird Ende 2021 nach Erwartung des Finanzministeriums wieder bei rund 75 Prozent liegen. Sie zu drücken, ohne an dringend nötigen Investi- tionen zu sparen, wird eine der Mam- mutaufgaben sein.

■ Die Pflege: Der Fachkräftemangel bleibt ein Kernproblem. Auf 12 300 offene Stellen für Fachkräfte in der Altenpflege kommen derzeit laut Bundesagentur für Arbeit nur rund 3400 arbeitslose Pflegekräfte. Die

schwarz-rote Regierung hat zwar in diesem Jahr noch eine Reform auf den Weg gebracht, die neben einer Entlastung bei Zuzahlungen im Pfle- geheim auch höhere Löhne für Pfle- gekräfte bringen soll – doch ob das Lohnniveau auf die Weise so schnell nach oben geht wie nötig, um einen Beschäftigungseffekt zu erzielen, ist aus Expertensicht fraglich.

■ Die Kinderbetreuung: CDU/CSU und SPD wollten eigentlich einen Rechts- anspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule schaffen. Das Vor- haben wurde im Bundesrat jedoch kurz vor der Sommerpause gestoppt.

Die Länder erwarten, dass sich der Bund deutlich stärker als vorgesehen an den Personal- und Betriebskosten vor Ort beteiligt. Falls der Vermitt- lungsausschuss bis Anfang Septem- ber keine Einigung findet, ist das Pro- jekt erst einmal gestorben.

■ Die Steuern: Der Soli ist für die meis- ten abgeschafft – doch mit anderen Steuervorhaben ist Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gescheitert. Mit seiner Idee einer Steuer auf Aktien- käufe ließen ihn die Kollegen der anderen EU-Staaten auflaufen. Auch die Abgeltungssteuer auf Zinserträge ist – anders als geplant – nicht abge- schafft. Ebenfalls noch offen: Die vom Finanzamt vorausgefüllte Steuererklärung, die die Bürger nur noch prüfen und ergänzen müssten.

■ Die innere Sicherheit: Das Risiko isla- mistischer Attentate ist weiterhin

hoch. Mehrere rechtsterroristische Anschläge haben die Republik in den vergangenen Jahren erschüttert, und auch unter Linksextremisten steigt die Gewaltbereitschaft. Mit Unter- stützung von Wissenschaftlern sol- len bald neue Analyse-Instrumente vorliegen, um das Risiko, das von ein- zelnen Extremisten ausgeht, besser abschätzen zu können. Ein Gesetz, das der Bundespolizei neue Befugnis- se verschaffen sollte, ist im Bundesrat gescheitert. Die neue Regierung muss noch einmal Anlauf nehmen.

■ Die Landwirtschaft: „Jetzt haben wir einen schönen Packen für alle, die potenziell regierungsfähig sein wer- den“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), als sie kürzlich das Ergebnis der von ihr ins Leben geru- fenen „Zukunftskommission Land- wirtschaft“ vorstellte. Ein „Packen“, der im Kern folgenden Auftrag an die kommende Bundesregierung ent- hält: Die Landwirtschaft der Zukunft soll umwelt- und tierfreundlicher werden. Zudem schlägt die Kommis- sion eine Abgabe auf Lebensmittel tierischen Ursprungs vor sowie die Einführung von transparenteren Kennzeichnungen.

■ Die Kinderrechte: Nach jahrelanger Debatte wollte die große Koalition Kinderrechte ausdrücklich ins Grundgesetz schreiben – vor allem auf Drängen der SPD. Mit einer sol- chen Grundgesetzänderung, so das Argument, würden die Belange von Kindern beim staatlichen Handeln stärker berücksichtigt. Die notwen- digen Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat wurden aber verfehlt. Grünen und Linken gingen die vorgesehenen Formulie- rungen nicht weit genug, die Union wollte die Position des Staates nicht zulasten von Familien stärken. Der Streit dürfte spätestens nach der Wahl wieder aufflammen.

Von einer wirkungsvollen Klimapolitik und Wende der Mobilität bis hin zur dringend notwendigen Sanierung des deutsche Staatshaushalts – auf die Nachfolgeregierung kommen große Aufgaben zu.

Zudem blieben in den vergangenen vier Jahren viele Fragen unbeantwortet, viele Probleme ungelöst.

Von Axel Hofmann

Pressestimmen Letzter Warnschuss

„Straubinger Tagblatt/Landshuter Zei- tung“ zur Elementarschadenversiche- rung:

Beim nächsten Mal könnten Versi- cherungsmuffel tatsächlich auf ihren Schäden sitzen bleiben – zumal außerhalb von Wahlkampfzeiten.

Wer bisher in der Annahme gezögert hat, es werde ihn schon nicht treffen, sollte es sich noch einmal genau überlegen. Denn jeder noch so mick- rige Bach und jeder noch so unscheinbare Hügel können die eigenen vier Wände buchstäblich ins

Wanken bringen. dpa

Offener Streit

„Märkische Oderzeitung“, Frankfurt/

Oder, zum Ultimatum gegen Polen:

Die Brüsseler Kommission ist offen- bar bereit, den Strafmechanismus in Gang zu setzen, noch während die gerichtliche Überprüfung läuft. Man

geht in die offene

Auseinandersetzung. dpa

Deutschland steht vor einem gewaltigen Schuldenberg: Schafft es die nächste Bundesregierung, ihn wieder abzutragen? Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Leitartikel

Deutsche Achillesferse

Von Christopher Ziedler

Angela Merkel hat zumindest ihrem Wahlkreis einen letzten Dienst erwiesen. Auf Rügen und rund um Greifswald, deren Bewohner sie seit 30 Jahren im Bundestag vertritt, hängen Arbeits- plätze an der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2.

Die politische Einigung mit den USA, die in der Amtszeit von Donald Trump noch direkte Sank- tionen gegen die Beteiligten einleiteten, macht den Weg zur Inbetriebnahme noch in diesem Jahr frei. Ob das auch für Deutschland und Europa ein guter Deal ist, ist eine ganz andere Frage.

Auf dem Papier hört sich die Vereinbarung, eingefädelt beim Kanzlerinnenbesuch vergangene Woche bei Joe Biden, erst ein- mal vernünftig an. Berlin und Washington setzen sich gemein- sam dafür ein, dass die Ukraine, die von den neuen Leitungs- strängen umschifft wird, Gas-Transitland bleibt und weiter mit den lebensnotwendigen Einnahmen daraus rechnen darf. Die USA und Deutschland als Teil der Europäischen Union zeigen sich entschlossen, Russland mit Strafmaßnahmen zu belegen – falls Moskau Zusagen gegenüber Kiew doch nicht einhalten sollte. Parallel wird versucht, die Abhängigkeit des Landes vom Gastransport und damit auch seine politische Erpressbarkeit zu reduzieren – indem man noch stärker erneuerbare Energien fördert. Kurzfristig werden die jahrelangen transatlantischen Spannungen in dieser Frage beigelegt. Auch die Ukraine kann sich fürs Erste über ein erneuertes Bekenntnis freuen, dass ihre geostrategischen Ängste weithin ernst genommen werden.

Langfristig jedoch sind die Haken und Ösen unübersehbar.

Kremlchef Wladimir Putin hat sich auch bisher nicht um Ver- einbarungen gekümmert, wenn es um die Ukraine ging. Deren Sicherheit nach Abgabe des Nukleararsenals aus Sowjetzeiten garantierte einst auch die Russische Föderation mit dem Buda- pester Memorandum. Daran fühlt sie sich längst nicht mehr gebunden – mit dem Argument, die Nato habe ihre Zusagen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ebenfalls nicht eingehal- ten. Auch Sanktionen haben Putin nicht dazu bringen kön- nen, die Annexion der Halbinsel Krim rückgängig zu machen oder den Separatisten in der Ostukraine die Unterstützung zu entziehen. Insofern enthält das Merkel-Biden-Paket wenig, was Putin beeindrucken könnte.

Theoretisch könnte er den deutschen Einsatz für Nord Stream 2 als konstruktiven Beitrag auf dem Weg zurück zu besseren Beziehungen verstehen. Auf eine handfeste politische Gegen- leistung freilich wartet man seit Jahren – stattdessen Geheim- dienstaktionen und Desinformationskampagnen zur Schwä- chung der europäischen Einheit. Wenn sich nun Berlin bilate- ral mit Washington auf Rahmenbedingungen für die deutsch- russische Gasverbindung verständigt hat, könnte das etwa Deutschland und die polnischen Nachbarn noch weiter ent- fremden – auch das in Putins Sinne.

Dem Kriterium der Nachhaltigkeit, das die Kanzlerin so gerne hochhält, entspricht Nord Stream2 auch nicht. Sicher, der parallele Ausstieg aus der Atomenergie wie der Kohleverstro- mung verlangt übergangsweise mehr Gas. Mit einem Ablauf- datum ist Nord Stream 2 indes nicht versehen, es werden nun in der Ostsee vielmehr Fakten geschaffen, die den Handlungs- druck bei der Energiewende mindern. Man mag das als Beitrag zur Energiesicherheit werten, es bremst aber den Klimaschutz.

Nord Stream 2 war nie nur ein wirtschaftliches Projekt. Die 1224 Kilometer lange Doppelröhre bleibt auch nach dem Deal mit den USA Achillesferse der deutschen Politik – europäisch, geostrategisch, ökologisch.

Seite 23 redaktion@insuedthueringen.de

Der Pipelinedeal mit den USA schafft Fakten in der Ostsee – nachhaltig ist er sicher nicht.

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MEINUNG UND HINTERGRUND

Donnerstag, 22. Juli 2021

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