AUSBILDUNG
SYSTEMISCHE PSYCHOTHERAPIE
SP1-6 Familientherapie, Multipersonensetting
AsysTh-Ausbildungsinstitut GmbH
Brahmsstr. 32, 81677 München
Seminarinhalte
1. Tag
✓ Start
✓ Wiederholung in KG
✓ Familie als soziales System
✓ Mehrpersonensetting
✓ Input
✓ Therapeutenlandkarte
✓ Demo, Übung:
✓ Problembeschreibung
✓ Zirkuläres Fragen
✓ Musterbeschreibung
✓ Auftragsklärung
3. Tag
✓ Systemische Diagnosen
✓ Familienkonzepte
✓ Patchwork
✓ Pflegefamilie
✓ Konflikte in
Mehrpersonensetting
✓ Hinweise auf
Multifamilientherapie (Eia Asen)
Bedürfnisorientierte Psychiatrie: Aderhold Hometreatment)
Sympa, Soteria
✓ Transfer auf das Setting Gruppentherapie
✓ Orga: Verteilung der Themen für nächstes Sem., Wahl PiA- Sprecher*in, Reflexions- 2. Tag
✓ systemisch-
konstruktivistische
Erklärungsmodelle für die Entstehung psy. Krankheiten
✓ Übung: 2. Sitzung
✓ Familien mit psych. Kranken
✓ Systembrett: Demo, Übung
Störungsmodell - Setting: Wer
wann dabei?
Kindswohlgefährdung – Meldung –Umgang;
Allparteilichkeit,
Veränderungsbereitschaft bei Eltern
Eltern haben kein Problem-bzw.
Krankheitseinsicht Allparteilichkeit,
Haim Omer
Umgang mit Infos Eigene Hilflosigkeit
Herausforderungen des Mehrpersonensettings
Je höher die Zahl der Beteiligten in einem Gespräch umso höher wird die Komplexität im therapeutischen Prozess. Psychotherapeut*innen meistern daher unterschiedliche Herausforderungen:
• Überblick über die Beschreibungen, Wirklichkeitskonstruktionen, Lösungsversuche, Ziele, Entwicklungen, Gefühle etc. aller zu behalten und neutral bzw. allparteilich zu bleiben, auch dem Indexpatienten gegenüber.
• Kommunikations- und Interaktionsmuster zu beobachten und mit Hilfe von geeigneten Interventionen hilfreiche Anregungen und Impulse zu finden.
• Komplexe Koppelung der interaktionalen und Innerpsychische Prozesse (Innere Anteile, Muster) im Blick zu haben.
• Settingwahl: Wer ist wann wofür dabei?
• Integration der einzelnen Settings in den therapeutischen Gesamtprozess.
Indikatoren und Kriterien für die Wahl und Veränderung von Settings
• Bindungs- und Klientenorientierung
• Kontext des Indexpatienten
• Problemmuster und Problemaktualisierung
• Überzeugung und Sicherheit der Therapeut*in
• Fallstricke für die Allparteilichkeit
• Schaffen von Bedingungen für Selbstorganisation
Kontraindikationen für Mehrpersonensetting
• Patient*in nicht einverstanden
• Bei früherer Gewalt, Vernachlässigung, schweren Verletzungen
• Wenn Patient*in mit gewalttätigen Familienmitglied zusammenlebt (Rache)
• Wenn die Probleme der Patient*in nichts mit der Familie zu tun haben
• Autonomiebestrebungen bei Jugendlichen und Heranwachsenden, bzw. bei Trennung
• Kein Konsens über Setting, Ziele, Themen
• Unlösbare, heftige Konflikte
• Möglicherweise Pathologisierung der Familie
Abschluss im Mehrpersonensetting
• Mit Beginn der Therapie ist der Abschluss bereits im Blick
• nicht um das völlige Verschwinden aller Symptome
• Symptome und Probleme sich gebessert haben.
• Ziele der Therapie sind weitestgehend erreicht.
• Ressourcen für die Bewältigung sind aktiviert.
• Hilfreiche Veränderungen sind angestoßen und die Selbstorganisation geht in die von der Familie gewünschte Richtung.
Beendigung mit einem Überblick des therapeutischen Prozesses und der Würdigung
des Geschafften und mit ressourcenvollen Erleben aus der Therapie
Methoden für das Mehrpersonensetting
✓ Zirkuläre Fragen
✓ Beobachtung von Kommunikations- und Interaktionsmustern
✓ Hypothesenbildung
✓ Reflecting Team
✓ Metaebene zur Reflexion
✓ Rituale, Aufgaben, Experimente
✓ Genogramm
✓ Systembrett
✓ Weitere Methoden: Skulptur- Sozigramm der Gruppe, Aufstellungsarbeit
Landkarte / innerer Kompass der Therapie
Dissoziiert fern Handlungs-
fähigkeit der BeraterIn
Lösungen
Problem Assoziiert
nah
Komplexitäts
-reduktion
Führen
Komplexitäts -erhöhung
Folgen
„Neue“ Systemtheorie – Niklas Luhmann
Luhmann unterscheidet zwischen:
Strukturelle Koppelung Biologisches
System
Soziales System
Psychisches System
Operationen:
Wahrnehmung, Denken, Fühlen Operationen:
Physiologische Prozesse
Operationen:
Kommunikation
System = Differenz aus System und Umwelt
Beobachtung von Prozessen Systeme operieren
autopoietisch und
Soziales System: Kommunikationssystem
Kommunikation
Kommunikation
Kommunikation schließt an
Kommunikation an
Begriff des Menschen ist zu komplex und kompakt.
Komplexität wird reduziert, in dem die Menschen in die Umwelt des sozialen Systems
wandern.
Dadurch wird u. a. die Betrachtung von großen
Systemen vereinfacht.
Operationen: Kommunikation Soziales System entsteht durch
Kommunikation
Luhmann: „…wenn Handlungen
mehrerer Personen sinnhaft aufeinander
bezogen werden und dadurch in ihrem
Zusammenhang abgrenzbar sind, von
einer nicht dazu gehörigen Umwelt“
Soziales System
Mit dem Konzept der Autopoiesis sind Selbstorganisation und Autonomie als interessierende Eigenschaften von Systemen stärker in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Das Postulat der operationalen Geschlossenheit autopoietischer Systeme hat die systemischen Verfahren zur Entwicklung von Interventionen angeregt, die sich nicht als planmäßige
Beeinflussung (Instruktion), sondern als Anregung zu
selbstorganisiertem Lernen (Perturbation) verstehen.
Systemische Therapie: Fokus auf unterschiedlichen Ebenen
Strukturelle Koppelung
Psychisches System
Physisches System Kommunikation
Kommunikation
Meta-
ebene
Familiäre Systemebenen aus Sicht der modernen Systemtheorie
Mutter
Vater
Psychisches System Mutter:
Unzufrieden, „Natalie nimmt ab und er lässt mich alleine
mit dem Thema.“
Mutter: Natalie esse mehr.
Vater: Mich nervt das, dass es darüber immer Streit gibt.
Natalie: Lasst mich doch in Ruhe.
Psychisches System Natalie: Ärger, „immer
ich!“
Psychisches System Vater:
Genervt, „Ich will mit Schwierigkeiten nichts zu tun
haben.“
Familiäre Systemebenen aus Sicht der modernen Systemtheorie
Mutter
Vater Beobachtung 2. Ordnung:
Beobachter A beobachtet Beobachter B beim beobachten: Was unterscheidet er? Was unterscheidet er nicht? Was und wie kommuniziert er? Was
unterscheidet er (vielleicht), ohne es zu kommunizieren?
Beobachter 1: Fürsorge (vs.
Nachlässigkeit)
Beobachter 2: Unbeteiligt (vs.
Verantwortung) Beobachter 3: Autonomie
(vs. Kontrolle)
Familiäre Systemebenen aus Sicht der modernen Systemtheorie
Mutter
Vater Beobachtung 2. Ordnung:
Beobachter A beobachtet Beobachter B beim beobachten: Was unterscheidet er? Was unterscheidet er nicht? Was und wie kommuniziert er? Was
unterscheidet er (vielleicht), ohne es zu kommunizieren?
Beobachter 1: Fürsorge (vs.
Nachlässigkeit)
Beobachter 2: Unbeteiligt (vs.
Verantwortung) Beobachter 3: Autonomie
(vs. Kontrolle)
Beobachter 4: beobachtet Beobachter und unterscheidet: Autonomie (vs.
Symptome
Symptome sind für Niklas Luhmann Merkmale der
Unterscheidung, die durch Kommunikationsprozesse im
Rahmen sozialer Übereinkünfte, innerhalb von operational
geschlossenen Systemen, festgelegt werden.
Gesundheit - Krankheit
Vermeidung
Vermeidung Annäherung Annäherung
Gesundheit - Krankheit
Kohärenzgefühl
Stimmige Verbundenheit Urvertrauen
Verstehbarkeit
Erklärungen
eigene Theorie über Zusammenhänge Vorhersehbarkeit
Handhabbarkeit
Bewältigbarkeit Aktiv sein können Selbstbestimmung Einfluss nehmen zu können
Sinnhaftigkeit
Bedeutsamkeit
Das Leben und Erleben macht Sinn
eigene Bedeutsamkeit
Denken Fühlen
Fallbeispiel Müller – systemische Hypothesen
Entwicklungsphase, Übergang, Aufgaben:
Möglicherweise hat die Familie die familiäre Entwicklungsphase Ablösung einer 18 Jährigen noch nicht ausreichend vollzogen.
Je mehr die Mutter sich fürsorglich/kontrollierend verhält, umso autonomer möchte Natalie sein und umgekehrt.
Ambivalenzen:
Autonomie versus Bindung (Natalie); Fürsorge versus Kontrolle (Mutter); Zuversicht versus Nichtbeteiligt sein (Vater)
Bisherige Lösungsversuche:
Mutter versucht durch ihre Fürsorge, Natalie zum Essen zu bewegen; Vater versucht den Konflikten aus dem Weg zu gehen;
Natalie versucht durch Rückzug aus konflikthaften Situationen ihre Autonomie zu bewahren;
Soziales System - Kommunikations- und Interaktionsmuster:
Je mehr die Mutter fürsorgliches Verhalten zeigt, umso mehr will Natalie ihre Autonomie bewahren und umgekehrt. Je mehr der Vater sich aus dem Kontakt zieht, umso mehr versucht die Mutter um Natalie zu „kämpfen“; Je mehr Konflikte auf der Elternebene umso mehr wird sich Herr Müller auch als Partner zurückziehen (Paarebene). Je mehr sich Natalies Eltern streiten und sich gegenseitig Vorwürfe machen, umso mehr zieht sie sich zurück.
Fallbeispiel – systemische Hypothesen
Zum biologischem System:
Je weniger Natalie Gewicht hat, umso mehr sind andere biologische Prozesse beeinträchtigt, z.B. ihr hormoneller Zyklus.
Je mehr sich auf Müller sich wegen der Erkrankung ihrer Tochter aufregt (biologisches Stresssystem), umso weniger kann sie Ruhe finden und gelassen mit Situationen umgehen.
Zum Psychischem System:
Je hilfloser sich die Mutter fühlt, umso mehr Schuldgefühle wird sie möglicherweise entwickeln.
Je mehr sich Natalie in ihrer Autonomie eingeschränkt fühlt, umso mehr hat sie die Idee diese mit Rückzug umzusetzen.
einfordern. Je eher Natalie es schafft, ihre innere Ambivalenz zwischen Autonomie und Bindung altersentsprechend zu bewältigen, umso weniger benötigt sie ihre Symptome.
Biologisch-psychische-soziale strukturelle Koppelungs-Hypothesen:
Je mehr sich Frau Müller aufregt, umso mehr Gefühle von Hilfslosigkeit wird sie bei sich wahrnehmen, umso mehr Vorwürfe wird sie ihrer Tochter machen und versuchen ihr Essverhalten zu kontrollieren.
Je abgemagerter Natalie ist, umso weniger wird sie kogntiv klar denken können und umso gereizter wird sie sein und umso aggressiver wird sie möglicherweise auf ihre Eltern reagieren.
Fallbeispiel – systemische Hypothesen
Familienstruktur:
Je besser die Eltern als Eltern schaffen zusammenzuarbeiten (Subsystem Eltern), umso eher werden sie auf der Paarebene ihre Entwicklungsaufgabe als Paar mit erwachsenen Kindern meistern und umgekehrt.
Je mehr die Eltern schaffen, von außen Hilfe für Natalie zu holen, umso besser können sie die Verantwortung als Eltern
altersgerecht abgeben. Umso mehr Unterstützung Natalie von professionellen Helfern annimmt, umso besser ´kann die Beziehung zwischen Natalie und ihren Eltern wieder werden.
Je mehr der Vater für Natalie in seiner Vaterrolle erlebbar ist, umso mehr ist sie möglicherweise bereit sich ihren Themen zu stellen.
Ressourcen:
Familie sucht sich professionelle Hilfe. Ausdauer, gegenseitige Zuneigung; Offenheit für eigene Beiträge zur Problemaufrechterhaltung und für neue Beiträge für Veränderung.
Natalie ist intelligent und hat Freundinnen.
Therapiesystem (Klientensystem + Therapeut*in):
Je mehr die Therapeut*in das Thema „mehr Essen“ von den Eltern übernimmt, umso mehr wird sie möglicherweise die
Fallbeispiel – systemische Hypothesen
Therapiesystem (Klientensystem + Therapeut*in):
Je mehr die Therapeut*in das Thema „mehr Essen“ von den Eltern übernimmt, umso mehr wird sie möglicherweise die Kooperationsbereitschaft von Natalie verlieren.
Je mehr sie es schafft, Natalie von „Geschickter“ zur Klientin, die Mutter von „Klagender“ zur Klientin und den Vater von „Besucher“
zum Kunden mit jeweils eigenen Zielen zu entwickeln, umso wahrscheinlicher lassen sich alle Familienmitglieder sich auf Veränderung ein und umso erfolgreicher werden alle Familienmitglieder die Therapie erleben.
Je mehr sich die Therapeut*in veränderungsneutral gegenüber der Anorexie verhält, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Natalie und ihre Familie Veränderungen jeweils bei sich umsetzen.
Je mehr die Therapeut*in neue, hilfreiche Perspektiven für Natalie und ihre Eltern auf die Erkrankung und die Beziehungen
zueinander einführt, umso mehr können sich möglicherweise festgefahrene Erklärungs-, Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensmuster
„verflüssigen“ und neue entstehen.
Je mehr es der Therapeut*in gelingt, Lösungen durch die Familienmitglieder entwickeln zu lassen, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese kompetent und selbstwirksam erleben und umso schneller sowie nachaltiger sind möglicherweise die Veränderungen.
Je mehr sich die Familienmitglieder, insbesondere Natalie, auf Augenhöhe mit der Therapeut*in erleben, umso motivierter sind sie für Veränderung.