Stellungnahme
der Bundesärztekammer
zu der Formulierungshilfe für die Fraktionen der CDU/CSU und SPD für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringen
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite
Berlin, 22.04.2020
Korrespondenzadresse:
Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlegende Bewertung des Gesetzesentwurfs ... 3
2. Stellungnahme im Einzelnen ... 5
Artikel 1 Änderung des Infektionsschutzgesetzes ... 5
Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe ee) - § 5 Absatz 2 Nummer 9 (neu) 5 Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe ee) und Buchstabe b) - § 5 Absatz 2 Nummer 10 (neu) ... 5
Artikel 1 Nummer 4 - § 5b (neu) ... 7
Artikel 1 Nummer 5 ff. - §§ 6 ff. ... 8
Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a) - § 19 Absatz 1 ... 9
Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b) - § 22 Absatz 5 (neu) ... 9
Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe b) - § 25 Absatz 5 (neu) ... 10
Artikel 3 Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ... 11
Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe b) - § 24 Absatz 2 und 3 ... 11
Artikel 3 Nummer 2 - § 25 neu ... 12
Artikel 4 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ... 13
Artikel 4 Nummer 4 Buchstabe b) - § 20i Absatz 3 ... 13
Artikel 4 Nummer 7 - § 79 Absatz 3e (neu) ... 13
Artikel 4 Nummer 9 - § 106b Absatz 1a ... 13
Artikel 4 Nummer 19 - § 285 Absatz 3a ... 14
Artikel 6 Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag ... 14
§ 204 Absatz 2 (neu) ... 14
Artikel 13 Änderung des Transfusionsgesetzes ... 15
Nummer 1 - § 12a Absatz 1 TFG ... 15
Nummer 2 - § 18 Absatz 1 TFG ... 19
3. Ergänzender Änderungsbedarf ... 19
Beschlüsse der Zulassungsausschüsse ... 19
§§ 36 und 37 Ärzte-ZV ... 19
1. Grundlegende Bewertung des Gesetzesentwurfs
Der vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zielt darauf ab, die mit dem ersten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom
27.03.2020 sowie mit dem Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19- Krankenhausentlastungsgesetz) getroffenen Regelungen und Maßnahmen weiter zu entwickeln und zu ergänzen.
Die Bundesärztekammer anerkennt in hohem Maße die seit Beginn der Corona-Pandemie bestehende Bereitschaft des Gesetzgebers, innerhalb kürzester Zeit Regelungen zu treffen, welche das Funktionieren des Gesundheitswesens sicherstellen und die mit dieser
besonderen Situation verbundenen negativen Folgewirkungen abmildern sollen. Die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen werden von der Bundesärztekammer im
Wesentlichen unterstützt.
Auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) kommen gerade in Zeiten einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mannigfaltige Aufgaben zu. Die
Bundesärztekammer befürwortet die vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung des ÖDG.
Allerdings reichen diese bei weitem nicht aus, um die seit vielen Jahren bestehende chronische personelle Unterbesetzung in den Gesundheitsämtern zu beheben. Die Bundesärztekammer fordert daher nachdrücklich eine langfristige und verbindliche
finanzielle, materielle und personelle Aufstockung der Gesundheitsämter – über die Zeit der aktuellen Corona-Pandemie hinaus.
Bedauerlicherweise ist der systemrelevante Beruf der Medizinischen Fachangestellten (MFA) bei den vorgesehenen Regelungen zur Ermöglichung vorübergehender
Erleichterungen für die Ausbildung und Prüfungen vergessen worden. Die
Bundesärztekammer spricht sich dafür aus, die Möglichkeit zu schaffen, dass in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Ausbildung und die Prüfungen auch für den systemrelevanten Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten weiterhin und in an die Lage angepassten Formaten ermöglicht werden können. Grundsätzlich betont die Bundesärztekammer, dass die Arbeit der MFA für eine starke und leistungsfähige ambulante Versorgung unabdingbar ist.
Die Durchführung des Nachweises des SARS-CoV-2-Erregers durch Tierärztinnen und Tierärzte wird von der Bundesärztekammer abgelehnt. Sofern eine Ausweitung der personellen Ressourcen als notwendig angesehen wird, ist es aus Sicht der
Bundesärztekammer naheliegender, die Testdurchführungen unter Ausnahmebedingungen weiteren fachärztlichen Gebieten, z. B. Fachärztinnen und Fachärzten für Gynäkologie und Geburtshilfe, die z. T. ebenfalls Virusnachweise per PCR durchführen (z. B. HPV), zu
ermöglichen. Grundsätzlich sieht die Bundesärztekammer die Testkapazitäten zum PCR- Nachweis des SARS-CoV-2-Erregers jedoch vielmehr durch die unzureichende
Bereitstellung der erforderlichen Testmaterialien limitiert und nicht so sehr durch die für die Testdurchführung erforderlichen fachärztlichen und nichtärztlichen personellen Ressourcen.
Die vorgesehenen Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sind
grundsätzlich sachgerecht. Die Bundesärztekammer teilt die Einschätzung, dass Kliniken angesichts der enormen Herausforderungen durch die Pandemie und den damit
verbundenen Umstrukturierungen schnell und umfassend entlastet werden müssen. Dies betrifft insbesondere Ärztinnen und Ärzte, die sich in der aktuellen Krise umfassend auf die Patientenversorgung fokussieren können müssen.
Die geplante Aussetzung der Prüfbedingungen sowie der damit verbundenen
bürokratischen Aufwendungen ist richtig und daher sobald wie möglich umzusetzen. Die neu vorgesehenen Datenlieferungen sollten aus Sicht der Bundesärztekammer auf ein vertretbares Minimum (ggf. aus einer Stichprobe von Kliniken) reduziert und die Höhe der geplanten Sanktionen bei Nichterfüllung halbiert werden.
Der Bundesärztekammer sollte vor der geplanten Festlegung der OPS-Mindestmerkmale, die von einer Prüfung auszunehmen sind, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse des Bundeskanzleramtes, des Bundes und der Länder, dass nach derzeitigem Stand mit monatelangen Herausforderungen sowie der ernstzunehmenden Gefahr einer zweiten, ggf. stärkeren Infektionswelle zu rechnen ist, sollten die geplanten Geltungsfristen um mindestens drei Monate verlängert werden.
Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken brauchen jetzt klare und verlässliche Planungsgrundlagen.
Über den vorliegenden Gesetzentwurf hinaus empfiehlt die Bundesärztekammer die
Verschiebung der geplanten Neueinführung von sogenannten Strukturmerkmalen gemäß
§ 275 d SGB V, deren Einführung nach Maßgabe des MDK-Reformgesetzes durch eine Richtlinie des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) ab dem 30. April 2020 geplant ist, um ein Jahr. Schon die im ersten Quartal 2020 begonnene Erarbeitung der zugrunde zu legenden Kriterien durch das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und die Selbstverwaltungspartner hat gezeigt, dass die
Einführung mit einer erheblichen Komplexität und einem bundesweit massiven Schulungsbedarf in den Kliniken einhergehen wird. Dies ist unter den aktuellen
Rahmenbedingungen weder sachgerecht noch zumutbar. Ärztinnen und Ärzte sollten auch durch diesen Schritt schnell und unkompliziert in der aktuellen Krise entlastet werden. Die Bundesärztekammer begrüßt in diesem Zusammenhang die Bereitschaft der Ärztinnen und Ärzte der MDK-Gemeinschaft, jenseits ihrer üblichen Aufgabenstellungen entlastend und unterstützend (zum Beispiel im Rahmen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes) tätig zu werden.
Die Bundesärztekammer unterstützt die länderübergreifende Kooperation medizinischer Versorgungsstrukturen bei der Behandlung von COVID-19-Patienten nachdrücklich. Daher ist die geplante Übernahme der bei der Versorgung von Patienten aus dem europäischen Ausland entstehenden Krankenhauskosten ein gutes Signal der Bundesregierung im Sinne einer Flankierung der laufenden medizinischen Kooperation und Solidarität in Europa.
Die geplante Verschiebung des Vergabe-Verfahrens für sogenannte AOP‐Gutachten um zwei Jahre ist aus Sicht der Bundesärztekammer sachgerecht.
Kritisch bewertet die Bundesärztekammer die vorgesehene Regelung, nach der Polizeibehörden bei Gefahr in Verzug zu Maßnahmen wie z. B. körperlichen
Untersuchungen, Blutentnahmen und Röntgenuntersuchungen befugt sein sollen. Die Bundesärztekammer plädiert hier für eine Regelung, die den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt und sich an den nach zum Teil sehr ausführlichen Erörterungen verabschiedeten Regelungen in der Strafprozessordnung und einigen Polizeigesetzen der Länder mit ihren verfahrensmäßigen Absicherungen orientiert.
Das erleichterte Rückkehrrecht aus dem Basistarif in den zuvor bestehenden Tarif unterstützt die Bundesärztekammer ausdrücklich. Vor dem Hintergrund der Covid-19- Pandemie gilt es zu verhindern, dass hierdurch vorrübergehend hilfebedürftige privat Krankenversicherte dauerhaft im Basistarif versichert bleiben müssen und nach Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit den vollen Beitrag im Basistarif bei in der Regel geringerem
Leistungsanspruch zu entrichten haben.
Die Ergänzung der Richtlinien zum Stand der Erkenntnisse der medizinischen und zahnmedizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen um eine Regelung, die eine regelmäßige Aktualisierung der
Risikobewertung, die zu gruppenbezogenen Ausschlüssen oder Rückstellungen von der Spende führt, wird von der Bundesärztekammer klar abgelehnt. Die Bundesärztekammer betrachtet mit großer Sorge, dass ein in Zeiten der Corona-Pandemie verständlicherweise unter erheblichem Zeitdruck stehendes Gesetzgebungsverfahren zum Umgang mit der Pandemie und ihren Folgen dazu genutzt werden soll, anderweitige Fragen ohne direkten Bezug zur Corona-Pandemie im parlamentarischen Schnellverfahren zu regeln. Aus Sicht der Bundesärztekammer ist es – gerade auch mit Blick auf die schmerzlichen Erfahrungen der 1980er Jahre mit dem sog. „HIV-Skandal“ – unerlässlich, Fragen der Zulassung zur Blutspende unter Einbeziehung aller Perspektiven und Argumente mit der notwendigen Ruhe und dem erforderlichen Augenmaß zu diskutieren. Diesem Anspruch an eine fundierte parlamentarische Beratung wird die vorgesehene Schnell-Befassung – zumal ohne direkten Bezug zur Corona-Pandemie – nicht gerecht.
2. Stellungnahme im Einzelnen
Artikel 1 Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe ee) ‐ § 5 Absatz 2 Nummer 9 (neu) A) Beabsichtigte Neuregelung
Mit der Anfügung der Nummer 9 an § 5 wird eine Stärkung des Öffentlichen
Gesundheitsdienstes in den Ländern angestrebt. Hierzu zählen insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung und Modernisierung der technischen Ausstattung in den Behörden und der Anschluss an das elektronische Melde- und Informationssystem nach § 14 IfSG sowie die Förderung kurzfristiger Personalmaßnahmen.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Den mit § 5 Absatz 2 Nummer 9 (neu) geplanten Neuregelungen stimmt die
Bundesärztekammer grundsätzlich zu. Insbesondere die geplante Verbesserung der
technischen Ausstattung sowie der flächendeckende Anschluss an das elektronische Melde- und Informationssystem nach § 14 IfSG werden begrüßt.
Hinsichtlich der geplanten Förderung von Personalmaßnahmen ist kritisch anzumerken, dass die Bundesärztekammer bereits seit vielen Jahren die chronische personelle
Unterbesetzung in den Gesundheitsämtern kritisiert. Die Bundesärztekammer fordert daher eine langfristige und verbindliche finanzielle, materielle und personelle Aufstockung der Gesundheitsämter, d. h. über die Zeit der aktuellen Corona-Pandemie hinaus. Eine Finanzierung – wie aktuell vorgesehen – in Höhe von 100.000 bis 150.000 Euro pro Gesundheitsamt wird als nicht ausreichend angesehen, um die Infrastruktur und die Personalsituation vor Ort zu verbessern.
Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe ee) und Buchstabe b) ‐ § 5 Absatz 2 Nummer 10 (neu)
A) Beabsichtigte Neuregelung
Die neu angefügte Nummer 10 des § 5 Absatz 2 IfSG enthält eine Ermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit, für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler
Tragweite durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates abweichende Regelungen in den jeweiligen Berufsgesetzen und den jeweiligen auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen für die Ausbildung und die Prüfungen in den abschließend aufgezählten Gesundheitsfachberufen zu schaffen. Unter anderem wird dabei das Ziel
„Patientenschutz“ hervorgehoben.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Der Gesetzentwurf beschränkt sich, was die Option abweichender Regelungen betrifft, auf Berufsgesetze der Gesundheitsfachberufe und die auf deren Grundlage erlassenen
Rechtsverordnungen. Der Katalog enthält demnach keine Berufe der dualen Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Das BBiG erfasst jedoch auch den systemrelevanten Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten (MFA), so dass es sachgerecht ist, auch in diesem Bereich vorübergehende Erleichterungen zuzulassen.
Dies ist erforderlich, um in der epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Ausbildung und die Prüfungen auch für den systemrelevanten Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten weiterhin und in an die Lage angepassten Formaten zu ermöglichen. Denn auch MFA sind von den derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie insbesondere bei der Durchführung des theoretischen und praktischen Unterrichts sowie der praktischen Ausbildung betroffen. Durch die vorübergehende Schließung von Schulen ist der Unterricht derzeit nur begrenzt und in Form von digitalen Unterrichtsangeboten möglich. Auch die MFA-Auszubildenden sollten mit in den Gesetzentwurf aufgenommen werden, um genauso Rechtssicherheit zu erhalten, dass diese Unterrichtsformate auf die Dauer der Ausbildung angerechnetwerden können. Bezüglich der praktischen Ausbildung, die aufgrund der Schließung von Einrichtungen ebenfalls beeinträchtigt wird, könnten aufgrund der Verordnungsermächtigung ebenfalls Regelungen für MFA-Auszubildende vorgesehen werden.
Der Begriff „Patientenschutz“ suggeriert eine Schutzbedürftigkeit, die nicht auf Schutz vor Krankheit abzielt, sondern auf Schutz vor medizinischem Personal. Dies ist unangemessen.
Der übliche Begriff lautet „Patientensicherheit“.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer
In § 5 Absatz 2 Nummer 10 wird folgende Änderung vorgeschlagen:
„… das Erreichen des jeweiligen Ausbildungsziels dient insbesondere der
Patientensicherheit dem Patientenschutz und muss bei Anwendung der abweichenden Regelungen stets gewährleitet werden“
Der Aufzählung in § 5 Absatz 2 Nummer 10 zweiter Halbsatz wird ein Buchstabe u) mit folgendem Text angefügt:
„u) zur Medizinischen Fachangestellten oder zum Medizinischen Fachangestellten nach dem Berufsbildungsgesetz.“
Nach § 5 Absatz 3 Satz 3 (neu) [Satz 3 nach Gesetzentwurf Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b)] wird folgender Satz 4 eingefügt:
„Abweichend von Satz 3 bedarf eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 Nummer 10 Buchstabe u) des Einvernehmens mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.“
Artikel 1 Nummer 4 ‐ § 5b (neu)
A) Beabsichtigte Neuregelung
Durch die Änderung soll es Tierärztinnen und Tierärzten im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gestattet werden, labordiagnostische Untersuchungen zum Nachweis von Krankheitserregern für bedrohliche übertragbare Krankheiten durchführen.
Das soll unter den Vorbehalt gestellt werden, dass zuvor eine Einweisung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Laboratoriumsmedizin oder für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie erfolgt.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Ausweitung laboratoriumsmedizinischer Testkapazitäten (hier: die Ausweitung der PCR-Testkapazitäten zum Nachweis des SARS-CoV-2-Erregers) bei Vorliegen einer
epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist geboten und wird auch schon seit mehreren Wochen mit zunehmender Geschwindigkeit umgesetzt. Dabei sind nach Informationen der Bundesärztekammer die aktuell von Fachärzten für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie zur Verfügung stehenden Testkapazitäten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig abgerufen.
Die Ausweitung der Testkapazitäten zum PCR-Nachweis des SARS-CoV-2-Erregers wird insbesondere durch die Bereitstellung der erforderlichen Testmaterialien limitiert, nicht so sehr durch die für die Testdurchführung erforderlichen fachärztlichen und nichtärztlichen personellen Ressourcen. Insofern wäre es zur Erreichung ausreichender Testkapazitäten mindestens ebenso wichtig, für eine ausreichende Logistik mit Testmaterialien zu sorgen.
Eine Ausweitung der Fachkreise, die medizinische Labornachweise durchführen können sollen, ist sinnlos, wenn das notwendige Material dazu fehlt. Ehe eine solche Ausweitung jenseits der Gebietsgrenzen der Humanmedizin gesucht wird, wäre es aus Sicht der
Bundesärztekammer naheliegender, die Testdurchführungen unter Ausnahmebedingungen weiteren fachärztlichen Gebieten, z. B. Fachärztinnen und Fachärzten für Gynäkologie und Geburtshilfe, die z. T. ebenfalls Virusnachweise per PCR durchführen (z. B. HPV), zu
ermöglichen, anstatt die Veterinärmedizin heranzuziehen. Die Letztverantwortung müsste aber auch in dieser Konstellation bei Fachärzten für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie liegen – dies wäre in einer individuellen
Kooperationsvereinbarung jeweils zu regeln.
Auch ist zu bedenken, dass die bei PCR-Tests zum Nachweis des SARS-CoV-2-Erregers notwendigen erhöhten Sicherheitsanforderungen eingehalten werden müssen – ein Verzicht hierauf würde die mit der Testdurchführung befassten Mitarbeiter im Labor einer
gesundheitlichen Gefährdung aussetzen. Der PCR-Nachweis des SARS-CoV-2-Erregers wurde von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (ABAS) vor einigen Wochen in die Risikoklasse 3 nach Biostoffverordnung eingestuft. Es ist unklar, ob die von Tierärztinnen und Tierärzten üblicherweise betriebenen Laboratorien diese erhöhten Sicherheitsstandards gewährleisten können.
Die Durchführung des Nachweises des SARS-CoV-2-Erregers durch Tierärztinnen und Tierärzte ist aus Sicht der Bundesärztekammer aus den vorgemachten Darlegungen heraus abzulehnen.
Sollte an dem Vorschlag entgegen dem Votum der Bundesärztekammer festgehalten werden, darf die Heranziehung von Tierärztinnen und Tierärzten allerdings aus Sicht der Bundesärztekammer nicht im Nachgang zu einer, ggf. kurzen, Einweisung durch eine qualifizierte Fachärztin oder einen qualifizierten Facharzt geschehen, an die sich eine autonome Leistungserbringung anschließt.
Erforderlich wäre aus Sicht der Bundesärztekammer im Anschluss an eine eingehende Einweisung stattdessen eine laufende stichprobenartige fachärztliche Überwachung der Tierärztin oder des Tierarztes. Der alternative Ergänzungsvorschlag der
Bundesärztekammer würde zugleich sicherstellen, dass der in §§ 15 Absatz 1 Satz 2, 28 Absatz 1 Satz 2 SGB V geregelte Leistungserbringervorbehalt beachtet würde. Erbracht und abgerechnet werden dürfen danach nur Leistungen, die ein Arzt angeordnet hat und die von ihm verantwortet werden. Ebenso berücksichtigte der Vorschlag § 4 Absatz 2 GOÄ.
Außerdem wäre sicherzustellen, dass die Tätigkeiten von einer angemessenen Haftpflichtversicherung abgesichert werden.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Streichung der Ergänzung § 5b neu.
Hilfsweise (bei einem sich mit ausreichender Sicherheit abzeichnenden, anders nicht behebbaren personellem Mangel) müsste § 5 b so formuliert werden:
(2) Die Durchführung der labordiagnostischen Untersuchungen durch Tierärztinnen und Tierärzte setzt eine eingehende Einweisung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Laboratoriumsmedizin oder für Mikrobiologie und
Infektionsepidemiologie voraus, die insbesondere humanmedizinische Besonderheiten labordiagnostischer Untersuchungen zum Gegenstand hat. Darüber hinaus ist die Durchführung der Untersuchungen laufend stichprobenartig fachärztlich zu überwachen.
Die Begründung (Seite 48 des Gesetzentwurfs) wird wie folgt ergänzt:
Die beschränkte Heilkundebefugnis setzt zudem voraus, dass einer Übernahme der Tätigkeit kein landesrechtlich geregeltes tierärztliches Berufsrecht, insbesondere nicht das
tierärztliche Standesrecht, entgegensteht und die Tätigkeit durch eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abgesichert ist.
Artikel 1 Nummer 5 ff. ‐ §§ 6 ff.
A) Beabsichtigte Neuregelung
Mit der Regelung soll das neuartige Coronavirus im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Es sollen dabei u. a. auch Verdachtsfälle und die Gesundung der an COVID-19 erkrankten Personen meldepflichtig werden.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer spricht sich für die Regelung dieser Fragen auf Gesetzesebene aus, da die Regelung dieser wesentlichen Frage durch den Gesetzgeber dauerhaft zu
Rechtssicherheit führt. Nur durch die Meldepflicht von Verdachtsfällen und die Meldung von gesundeten Personen lässt sich die epidemiologische Entwicklung adäquat erfassen und ermöglicht so passgenaue Maßnahmen.
Die Aufnahme von COVID-19 in den Katalog meldepflichtiger Krankheiten ist sinnvoll, da aktuell von einem längeren Infektionsgeschehen auszugehen ist. Die Gesundheitsämter können somit in die Lage versetzt werden, entsprechende Maßnahmen zur Ermittlung von Kontaktpersonen, zur Quarantäne und häuslichen Isolierung zu ergreifen und das
Ausbruchsgeschehen einzudämmen bzw. zu stoppen.
Die Erfassung der Daten von an COVID-19 erkrankten und wieder genesenen Patientinnen und Patienten wird von der Bundesärztekammer befürwortet. Dies ist eine der Erkenntnisse aus der aktuellen Corona-Pandemie. Die Daten können – neben der Erfassung des Tages der
Genesung, Angaben zum Immunstatus, von Krankheitsfällen nach Schweregraden sowie von Todesfällen – als weiterer Baustein zur Verbesserung der Planung von Maßnahmen zur Versorgung und des Schutzes der Bevölkerung dienen sowie zur Verbesserung der Einschätzung des Pandemiegeschehens beitragen.
Die Aufnahme von negativen Nachweisen bei SARS-CoV-2-Testungen wird von der
Bundesärztekammer unterstützt. Diese Daten sind – wie die aktuelle Coronavirus-Pandemie und die Erfassung und Veröffentlichung der Daten durch das Robert Koch-Institut zeigen – von erheblicher Bedeutung für die Einordnung des Infektionsgeschehens (regional und bundesweit), ebenso wie die Erfassung von positiven Testergebnissen. Beide, positive und negative Testungen, müssen zusammen erfasst und ausgewertet werden.
Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a) ‐ § 19 Absatz 1 A) Beabsichtigte Neuregelung
Das Gesundheitsamt soll künftig bezüglich übertragbarer Krankheiten, insbesondere bei Tuberkulose und sexuell übertragbaren Krankheiten, Beratung und Untersuchung anbieten oder dies in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicherstellen. Mit der geplanten Änderung des § 19 Absatz 1 sollen zudem Personen, deren Lebensumstände eine erhöhte Ansteckungsgefahr für sich oder andere mit sich bringen, weiterhin aufgesucht werden können. Gestrichen wurde mit dieser Neuregelung, dass im Einzelfall die ambulante Behandlung durch einen Arzt des Gesundheitsamtes erfolgt. Die ambulante Behandlung kann künftig auch durch Dritte, d. h. „sonstige Ärzte“ erfolgen.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer befürwortet, dass künftig die Gesundheitsämter auch in Bezug auf andere übertragbare Krankheiten, wie z. B. COVID-19 Beratung und Untersuchung anbieten können. Kritisch wird hingegen die beabsichtigte Neuregelung gesehen, dass nicht mehr nur ein Arzt des Gesundheitsamtes die aufsuchende Untersuchung durchführen darf, sondern diese generell in das ambulante Behandlungsspektrum verlagert werden kann. Diese
Änderung des § 19 widerspricht der Absicht, die Gesundheitsämter zeitnah personell besser auszustatten. Die Bundesärztekammer unterstreicht daher an dieser Stelle nochmals
nachdrücklich ihre langjährige Forderung, den veränderten und erweiterten
Rahmenbedingungen und Aufgabenprofilen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Rechnung zu tragen und für eine adäquate und nachhaltige finanzielle, materielle und personelle Ausstattung zu sorgen.
Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b) ‐ § 22 Absatz 5 (neu) A) Beabsichtigte Neuregelung
Eine Immunstatusdokumentation soll künftig analog der Impfdokumentation die mögliche Grundlage dafür sein, eine entsprechende Immunität nachzuweisen.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Der praktische Nutzen einer Dokumentation von Immunität gegenüber einem bestimmten Krankheitserreger ist unklar. Die individuelle Immunlage wird überwiegend immer nur eine Momentaufnahme sein können. Antikörpertiter, die zu einem bestimmten Zeitpunkt
ausreichenden Immunschutz bieten, verändern sich über die Zeit, so dass irgendwann keine Immunität mehr besteht. Insofern ist auch der Wert einer Feststellung, „dass eine
Ansteckungsfähigkeit in Bezug auf eine bestimmte übertragbare Krankheit ausgeschlossen
ist“, unklar. Es besteht vielmehr das Risiko, dass sich Patienten durch einen vermeintlich sicheren Immunstatus in falscher Sicherheit wiegen.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Streichung von § 22 Abs. 5 (neu)
Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe b) ‐ § 25 Absatz 5 (neu)
A) Beabsichtigte Neuregelung
Nach der vorgeschlagenen Regelung sollen Polizeibehörden bei Gefahr in Verzug zu Maßnahmen wie z. B. körperlichen Untersuchungen, Blutentnahmen und
Röntgenuntersuchungen befugt sein. Dabei stellt Satz 3 klar, dass die Maßnahmen nur durch einen Arzt durchgeführt werden dürfen. Gefahr in Verzug liegt insbesondere vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Übertragung besonders gefährlicher
Krankheitserreger auf eine andere Person stattgefunden hat, für diese daher eine Gefahr für Leib und Leben bestehen könnte und eine rechtzeitige Einschaltung des zuständigen
Gesundheitsamtes nicht möglich ist. Das zuständige Gesundheitsamt ist lediglich ins
Benehmen zu setzen. Die Regelung soll ausweislich der Begründung der Eigensicherung der Polizeivollzugsbeamten dienen, wenn sie z. B. bei einer Festnahme einer Person verletzt werden und die festgenommene Person möglicherweise Überträger gefährlicher
Krankheiten ist.
B) Stellungname der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer plädiert für eine Regelung, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt und sich an den nach zum Teil sehr ausführlichen Erörterungen verabschiedeten Regelungen in der Strafprozessordnung und einigen Polizeigesetzen der Länder mit ihren verfahrensmäßigen Absicherungen orientiert. So stellt § 81a StPO im Gegensatz zu Satz 1 klar, dass die Polizeibehörden nur die Anordnungsbefugnis haben und der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit in jedem Fall nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen muss und keinen Nachteil für die Gesundheit des Untersuchten zur Folge haben darf. Da es sich um einen Grundrechtseingriff handelt, der regelmäßig unter Richtervorbehalt steht (vgl. § 81a Abs. 2 S. 1 StPO, § 22 Abs. 4 S. 3 NPOG), sind aus Sicht der Bundesärztekammer folgende Maßgaben sachgerecht:
- Die Kenntnis des Untersuchungsergebnisses muss zur Abwehr der Gefahr erforderlich sein.
- Es muss unverzüglich eine richterliche Bestätigung der polizeilichen Anordnung beantragt werden.
- Untersuchungsergebnisse dürfen nicht für andere Zwecke verwertet werden, insbesondere wenn aus ihnen Tatsachen im Sinne von § 16 Absatz 1 IfSG oder Feststellungen im Sinne der §§ 28 ff. IfSG gewonnen werden. Die Beteiligung von Ärzten bei invasiven körperlichen Eingriffen soll auf die Schadensvermeidung und Abwendung von konkreten gesundheitlichen Gefahren für andere Personen beschränkt sein und darf nicht der Ahndung von Verstößen nach dem IfSG dienen.
- Personenbezogene Daten, die im Zusammenhang mit der Maßnahme erhoben
werden, dürfen aus demselben Grund nur zum Zweck der Abwendung der konkreten Gefahr für Leib und Leben einer anderen Person verarbeitet werden und nicht etwa zur Ahndung von Verstößen im Sinne der §§ 73 ff. IfSG.
- Proben, Untersuchungsergebnisse und daraus gewonnene Informationen sind nach Wegfall der Gefahr unverzüglich zu vernichten bzw. zu löschen (vgl. auch § 81a Absatz 3 StPO).
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer
Die Vorschrift könnte demnach wie folgt formuliert werden:
„(5) 1Die Polizeibehörden sind berechtigt, eine Maßnahme im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 Nummer 1 bei Gefahr in Verzug anzuordnen, soweit dies zur Abwendung einer
konkreten Gefahr erforderlich ist. 2Gefahr in Verzug liegt vor, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Übertragung besonders gefährlicher
Krankheitserreger auf eine andere Person stattgefunden hat, für diese daher eine Gefahr für Leib und Leben bestehen könnte und eine rechtzeitige Einschaltung des zuständigen Gesundheitsamtes nicht möglich ist. 3Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden und keinen Nachteil für die Gesundheit des Betroffenen erwarten lassen. 4Die Polizeibehörden sind verpflichtet, unverzüglich eine richterliche Bestätigung der Anordnung zu beantragen und das zuständige Gesundheitsamt ins Benehmen zu setzen. 5Die anlässlich der Maßnahme nach Satz 1 entnommenen Proben und Materialien sind nach Abwehr der konkreten Gefahr unverzüglich zu vernichten. 6Aus ihnen gewonnene
personenbezogene Daten sind unverzüglich zu löschen, sofern eine Verarbeitung zu dem in Satz 2 genannten Zweck nicht mehr erforderlich ist.“
Artikel 3 Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe b) ‐ § 24 Absatz 2 und 3 A) Beabsichtigte Neuregelung
Für eine Überprüfung auf empirischer Datengrundlage übermitteln die zugelassenen Krankenhäuser an die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus geführte Datenstelle auf maschinenlesbaren Datenträgern bis zum 15. Juni 2020 die Daten gemäß
§ 21 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 des Krankenhausentgeltgesetzes für Patientinnen und Patienten, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Mai 2020 nach voll- oder teilstationärer Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen worden sind; bis zum 15. Oktober 2020 erfolgt eine entsprechende Datenübermittlung für Patientinnen und Patienten, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 30. September 2020 nach voll- oder teilstationärer Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen worden sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nutzt die Daten nach Satz 1 für Auswertungen, die vom Bundesministerium für Gesundheit angefordert werden. Die Kosten für die Erstellung der Auswertungen nach Satz 2 sind aus dem Zuschlag nach § 17b Absatz 5 Satz 1 zu finanzieren.
Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus regelt das Nähere der Datenübermittlung.
Für jeden Fall, für den ein Krankenhaus die Daten nicht, nicht vollständig oder nicht
rechtzeitig übermittelt, wird ein Abschlag in Höhe von zehn Euro fällig, jedoch insgesamt je Standort eines Krankenhauses mindestens 20 000 Euro.
B) Stellungname der Bundesärztekammer
Der Bedarf der geplanten Datenerhebung zur Ermöglichung einer Verifizierung der entstandenen und noch entstehenden Kosten ist grundsätzlich nachvollziehbar. Die Datenerhebung sollte so bürokratiearm wie möglich erfolgen, um den für Arztinnen und Ärzte resultierenden Mehraufwand so gering wie möglich halten zu können.
Die Sanktionen, sofern diese zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt erforderlich sind, sollten um 50 Prozent reduziert werden.
Die Geltungsfristen sollten von Beginn an wegen der zu erwartenden Länge der Krisensituation um drei Monate verlängert werden.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Änderung § 24 Abs. 2:
„Für eine Überprüfung nach Absatz 1 auf empirischer Datengrundlage übermitteln die zugelassenen Krankenhäuser an die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus geführte Datenstelle auf maschinenlesbaren Datenträgern bis zum 15. Juni 2020 die Daten gemäß § 21 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 des Krankenhausentgeltgesetzes für Patientinnen und Patienten, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Mai 2020 nach voll‐ oder teilstationärer Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen worden sind; bis zum 15. Dezember 2020[…].“
Änderung § 24 Abs. 3, Satz 1:
„Für jeden Fall, für den ein Krankenhaus die Daten nach Absatz 2 Satz 1 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, wird ein Abschlag in Höhe von fünf Euro fällig, jedoch insgesamt je Standort eines Krankenhauses mindestens 10 000 Euro.“
Artikel 3 Nummer 2 ‐ § 25 neu A) Beabsichtigte Neuregelung
Behandelt ein Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020 Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind oder bei denen der Verdacht dieser Infektion besteht, darf der zuständige Kostenträger die ordnungsgemäße Abrechnung der von diesem Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020 erbrachten Leistungen nicht daraufhin prüfen oder prüfen lassen, ob die gelisteten Mindestmerkmale erfüllt sind.
Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information listet die Mindestmerkmale der von ihm bestimmten Kodes des Operationen- und
Prozedurenschlüssels nach § 301 Absatz 2 Satz 2 SGB V auf, die von der Prüfung
ausgenommen sind, und veröffentlicht diese Liste bis zum [Einsetzen: Siebter Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes] auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann Anpassungen der Liste vornehmen.
B) Stellungname der Bundesärztekammer
Die geplante Einführung einer Liste von Ausnahmen der Prüfungen bei
Krankenhausbehandlungen ist ein wesentlicher Schritt, um eine zeitnahe Entlastung der durch die Krise gebundenen Ärztinnen und Ärzte als auch weiterer Verantwortlicher in den Kliniken zu ermöglichen. Zudem kann dieser Schritt die Sicherheit der Refinanzierung, der Kapazitätsplanung für die nächsten Monate und eine deutliche Reduktion der
Abrechnungsstreitigkeiten der derzeit mit hohen zusätzlichen Kosten verbundenen (Intensiv-) Therapie besser gewährleisten.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer
Der Bundesärztekammer sollte vor der ersten Festlegung sowie vor jeder weiteren Anpassung in den nächsten Monaten jeweils die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden.
Artikel 4 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Artikel 4 Nummer 4 Buchstabe b) ‐ § 20i Absatz 3
A) Beabsichtigte Neuregelung
Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats zu bestimmen, dass die Kosten für bestimmte Testungen auf eine Infektion oder Immunität im Hinblick auf bestimmte bevölkerungsmedizinisch
relevante Krankheiten sowie bestimmter Schutzimpfungen und spezifische Prophylaxe von den Krankenversicherungen übernommen werden, sofern die Person bei dem jeweiligen Träger der Krankenversicherung versichert ist.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer stimmt der geplanten Neuregelung aus Gründen der
Patientensicherheit zu, mahnt jedoch zugleich an, dass auch für nicht krankenversicherte Personen (z. B. obdachlose Menschen) eine entsprechende Lösung gefunden werden muss.
Artikel 4 Nummer 7 ‐ § 79 Absatz 3e (neu)
A) Beabsichtigte Neuregelung
Mit der Regelung sollen Beschlüsse der Vertreterversammlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Umlaufverfahren und im Rahmen von Videokonferenzen ermöglicht werden.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Regelung ist sachgerecht und sollte auf die Zulassungsausschüsse erweitert werden. Die Bundesärztekammer schlägt dazu als ergänzenden Änderungsbedarf (siehe Teil 3 dieser Stellungnahme) eine entsprechende Regelung in der Zulassungsverordnung für
Vertragsärzte (Ärzte-ZV) vor.
Artikel 4 Nummer 9 ‐ § 106b Absatz 1a A) Beabsichtigte Neuregelung
Bei Verordnungen saisonaler Grippeimpfstoffe in der Impfsaison 2020/2021 soll eine Überschreitung der Menge von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich als nicht unwirtschaftlich gelten.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Grippeimpfstoffen in der Saison 2020/2021 deutlich höher sein wird als in der Saison 2019/2020, u. a. bedingt durch die aktuelle COVID-19-Pandemie sowie aufgrund angepasster Empfehlungen für eine Influenzaimpfung.
Aus diesem Grund ist es sehr wahrscheinlich, dass die bislang von den Vertragsärzten für die Saison 2020/2021 gemeldeten Bestellmengen für Influenza-Impfstoffe nicht ausreichen werden. Insgesamt ist der Bedarf aufgrund der aktuellen Lage schwer vorhersagbar. Die Bundesärztekammer befürwortet daher die geplante Neuregelung, dass Mengen von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich als nicht unwirtschaftlich gelten und das Risiko von Regressforderungen der Krankenkassen somit verringert werden soll. Dies stellt eine Verbesserung gegenüber der bisher geltenden Regelung in § 106b SGB V dar.
Artikel 4 Nummer 19 ‐ § 285 Absatz 3a
A) Beabsichtigte Neuregelung
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen befugt werden, auf Anforderung der
Heilberufekammern bestimmte personenbezogene Angaben der Ärzte für die Prüfung der Erfüllung der berufsrechtlich vorgegebenen Verpflichtung zur Meldung der ärztlichen Berufstätigkeit zu übermitteln.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Übermittlung der Angabe ist für die Aufgabenerfüllung der Heilberufekammern unerlässlich. Da diese Übermittlung nur auf Anforderung erfolgt, ist bereits sichergestellt, dass nur die auch aus Sicht der Kammern notwendigen Angaben übermittelt werden. Im Falle einer Anforderung ist eine Übermittlung der Daten dann aber auch erforderlich. Daher sollte keine bloße Befugnis, sondern auch eine Verpflichtung zur Übermittlung vorgesehen werden.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Artikel 4 Nummer 19 sollte wie folgt gefasst werden:
Dem § 285 Absatz 3a werden folgende Sätze angefügt:
„Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind befugt und verpflichtet, auf Anforderung der zuständigen Heilberufskammer personenbezogene Angaben der Ärzte nach § 293 Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 bis 12 an die jeweils zuständige Heilberufskammer für die Prüfung der Erfüllung der berufsrechtlich vorgegebenen Verpflichtung zur Meldung der ärztlichen Berufstätigkeit sowie für die Wahrnehmung der ihnen durch Landesrecht zugewiesenen Aufgaben im jeweils erforderlichen Umfang zu übermitteln. … [weiter wie bisher]
Artikel 6 Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag
§ 204 Absatz 2 (neu)
A) Beabsichtigte Neuregelung
Die beabsichtigte Neuregelung des § 204 Absatz 2 VVG-E soll ein erleichtertes
Rückkehrrecht aus dem Basistarif in den zuvor bestehenden Tarif ermöglichen. Nach Beendigung der vorübergehenden Hilfebedürftigkeit soll der Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung vormals erworbener Rechte ohne erneute Gesundheitsprüfung wieder in seinen alten Tarif zurückkehren können. Das Rückkehrrecht gilt nur für
Versicherungsnehmer, die ab Inkrafttreten der Regelung zum 16. März 2020 in den
Basistarif gewechselt sind und deren vorübergehende Hilfebedürftigkeit innerhalb von drei Jahren überwunden wurde. Das Antragsrecht muss innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit ausgeübt werden.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Der für die Versicherungsnehmer vorteilhaften Änderung in Bezug auf eine erleichterte Wechselmöglichkeit im Tarifsystem der PKV wird zugestimmt. Mit der Neuregelung soll gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Covid-19-Pandemie verhindert werden, dass vorübergehend hilfebedürftige privat Krankenversicherte dauerhaft im Basistarif versichert bleiben müssen und nach Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit den vollen Beitrag im
Basistarif bei in der Regel geringerem Leistungsanspruch zu entrichten haben.
Formaler Hinweis:
Unter dem Punkt „E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft, Unterpunkt 6. Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag“ (Seite 6 des Gesetzentwurfes) sind im zweiten Absatz Ausführungen enthalten, die unter Artikel 13 „Änderung des Transfusionsgesetzes“
zu verorten sind.
Artikel 13 Änderung des Transfusionsgesetzes Nummer 1 ‐ § 12a Absatz 1 TFG
A) Beabsichtigte Neuregelung
Der § 12a TFG, Richtlinien zum Stand der Erkenntnisse der medizinischen und zahnmedizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen, soll um eine Regelung, die eine regelmäßige Aktualisierung der Risikobewertung, die zu gruppenbezogenen Ausschlüssen oder Rückstellungen von der Spende führt, ergänzt werden. Diese Prüfung soll sich darauf beziehen, ob das jeweils angewandte Verfahren (Ausschluss oder Dauer der Rückstellung) weiterhin erforderlich ist, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau der Empfänger von Blutspenden sicherzustellen.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer lehnt die in Artikel 13 Nummer 1 vorgesehene Ergänzung insbesondere aus folgenden Gründen ab:
Die vorgesehene Ergänzung von §12a TFG steht in keinem Zusammenhang mit dem in Abschnitt B formulierten Zweck des vorliegenden Gesetzentwurfes, demgemäß
„Regelungen zur weiteren Abmilderung der mit der Corona-Pandemie verbundenen Folgen vorgesehen“ werden sollen. Auch im Begründungstext ist kein Bezug der vorgeschlagenen Regelung zur Corona-Pandemie erkennbar.
Die Bundesärztekammer betrachtet mit großer Sorge, dass ein in Zeiten der Corona- Pandemie verständlicherweise unter erheblichem Zeitdruck stehendes
Gesetzgebungsverfahren zum Umgang mit der Pandemie und ihren Folgen dazu genutzt werden soll, anderweitige Fragen ohne direkten Bezug zur Corona-Pandemie im
parlamentarischen Schnellverfahren zu regeln. Aus Sicht der Bundesärztekammer ist es – gerade auch mit Blick auf die schmerzlichen Erfahrungen der 1980er Jahre mit dem sog.
„HIV-Skandal“ – unerlässlich, Fragen der Zulassung zur Blutspende unter Einbeziehung aller Perspektiven und Argumente mit der notwendigen Sorgfalt und dem erforderlichen
Augenmaß zu diskutieren. Diesem Anspruch an eine fundierte parlamentarische Beratung wird die vorgesehene Schnell-Befassung – zumal ohne direkten Bezug zur Corona-Pandemie – nicht gerecht.
Die Richtlinie Hämotherapie sieht keine gruppenbezogenen Ausschluss- oder Rückstellungskriterien von der Spende vor. Die dem Regelungsvorschlag zugrunde liegende Annahme, die Richtlinie sehe „Gruppenrückstellungen“ vor, ist haltlos.
Die von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut
aufgestellte Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie) sieht vor Aufnahme der Spendetätigkeit eine Untersuchung zur Eignung und vor jeder Spendeentnahme eine Untersuchung der
Spendetauglichkeit als Spender vor (vgl. Abschnitt 2.2.5.1 der Richtlinie Hämotherapie).
Dabei wird jeweils individuell u. a. geprüft, ob Ausschluss- oder Rückstellungskriterien im jeweiligen Fall vorliegen.
Im Begründungstext wird ausgeführt: „Die aktuelle Richtlinie Hämotherapie nach den
§§ 12a und 18 des Transfusionsgesetzes (TFG) sieht in ihrer Ziffer 2.2.4.3.2.2
epidemiologisch begründete befristete Rückstellungen von der Blutspende für bestimmte Gruppen mit erhöhtem Risiko vor, darunter beispielsweise Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM).“
Die Richtlinie Hämotherapie wird hier falsch wiedergegeben bzw. falsch verstanden. In Ziffer 2.2.4.3.2.2 der Richtlinie Hämotherapie heißt es wörtlich:
„Zeitlich begrenzt von der Spende zurückzustellen sind Personen,
deren Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten, wie HBV, HCV oder HCR, birgt, für 12 Monate….,“
Im Rahmen einer Verhaltens-assoziierten Risikostratifizierung werden Personen-bezogen Verhaltens-assoziierte Infektionsrisiken insbesondere auf der Grundlage infektions- epidemiologischer Daten bewertet. Die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe oder zu einer sexuellen Orientierung wird in der Richtlinie hingegen gerade nicht adressiert.
Beispielsweise wird in der Richtlinie gerade mit Blick auf eine Vermeidung jeglichen
Anscheins von Diskriminierung formuliert: „Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM),“. Damit wird ein Verhalten beschrieben, wobei bewusst offengelassen ist, welche sexuelle Orientierung (z. B. bisexuell, homosexuell) im individuellen Einzelfall besteht. Es ist somit ein unglückliches Missverständnis, wenn auf eine Person bezogene
verhaltensassoziierte, epidemiologisch begründete Infektionsrisiken (hier: „Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben“) fälschlicherweise mit einem gruppenbezogenen Ausschluss verwechselt werden.
Die Bundesärztekammer setzt sich mit Nachdruck national sowie international gegen jede Form der Diskriminierung ein und verweist diesbezüglich u. a. auf die Deklaration von Genf des Weltärztebundes, welche der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte voran gestellt ist: „Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht,
Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten.“
(https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf- Ordner/International/Deklaration_von_Genf_DE_2017.pdf UND
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf- Ordner/MBO/MBO-AE.pdf ).
Die Bundesärztekammer wendet diese Grundsätze seit jeher in ihren Richtlinien,
Stellungnahmen und sonstigen Veröffentlichungen an. So wurden – wie bereits im Jahr 2010 angekündigt – insbesondere die Zulassungskriterien zur Blutspende für Personen mit sexuellem Risikoverhalten im Zuge der Gesamtnovelle 2017 der Richtlinie Hämotherapie erneut evaluiert und mit den europäischen Vorgaben abgeglichen sowie den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechend angepasst (vgl.
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf- Ordner/MuE/Blutspende_22072016.pdf).
Die Richtlinie Hämotherapie stellt gemäß § 12a TFG den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen fest. Dies impliziert die Aktualität des jeweiligen Standes der Richtlinie, so dass weitergehende Spezifizierungen weder notwendig noch sinnvoll sind.
Die Bundesärztekammer hat einen Ständigen Arbeitskreis ihres Wissenschaftlichen Beirats mit der Erarbeitung und Begleitung der Richtlinie Hämotherapie beauftragt. Dieses
Gremium besteht somit während der jeweiligen Amtsperioden kontinuierlich, so dass jederzeit und ggf. auch kurzfristig die Erörterung aktueller Themen und Aspekte möglich ist, um die Aktualität des Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft
sicherzustellen. Beteiligt sind neben wissenschaftlich ausgewiesenen Fachvertretern u. a.
Vertreter der zuständigen Bundesoberbehörden, Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Robert Koch-Institut (RKI), sowie des Bundesministeriums für Gesundheit (aktuelle personelle Zusammensetzung vgl. https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/medizin-
ethik/wissenschaftlicher-beirat/arbeitskreise-und-arbeitsgruppen/haemotherapie/).
Die Bundesärztekammer unterstützt mit der Richtlinie Hämotherapie eine qualitativ hochwertige, dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik entsprechende Versorgung der Spenderinnen und Spender sowie der auf Blutprodukte angewiesenen Patientinnen und Patienten einerseits und die Handlungssicherheit für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte andererseits.
Die durch die Ergänzung des TFG vorgesehene Hervorhebung, dass „die Bewertung des Risikos, das zu einem gruppenbezogenen Ausschluss oder einer gruppenbezogenen Rückstellung von der Spende führt, […] regelmäßig zu aktualisieren und daraufhin zu überprüfen [ist], ob das angewandte Verfahren noch erforderlich ist, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau von Empfängerinnen und Empfängern von Blut-spenden sicherzustellen“ wird auch insofern abgelehnt, als sie den (falschen) Eindruck erwecken kann, dass spezifische Aspekte der Richtlinie Hämotherapie regelmäßiger einer
Aktualitätsprüfung zu unterziehen sind als andere. Die bisherige Formulierung des TFG ist sachgerecht.
Gemäß Beschluss des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 17.01.2014 werden alle vom Wissenschaftlichen Beirat erstellten Veröffentlichungen spätestens alle zwei Jahre bezüglich ihres Aktualitätsgrades geprüft; so auch die Richtlinie Hämotherapie.
Die Bundesärztekammer stellt damit eine regelhafte Prüfung der Richtlinie Hämotherapie spätestens alle zwei Jahre sicher; davon unbenommen kann eine Aktualitätsprüfung auch kurzfristig erfolgen, wenn sich beispielsweise die einer Aussage der Richtlinie zugrunde liegenden rechtlichen Regelungen geändert haben oder die medizinisch-wissenschaftlichen bzw. epidemiologischen Daten eine Neubewertung des Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft erforderlich machen. Die von der Bundesärztekammer als Selbstverpflichtung implementierte Aktualitätsprüfung bezieht sich bewusst auf die gesamte Richtlinie – Priorisierungen oder Spezialtatbestände erscheinen weder sinnvoll noch notwendig (Begründung s. o.). Diese Selbstverpflichtung ist nicht zuletzt ein Beispiel für den sorgfältigen Umgang der Bundesärztekammer mit dem Richtlinienauftrag.
Die Richtlinie Hämotherapie stellt gemäß Transfusionsgesetz den Stand der
Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft fest. Die Blutspende ist ein unschätzbarer Dienst, mit dem freiwillige Blutspender – teilweise über viele Jahre – dazu beitragen, schwerstkranken Patienten zur Gesundheit zu verhelfen oder das Leben zu ermöglichen.
Die Richtlinie Hämotherapie stellt – gerade auch mit Blick auf die schmerzlichen
Erfahrungen der 1980er Jahre mit dem sog. „HIV-Skandal“ – die Sicherheit der Spender wie auch der Empfänger von Blut und Blutprodukten sicher. Es ist ein bedauerliches Missverständnis, wenn die Richtlinie fälschlicherweise als mögliche
Bewertungsgrundlage für die gesellschaftliche Akzeptanz einzelner Personen, Personengruppen oder deren Interessenvertretungen herangezogen werden sollte.
Die Bundesärztekammer setzt sich seit Jahren für einen transparenten, Diskriminierungs- freien und sachlich fundierten Umgang u. a. mit der Thematik der Blutspende von Personen mit sexuellem Risikoverhalten ein. Zur Versachlichung der in der Vergangenheit oft sehr emotional geführten Diskussion hat beispielsweise eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus
Vertretern des Ständigen Arbeitskreises „Richtlinien Hämotherapie" nach §§ 12a und 18 Transfusionsgesetz des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer und des
„Arbeitskreises Blut“ nach § 24 Transfusionsgesetz das Thema aus wissenschaftlicher Sicht unter Einbeziehung der Daten und Entwicklungen auf europäischer Ebene im Jahre 2012 bewertet
(https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Blutspende_24 052013.pdf).
Im Jahr 2016 haben Vertreter des „Arbeitskreises Blut“ gemäß § 24 TFG, des Ständigen Arbeitskreises „Richtlinien Hämotherapie“ des Wissenschaftlichen Beirats der
Bundesärztekammer, des Robert Koch-Instituts, des Paul-Ehrlich-Instituts und des Bundesministeriums für Gesundheit gemeinsam die aktuellen medizinischen und epidemiologischen Daten erneut evaluiert. Diese gemeinsame Bewertung des Bundesgesundheitsministeriums, der zuständigen Bundesoberbehörden und des
Richtliniengebers unterstreicht den fachlichen und politischen Schulterschluss bei dieser Thematik. Sie belegen die kontinuierliche Befassung mit der Thematik und dienen dem gemeinsamen Ziel von Bundesministerium für Gesundheit, Bundesärztekammer, Paul- Ehrlich-Institut und Robert Koch-Institut, auf der Basis des aktuellen Standes der
Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft die erreichte Reduktion des Infektionsrisikos für die Empfänger zu erhalten, nach Möglichkeit weiter zu verbessern und Spendewillige weiterhin nur in begründeten Fällen von der Spende auszuschließen (vgl.
Beratungsergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Vertretern des „Arbeitskreises Blut“ gemäß § 24 TFG, des Ständigen Arbeitskreises „Richtlinien Hämotherapie“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, des Robert Koch-Instituts, des Paul- Ehrlich-Instituts und des Bundesministeriums für Gesundheit:
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf- Ordner/MuE/Blutspende_22072016.pdf).
Die Sicherheit der Blutspender ebenso wie der Blutspenden basiert unter anderem auf einer sorgfältigen medizinischen Beurteilung der Blutspender. In diesem Sinn adressieren die gemäß TFG von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Bundesoberbehörde aufgestellten Hämotherapierichtlinien seit vielen Jahren eine verhaltensassoziierte Beurteilung der Spendetauglichkeit, zum Beispiel bezüglich des Reiseverhaltens oder eines gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhten
Übertragungsrisikos für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten infolge des Sexualverhaltens. Grundlage dieser verhaltensassoziierten Beurteilung der
Spendetauglichkeit ist eine auf medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Daten beruhende Risikobewertung. Die entsprechenden Festlegungen in der Richtlinie werden unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinien auf der Grundlage der Beurteilung der zur Verfügung stehenden nationalen und internationalen Daten im
Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut getroffen. Zu betonen ist, dass ausschließlich ein Risikoverhalten ausschlaggebend für eine zeitlich begrenzte Rückstellung von der Blutspende ist und nicht, wie in einigen gesellschaftspolitischen Diskussionen thematisiert, die sexuelle Orientierung oder Identität einer Person.
Der Zulassung zur Blutspende liegt – wie ausführlich dargestellt – eine Personen-bezogene Risikostratifizierung verschiedener Verhaltensweisen auf der Basis medizinisch-
wissenschaftlicher und epidemiologischer Daten zugrunde. Die schmerzlichen Erfahrungen der 1980er- Jahren haben mit dem sog. „HIV-Skandal“ gezeigt, wie wichtig eine sorgfältige und fachlich fundierte, breit abgestimmte Bewertung der zugrunde liegenden Kriterien für die Sicherheit der Blutspender und der Empfänger von Blutprodukten ist. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund scheint es ein fatales Missverständnis zu sein, wenn Personen,
Personengruppen oder deren Interessenvertretungen die Frage der Zulassung zur
Blutspende als Maßstab für ihre gesellschaftliche Akzeptanz heranziehen wollen. Es gilt, die unterschiedlichen Diskussionsebenen sauber voneinander zu trennen – die
Bundesärztekammer wird sich in diesem Bewusstsein auch weiterhin mit allem Nachdruck gegen jede Form der Diskriminierung und für Spenderauswahlkriterien entsprechend der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse einsetzen.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Streichung der vorgesehenen Einfügung
Nummer 2 ‐ § 18 Absatz 1 TFG A) Beabsichtigte Neuregelung
Der § 18 TFG, Stand der medizinischen und zahnmedizinischen Wissenschaft und Technik zur Anwendung von Blutprodukten, soll um eine Regelung (wortgleich zur vorgeschlagenen Ergänzung des § 12a TFG, siehe oben), die eine regelmäßige Aktualisierung der
Risikobewertung, die zu gruppenbezogenen Ausschlüssen der Rückstellungen von der Spende führt, ergänzt werden. Diese Prüfung soll sich darauf beziehen, ob ein angewandtes Verfahren noch erforderlich ist, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau der Empfänger von Blutspenden sicherzustellen.
B) Stellungnahme der Bundesärztekammer Die Bundesärztekammer lehnt diese Ergänzung ab.
§ 18 TFG regelt die Anwendung von Blutprodukten. Die vorgeschlagene Ergänzung betrifft die Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen; sie ist daher an dieser Stelle aus inhaltlichen Gründen ebenso wie aus Gründen der Rechtssystematik des TFG abzulehnen.
C) Änderungsvorschlag der Bundesärztekammer Streichung der vorgesehenen Einfügung
3. Ergänzender Änderungsbedarf
Beschlüsse der Zulassungsausschüsse
§§ 36 und 37 Ärzte‐ZV A) Begründung
Die Zulassungsausschüsse stehen – wie die Vertreterversammlungen – vor der
Schwierigkeit, dass Präsenzsitzungen mit erheblichen Ansteckungsrisiken verbunden sind.
Die Option von Umlaufbeschlüssen und Beschlüssen mit Videokonferenzen sollte daher auch den Zulassungsausschüssen eröffnet werden.
B) Ergänzungsvorschlag
Die Zulassungsverordnung für Ärzte, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In § 36 wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Aus wichtigen Gründen oder ansonsten mit Einverständnis aller Mitglieder kann der Zulassungsausschuss ohne Sitzung schriftlich abstimmen.“
2. In § 37 wird folgender Satz angefügt:
„Über Zulassungen kann er aus wichtigen Gründen oder ansonsten mit Einverständnis aller Mitglieder und der Verfahrensbeteiligten auch ohne mündliche Verhandlung schriftlich abstimmen.“