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Archiv "Psychotherapie - Richtlinien bewährten sich: Zehn Jahre tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung" (27.10.1977)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 43 vom 27. Oktober 1977

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

ee

Die Ausgaben der Krankenkas- sen für Leistungen der tiefenpsy- chologisch fundierten und ana- lytischen Psychotherapie dürf- ten auf dem RVO-Kassensektor zur Zeit jährlich etwa 10 bis 11 Millionen DM betragen. Die Er- satzkassen wenden hierfür etwa 42 Millionen DM auf. Bei einem Gesamtvolumen von etwa 11,9 Milliarden DM, die RVO- und Er- satzkassen für die gesamte ärzt- liche Versorgung ausgeben, dürfte dieser Aufwand nicht aus dem Rahmen fallen.

et

Zehn Jahre sind nun vergangen, seit am 1. Oktober 1967 die tiefenpsy- chologisch fundierte und analyti- sche Psychotherapie — vielfach auch

„Große Psychotherapie" genannt — in die kassenärztliche Versorgung eingeführt wurde. Dies geschah durch das Inkrafttreten der diesbe- züglichen Richtlinien des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kranken- kassen und der auf diese aufbauen- den Psychotherapie-Vereinbarung zwischen den Bundesverbänden der RVO-Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung.

Bis dahin hatte es auf Bundesebene und auch in den meisten Bundeslän- dern keine Regelung für die Durch- führung dieser Art von Psychothera- pie gegeben; lediglich im süddeut- schen Raum bestanden hierüber Ab- sprachen mit Krankenkassen, in die auch die Kassenärztlichen Vereini- gungen einbezogen waren. Anson- sten leisteten lediglich einzelne Krankenkassen außerhalb der kas- senärztlichen Versorgung Zuschüs- se zu den Behandlungskosten, wäh- rend andere auch dieses strikt ab- lehnten.

Es wurde daher schon von vielen Betroffenen mit Erleichterung be- grüßt und auch im Ausland mit Inter- esse registriert, daß diese Behand- lungsmethoden als Naturalleistung, das heißt ohne finanzielle Beteili- gung der Versicherten, sondern voll zu Lasten der Versichertengemein- schaft, in die soziale Krankenversi- cherung Eingang fanden.

Obwohl die Vorarbeiten, in denen die beiden psychotherapeutischen Gesellschaften (AÄGP und DGPPT) von der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung hinzugezogen worden sind, sich über Jahre erstreckt hat- ten und man der Überzeugung sein durfte, schließlich eine ausgewoge- ne, praktikable Lösung gefunden zu haben, war man sich doch bewußt, Neuland zu betreten; man war daher gespannt, wie sich die Anwendung der Richtlinien und der vertragli- chen Regelungen in der Praxis aus- wirken würde.

Heute weiß man, daß — obwohl es besonders zu Beginn nicht an kriti- schen Stimmen gefehlt hatte — sich das Verfahren bewährt hat. Beson- ders die Einführung eines Gutach- terverfahrens vor Beginn einer Be- handlung — einzigartig auf dem Ge- biet der kassenärztlichen Versor- gung — war in ihrem Sinn von eini- gen Psychotherapeuten verkannt und daher nur mit Abneigung oder Mißtrauen hingenommen worden, obwohl sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung bemüht hatte, die Vorteile dieser Maßnahme für alle Beteiligten aufzuzeigen und nur solche Ärzte als Gutachter und Obergutachter zu bestellen, bei denen man davon ausgehen konnte, daß sie auf Grund ihrer besonderen Kenntnisse und Erfahrungen das volle Vertrauen ihrer Kollegen besit- zen. Es war zudem bei der Auswahl dieses Personenkreises darauf ge- achtet worden, hinsichtlich der Schulrichtung Einseitigkeit zu ver- meiden. Außerdem wurde mit den

Psychotherapie

Richtlinien bewährten sich

Zehn Jahre tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung Hans-Dieter Bogwitz

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Psychotherapie Richtlinien

Bundesverbänden der Krankenkas- sen für die Verteilung der Anträge an die Gutachter ein Rotationsverfah- ren abgesprochen, um zu gewährlei- sten, daß die Anträge eines Psycho- therapeuten nicht von ein- und dem- selben Gutachter beurteilt werden.

Nicht nur erst heute, nach zehn Jah- ren der Durchführung, kann man sich kaum eine Regelung ohne die- ses Gutachterverfahren vorstellen.

Sinnvolle Verwendung der Mittel

Für die Krankenkassen bringt es die Gewißheit, daß vor dem eigentlichen Beginn der Behandlung, die sich über einen längeren Zeitraum er- streckt, eine Prüfung ihrer Lei- stungspflicht — auch im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßig- keit der Behandlungsweise — im Sinne der Psychotherapie-Richtli- nien stattgefunden hat. Der Patient und der Psychotherapeut wissen, auf welche Zahl von Sitzungen sie sich einrichten können; der Thera- peut verfügt damit gleichzeitig über eine Kostenübernahmegarantie und braucht nicht zu befürchten, durch eventuelle Prüfungsmaßnahmen der auf gesetzlicher Basis tätig werden- den Prüfungsinstanzen der Kassen- ärztlichen Vereinigung nachträglich in seinem Honoraranspruch gekürzt zu' werden.

Die Effizienz dieses Verfahrens läßt sich nicht allein an der Tatsache ab- lesen, daß in den ersten Jahren etwa 20 Prozent der Anträge und nun-

mehr etwa 10 Prozent nicht geneh- migt wurden — es gab natürlich auch Kürzungen bei der Zahl der Sitzun- gen —, allein schon das Wissen um das Vorhandensein des Gutachter- verfahrens veranlaßt den Therapeu- ten, vor Antragstellung im Einzelfall kritisch zu prüfen, ob eine Indikation zur gewählten Behandlungsmetho- de im Sinne der Richtlinien vorliegt und ob ein Behandlungserfolg er- wartet werden kann. Insgesamt wird dadurch eine sinnvolle Verwendung der Mittel der Versichertengemein- schaft und eine optimale Ausnut- zung der immer noch knappen Be- handlungskapazität erreicht.

In den zehn Jahren konnten die Gut- achter auf dem RVO-Kassensektor von rund 17 000 Anträgen auf Lei- stungen der gutachterpflichtigen Psychotherapie etwa 15 000 befür- worten.

Wie sich die befürworteten und da- mit zur Durchführung gelangten Be- handlungsfälle auf die einzelnen Jahre verteilen, zeigt die Tabelle.

Tabelle

Zahl der genehmigten Jahr Fälle Einzel- Gruppen-

sitzun- sitzun- gen gen

4/67 15 676 75

1968 525 24 924 2 279 1969 626 29 194 2 500 1970 715 32 550 5 723 1971 862 37 859 12 245 1972 1000 38 616 16 245 1973 1528 62 351 25 366 1974 1916 78 903 30 253 1975 2520 106 460 38 731 1976 2959 119 288 47 174

-I. Hj.

1977 1627 65 832 23 225

In diesen Zahlen spiegeln sich zwei vertragliche Maßnahmen wider, die für die Ausbreitung dieser Behand- lungsmethoden von ausschlagge- bender Bedeutung waren.

Um auch denjenigen psychothera- peutisch tätigen Ärzten, die mit gu- tem Erfolg die Gruppenbehandlung bevorzugt betrieben und die die hierfür notwendigen Praxisvoraus- setzungen besaßen, die Basis für ein Tätigwerden in der kassenärztlichen Versorgung zu schaffen, kam die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit den Bundesverbänden der Kran- kenkassen überein, mit Wirkung vom 1. Januar 1970 eine Empfeh- lungsvereinbarung abzuschließen, die abweichend von der unzulängli- chen Bewertung der GOÄ für Grup- pentherapie eine Höherbewertung erbrachte. Diese Vereinbarung schuf in der Tat einen Anreiz für eine vermehrte Durchführung von Grup-

pentherapien, wie es das Jahreser- gebnis für 1971 veranschaulicht.

Durch eine Neufassung der Psycho- therapie-Vereinbarung zum 1. April 1972 wurde im Interesse einer bes- seren Versorgung der Versicherten mit Leistungen der tiefenpsycholo- gisch fundierten und analytischen Psychotherapie denjenigen ärztli- chen Psychotherapeuten, die selbst überwiegend diese Art der Psycho- therapie durchführen, die Möglich- keit eröffnet, zur Behandlung nicht- ärztliche Psychotherapeuten und Psychagogen, die über eine beson- dere Ausbildung beziehungsweise Weiterbildung in tiefenpsycholo- gisch fundierter und analytischer Psychotherapie verfügen, hinzuzu- ziehen.

Der Anstieg der Behandlungsfälle besonders seit dem Jahre 1973 zeigt, daß auch in zunehmendem Maße von der Möglichkeit der Dele- gierung der Behandlung an diesen Behandlerkreis Gebrauch gemacht wurde. Er wäre vermutlich noch et- was höher ausgefallen, wenn nicht am 1. April 1971 zwischen den Ver- bänden der Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung eine im wesentlichen inhalts- gleiche Vereinbarung wie mit den RVO-Krankenkassen abgeschlossen worden wäre und nicht auch die Versorgung der Mitglieder der Er- satzkassen hätte übernommen wer- den müssen. Diese Vereinbarung, die die Eigenregelungen der einzel- nen Ersatzkassen auf dem Gebiet der tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Psychotherapie ablöste, sieht ebenfalls die Möglich- keit der Delegierung der Behand- lung vor. Dabei ist noch zu berück- sichtigen, daß diese Art der Psycho- therapie auf dem Ersatzkassensek- tor eine wesentlich größere Rolle spielt als bei den RVO-Krankenkas- sen; es werden hier etwa viermal so viele Anträge auf Bewilligung einer Behandlung gestellt wie auf dem RVO-Kassen-Sektor.

In Anpassung an die mit Wirkung vom 1. Juli 1976 neugefaßten Psy- chotherapie-Richtlinien, die bis zu diesem Zeitpunkt eine Kostenver-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

2590 Heft 43 vom 27. Oktober 1977

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Der Höhe- und Schlußpunkt einer langen klinischen Laufbahn ist die Wahl zum leitenden Arzt (Chefarzt).

Jedenfalls glaubte das bisher der kli- nisch tätige Kollege, der nach sei- nem Staatsexamen durchschnittlich 10 bis 15 Jahre mit großem Engage- ment und großer Aufopferung sich weiter- und fortbildete sowie ärzt- liche und wissenschaftliche Erfah- rung sammelte. Nicht zuletzt auch durch verantwortliche Oberarzttä- tigkeit mit Vertretung des Chefarz- tes, Mitwirken an der Aus- und Wei- terbildung von jungen Medizinern wurde eine konsequente Vorberei- tung für eine verantwortungsvolle leitende klinische Position be- trieben.

Darüber ist dieser Kliniker wenig- stens 40 Jahre alt geworden, und nun traut er sich zu, die Qualifika- tion als Chefarzt zu besitzen, und studiert die Stellenausschreibungen in den einschlägigen Blättern.

Er findet großaufgemachte Anzei- gen, von denen man glauben möchte, man blätterte in Ferienrei- se- und Kurprospekten: Da „liegt die modernst ausgestattete Klinik an ei- ner schönen Hanglage mit Blick auf die Stadt, die Donau und die Berge des Bayrischen Waldes". Ein ande- rer Inserent beschreibt wortreich die Geschichte von Stadt und Klinik usw. in 41 Zeilen und kommt in gan- zen 10 Zeilen zum vage formulierten Vertragsangebot. Bei einem dritten

Inserenten erfährt man schließlich in 29 Zeilen etwas über „Blühendes Barock" und großzügigst und mo- dernst (welcher Superlativ!) einge- richtete Abteilung und in nicht ein- mal drei Zeilen sehr lapidar, „Wir bieten: Vergütung nach Vergü- tungsgruppe 1 BAT, Altersversor- gung und Liquidationserlöse nach unserem Chefarztvertragsmuster."

Und bei den letzten beiden Worten

„ .. unserem Chefarztvertragsmu- ster" liegt schon der Hund begraben!

„Vogel friß oder stirb!"

In zunehmendem Umfang sind näm- lich — überwiegend kommunale — Krankenhausträger dazu überge- gangen, den Bewerbern von vorn- herein Musterverträge vorzulegen, von deren Annahme abhängig ge- macht wird, ob der Bewerber über- haupt in die engere Wahl gezogen wird.

Dieses Verfahren nach dem Motto

„friß Vogel oder stirb!" erfolgt unter Ausnutzung der schwachen Ver- handlungsposition der Stellenbe- werber einerseits und der Monopol- stellung eines kommunalen Kran- kenhausträgers andererseits, so daß man sich fragen muß, ob dieser Stil bei der Vergabe öffentlicher Stellen noch mit den guten Sitten vereinbar ist, die auch im öffentlichen Rechts- leben herrschen sollten. Es ist kein

Psychotherapie-Richtlinien

pflichtung für die Krankenkassen nur bei aktuellen neurotischen Kon- fliktsituationen vorsahen, wurden auch zu demselben Zeitpunkt die Psychotherapie-Vereinbarungen — und zwar sowohl die mit den RVO- Krankenkassen als auch die mit den Ersatzkassen — überarbeitet. Hieraus eventuell resultierende zahlenmäßi- ge Entwicklungstendenzen lassen sich zur Zeit noch nicht ablesen.

Behandlerpotential verzehnfachte sich

Waren in den Jahren 1967/1968 ca.

160 ärztliche Psychotherapeuten auf dem RVO-Kassen-Sektor tätig, so sind es gegenwärtig etwa 1100 ärzt- liche Psychotherapeuten und etwa 650 Nichtärzte (je zur Hälfte nicht- ärztliche Psychotherapeuten und Psychagogen), die Behandlungen dieser Art auf dem RVO- und Ersatz- kassensektor durchführen. Trotz dieser Verzehnfachung des Behand- lungspotentials in zehn Jahren darf nicht übersehen werden, daß auch noch heute örtlich unterschiedliche Engpässe in der Versorgung beste- hen und daß daher mancherorts Wartezeiten in Kauf genommen wer- den müssen.

Die Ausgaben der Krankenkassen für Leistungen der tiefenpsycholo- gisch fundierten und analytischen Psychotherapie dürften auf dem RVO-Kassen-Sektor zur Zeit jährlich etwa 10 bis 11 Millionen DM betra- gen. Die Ersatzkassen wenden hier- für etwa 42 Millionen DM auf. Bei einem Gesamtvolumen von etwa 11,9 Milliarden DM, die RVO- und Ersatzkassen für die gesamte ärzt- liche Versorgung ausgeben, dürfte dieser Aufwand nicht aus dem Rah- men fallen.

Anschrift des Verfassers:

Hans-Dieter Bogwitz Diplomvolkswirt

Kassenärztliche Bundesvereinigung Haedenkampstraße 3

5000 Köln 41 (Lindenthal)

FORUM

Chefarztbewerbungen — immer problematischer

Herbert Würdinger

Die Stellenausschreibungspraktiken mancher Krankenhausträger werden von den Bewerbern dringlich zu besetzender Arztstellen oft- mals kritisiert. Der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Würt- temberg der leitenden Krankenhausärzte nimmt dies zum Anlaß, um zur derzeitigen Situation kommentierend Stellung zu nehmen.

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