beim Autor/bei der Autorin.
Forschungsmethodik I
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WS 2017 OPEN IT
Veranstaltungsinhalte
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie 2. Der „idealtypische“ Forschungsprozess 3. Gütekriterien als Grundlagen der Forschung
4. Qualitative und Quantitative Forschungsmethoden
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1.1 Begriffe und Regeln der empirischen Forschung 1.1.1 Variablen und Daten
1.1.2 Hypothesen und Theorien 1.2 Grenzen der empirischen Forschung
1.2.1 Deduktiv-nomologische Erklärung 1.2.2 Verifikation und Falsifikation 1.3 Statistische Hypothesenprüfung 1.4 Aufgaben der empirischen Forschung
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1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
4 Mayring (2016)
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
5 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 5.
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
6 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 9f.
7 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 9f.
Sven Ove Hansson (2014) präsentiert in seinem Beitrag „Science and Pseudo-Science“
in der „Stanford Encyclopedia of Philosophy“ eine Liste von Kriterien, die für
„Pseudo-Wissenschaft“ sprechen. Diese sei hier auszugsweise wiedergegeben:
1. Glaube an Autoritäten: Es wird behauptet, dass bestimmte Personen eine besondere Fähigkeit haben zu bestimmen, was wahr oder falsch ist. Andere haben deren Urteile zu akzeptieren.
2. Nicht reproduzierbare Experimente: Es wird experimentellen Ergebnissen vertraut, die nicht von anderen Forschern oder Forscherinnen reproduziert werden können.
3. Handverlesene Beispiele: Handverlesene Beispiele werden verwendet, obwohl sie für den Bereich, auf den sich die Untersuchung bezieht, nicht repräsentativ sind.
4. Ablehnung von Tests: Eine Theorie wird nicht getestet, obwohl sie getestet werden könnte.
5. Ignorierung widerlegender Informationen: Beobachtungen oder Experimente, die mit der Theorie im Konflikt stehen, werden ignoriert.
6. Eingebaute Täuschung: Der Test einer Theorie wird so angelegt, dass die Theorie durch dessen Ergebnis nur bestätigt und niemals abgelehnt werden kann.
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
8 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 80.
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
9 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 19f.
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
10 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 48.
11 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 54.
Beispiel zur ,statistischen Signifikanz‘
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie
12 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 101
1.1.1 Variablen und Daten
Variablenwerden genutzt um Merkmalsunterschiede genau beschreiben zu können (Beispiele: Geschlecht, Lieblingsfarbe, Leistungen im Studium)
Ordnet man diesen Merkmalsausprägungen eine Zahl zu, resultiert hieraus eine Merkmalsmessung
Beispiel Lieblingsfarbe
rot – 1 gelb – 2 blau – 3
Die Menge dieser Merkmalsmessungen ergeben die (quantitativen) Dateneiner Untersuchung
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1.1.1 Variablen und Daten
Angemessene Operationalisierungerfordert sowohl inhaltliche wie auch methodische Kenntnisse
Latente Merkmale (Konstrukte) sind dabei nicht unmittelbar beobachtbar, sondern müssen im Rahmen der Operationalisierung konkretisiert werden
Variablen werden in abhängige und unabhängige Variablen unterschieden, wobei die Veränderung der einen (abhängigen) Variable mit der Veränderung einer anderen (unabhängigen) Variablen erklärt werden sollen
Beispiel: Die Dosierung eines Schlafmittels beeinflusst die Schlafdauer Die Ausprägung der unabhängigen Variable wird dabei im Rahmen der empirischen Forschung selbst festgelegt
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Eine Moderatorvariableliegt vor, wenn diese den Einfluss einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable verändert
Eine Moderatorvariable ist dabei eine Kontrollvariable, wenn diese nur vorsorglich erhoben wird
Eine Moderatorvariable ist dabei eine Störvariable, wenn diese im Rahmen der Untersuchung nicht beachtet oder untersucht wird
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Übung
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Entwicklung eines Fragebogens
Entwickeln Sie in 2er Teams einen kurzen Fragebogen, welcher für ein latentes Merkmal:
1. Eine abhängige Variable mit Hilfe von (mindestens) zwei unabhängigen Variablen untersucht
2. Eine Kontrollvariable enthält
3. Und bei welchem Sie vermerken, was eine mögliche, nicht beachtete Störvariable ist
1.1.2 Hypothesen und Theorien
• Alltagssprachlich: Hypothese eine Vermutung über unsichere Sachverhalte „Ich vermute, dass mein Cousin diese Prüfung nicht besteht“
• Bei einer wissenschaftlichen Hypothese müssen vier Kriterien erfüllt sein – Die Hypothese bezieht sich auf einen realen Sachverhalt, welcher empirisch
untersuchbar ist
– Eine Hypothese ist eine über einen Einzelfall hinausgehende Behauptung – Einer wissenschaftlichen Hypothese sollte zumindest implizit einen
Konditionalsatz (Wenn-Dann Beziehung) bilden – Die Hypothese muss falsifizierbar sein
Was ist eine Hypothese?
„Es gibt ein Kind, das niemals weint“
„Frauen sind kreativer als Männer“
• Eine statistische Hypothese lässt sich erstellen, indem die in der inhaltlichen Hypothese angesprochene Variablenbeziehung in eine quantitative Form gebracht
wird 17
1.1.2 Hypothesen und Theorien
Theorien haben die Funktion, Sachverhalte zu beschreiben, zu erklären und vorherzusagen. Im Kern bestehen sozialwissenschaftliche Theorien aus einer Vernetzung von gut bewährten Hypothesen bzw. anerkannten empirischen Gesetzmäßigkeiten.
Eine ,wertvolle‘ Theorie
besitzt eine logische Konsistenz, d.h., dass die Theorie widerspruchsfrei sein soll ist gehaltvoll bzw. informativ, das heißt, sie muss falsifizierbar sein
ist sparsam, das heißt sie muss möglichst viele Befunde durch möglichst wenig Annahmen erklären
ist bewährt, das heißt sie hat viele verschiedene und möglichst strenge Tests
„bestanden“
Annahme: Wie lautet eine mögliche Theorie zu der bestätigten Hypothese ?
„Das Leben in der Stadt ist psychisch belastender als auf dem Land“
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19 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 120.
1.1.2 Hypothesen und Theorien
20 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 164.
Anforderungen an Hypothesen
1.1.2 Hypothesen und Theorien
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Beispiele für Hypothesen in den Wirtschaftswissenschaften
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 165.
1.1.2 Hypothesen und Theorien
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Beispiele für Hypothesen in den Wirtschaftswissenschaften
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 165.
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Potentielle Probleme bei einer Hypothesen Verwendung
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 165.
1.2. Grenzen der empirischen Forschungsarbeit
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1.2.1 Deduktiv-nomologische Erklärung
Ein zu erklärendes Phänomen wird über logische Deduktion aus einem allgemeinen Gesetz (lat. Nomos) abgeleitet
Beim deduktiv-nomologischenVorgehen wird aus einer allgemeinen Theorie eine spezielle Aussage abgeleitet. Die so gewonnene Vorhersage oder Erklärung ist dann mit Hilfe empirischer Untersuchungen zu überprüfen.
Der Wert einer deduktiv-nomologischen Erklärung hängt davon ab, wie gut die zugrunde liegende Theorie empirisch bestätigt ist.
Zentrale Frage: wie können Theorien empirisch bestätigt werden ?
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1.2.2 Verifikation und Falsifikation
Um die uneingeschränkte Gültigkeit einer Theorie nachzuweisen (Verifikation der Theorie), müssten unendlich viele Versuche durchgeführt werden
Die Anzahl möglicher empirischer Überprüfungen ist in der Praxis notwendigerweise begrenzt
Letztlich läuft das Verifikationsverfahren auf einen Induktionsschluss hinaus
Unter Verifikation versteht man den Nachweis der Gültigkeit einer Hypothese oder Theorie. Die Verifikation allgemein gültiger Aussagen über Populationen ist anhand von Stichprobendaten logisch nicht möglich.
Eine Verifikation in der Mathematik ist möglich
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• Ein einziger Fall oder ein einziges der Theorie widersprechendes Ereignis kann ausreichen, um die Theorie zu widerlegen bzw. zu falsifizieren.
Der auf dem Falsifikationsprinzip basierende Erkenntnisfortschritt besteht in der Eliminierung falscher bzw. schlecht bewahrter Aussagen oder Theorien.
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1.2.2 Verifikation und Falsifikation
DasKorrespondenzproblem bezieht sich auf die Frage, inwieweit die in einer Untersuchung eingesetzten Indikatoren tatsächlich das erfassen, was mit den Theorie konstituierenden Konstrukten oder Begriffen gemeint ist.
Wie wird Intelligenz untersucht?
Das Basissatzproblembezieht sich auf die Frage, inwieweit Beobachtungsprotokolle und Beschreibungen tatsächlich mit der Realität übereinstimmen.
Situation in einem Vorstellungsgespräch
In diesem Verständnis heißt empirische Forschung nicht nur, den ≫Kern≪einer inhaltlichen Theorie zu prüfen, sondern auch, die operationalen Indikatoren und Messinstrumente ständig zu verfeinern
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1.3 Statistische Hypothesenprüfung
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1.3 Statistische Hypothesenprüfung
Vorzunehmende Untersuchungsplanung
Bestimmung der Zielpopulation
Hypothesenprüfung anhand einer Stichprobe aus der Zielpopulation
Erhebungsdesign (bspw. Zweigruppen-Design mit Experimental- und Kontrollgruppe) Randomisierte Zuordnung der Teilnehmer
Einsatz sogenannter ,Rating-Skalen‘
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Statistisches Hypothesenpaar
Besonderheit der statistischen Hypothesenprüfung: Ausgang stellt Hypothesenpaar (Alternativhypothese (H1) und Nullhypothese (H0)) dar
Nullhypothese: drückt inhaltlich immer aus, dass Unterschiede, Zusammenhänge, Veränderungen oder besondere Effekte in der interessierenden Population überhaupt nicht und/oder nicht in der erwarteten Richtung auftreten.
Alternativhypothesenbzw. Forschungshypothesen: handeln gerade vom Vorliegen besonderer Unterschiede, Zusammenhänge oder Veränderungen; Untersuchungen werden typischerweise durchgeführt, um interessante oder praktisch bedeutsame Effekte nachzuweisen und nicht, um diese zu negieren.
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Übung
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Untersuchungsplanung
Entwickeln Sie für einen Untersuchungsgegenstand Ihrer Wahl einen Untersuchungsplan
1. Bestimmen Sie eine mögliche Zielpopulation 2. Diskutieren Sie, wie Sie diese Zielpopulation an Hand
einer Stichprobe untersuchen könnten / eine Stichprobe auswählen
3. Stellen Sie Alternativhypothese und Nullhypothesen auf
1.4 Aufgaben der empirischen Forschung
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1.4 Aufgaben der empirischen Forschung
Mit empirischen Untersuchungen wird überprüft, inwieweit sich die aus Theorien, Voruntersuchungen oder persönlichen Überzeugungen abgeleiteten Hypothesen in der Realität bewahren = Hypothesenprüfendeoder deduktive Funktion empirischer Forschung
Deduktion: Herbeiführung | Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen Hypothesen können das Kernstück einer neuen Theorie bilden, wenn sie sich in weiteren, gezielten empirischen Untersuchungen bestätigen und ausbauen lassen = Hypothesenerkundendeoder induktive Funktion empirischer Forschung
Induktion: Einführen oder Zuleiten bzw. Schließen vom Einzelnen auf etwas Allgemeines
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! Eine Hypothese ist bei induktiver Vorgehensweise das Resultat und bei deduktiver Vorgehensweise der Ausgangspunkt einer empirischen Untersuchung !
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Veranstaltungsgliederung
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie 2. Der ,idealtypische‘ Forschungsprozess 3. Gütekriterien als Grundlagen der Forschung
4. Qualitative und Quantitative Forschungsmethoden
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2. Der ,idealtypische‘ Forschungsprozess
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2. Der ,idealtypische‘ Forschungsprozess
38 Riesenhuber (2007)
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie 2. Der „idealtypische“ Forschungsprozess 3. Gütekriterien als Grundlagen der Forschung 4. Qualitative und Quantitative Forschungsmethoden
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3. Gütekriterien als Grundlagen der Forschung
3.1 Wissenschaftliche Gütekriterien im Überblick 3.2 Gütekriterien der Messung
3.2.1 Objektivität 3.2.2 Reliabilität 3.2.3 Validität 3.3 Ehrlichkeit 3.4 Verständlichkeit 3.5 Relevanz 3.6 Überprüfbarkeit
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3.1 Wissenschaftliche Gütekriterien im Überblick
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3.2 Gütekriterien der Messung
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Die Inhalte wissenschaftlicher Artefakte sollen sachlich, vorurteilsfrei und so neutral wie möglich sein. Persönliche Präferenzen des Erstellers werden nicht einbezogen.
Eine neutrale Haltung ist Voraussetzung dafür, dass sich andere Personen mit vorliegenden Inhalten einer Arbeit manipulationsfrei beschäftigen können.
Was kann beispielsweise eigene Objektivität einschränken?
Vorlieben Ressentiments Übergroßer Ehrgeiz Hoffnungen
Eingeschränkte Perspektive
Unzureichende fachliche Vorbereitung
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3.2.1 Objektivität
Mögliche (tragweite) Fehlerquellen sind beispielsweise:
Dominante Rolle des Autors | der Autoren | Wissenschaftler
Emotionale Formulierungen in Verbindung mit unklarer Inhaltsdarstellung Vorbestimmte Perspektive erforderlich, um inhaltlichen Ausführungen zu folgen Auslassungen an den Stellen, wo mangelnde Konzeptpassgenauigkeit zu erwarten ist Unerwünschte Beobachtungen | Fachexpertisen ignorieren
Bewusst nur unvollständige Darstellungen unvorteilhafter Beobachtungen Unvollständiges Zitieren | Unrichtige Wiedergaben
Manipulierte Ergebnisse | Ungenau messende Instrumente
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3.2.1 Objektivität
Kontrollfragen zur Objektivität
1.Sind meine Ausführungen so weit wie möglich objektiv, vorurteilsfrei und sachlich erhoben?
2.Bleibt meine Haltung neutral?
3.Inwieweit sind dargestellte Ergebnisse von mir persönlich beeinflusst?
4.Wie gehe ich mit Widersprüchen und gegenteiligen Erkenntnissen um?
5.Werden auch andere Wissenschaftler zu (ähnlichen) Ergebnissen meiner Arbeit kommen?
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3.2.2 Reliabilität
• Hoher Grad an Reliabilität: Messinstrumente arbeiten höchst zuverlässig >
gewonnene Messergebnisse sind stabil; wichtig: bei Wiederholungsreihen der Untersuchung mit identischem Setting müssen auch andere Wissenschaftler zu gleichen Ergebnissen kommen.
Konkreter Auftrag an Wissenschaftler …
Wählen Sie geeignete und passgenaue Instrumentefür Ihre Arbeiten aus.
Sorgen Sie dafür, dass diese Instrumente funktionieren und exakt messen.
Überlegen Sie sorgfältig, welche Methoden wirklich angemessenund geeignet sind, um stabile, zuverlässige und wiederholbare Ergebnisse zu erhalten.
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Kontrollfragen zur Reliabilität
1.Messen die ausgewählten Instrumente genau?
2.Arbeiten diese fehlerfrei?
3.Sind die ausgewählten Methoden für diesen speziellen Zweck geeignet?
4.Sind die Ergebnisse stabil und zuverlässig, so dass man bei einer Wiederholung der Verfahren zu den gleichen Ergebnissen kommt?
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3.2.2 Reliabilität
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Beispiel: Datengewinnung zum Theorietest über Skalenniveaus
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 144
3.2.2 Reliabilität
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Gefahr: Beispiel für mangelnde Reliabilität im Betrachtungs Setting
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 148
3.2.3 Validität
Validität steht für den Grad der Genauigkeit, mit der ein zu prüfendes Merkmal tatsächlich untersucht wird
Was können Sie vornehmen, damit Ihre wissenschaftliche Arbeit einen ausreichend hohen Grad an Validität erreichen?
Achten Sie sehr sorgfältig darauf, dass Sie wirklich die richtigen Inhaltsbereiche bearbeiten, die für Ihre Problemstellung relevant sind
Formulieren Sie Ihre Fragen passgenau, so dass sich die Antworten exakt auf Ihre Frage beziehen
Um Irritationen zu vermeiden, sollten Sie wichtige Begriffe definieren Achten Sie darauf, dass die Stichprobe repräsentativ und groß genugist.
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Kontrollfragen zur Validität
1.Wird tatsächlich das Wissenschaftlichegemessen, was gemessen werden sollte?
2.Sind Suchfragen klar und richtig formuliert?
3.Bei Entnahme einer Stichprobe: Ist diese groß genug und die Auswahl wirklich repräsentativ?
4.Wie aussagekräftig sind die einzelnen Ergebnisse?
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3.2.3 Validität
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Kontextbezug Reliabilität Validität
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 149
3.2.3 Validität
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Logik der Prüfung: Inhalts- und Kriterienvalidität
Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 156
3.3 Ehrlichkeit
Ehrlichkeit schafft Glaubwürdigkeit: grundlegend für die Qualität wissenschaftlicher Artefakte und gleichermaßen zu erwarten von allen wissenschaftlich Agierenden (Prüfern und Begutachtern).
Wer wissenschaftlich arbeitet, muss Beobachtungen | Erkenntnisse wahrheitsgemäß wiedergeben > Plagiate, Täuschungen, Datenmanipulationen sowie die Erfindung von Ergebnissen sind betrügerische Delikte, welche eigene Glaubwürdigkeit dauerhaft zerstören.
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Die kritische Überprüfung des menschlichen Wissens steht im Zentrum der Wissenschaft Kern der Wissenschaftlichkeit ist die sorgfältige Überprüfung neuer und etablierter Erkenntnisse und Ergebnisse
Möglichst frühzeitig soll der Wahrheitsgehalt festgestellt werden. Nur gesichertes Wissen ist weiterzugeben
Wissenschaftliche Methoden dienen vor allem auch der Überprüfung und Sicherung des neu generierten Wissens.
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3.3 Ehrlichkeit
Kontrollfragen zur Ehrlichkeit
1. Bin ich ehrlich in meinen Beschreibungen und Darstellungen?
2. Wie gehe ich mit Statistiken und deren Auswertungsfähigkeit um?
3. Bin ich ehrlich bei der Wiedergabe und Präsentation meiner Arbeitsergebnisse?
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3.4 Verständlichkeit
Wissenschaftliche Artefakte werden veröffentlicht, damit andere wissenschaftlich Interessierte sich informieren und neues Wissen geprüft nutzen können.
Daher ist es fundamental, dass wissenschaftliche Arbeiten verständlich aufbereitet werden. Dazu zählen insbesondere:
die Vollständigkeit der Bestandteile
eine gute Schriftgestaltung und ein ansprechendes Layout eine folgerichtige, inhaltliche Struktur
die zweckmäßige, sprachliche Aufbereitung der Texte.
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3.4 Verständlichkeit
Am Anfang: Ausgangslage und seine Bedeutung für das Fachgebiet skizzieren;
Themenabgrenzung; Problemzusammenhang und das Ziel der wissenschaftlichen Arbeit aufzeigen; aktuellen Forschungsstand wiedergeben und Hypothesen aufstellen.
Exakt sein: weiteres Vorgehen dokumentieren, den Methodeneinsatz benennen sowie die Zwischen- und Endergebnisseresümieren
Am Ende: Zusammenfassung wesentlicher Erkenntnisse; Schlussfolgerungen ziehen, kritisch Stellung beziehen, Nutzen der Ergebnisseaufzeigen und einen Ausblick geben
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Kontrollfragen zur Verständlichkeit
1. Sind alle wichtigen Bestandteile vorhanden?
2. Ist der Aufbau der Arbeit übersichtlich | zweckmäßig| logisch nachvollziehbar?
3. Stimmen Typographie | Seitenlayout?
4. Ist die sprachliche Gestaltung einwandfrei?
5. Führe ich Begründungen für meine Argumente an?
6. Ziehe ich korrekte logische Schlussfolgerungen?
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3.5 Relevanz
60 Eisend, M.; Kuß, A. (2017), S. 59f.
3.6 Überprüfbarkeit
Wissenschaftliches Arbeiten: Suche nach gesicherten Erkenntnissen; Überprüfbarkeit ist daher ein zentrales wissenschaftliches Qualitätskriterium
Wissenschaftliches Artefakte brauchen begründete Hypothesen; Vorgehensweisen und –modelle sind dabei verständlich und nachvollziehbar zu beschreiben; die Herkunft der verwendeten Materialien sind einwandfrei zu belegen.
Zur Überprüfung gehören:
Nachbildung Experimenten | Lösungswege
Betrachtung der Herkunft des verwendeten Materials
Feststellung des Wahrheits- und Informationsgehaltes geleisteter Aussagen Kontrolle logischer Schlussfolgerungen
Kontrolle eingesetzter Quellen
Kontrolle fixierter Zwischen- und Endergebnissen.
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3.6 Überprüfbarkeit
Wissenschaftliche Aussagen | Schlussfolgerungen | Ergebnisse müssen überprüfbar sein. Überprüfbarkeit können in wissenschaftlichen Artefakten herstellen mittels:
prinzipiell widerlegbarer Formulierung der Kernaussagen (Hypothesen) sorgfältige Dokumentation | Begründung der Vorgehensweise genaue und übersichtliche Darstellung der Zwischen- und Endergebnisse
Beschreibung eingesetzter Messinstrumente |Hilfsmittel | verwendeter Methoden vollständige Quellenangaben | Belege über die Herkunft zugrunde liegender Daten Grafiken | Strukturbilder | Übersichten | Tabellen erleichtern es Dritten, Inhalte zu verstehen und Prozess der Lösungsfindung nachzuvollziehen (Ansatz: Komplexe Inhalte anschaulich visualisieren).
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Kontrollfragen zur Überprüfbarkeit
1. Sind Aussagen | Ergebnisse meiner wissenschaftlichen Arbeit überprüfbar?
2. Ist es möglich, getätigte Aussagen zu widerlegen?
3. Ist es möglich, getätigte Aussagen zu bestätigen?
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Veranstaltungsgliederung
1. Grundlagen der Wissenschaftstheorie 2. Der „idealtypische“ Forschungsprozess 3. Gütekriterien als Grundlagen der Forschung
4. Qualitative und Quantitative Forschungsmethoden
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4. Qualitative und Quantitative Forschungsmethoden
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Qualitative Erhebungsverfahren
Dazu stehen dem Wissenschaftler verschiedene qualitative Erhebungsverfahren zur Verfügung: sprachlich (z.B. Interviews) und visuell (z.B. Beobachtungen)
Für die Datenerhebung auf sprachlicher Basis werden drei Grundmethoden vorgestellt:
•Leitfadeninterview
•Narrative Interview
•Gruppendiskussion
Für die Datenerhebung auf visueller Basis werden behandelt:
•Beobachtung
•Dokumentenanalyse
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Im Rahmen eines Interviews führt der Wissenschaftler ein Gespräch mit einem Untersuchungssubjekt (Expertengespräch)
Qualitatives Interview (in Abgrenzung zum quantitativen Interview) verweist auf die Auswertung des Interviewmaterials. Hier wird mit qualitativ-interpretativen Techniken vorgegangen.
Grad der Vorbereitung (Standardisierung) der Interviews kann differieren hinsichtlich der eingesetzten Formen:
Offenes Interview: überlässt dem Befragten einen großen Freiheitsgrad. Dieser kann seine Antworten frei formulieren und sagen, was für ihn in Bezug auf ein Thema besonders bedeutsam ist.
Teilstandardisiertes Interview: lässt dem Interviewer einen großen Freiheitsgrad innerhalb eines Interviewleitfadens. Ihm ist jedoch kein starrer Fragenkatalog
vorgegeben, vielmehr kann er frei in der Interviewsituation wählen, welche zusätzlichen Fragen und Themen formuliert werden. Es können ebenfalls Nachfragen gestellt werden.
Standardisiertes Interview: Der Interviewer hat keinen Freiheitsgrad bezüglich der Gesprächsführung. Es werden ausschließlich Fragen eines starren Fragenkalalogs in einer definierten Reihenfolge abgefragt.
67 Mayring (2002), Seite 66f.
Durchführung eines Leitfadeninterviews
Beim Leitfadeninterview handelt es sich um ein teilstandardisiertes Interview. Besonderheit:
während des Gesprächsverlaufes können Fragen nach Bedarf angepasst werden.
Leitfaden dient bei der Interviewdurchführung lediglich als Strukturierungshilfe; Kombination:
Systematik mit Flexibilität.
Im Leitfadeninterview werden typischerweise drei verschiedene Fragearten gestellt:
Einleitende Fragen. Ziel: angenehme Gesprächsatmosphäre schaffen. Zum Beispiel: „Welche Funktion haben Sie im Unternehmen ?“
Leitfadenfragen. Diese Fragen machen den Kernbestandteil des Interviews aus. Die relevanten Fragen werden vorab in strukturierter Form auf dem Leitfaden festgehalten.
Ad-hoc-Fragen. Diese Fragen werden vorab nicht geplant, sondern ergeben sich spontan aus dem Gespräch heraus. Zum Beispiel: „Das verstehe ich nicht ganz – könnten Sie das bitte genauer erläutern?“
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Auswahl von Experten
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Kriterien zur Auswahl von Experten:
1. Wer verfügt über definierte, relevante Informationen?
2. Wer ist am ehesten in der Lage, präzise Informationen zu geben?
3. Wer ist am ehesten bereit, Informationen zu teilen?
4. Wer seitens der Informationsträger ist verfügbar?
Vgl. Jäger/Reinecke in Baumgarth et al. (2009)
Phasen der Interviewführung
Vgl. Jäger/Reinecke in Baumgarth et al. (2009) 70
• Das narrative Interview gibt Befragten einen noch größeren Spielraum als das Leitfadeninterview.
• Hier werden lediglich im Vorfeld einige wenige Themenblöcke festgelegt, aber keine genauen Fragen vorformuliert. Das Interview wird insgesamt mehr vom Befragten gesteuert als vom Interviewer.
• Das narrative Interview bietet dem Befragten die Möglichkeit, im freien Erzählen subjektive und latente Sinnstrukturen aufzeigen zu können, die sich im
systematischen Abfragen nicht erschließen lassen.
• Diese Technik eignet sich daher besonders, um neue, bisher unerforschte Gebiete zu erkunden.
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Gruppendiskussion
Eine weitere Möglichkeit, Daten über einen sprachlichen Ansatz zu generieren, ist die Gruppendiskussion.
Während in einer Interviewsituation typischerweise ein Forscher und ein Befragter interagieren, erlaubt es diese Erhebungsmethode, mehrere Befragte gleichzeitig in die Untersuchung mit einzubeziehen.
Die Gruppendiskussion eignet sich z.B. für kollektive Meinungsbilder oder gruppennahe persönliche Einstellungen.
Zum Beispiel werden Vorurteile oder Ideologien weniger in Einzelgesprächen als vielmehr in Gruppen benannt, in denen sich die Diskussion emotional auflädt und Einstellungen eher offenbart werden.
In professionell geführten Gruppendiskussionen können Ängste und emotionale Blockaden leichter durchbrochen werden, so dass die Beteiligten bereitwilliger ihre Einstellungen darlegen.
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Dokumentenanalyse
Dokumentenanalyse kann alternativ oder ergänzend zu einer Befragung erfolgen Im Unternehmen gibt es zum betrachteten Sachverhalt oft viel Datenmaterialien in Form von:
– Datenbanken (z.B. mit Kundendaten, Marktdaten, Produktdaten) – Schriftliche Dokumente (z.B. Newsletter, Protokolle, Geschäftsberichte,
Unternehmensleitbild, Führungsgrundsätze)
– Präsentationen (z.B. interne Projektpräsentationen, externe Kundenpräsentationen)
– Inhalte der Internet- oder Intranet-Sites des Unternehmens – Programmierte Anwendungen (Source Code, Produktivsysteme)
– Eigene Studien des Unternehmens, die außerhalb des Unternehmens nicht veröffentlicht sind (z.B. Abschlussarbeiten, Marktforschungsstudien etc.).
Diese Dokumente können wertvolle Informationen für eine individuelle Konzeptentwicklung enthalten.
73 Vgl. Mayring (2002), S. 46ff.
Beobachtung
Ziel der Beobachtung: Beantwortung explorativer, deskriptiver oder Hypothesen prüfender Forschungsfragen
Wissenschaftliche Beobachtung zeichnet sich durch systematische Erfassung menschlichen Verhaltens aus
Bei einer Beobachtung werden Daten über menschliches Verhalten erhoben; gängige Formen der Beobachtung sind dabei:
Labor- versus Feldbeobachtung Offene versus Verdeckte Beobachtung
Teilnehmende versus Nicht-teilnehmende Beobachtung Unvermittelte versus Technisch-vermittelte Beobachtung
Je nach Grad des Vorwissens kann eine Beobachtung in freier (eher explorativ) oder standardisierter (eher explanativ) Form erfolgen.
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Bei quantitativer Datenerhebung sind Daten möglichst genau zu erfassen, d.h. in numerischer Form
Dazu stehen dem Wissenschaftler verschiedene quantitative Erhebungsverfahren zur Verfügung
Für die Datenerhebung sollen hier zwei Grundmethoden vorgestellt werden:
Zählen und Messen Befragung und Rating
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Zähl- und Messverfahren
Zähl- und Messverfahren erfassen die Intensität und Häufigkeiten bestimmter Ereignisse; Beispiele: Fehlerquote in der Produktion, Zugriffszahlen auf Intranet Sites, Fluktuationsrate von Mitarbeitern, Krankenstand, …)
Inwieweit Zählenoder Messengeeignete Verfahren sind, hängt von der Art des Merkmals ab:
Diskrete Merkmale können gezählt werden (z.B. Anzahl Mitarbeiter, Zugriffszahlen auf Intranet Sites)
Stetige Merkmale werden nicht gezählt, aber gemessen (z.B. Gehalt, Zielerreichungsgrad).
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Befragung und Rating
Lassen sich relevante Sachverhalte nicht direkt beobachten, besteht die Möglichkeit, Subjekte zu befragen und so Auskunft über Einstellungen | Gefühle | Motive | Erinnerungen zu erhalten.
Zu diesem Zweck werden in der empirischen Sozialforschung häufig Befragungen durchgeführt – entweder in schriftlicher (postalisch oder per E-Mail) oder mündlicher (telefonisch | persönlich) Form.
In der Regel erfordert die Befragung über einen schriftlichen Fragebogen mehr Vorwissen über den Gegenstand als ein offenes Interview, weil der Forscher die Antwortalternativen bereits kennen muss.
Zudem fällt bei schriftlichen Befragungen das Problem der Reaktivität weniger stark ins Gewicht als bei einem persönlichen Interview, bei der Forscher und Befragter stärker interagieren.
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Rating
Eine spezielle Form der Befragung ist z.B. das Rating, bei dem die Befragten Beurteilungen zu bestimmten Sachverhalten skalenbasiert vornehmen.
Hier beurteilt beispielsweise
ein Subjekt (z.B. Trainingsteilnehmer) einen Gegenstand (z.B. Training)
hinsichtlich eines bestimmten Merkmals (z.B. Engagement des Trainers) auf einer Skala (z.B. von 1 (niedriges Engagement) bis 5 (hohes Engagement)).
Fragen werden auch als Itemsbezeichnet: ein Item ist eine als Frage oder Urteil formulierte Aussage, zu der sich der Befragte zustimmend oder ablehnend äußern kann.
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Bei der Auswertung von Erhebungsergebnissen stehen zahlreiche Methoden zur Verfügung
Für die Datenauswertung qualitativer Erhebungen stehen unter anderem zur Verfügung:
Codierung
Qualitative Inhaltsanalyse
Für die Datenauswertung quantitativer Erhebungen stehen unter anderem zur Verfügung:
Deskriptivstatistische Verfahren (Häufigkeitsanalyse, Kreuztabellen, Balkendiagramme, Lagemaße, Streuungsmaße)
Korrelations- und Regressionsanalysen Strukturgleichungsanalysen
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Beispiel | Leseprobe zu wissenschaftlichem Beitrag
80 Leseprobe EN |
Strategic Mgmt. Journal
Literatur
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Atteslander, P.: Methoden der empirischen Sozialforschung, München (2010).
Baumgarth, C.; Eisend, M.; Evanschitzky, H. (2009): Empirische Mastertechniken - Eine anwendungsorientierte Einführung für die Marketing- und Managementforschung (Beitrag Jäger/Reinecke).
Eisend, M.; Kuß, A.: Grundlagen empirischer Forschung: Zur Methodologie in der Betriebswirtschaftslehre; Wiesbaden; Springer Fachmedien (2017).
Kromrey, H.: Empirische Sozialforschung, 12. Auflage, Stuttgart: UTB (2016).
Mayring, P.: Einführung in die qualitative Sozialforschung, 6. Auflage, Beltz Verlag, (2016) und vorherige Auflagen.
Riesenhuber, F. (2007): Großzahlige empirische Forschung, in: Albers, S. [Hrsg.]:
Methodik der empirischen Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden, 2007, S. 1–18.
Schnell, R.; Hill, P.B.; Esser, E..: Methoden der empirischen Sozialforschung, De Gruyter Oldenbourg, München (2014).
Theisen, Manuel R.: Wissenschaftliches Arbeiten, 15. Aufl., München: Vahlen (2011).