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"Confusing yourself is a way to stay honest". Nachlese zum Künstlerbeitrag von Jenny Holzer

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„Confusing yourself is a way to stay hom

Nachlese zum Künstlerbeitrag von Jenny Holzer

In ihrem Künstierbeitrag fü r die A K M B - n e w s , Jg. 5 (1999) H. i stellte Jenny H o l z e r eine Beilage mit Auf­

klebern zur Verfügung, die v o n den A b o n n e n t e n in den Kunst- und Museumsbibliotheken v e r w e n d e t werden konnten. Einige Kolleginnen waren so freund­

lich, die in ihren Bibliotheken angebrachten Aufkleber zu fotografieren bzw. fotografieren zu lassen und uns die Bilder für eine Nachlese zur Verfügung zu stellen.

Die Redaktion möchte sich an dieser Stelle ganz herz­

lich für die eingesandten Bilder bedanken.

Es w a r einmal... Z u r selben Zeit, als Jenny Hoizers N a m e erstmals für die Teilnehmerliste des v o n W i l ­ fried Dickhoff und Kasper König vorbereiteten Kunst­

projekts zur E X P O 2000 in Hannover gehandelt w u r ­ de, wandte sich auch eine kleine Zeitschrift für Kanst­

und Museumsbibliotheken an die Künstlerin, mit der Idee für einen Künstlerbeitrag. O b w o h l Jenny Holzer damals intensiv in verschiedene größere Projekte ein­

gebunden w a r , erklärte sie sich spontan zur Mitarbeit bereit und ging auf den Vorschlag ein. Die Spieh-egein für den Beitrag waren relativ einfach. Die Aufgabe der aus Bibliothekaren besetzten Zeitschriftenredaktion bestand darin, aus über dreihundert „Truisrr.s" jene auszuwählen, die ihrer Ansicht nach besonders gut in den K o n t e x t v o n Kunst- und Museumsbibliotheken passen w ü r d e n . Diese Auswahl w u r d e dann mit Jenny Holzer abgestimmt. G e m e i n s a m einigte man sich auf den „ T r u i s m " T H E M O S T P R O F O U N D T H I N G S A R E INEXPRESSIBLE, der entsprechend den typogra­

phisch gestalterischen V o r g a b e n der Künstlerin ganz­

seitig in der folgenden Ausgabe der A K M B - n e w s1ver­

öffentlicht w u r d e . Neben d e m im Heft abgedruckten Beitrag gab es noch einen j e d e m Heft beigelegten Bo­

gen mit vier transparenten Aufklebern, jeweils in der G r ö ß e eines Post-its (133 x 75 mm), auf denen weite­

re von den Bibliothekaren ausgewählte Truisms zu le­

sen waren.

Lutz jähre (Kutturbüro und Stadt­

bücherei Flensburg)

TEND TO » f c

<HAL>£QÜAVf.

Aktenschrank (nachts). Foto: Lutz jähre

Diese Botschaften waren dazu gedacht, in den Bib­

liotheken v e r w e n d e t zu werden. Die Aufkleber w u r ­ den als Beilage mit der Zeitschrift an alle A b o n n e n t e n verteilt. Parallel dazu legte Jenny Hoizer eine Kunst­

bibliotheksedition in 30 Exemplaren auf, deren Erlös zur Unterstützung der Zeitschrift gedacht war2. A u c h die Edition enthielt den Aufkleberbogen mit vier art '.iorv-y r.ruisrr.s, untergebracht in eifern signierten ümscly-ag, auf de*" ein Kommencar zum Projekt der

Bibliothek der Muthesius Hochschule, Kiel. Lesesaal.

Foto: Regine Haacke.

Kataiogschrank. Sprengel Museum Hannover, Bibliothek. Foto: Michael Herling

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Schreibtischlampe. Bibliothek der Muthesius Hochschule, Kiel. Foto: Regine Haacke.

Kunstbibliotheken aufgedruckt war. Anfragen aus den Bibliotheken des M o M A , N e w Y o r k , o d e r dem Vic- toria & Albert Museum zeigten, dass die Zeitschriften- nummer mit den Aufklebern auch großes interesse bei ausländischen Kollegen fand. Bald danach schon tauchten die Aufkleber im Alltag der Kunstbibliothe- ken auf - an O r t e n , die von den jeweiligen Biblio- thekaren für sinnvoll, witzig oder attraktiv erachtet w u r d e n - im öffentlichen Bereich, w i e auch in den Büroräumen. W a s auf der Anzeigenwand am Times Square funktionierte, nämlich auf Anhieb nicht unbe- dingt als Kunst erkennbare direkte Botschaften öf- fentlich zu platzieren, fand nun auch in kleinerer Di- mension in den Bibliotheksräumen statt. Unterschied- lichste Reaktionen stellten sich ein. Zunächst aber stan- den die Bibliothekare und Bibliothekarinnen v o r der entscheidenden Frage, o b man die Aufkleber über- haupt verwenden könne. W e n n man sie nämlich he- rausnahm, ging die Vollständigkeit des Heftes verlo-

ren. Ein bibliothekarisches Dilemma! Bibliotheken sammeln bekanntlich gerne vollständig und beson- ders gerne für die Ewigkeit. Entsprechend wurden die Aufkleber nicht überall verwendet.

Aber auch die Sticker, die zum Einsatz kamen, wur- den höchst unterschiedlich postiert. Manchmal sind die Textbotschaften so gut in den von Hinweis- und Ordnungsschildern übersäten Bibliotheksräumen in- tegriert, dass sie glatt übersehen werden können. Zu- weilen sorgen sie für überraschende Lese-Momente, wie etwa die Truisms, die in der Bibliothek des Spren- gel Museum Hannover auf den Ausziehplatten des Ka- talogschrankes angebracht sind. In der Regel nicht sichtbar, kommen sie nur bei entsprechender Benut- zung des Kataloges zum Vorschein. Die an Eingangs- türen und anderen exponierten Stellen befestigten Aufkleber hingegen fallen sofort ins Auge und provo- zieren umgehende Reaktionen. Nur wenige Leser oder uneingeweihte Bibliothekskollegen erkennen al- lerdings Jenny Holzers Handschrift hinter der Aktion, meistens wird der Gehalt der Truisms direkt mit der Bibliothek in Verbindung gebracht. Der an eine gläser- ne Bürotür der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main geklebte Truism „ T H E M O S T P R O F O U N D T H I N G S A R E INEXPRESSIBLE" liest sich wie ein hin- tersinniger Kommentar zur Aktivität der gesamten hinter der Tür verborgenen Abteilung. Sie befasst sich

Bürotür, Deutsche Bibliothek, Frank- furt am Main. Foto:

Brigitte Bernhard.

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flllR^ :

nämlich ausschließlich mit der Sacherschließung und Verschlagwortung von Literatur, also mit der Frage, wie man komplexe Sachverhalte auf einen möglichst präzisen sprachlichen N e n n e r bringt. - Beinahe etwas wie eine grundsätzliche Warnung der Leser v o r den Tücken der Sprache befindet sich auch am Eingang zum Lesesaal der Kieler Muthesius-Hochschule. D o r t steht in roten Buchstaben auf Augenhöhe zu lesen

„ W O R D S T E N D T O BE I N A D E Q U A T E " . N o c h wei- ter im N o r d e n bietet der Lesesaal der Stadtbücherei Flensburg seinen gesamten Nachschlageapparat in Re- galen an. W e r versonnen aus dem Fenster schaut, sieht nicht nur, dass die Fenster mal w i e d e r geputzt werden müssten, sondern bemerkt auch einen Auf- kleber, der direkt auf den Inhalt des Lesesaals bezogen sein könnte: „ P O T E N T I A L C O U N T S F O R N O - T H I N G U N T I L IT'S REALIZED". Die Reaktionen der

Lesesaalfenster. Stadtbücherei Flensburg.

Foto: Lutz Jahre

Leser reichen von Nichtbemerken über Zustimmung und Schmunzeln bis hin zu einem Kopfschütteln:

„ W a s das nun wieder soll?!"

In ähnlichen Lesesälen saß einst auch Jenny Holzer, beispielsweise als sie ! 977 nach N e w York gezogen w a r , nachdem sie zum unabhängigen Studienpro- gramm des W h i t n e y Museum of American A r t zuge- lassen w o r d e n war. Für das Programm gab es eine umfangreiche Literaturiiste, die W e r k e über Kunst und Literatur, aber auch Bücher zu Marxismus, Psy- chologie, Feminismus und Kulturtheorie umfasste.

Jenny Holzer w u r d e dadurch zu ihren ersten Truisms inspiriert. Sie stellten den Versuch dar, wichtige Kern- aussagen und große Ideen abendländischen Denkens auf eine prägnante Kurzform zu vereinfachen. V o r die- sem Hintergrund wirkt ihre Sammlung von über 300 Truisms selbst schon wie eine auf Kernbotschaften komprimierte Bibliothek. Jenny Hoizers Gedanke war es, „die großen Themen einer Kultur in Form öffent- licher Kunst verständlich zu machen"3. Mit ihrer Akti- on für Kunstbibliotheken kehrten nun einige der Tru- isms wahrscheinlich in den Fundus zurück, aus dem sie ursprünglich geschöpft wurden: in die Bibliothek!

Eine weitere besondere N o t e erhalten die ausge-?

wählten art library truisms auch durch ihren inhalt- lichen Bezug zu essenzielien Bibliotheksidealen wie;

Ordnung, Perfektion und Systematik oder die beson- dere Bedeutung von Sprache. Die Truisms sind sol- che, die aH diesen Idealen zu widersprechen scheinen und dennoch Ihre Richtigkeit haben, denn sie wurden ja von Bibliothekaren angebracht. Und die kennen sich schließlich aus! ^-It dem Ziel eine" idealen Bibliothek vor Augen haben sie es im ANtag v o r allem mit Impro- visationen, Unordnung, Unvollständigem s o w i e den Unzulänglichkeiten von Sprache zu tun. Nichts ist be- kanntlich perfekt! W e r kennt nicht aus seinem A r - beitsaMtag Situationen wie die mit dem C o m p u t e r , dessen Betriebssystem spinnt o d e r dessen Drucker seit Stunden partout nicht drucken will? Nicht um- sonst auch steht nun seit Jenny Holzers A k t i o n für Kunstbibliotheken auf manchem Bibliotheks-PC zu le-

AKMB-news 6 (2000) 3

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sen: „ C O N F U S I N G Y O U R S E L F IS A W A Y T O S T A Y H O N E S T " .

Lutz Jahre

(Kulturbüro und Stadtbücherei Flensburg)

1 Jenny Holzer: T h e most profound things are inex- pressible. In: AKMB-news. Informationen zu Kunst, Museum und Bibliothek. Jg. 5, 1999, H. I, S. 27.

2 Exemplare der Edition sind noch erhältlich bei: Mar- gret Schild, Theatermuseum Düsseldorf, Bibliothek, Jägerhofstraße I, Hofgärtnerhaus, 40479 Düssel- dorf

3 Zitiert nach: W a l d m a n n , Diane (Hrsg.): Jenny Hol- zer. Ostfildern-Ruit: Cantz, 1997, S. 18.

Computer. Deutsche Bibliothek, Frankfurt am Main.

Foto: Brigitte Bernhard.

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