Mitte Oktober vergangenen Jahres schickten die Rüsselsheimer Autobauer den Nachfolger des legendären Kadetts auf die Straße. Der Astra soll die Er- folgsgeschichte weiterschreiben. Mehr noch: Er soll neue Maßstäbe in der kompakten Mittelklasse setzen. Denn immerhin, so die Opel-Werbung, sei der Neue aus Rüsselsheim „eine Generation voraus".
Mit dem Astra will Opel völlig neue Maßstäbe setzen
Griff nach den Sternen
F
ür automobile Ahnenfor- scher mag der Astra ja auf den ersten Blick die Frage aufwerfen, ob da etwa japanische Autos beim De-sign Pate gestanden haben.
Eine Frage, die freilich nur Experten interessieren dürf- te. Alle anderen urteilen wohl eher nach dem mehr subjekti- ven Kriterium: Weiß der Neue zu gefallen? Und da scheint der Astra recht gute Karten zu haben, denn zu- meist erntet er anerkennende Blicke, gelegentlich sogar schwärmerische.
Dabei entfaltet der kom- pakte Mittelkläßler seine ganze Attraktivität erst, wenn der Fahrer hinter dem neu gestalteten Armaturenbrett Platz genommen hat. Der
Astra macht rundum einen soliden Eindruck von gehobe- ner Qualität. Keine Frage:
Man kann sich auf Anhieb in ihm wohlfühlen, was nicht von jeder Neuentwicklung be- hauptet werden darf. Die im Innenraum verwendeten Ma- terialien unterscheiden sich erheblich von denen des Vor- gängers, so daß insgesamt der Abstand zu höheren (und we- sentlich teureren) Klassen sichtlich geschrumpft ist. Das Platzangebot im Astra ist reichlich bemessen, selbst für großgewachsene Fahrer und Mitreisende. Auch der Kof- ferraum, ohnehin eine klassi- sche Opel-Stärke, läßt keine Wünsche offen. Geteilt um- legbare Rücksitze lassen den Astra bei Bedarf fast zu ei-
nem kleinen Transporter wer- den.
Wenn Opel sich indessen
„eine Generation voraus"
glaubt, dann bezieht sich das auf andere - serienmäßige - Merkmale: auf eine Doppel- stahlrohr-Verstärkung der Türen (besserer Insassen- schutz) und auf ein Reinluft- filtersystem. Hinzu kommt, daß der Astra das erste Auto auf Europas Straßen ist, das zum Ende seines Autolebens vom Hersteller kostenlos zu- rückgenommen wird, sofern der Käufer dies wünscht. Re- cycling statt Autofriedhof, lautet hier die Devise. Zuvor ist jedoch eine Menge Fahr- spaß gesetzt, denn der Astra läßt sich in der Tat ausge- sprochen angenehm fortbe-
DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
AUTO UND VERKEHR
A1-944 (94) Dt. Ärztebl. 89, Heft 11, 13. März 1992
wegen. Er ist für seine Klasse sehr leise und verfügt über eine ordentliche Durchzugs- kraft. Was aber noch viel wichtiger ist: Der Astra ver- mittelt dem Fahrer ein siche- res Gefühl — auch in Situa- tionen, in denen das Auto stark gefordert wird.
Als der Startschuß für die Astra-Produktion fiel, liefen gleichzeitig in fünf europäi- schen Werken zunächst zwei Karosserieversionen von den Bändern: eine drei- oder fünftürige Schrägheck-Li- mousine und das fünftürige Caravan-Modell, das als klas- sisches Mehrzweckfahrzeug voraussichtlich viele Freunde gewinnen wird. Im diesem Frühjahr folgt die dritte Vari- ante: ein viertüriger Astra mit Stufenheck. Die Motorisie- rung reicht vom 1,4-Liter- Triebwerk mit 60 PS bis zum 2-Liter-Vierventil-Motor mit 150 Pferdestärken beim GSi 16V für ganz Eilige. Doch selbst mit dem kleinsten Ast- ra ist man recht flott unter- wegs. Für den Stadtverkehr und mittlere Fahrten reicht das allemal.
In puncto Serienausstat- tung geizt der Astra gleich- falls nicht. Schon das Basis- modell verfügt über eine ganze Reihe sinnvoller Beiga- ben. Und der Verbrauch?
Nach Werksangaben 6,8 Li- ter auf hundert Kilometern beim 1,4-Liter-Basismodell, der einfache Diesel (1,7-Li- ter-Motor) kommt gar mit 5,6 Litern hin, und die 2-Liter- Maschinen schlucken laut Opel knapp 8 Liter auf hun- dert Kilometern. Beim Test des 90-PS-Astras mit 1,8-Li- ter-Hubraum lag der Ver- brauch allerdings etwas über der Werksangabe.
Fazit: Mit dem Astra ist der Opel AG ein erfolgver- sprechender Kadett-Nachfol- ger gelungen, der bei den Verkaufszahlen der kompak- ten Mittelklasse die Karten neu mischen dürfte. In den ersten Monaten lag der Astra bei den Zulassungen gar vor seinem härtesten Konkurren- ten, dem VW-Golf. Die Sternstunde, so scheint es, hat für Opel begonnen. JM