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an reibt sich die Augen:Ein Museum, das in Zeiten allgegenwärtiger Rezessionen prosperiert und das bislang 500 000 Besucher anzog? Wie ist dieser Erfolg zu erklären? Kein Wunder nach Meinung von Kennern, gleich- wohl wunderbar. „Beelden aan Zee“, ein Skulpturenmuseum in den Dünen von Schevenin- gen, dem Badeort Den Haags, beherbergt eine beachtenswer- te Sammlung zeitgenössischer
„Menschenbildnisse“. Die An- gabe des Museumskatalogs,
„es sei einzigartig für die Nie- derlande“, entspricht der Be- scheidenheit seiner Begründer, des Ehepaars Scholten-Milten- burg. Treffender wäre: Zumin-
dest in Europa gibt es kein ver- gleichbares Museum. „Beel- den aan Zee“ ist ein Unikat.
Prof. Scholten und seine Frau erwarben 1966 ihre erste Skulptur, 1992 umfasste ihre Sammlung 650 Objekte, heute sind es 750. Scholten spricht von einem „durchaus außer Kontrolle geratenen Hobby“.
Das menschliche Abbild, das zu allen Zeiten alle Kulturen beschäftigte, bildet den Sam- melschwerpunkt. Die Frage nach der Zukunft ihrer Samm- lung lösten die Gründer, indem sie eine Stiftung einrichteten.
Danach reifte der Plan, ein
„privates“ Museum zu bauen:
„Privat im Sinne von ohne staatliche Unterstützung bei Bau und Betrieb und darüber hinaus von einer großen Grup- pe von Privatpersonen getra- gen, die als Partner die perso- nelle Grundlage bilden oder als Spender die finanzielle Ba- sis verstärken sollen“. Wegen bürokratischer Hindernisse in ihrem damaligen Wohnort wählte das Ehe- paar Scholten für den Bau des Mu- seums eine einzig- artige Lage aus, die Dünen von Sche- veningen. Dem re- nommierten Archi- tekten Wim Quist gelang ein weiterer großer Wurf: Meh- rere Ausstellungssäle, Außen- terrassen und lichtdurchflutete Innenhöfe rücken die Expona- te ins rechte Licht. Technische Finessen eröffnen weite Spiel- räume für eindrucksvolle Prä- sentationen.
Der sandfarbene Beton des Gebäudes fügt sich harmo- nisch in die Dünenlandschaft ein. Mitorajs fesselndes Bron- zeantlitz „Light of the moon“
ist nicht nur wegen seiner Größe (3,46 m) der heraus- ragende Wegweiser im Dü- nensand. Die Museumsarbeit unterstützen circa 150 ehren- amtliche „Partner“. Eine wei-
terhin solide finanzielle Basis des Unterhalts, der Investitio- nen, der Sonderausstellungen und weiterer Ankäufe garan- tieren so genannte Participan- ten, namhafte niederländische Firmen und Institutionen.
Auch interessierte Skulpturen- liebhaber können sich in die Arbeit des Museums ein- bringen: Der Erwerb der so genannten Vriendenkaart er- möglicht freien Zugang zum Museum, Rabatt beim Kauf der meisten Artikel des Mu- seumsshops, spezielle Gratis- führungen sowie den Bezug der Hauspostille „Muzeepost voor Vrienden“.
Neben der Präsentation der eigenen Sammlung fanden seit der Eröffnung im September 1994 bereits 38 Sonderausstel- lungen statt: Werke von Spron- ken, van Pallandt, Wendisch, Mitoraj, Appel, Kriester, Alfa- ro, Koenig, Dodeigne, Henne- man faszinierten – Namen eines Who’s who der Bildhau- erkunst. Das Museum hat seine Aktivitäten Anfang des Jahres – auch baulich – um ein Skulp- tureninstitut erweitert, ein wissenschaftlich ausgerichtetes
Zentrum. Sein Herz ist die be- reits vorhandene umfangrei- che, wertvolle Bibliothek. Die dem Museum vorgelagerte Strandpromenade erhielt jetzt eine große multifunktionale Außenterrasse, auf der 23 Skulpturen von Tom Otterness ihren Platz finden.
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens sind vom 2. Oktober bis zum 30. Januar 2005 Skulp- turen der eigenen Sammlung zu sehen. Bis zum 26. Septem- ber findet die Ausstellung
„Bodytalk“ statt. „Beelden aan Zee“ zu besuchen lohnt sich:
wegen seiner Entstehungs- geschichte, seiner Lage, seiner Architektur, seiner Gründer, seiner Sammlung menschli- cher Bildnisse; wegen des einmaligen Erlebens dieses Ortes der Stille und Harmo- nie. Dr. med. Stephanie Krannich
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 34–3523. August 2004 AA2341
Skulpturenmuseum Scheveningen
E IN S OLITÄR AM M EER
„Beelden aan Zee“ beherbergt eine beachtenswerte Skulpturensammlung zeitgenössischer „Menschenbildnisse“.
„Light of the moon“ von
Igor Mitoraj
„Wicht“ von Oswald Wenckebach; „Moby Dick“ von Tom Otternes
Das Museum „Beelden aan Zee“ in der Harteveltstraat 1/Boulevard, NL 2586 EL Scheveningen ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, montags ge- schlossen. Informationen:Telefon: 00 31/70/3 58 58 57, Internet: www.beeldenaanzee.nl
Fotos:
Museum Beelden aan Zee
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