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Archiv "Rekonstruktive Chirurgie im Gesichts-, Kopf- und Halsbereich" (21.11.2008)

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P

lastisch-rekonstruktive Maßnahmen gehören zu den Kernaufgaben der Mund-, Kiefer- und Ge- sichtschirurgie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und der Plastischen Chirurgie. Sie sind fester Bestandteil nahezu aller Bereiche dieser Fachgebiete. Im Mittelpunkt steht jedoch die Wiederherstellung nach ablativer Tumorchir- urgie, für die sich mikrovaskulär anastomosierte Trans- plantate mit Erfolgsquoten, das heißt kompletter Einhei- lung des Lappens, von circa 90 bis 95 % durchgesetzt ha- ben (1). Durch den gleichzeitig zur Tumorinzidenz ge- stiegenen Anspruch an die postoperative Lebensqualität kommt es zu einem erhöhten Bedarf an funktionell und ästhetisch ansprechenden rekonstruktiven Maßnahmen.

Von den zahlreichen Entnahmeregionen, die seit dem Aufkommen des mikrochirurgischen Gewebetransfers durch anatomische Studien beschrieben worden sind, haben sich besonders solche bewährt, an denen konstan- te anatomische Verhältnisse für eine technisch einfache Lappenhebung gegeben sind (Abbildung 1). In der Ta- bellewerden lappenspezifische Indikationen und Nach- teile der wichtigsten mikrovaskulären Transplantate dargestellt. Entnahmeregionen, an denen zeitgleich zu einem parallel laufenden Eingriff im Kopf-Hals-Be- reich gearbeitet werden kann, tragen wesentlich zur Ver- kürzung der Operationszeiten bei.

Eine mikrochirurgische Anastomosierung der Trans- plantate (Lappen) ist jedoch nur möglich, wenn in der Defektregion geeignete Anschlussgefäße zur Verfügung stehen. Ausgedehnte Voroperationen am Hals, Infektio- nen, ein allgemein schlechter Gefäßstatus oder eine er- folgte Strahlentherapie können daher limitierend für diese oftmals einzige rekonstruktive Option sein (2).

Während erfahrene Chirurgen auch bestrahlte An- schlussgefäße für Rekonstruktionen im Gesichts-, Kopf- und Hals-Bereich nutzen können (3), müssen am sogenannten „vessel depleted neck“ besondere Opera- tionsverfahren angewendet werden, die grundsätzlich mit einem höheren Risiko behaftet sind. Ein Misserfolg, häufig in Form einer Thrombose des Gefäßstiels, kann zum kompletten Verlust des verpflanzten Transplantates führen und eine sofortige Hebung eines zweiten mikro- chirurgischen Transplantates nach sich ziehen. Zu den besonderen Operationsverfahren am anschlussgefäßlo- sen Hals zählen:

die Nutzung des thoracoacromialen Gefäßsystems das Einbringen von Interponaten oder Gefäßschleifen bei isoliertem venösem Defizit die Nutzung der

V. cephalica (4).

ÜBERSICHTSARBEIT

Rekonstruktive Chirurgie im

Gesichts-, Kopf- und Halsbereich

Frank Hölzle, Christopher Mohr, Klaus-Dietrich Wolff

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Die Inzidenz maligner Tumoren im Gesichts-, Kopf- und Hals-Bereich steigt. Diese Tumoren stellen mit 3,3 % bei deutschen Männern die achthäufigste maligne Tumorerkrankung dar. Dadurch kommt es zu einem erhöh- ten Bedarf an funktionell und ästhetisch ansprechenden rekonstruktiven Maßnahmen.

Methode: Die Übersicht basiert auf der Analyse ausgewähl- ter Literatur und der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) sowie der klinischen und wissenschaftlichen Erfahrung der Auto- ren.

Ergebnisse: Die mittlerweile wichtigste Rekonstruktions- form besteht im mikrovaskulären Gewebetransfer mit ei- ner Erfolgsrate im Sinne einer kompletten Transplantatein- heilung von über 90 %. Häufigste Komplikationen sind Thrombosen im ab- beziehungsweise zuführenden Lap- pengefäß. Für die jeweiligen Defektkonstellationen haben sich bestimmte Entnahmeregionen mit teilweise überlap- penden Indikationsbereichen bewährt. Hauptrisikofaktoren für einen Transplantatverlust sind Voroperationen am Hals, Arteriosklerose und eine erfolgte Strahlentherapie. Neue Entwicklungen stellen Perforanslappen dar, deren Anasto- mosierung auch an sehr kleine Gefäße im Gesichtsbereich möglich ist, sowie sogenannte „wrist-carrier“, die eine völ- lige Unabhängigkeit von der Gefäßsituation des Kopf-Hals- Bereichs bieten.

Schlussfolgerung: Die Therapie, Rehabilitation und Nach- sorge von Tumorpatienten im Kopf-Hals-Bereich muss multidisziplinär unter Einbeziehung der Strahlentherapie, Onkologie, Psychoonkologie, Allgemeinmedizin und Zahn- medizin erfolgen. Die Kenntnis der derzeit vorhandenen rekonstruktiven Optionen erleichtert die Beratung dieser oftmals mutilierten und teilweise suizidalen Patienten.

Dtsch Arztebl 2008; 105(47): 815–22 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0815 Schlüsselwörter: plastische Chirurgie, Kopf-Hals-Karzinom, Mikrochirurgie, Gewebetransplantation, Tumorchirurgie

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: PD Dr. med. Dr. med. dent. Hölz- le, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Wolff

Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Evangelische Huys- sens-Stiftung, Essen: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Mohr

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Zahlreiche mutilierte Patienten bleiben jedoch gänz- lich unversorgt, weil solche Eingriffe eine entsprechen- de operative Belastbarkeit und Compliance des Patien- ten sowie ein hohes Maß an chirurgischer Erfahrung voraussetzen. Daher ist es in den vergangenen Jahren zu technischen Weiterentwicklungen gekommen, mit denen auch unter schwierigsten Bedingungen eine adä- quate Rekonstruktion erreicht werden kann.

Als wichtigstes Erfolgskriterium gilt die komplette Einheilung des mikrochirurgischen Transplantates.

Diese ist gut überprüfbar, sodass sowohl die Art des Transplantates als auch die Methode der mikrochirur-

gischen Anastomosentechnik in den Anfängen dieser Subspezialisierung an der Prozentzahl des Lappen- überlebens gemessen wurde. Dennoch zeigen neuere Untersuchungen, dass auch die postoperative funktio- nelle und ästhetische Einschätzung des Patienten selbst in die Definition der Erfolgskriterien einfließen muss (5).

Mikrovaskulärer Gewebetransfer

Für die Defektdeckung im Mund-Kiefer-Gesichtsbe- reich stehen seit den ersten Anwendungen dieser Technik in den frühen 1980er-Jahren (6) heute zahl- reiche Transplantate mit unterschiedlichen Eigen- schaften zur Verfügung. Jedes von ihnen besitzt ein mehr oder weniger breites Indikationsspektrum, so- dass für einen speziellen Defekt mehrere Transplanta-

te genutzt werden können. Die Fragen nach dem am besten geeigneten Gewebe, nach der günstigsten Spenderregion und nach der geringsten Belastung für den Patienten stehen im Mittelpunkt bei der Suche nach der optimalen Lösung für ein bestimmtes rekon- struktives Problem. Thoma und Sprague definierten im Jahr 2005 eine evidenzbasierte Mikrochirurgie als Zusammenführung aller wichtigen Forschungsergeb- nisse mit den vorhandenen klinischen Erfahrungen und Patientenwerten (7).

Traditionell arbeiten und publizieren Mikrochirur- gen allein oder in kleineren Arbeitsgruppen, sodass kaum Multicenterstudien mit höherem Evidenzgrad existieren. Bei der Literatursuche in PubMed mit den Suchwörtern „microsurgery“, „free flap“, „microsur- gical procedures“ und „free tissue transfers“, und Li- mitierung der Suche auf randomisierte kontrollierte Studien, konnte keine einzige Publikation gefunden werden, die mikrochirurgische Transplantate ver- gleicht. Die Übersicht zur rekonstruktiven Versorgung der dargestellten typischen Defekte in diesem Fachge- biet basiert deshalb auf dem derzeit verfügbaren Evi- denzniveau der retrospektiven Fallserien (8).

Defekte an mobilen Abschnitten der Mundhöhle

Die Versorgung flacher, wenig Volumen fordernder Defekte und Rekonstruktionen an den mobilen Ab- schnitten der Mundhöhle werden mit dünnen und fle- xiblen Transplantaten vorgenommen. Dabei haben sich anfangs der Fußrückenlappen und später beson- ders das Jejunumtransplantat und der Radialislappen bewährt.

Dünndarmtransplantat und Fußrückenlappen

Am 30. Juli 1959 ersetzte Seidenberg erstmals ein kar- zinombefallenes Ösophagussegment durch ein Dünn- darmtransplantat, was zugleich den ersten erfolgrei- chen mikrovaskulären Gewebetransfer am Menschen bedeutete (9). Die experimentellen Grundlagen zur freien Dünndarmtransplantation erarbeitete bereits 1907 Carell, der auch die Verwendbarkeit des Darms zur Defektdeckung in der Mundhöhle erkannte (10).

Die funktionellen Ergebnisse werden wegen der dau- erhaften Elastizität des Gewebes und der Schleimpro- duktion – besonders bei großflächigen Transplantaten und in anatomisch schwierigen Lokalisationen wie Gaumensegel und Hypopharynx – als gut bezeichnet.

Die Indikation des Fußrückenlappens ist wegen der Schwierigkeiten bei der Lappenhebung und der ungünstig gelegenen Entnahmeregion heute nur noch auf spezielle Situationen beschränkt.

Unterarmlappen

Der 1981 in der Literatur erstmals genannte Radialis- lappen (11) zeichnet sich ebenfalls durch hervorragen- de Modellierbarkeit, geringe Dicke, eine technisch ein- fache Lappenhebung und einen langen und kaliberstar- ken Gefäßstiel aus. Das Transplanat kann problemlos simultan zu Eingriffen im Kopf-Hals-Bereich gehoben Abbildung 1:

Wichtige Entnahmeregionen für mikrovaskuläre Transplantate im Gesichts-, Kopf- und Halsbereich von kranial nach

kaudal: lateraler Oberarmlappen, Skapulalappen, Latissimus-dorsi- Lappen, Unterarm- lappen, Dünndarm- transplantat, Beckenkammtrans- plantat, Grazilislap- pen, anterolateraler Oberschenkel/

Vastus-lateralis- Lappen, Fibulatransplantat

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werden und ist heute das am häufigsten genutzte mi- krovaskuläre Transplantat im Mund-, Kiefer- und Ge- sichtsbereich. Als nachteilig wird jedoch neben der Op- ferung der A. radialis die Entnahmestelle des Lappens angesehen, die in einer ästhetisch exponierten und funktionell beanspruchten Körperregion liegt und die mit einem Spalt- oder Vollhauttransplantat abgedeckt werden muss. In einer Reihe von Publikationen wird zudem über Wundheilungsstörungen berichtet. Ihre Häufigkeit wird mit 30 bis 50 % angegeben. Die Wund- heilungsstörungen sind durch das für ein Spalthaut- transplantat ungünstige Wundbett bedingt (12).

Tiefe, ausgedehnte Weichteildefekte Skapula-Paraskapula-Lappen

Dieses septokutane Haut-Fett-Transplantat an der Schulterregion, das vom Ramus cutaneus der Arteria circumflexa scapulae versorgt wird (13), hat sich als Weichteillappen aufgrund seines günstigen Hautkolo- rits besonders für extraorale Defektdeckungen, aber auch als vaskularisiertes Fettgewebstransplantat zum Ausgleich von Konturdefekten bewährt. Der Ska- pulalappen kann auch als osteokutanes Transplantat zur Rekonstruktion des Unterkiefers verwendet wer- den. Wegen der Grazilität des Knochens ist er insbe-

TABELLE

Charakteristika und Entnahmestellen mikrochirurgischer Transplantate

Entnahmeregion Defekt Indikation Nachteil

Intestinum

Jejunumtransplantat 1–6 ausgedehnte, flache geringe mechanische Belastbarkeit Schleimhautdefekte

Unterarm

Radialislappen 1–6 (7–11) flache, intraorale auffällige Entnahmeregion

Ulnarislappen Schleimhautdefekte

Oberarm

Lat. Oberarmlappen 8 (2–7) intraorale Weichteildefekte anspruchsvolle Anastomosierung (voluminös)

Schulter

Skapulalappen 9, 10, 17 (8) ausgedehnte, tiefe intraoperative Umlagerung

Paraskapulalappen Gesichtshautdefekte

Rücken

Latissimus-dorsi-Lappen 8–11 volumenfordernde Lagerung

(perforierende) Defekte Leiste

Leistenlappen 7 ausgedehnte subkutane variable, feine Gefäße

Fettgewebsdefizite Bauch

Rectus-abdominis-Lappen 9–11 (8) volumenfordernde große Defekte Volumen, ggf. Hernienbildung

Oberschenkel

Anterolateraler Oberschenkel 8–11 volumenfordernde, ggf. flache Variationen der Gefäßanatomie

Vastus-lateralis-Lappen (1–6*) Weichteildefekte (Hautast)

Unterschenkel

Peroneus-Lappen 1–6 flache intraorale Weichteildefekte anspruchsvolle Hebung Angiografie erforderlich Fuß

Dorsalis-pedis-Lappen 1–6 flache intraorale Weichteildefekte funktionell belastete Entnahmeregion

Becken

Beckenkammtransplantat 13 (15, 16) reine Knochendefekte am längere Beschwerden an Entnahme- bezahnten Unterkiefer region möglich

Hautinsel voluminös Schulter

Skapulatransplantat 12 (15, 16) ausgedehnte Knochen-Weichteil- intraoperative Umlagerung defekte des Oberkiefers Knochenhöhe limitiert Unterschenkel

Fibulatransplantat 14–16 langstreckige knöcherne eingeschränkte Knochenhöhe (12, 13) Unterkieferdefekte, kombinierte Angiografie notwendig

Knochenweichteildefekte

1 = Velum, 2 = planum buccale, 3 = lateraler Mundboden, 4 = anteriorer Mundboden, 5 = Hemiglossektomie-Defekt, 6 = laterale Pharynxwand, 7 = Defekt harter Gaumen, 8 = subtotale/totale Glossektomie, 9 = perforierender Defekt, 10 = Gesichtshaut/Hals, 11 = Kopfhaut, 12 = Oberkieferdefekt, 13 = Unterkieferdefekt (Hemimandibel), 14 = Unterkieferdefekt (subtotal/total), 15 = kombinierter Knochen-Weichteildefekt, 16 = perforierender Knochen-Weichteildefekt, 17 = Fettgewebsersatz,

*mit primärer Ausdünnung

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sondere für den Ersatz der Maxilla geeignet (14). Der wesentliche Nachteil bei Verwendung dieses Lappens besteht in der Notwendigkeit, den Patienten umzula- gern. Dadurch wird eine simultane Präparation des Transplantates bei Eingriffen an der Kopf-Hals-Regi- on aufgrund seiner topografischen Lage unmöglich.

Lateraler Oberarmlappen

Dieses septokutane, ebenfalls relativ dünne Transplan- tat (15) wird an der lateralen Seite des Oberarmes ge- hoben und ist an den Endästen der Arteria profunda bra- chii gestielt. Bereits in den ersten klinischen Fallbe- richten wurde die Eignung dieses in Textur und Farbe der Gesichtshaut sehr ähnlichen Transplantates für Defektdeckungen im Kopf-Hals-Bereich, aber auch für

intraorale Defektdeckungen herausgestellt. Anwen- dungsgebiete sind besonders die totale oder partielle Zungenrekonstruktion oder Defektdeckungen auch an- derer Regionen der Mundhöhle, wenn tiefgreifende, ausgedehnte Resektionen vorgenommen wurden.

Latissimus-dorsi- und rectus-abdominis-Lappen

Bereits 1896 wurde der Latissimus dorsi-Lappen zur Defektdeckung nach tumorbedingter Ablatio mam- mae herangezogen (16). Zur Rekonstruktion im Kopf- Hals-Bereich wurde der erste mikrovaskuläre Trans- fer des Lappens 1976 durchgeführt. Wegen seines außerordentlich großen Materialangebotes können mehrere Hautinseln gebildet und ausgedehnte Weich- teildefekte gedeckt werden. Weitere Indikationen be- stehen bei der Versorgung von Skalpdefekten oder an der Schädelbasis sowie der Orbita zur Separierung des Schädelinnenraumes gegen die Nasennebenhöhlen, wie es im Fallbeispiel (Kasten)und in den Abbildun- gen 2 und3demonstriert wird. Eine Reinnervation der Transplantatmuskulatur über den Nervus thoracodor- salis ist zur Wiederherstellung der Gesichtsmotorik oder bei einer Zungenrekonstruktion bedeutsam.

Ähnlich genutzt werden kann der Rectus-abdomi- nis-Lappen, der strukturell die Voraussetzungen zum kombinierten Haut- und Mukosaersatz bietet. Das mittransferierte Peritoneum wird in der Folgezeit durch ortsständige Schleimhaut ersetzt (17). Die am Bauch oftmals reichlich vorhandene Masse subkuta- nen Fettgewebes reduziert das Indikationsspektrum dieses Lappens für Defektdeckungen im Kiefer-Ge- sichts-Bereich jedoch erheblich.

Defekte mit Beteiligung des Kieferknochens

Anders als bei der nicht vaskularisierten Knochen- transplantation überleben die Osteozyten durch die Wiederherstellung der medullären und periostalen Zirkulation beim mikrovaskulären Knochentransfer vollständig. Der durchblutete Knochen ist von der Beschaffenheit des Lagergewebes unabhängig, sodass

Abbildung 2:

Das MRT der zu diesem Zeitpunkt 8-jährigen Patientin (siehe auch Kasuis- tik) zeigt in der Transversalebene den Befund eines orbitalen Rhab- domyosarkoms rechts, das nach kombinierter Radio- chemotherapie ein progredientes und infiltratives Wachs- tum aufwies.

Abbildung 3:

Nach Exenteratio orbitae und Ein- schlagen eines mi- krochirurgischen Latissimus-dorsi- Transplantates in die ausgeräumte Augenhöhle erfolgte die Versorgung mit einem Kunstauge.

Die Patientin ist mittlerweile sieben Jahre rezidivfrei und zeigt eine gute, altersentsprechen- de Entwicklung.

KASTEN

Fallbeispiel

Im Alter von 5 Jahren wurde bei der Patientin die Diagno- se eines embryonalen Rhabdomyosarkoms in der rechten Orbita gestellt. Es folgte eine Radiatio und eine Chemothe- rapie nach dem CWS-Protokoll (Cooperative Weichteilsar- kom Studie). Das Tumorwachstum schritt progredient fort (Abbildung 2). Im Alter von 8 Jahren wurde eine Exentera- tio orbitae, eingebettet in eine nochmalige Chemotherapie, durchgeführt. Die ausgeräumte Augenhöhle wurde mit ei- nem mikrochirurgischen Latissimus-dorsi-Transplantat ausgekleidet. Durch ein Dermis-Fett-Transplantat und ein nicht vaskularisiertes Knochentransplantat in die Orbita wurde die Rekonstruktion optimiert. Nach Schrumpfung des Latissimus-dorsi-Transplantates wurde eine Frontalis- suspension zur Hebung des denervierten Oberlides vorge- nommen und die Patienten abschließend mit einem Kunstauge versorgt (Abbildung 3). Die Patientin ist mittler- weile 7 Jahre tumorfrei und wird in der interdisziplinären Tumornachsorge betreut.

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Kontaminationen besser toleriert werden und die Ein- heilung auch in vorbestrahltem Lagergewebe oder im Falle einer vorausgegangenen Osteomyelitis möglich ist. Eine Atrophie mikrovaskulär transplantierten Knochens ist selbst nach Jahren nicht oder nur in ge- ringem Umfang feststellbar; lediglich funktionell be- dingte Umbauvorgänge treten auf (18).

Die knöcherne Rekonstruktion ist anspruchsvoll und muss der Okklusion angepasst werden. Bei der vorausschauenden Positionierung des Knochens für die zu inserierenden Dentalimplantate kommt dem Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen seine zusätzli- che zahnärztliche Qualifikation zugute.

Beckenkammtransplantat

Seit seiner Erstbeschreibung (19) hat sich dieses Transplantat besonders zur Rekonstruktion bei De- fekten bewährt, die sich bis zur Hälfte des Unterkie- fers ausdehnen können. Es ist wegen seines großzügi- gen Knochenangebotes und seiner individuellen Mo- dellierbarkeit die Methode der ersten Wahl. Das Transplantat eignet sich insbesondere zum Ersatz des nicht atrophierten, jugendlichen Kieferknochens, aber auch für Auflagerungsplastiken bei extremer Atro- phie.

Die Abbildungen 4 bis 7demonstrieren die Rekon- struktion eines Unterkiefers im zahntragenden Ab- schnitt mit diesem Transplantat bei einem 15-jährigen Patienten, bei dem aufgrund einer arteriovenösen Malformation dieses Gefäßkonvolut zunächst emboli- siert und der betroffene Unterkieferanteil reseziert worden war. Dieser Fall zeigt, dass das Beckentrans- plantat für eine implantatprothetische Weiterversor- gung der Patienten hervorragend geeignet ist.

Die häufigsten Komplikationen sind postoperative Schmerzen an der Entnahmestelle, Hernienbildung und Sensibilitätsstörungen am lateralen Oberschenkel.

Osteomyokutane Transplantate sind in der Regel sehr voluminös und eignen sich daher nur bedingt zur Ver- sorgung kleiner oder mittelgroßer intraoraler Defekte.

Fibulatransplantat

Der Ersatz des Unterkiefers durch die Fibula erfolgte erstmals durch Hidalgo, der bereits sehr früh darauf hinwies, die gesamte Mandibula mit diesem Trans- plantat ersetzen zu können; nahezu der gesamte Kno- chen kann ohne nennenswerte funktionelle Beein- trächtigungen entfernt werden (20). Die Blutversor- gung des Lappens erfolgt über die Arteria peronea, von der periostale und medulläre Äste an den Kno- chen sowie weitere Äste an die Haut abzweigen. Die Einbeziehung dieser Gefäße ermöglicht die Mitnahme eines Hautlappens, der sich in ähnlicher Weise zum Ersatz der Mundschleimhaut eignet wie der Radialis- lappen.

Das osteokutane Fibulatransplantat bietet somit die Möglichkeit, nicht nur ausgedehnte Knochen-, son- dern auch kombinierte Knochen- und Weichteil- defekte, gegebenenfalls auch unter Verwendung von zwei Hautinseln, adäquat zu versorgen.

Skapulatransplantat

Zum Ersatz des Unterkiefers wurde das knöcherne Schulterblatt genannt (14), nachdem die Schulter be- reits als Spenderregion für Weichteillappen beschrie- ben worden war. Die Margo lateralis bietet zusammen mit dem Angulus inferior ausreichend Knochen, um Defekte bis etwa zur Größe einer Hemimandibel ver- sorgen zu können. Ähnlich wie bei der Fibula ist die Knochenhöhe der Skapula begrenzt, die implantatpro- thetische Versorgung dennoch nahezu immer möglich.

Aktuelle Entwicklungen Perforanslappen

Die Möglichkeiten des mikrovaskulären Gewebe- transfers wurden in den letzten Jahren durch die Ein- führung der sogenannten Perforanslappen erweitert (21). Diese dünnen, flexiblen Hautlappen basieren le- diglich auf ihren terminalen Hautästen, die gleichzei- tig als Gefäßstiel dienen können. Anders als bei den oben beschriebenen konventionellen Transplantaten orientiert sich hier die Lappenhebung an der individu- ell variablen Lokalisation des terminalen Hautastes (Perforator). Dieser wird zunächst exponiert und dann

Abbildung 4:

CT-Angiografie in der Seitenansicht einer arteriovenö- sen Malformation mit Hauptlokalisati- on im Corpus man- dibulae links und Ausdehnung vom Kieferwinkel bis in die Prämolarenregi- on bei einem 15- jährigen Jungen.

Aufgefallen war die- se Veränderung durch Blutungen aus der Alveole beim Extraktions- versuch eines gelockerten Zahns.

Abbildung 5:

Rechts das Kno- chenresektat inklu- sive der Gefäßkon- volute und links da- neben das zeit- gleich gehobene mikrochirurgische Beckenkammtrans- plantat mit den An- schlussgefäßen vor Anastomosierung und Rekonstruktion der Unterkieferde- fektregion.

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in retrograder Präparationstechnik durch Fettgewebe, Faszie und Muskulatur bis an die Stammgefäße ver- folgt und freigelegt. Da auf diese Weise das überflüs- sige Fett- und Muskelgewebe an der Entnahmestelle verbleibt, entstehen sehr dünne Hautlappen, die sich in die meist flachen Defekte der Mundhöhle oder Ge- sichtshaut gut einlagern lassen.

Im Gegensatz zu den Standardlappen ist der Gefäß- stiel kurz, wenn auf die Mitnahme der Stammgefäße verzichtet wird. Dieser zunächst als Nachteil zu wer- tende Umstand ermöglicht jedoch eine Anastomosie- rung der Lappen an kleinere Gefäße in der direkten Umgebung des Defekts, sodass die bei Voroperatio- nen oder Vorbestrahlung oftmals mühevolle Freile- gung der Halsgefäße entfallen kann.

Als geeignete Entnahmeregionen wurden für die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie insbesondere der anterolaterale Oberschenkel (ALT) sowie der pro- ximale laterale Unterschenkel beschrieben (22, 23).

Die meisten Erfahrungen bestehen momentan mit dem bis zu 8 × 25 cm großen ALT-Perforanslappen, der mittlerweile aufgrund seiner sehr geringen Entnahme- morbidität von einigen Autoren regelmäßig als Alter- native zum Radialislappen eingesetzt wird und ein um- fangreiches Indikationsspektrum besitzt. Im Gegen- satz dazu bleibt die Anwendung des Soleus-Perforans- lappens in der Regel auf kleinere Defekte begrenzt, da die Entnahmeregion des proximalen lateralen Unter- schenkels nur bis zu einer Lappenbreite von circa 5 cm direkt verschlossen werden kann. Durch Schonung der Hauptgefäße des Unterschenkels wird die Entnahme- morbidität dieses Lappens auf ein Minimum reduziert.

Carrier-Technik

Ein weiteres, operationstechnisch jedoch aufwändiges Rekonstruktionsverfahren wurde für Patienten ent- wickelt, bei denen es aufgrund radikaler Voroperatio- nen, oftmals in Kombination mit einer Bestrahlung oder einer vorbestehenden Arteriosklerose, zu einem desolaten Gefäßstatus gekommen ist, sodass geeigne- te Anschlussgefäße im Kopf-Hals-Bereich nicht mehr

zur Verfügung stehen. Typischerweise haben diese mutilierten Patienten bereits mehrere erfolglose Re- konstruktionsversuche hinter sich und befinden sich nicht selten in einer krisenhaften Lebenssituation mit suizidaler Gefährdung.

Fast immer liegt ein totaler oder subtotaler Unter- kieferverlust vor – meist in Verbindung mit umfang- reichen intra- und extraoralen Weichteildefekten –, die dem Patienten eine orale Nahrungsaufnahme oder eine verständliche Artikulation unmöglich machen.

Wenn bei diesen Patienten auch eine Anastomosie- rung an das thorakoakromiale Gefäßsystem nicht mehr möglich ist oder die Anwendung von Interponaten oder eingebrachten Gefäßschleifen ebenfalls erfolglos war, kann die Technik des „wrist-carriers“ genutzt werden, die ursprünglich für die Extremitätenrekonstruktion be- schrieben wurde. Hierbei wird das zur Rekonstruktion im Gesichtsbereich benötigte Transplantat an Gefäße des Unterarms (Arteria radialis, Vena cephalica) ana- stomosiert und bietet somit eine völlige Unabhängig- keit von der Gefäßsituation des Kopf-Hals-Bereichs (24). Nach entsprechender Fixation des Armes am Kopf kann dieses temporär über die Gefäße des Unter- arms perfundierte Transplantat zuverlässig in üblicher Weise in den Defekt eingebracht werden; auch eine se- rielle Anordnung mehrerer verschiedener Transplantate ist bei komplexen Rekonstruktionen möglich. Die Au- tonomisierung des eingebrachten Lappens, die Voraus- setzung für eine Durchtrennung des Gefäßstiels ist, kann durch eine früh induzierte ischämische Konditio- nierung beschleunigt werden.

Fazit

Neben den operativ tätigen Disziplinen am Kopf wie Augenheilkunde, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Neurochirurgie, Plastische Chirurgie und Mund-, Kie- fer- und Gesichtschirurgie sind bei der Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren Strahlentherapeuten und Onkologen in ebenso verantwortlicher Tätigkeit ge- fordert. Im Rahmen der dargestellten Fälle wird die Bedeutung der psychologischen und hausärztlichen Abbildung 6:Orthopantogramm 6 Monate nach Unterkieferrekonstruktion. Die Osteo-

syntheseplatten sind bereits entfernt und vier intraossäre Implantate für die Versorgung mit Zähnen inseriert. Außerdem zu sehen sind am Unterkieferunterrand die zurückgebliebenen röntgendichten Verschlusspartikel der Embolisation, die einen Tag vor der Resektion durchge- führt worden war.

Abbildung 7:Der mittlerweile 16-jährige Patient nach vollständiger implantatprothetischer Rehabilisation und sehr guten okklusalen Ver- hältnissen.

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Betreuung dieser Patienten klar. Das Spektrum des mikrovaskulären Gewebetransfers, der als fester Be- standteil der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie seit fast drei Jahrzehnten etabliert ist, konnte in den letzten Jahren mit Einführung der Perforanslappen und der Carrier-Technik nochmals erweitert werden.

Insbesondere für die Tumorchirurgie, aber auch für die anderen Bereiche des Fachgebietes wie Traumato- logie oder Fehlbildungschirurgie bestehen somit um- fangreiche Möglichkeiten der Rekonstruktion im Kopf- und Halsbereich. Trotz der in der Literatur do- kumentierten hohen Erfolgsquoten von über 90 % muss auf der Grundlage des Patientenwunsches der operative Aufwand eines mikrovaskulären Gewebe- transfers gegen konkurrierende Rekonstruktionsmög- lichkeiten jeweils sorgfältig abgewogen werden.

Prospektive randomisierte kontrollierte Studien müssen auch auf dem Gebiet der rekonstruktiven Mi- krochirurgie durchgeführt werden, um das Evidenzni- veau anzuheben. Die Kenntnis der vorhandenen re- konstruktiven Möglichkeiten erlaubt es den involvier- ten Ärzten den betroffenen Patienten entsprechend zu beraten oder weiterzuleiten.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 21. 11. 2007, revidierte Fassung angenommen: 26. 6. 2008

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Klinische Kernaussagen

Der mikrochirurgische Gewebetransfer ist neben den lo- kalen Lappenplastiken ein Grundpfeiler der rekonstrukti- ven Chirurgie im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich mit einer Erfolgsrate von > 90 %.

Eine konsequente Tumorchirurgie im Gesichts-, Kopf- und Halsbereich ist ohne mikrochirurgischen Gewebe- transfer nicht möglich.

Wenn erkennbar wird, dass einfache lokal plastische Re- konstruktionsmöglichkeiten nicht ausreichen, sollte der Patient initial an erfahrene Zentren für eine funktionelle Rekonstruktion weitergeleitet werden.

Durch die Einführung der Perforans-Lappen, „Carrier- Flaps“ und „Flow-through-Flaps“ hat sich das mikrochir- urgische, rekonstruktive Spektrum im Gesichts-, Kopf- und Halsbereich erweitert.

Insbesondere für bestrahlte, voroperierte Patienten ohne Anschlussgefäße am Hals müssen weitere Lösungswege erarbeitet werden.

(8)

Anschrift für die Verfasser PD Dr. med. Dr. med. dent. Frank Hölzle

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Klinikum rechts der Isar der

Technischen Universität München Ismaninger Straße 22 81675 München

E-Mail: hoelzle@mkg.med.tum.de

SUMMARY R

Reeccoonnssttrruuccttiivvee OOrraall aanndd MMaaxxiillllooffaacciiaall SSuurrggeerryy

Background: The incidence of malignancies in the head and neck re- gion is rising. Head and neck tumors are the eighth most frequent type of malignancy in German men, forming 3.3% of the total. As a re- sult, the demand for functionally successful and esthetically pleasing reconstructions has increased. Methods: Review based on a selective analysis of the pertinent literature and the guidelines of the German Association of Oral and Maxillofacial Surgery as well as the authors' clinical and scientific experience. Results: Microsurgical flap transfer has become the most important type of reconstruction, with a more than 90% rate of success, i.e., complete integration of the transplant in the recipient site. The most frequent complications are thromboses

of the vein or artery of the pedicle. For each specific defect constella- tion, the most appropriate donor sites have been identified. Some do- nor sites are used for more than one defect. The principal risk factors for flap loss are prior operations on the neck, atherosclerosis, and previous radiation treatment. New developments include the use of perforator flaps, which can be anastomosed to very small vessels in the face, and wrist-carriers, which offer complete independence from head and neck vessels. Conclusion: The treatment, rehabilitation, and follow-up care of patients with tumors of the head and neck must be carried out by an interdisciplinary team. Full awareness of the availa- ble options for reconstruction helps the radiation therapist, oncolo- gist, psychooncologist, general practitioner, and dentist to coordinate their efforts and advise their often mutilated and sometimes suicidal patients effectively. Dtsch Arztebl 2008; 105(47): 815–22

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0815 Key words: plastic surgery, head and neck cancer, microsurgery, tis- sue transplantation, tumor surgery

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

@

REFERIERT

Reizdarm durch veränderte Darmflora bedingt?

Die Darmflora, neuerdings Mikrobiota genannt, besteht aus 1014Bak- terien, also zehnmal mehr Zellen als der menschliche Körper hat. In- zwischen sind über 600 Bakterienstämme isoliert worden, die je nach Lebensalter, Ernährungsgewohnheiten und dem Einfluss von Antibioti- ka variieren. Eine veränderte Darmflora findet man zum Beispiel bei der Adipositas. Actinomyceten und Bifidobakterien gelten als probio- tisch (gesundheitsfördernd), Coriobakterium aerofaciens, früher Eu- bacterium aerofaciens, soll vor Darmkrebs schützen.

Die finnischen Autoren untersuchten in gepoolten Stuhlproben von 24 Patienten mit Reizdarmsyndrom ( RDS ) und 23 Kontrollpersonen die mikrobielle DNA nach ihrem prozentuellen Gehalt an Guanosin und Cytosin fraktioniert und anschließend mittels Massensequenzierung auf 3 753 spezifische bakterielle Sequenzen. Für viele physiologische Darmkeime existiert nämlich kein Nährmedium, sodass eine kulturelle Anzüchtung nicht gelingt. Auf die genannte Weise wurde ein geneti- scher Fingerabdruck erstellt und in einem zweiten Schritt quantitative DNA-Analysen für 9 Bakterienstämme angefertigt.

Patienten mit einem Reizdarmsyndrom boten im qualitativen gene- tischen Test einen signifikant verschiedenen Bakterienbesatz im Stuhl im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Patienten wiesen einen vermin- derten Gehalt an Laktobazillen und Colinsella auf, quantitative Unter- schiede fanden sich bei den Spezies Coprococcus und Coprobacillus.

Schon seit längerem ist bekannt, dass bei etwa einem Drittel der Reizdarmpatienten ein gastrointestinaler Infekt vorausgegangen ist

(postinfektiöses RDS). Auch die Einnahme von Antibiotika kann eine Reizdarmsymptomatik für einen längeren Zeitraum auslösen. Schließ- lich profitieren Patienten mit einem RDS von einer antibakteriellen oder einer probiotischen Therapie. Hypothetisch bleibt derzeit noch die Kausalität der gefundenen Veränderungen der Darmflora für die

Pathogenese des RDS. w

Kassinen A et al.: The fecal microbiota of irritable bowel syndrome patients differs significantly from that of healthy subjects. Gastroenterology 2007; 133: 24–33.

E-Mail: airi.Palva@helsinki.fi

Foto:picture-alliance/medicalpicture

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