478 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 28–29⏐⏐13. Juli 2009
M E D I Z I N
Neuropsychologische oder -kardiologische Perspektive
Zur Diagnose von obstruktiver Schlafapnoe (OSA) und zentralen schlafbezogenen Atemstörungen und deren Prävalenz bei Patienten mit Vorhofflimmern wird von den Autoren selbst einschränkend hervorgehoben, dass eine kardiorespiratorische Polygraphie erfolgte und kei- ne Analyse der Schlafarchitektur. Als mögliche Konse- quenz könnte die Aufzeichnungszeit dieser Unter- suchung länger sein als die tatsächliche Schlafzeit mit einem zu niedrig angesetzten Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI).
Deutlich gravierender ist jedoch, dass ein Verzicht auf EEG und Schlafstadienanalyse keine Aussage darü- ber zulässt, ob nicht die bekannten OSA- und zentralen SA-induzierten psychophysiologischen Insomnie-Para- meter wie Mikroarousal, Schlaffragmentierung, REM- oder Tiefschlafdefizite über die Hypothalamus-Hypo- physen-Nebennierenrinden-Achse, also überwiegend über polysomnographisch erfassbare Stressoren proar- rhythmisch wirksam sind. Dafür spricht, dass auch die PLMS („periodic limb movements in sleep“) nach unse- rer Beobachtung überzufällig häufig mit Vorhofflim- mern assoziiert ist. Die pathophysiologischen Hypothe- sen zu Druckbelastung und diastolischen Dysfunktio- nen als monokausaler Zusammenhang erscheinen mir dagegen weniger plausibel.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0478a
LITERATUR
1. Bitter T, Langer C, Vogt J, Lange M, Horstkotte D, Oldenburg O: Sleep disordered breathing in patients with atrial fibrillation and normal systolic left ventricular function [Schlafbezogene Atemstörungen – Charakteristika bei Vorhofflimmern und erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 164–70.
Heinrich Henin Hagener Straße 374 44229 Dortmund
Schlusswort
Die von Herrn Henin beschriebenen pathophysiologi- schen Mechanismen stellen weitere potenzielle Interak- tionsmöglichkeiten zwischen schlafbezogenen Atem- störungen (SBA) und Vorhofflimmern dar.
Ob dies jedoch von klinischer Relevanz ist, ist bis da- to ungeklärt und zudem Teil der mittels Polygraphie
nachweisbaren obstruktiven und zentralen schlafbezo- genen Atemstörungen. Auch eine erhöhte Koinzidenz zwischen Vorhofflimmern und „periodic leg movements in sleep“ in Abwesenheit einer schlafbezogenen Atem- störung ist, soweit den Autoren bekannt und in der Lite- ratur recherchiert, nicht beschrieben.
Andererseits ist jüngst eine deutlich erhöhte Präva- lenz sowohl obstruktiver als auch zentraler schlafbezo- gener Atemstörungen bei rein diastolischer Herzinsuffi- zienz nachgewiesen worden (1), sodass eine Interaktion einer diastolischen Dysfunktion mit einer schlafbezoge- nen Atemstörung als durchaus plausibel erscheint.
Allerdings ist natürlich ebenso bekannt, dass Hy- poxie, Hyperkapnie und Hyperventilation als Folge der schlafbezogenen Atemstörungen eine zusätzliche Akti- vierung des Sympathikus fördern. Hieraus resultiert ei- ne vermehrte Ausschüttung von Katecholaminen und vasokonstriktorischen Faktoren (1, 2), welche selber ein Vorhofflimmern zu triggern vermögen.
Somit erscheint auch eine Induktion von Vorhofflim- mern allein durch die Hyperventilations- und Apnoe- phasen plausibel.
Letzten Endes stellt sich die Kausalität der Interakti- on von Vorhofflimmern und SBA als multifaktoriell dar.
Es wird also weiterer Studien bedürfen, um hier eine Gewichtung einzelner Faktoren zu erzielen und diese Beziehung abschließend zu klären.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0478b
LITERATUR
1. Bitter T, Faber L, Hering D, Langer C, Horstkotte D, Oldenburg O:
Sleep disordered breathing in heart failure with normal left ventricular ejection fraction. Eur J Heart Fail 2009; 11: 602–8.
2. Brooks D, Horner LJ, Kozar LF, Render-Teixera CL, Philippson EA: Ob- structive sleep apnea as a cause of systemic hypertension. Evidences from a canine model. J Clin Invest 1997; 99: 106–9.
3. Calhoun DA, Nishizaka MK, Zaman MA, Harding SM: Aldosterone excretion among subjects with resistant hypertension and symptoms of sleep apnea. Chest 2004; 125: 112–7.
4. Bitter T, Langer C, Vogt J, Lange M, Horstkotte D, Oldenburg O: Sleep disordered breathing in patients with atrial fibrillation and normal systolic left ventricular function [Schlafbezogene Atemstörungen – Charakteristika bei Vorhofflimmern und erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 164–70.
Dr. med. Thomas Bitter Kardiologische Klinik
Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Ruhr-Universität-Bochum
Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen E-Mail: akohlstaedt@hdz-nrw.de
Interessenkonflikt
Die Autoren beider Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Schlafbezogene Atemstörungen – Charakteristika bei Vorhofflimmern und erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion
von Dr. med. Thomas Bitter, Dr. med. Christoph Langer,
Dr. med. Jürgen Vogt, Dr. med. Mathias Lange, Prof. Dr. med. Dieter Horstkotte, PD Dr. med. Olaf Oldenburg in Heft 10/2009