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Archiv "Quecksilber-Exposition und ihre Folgen" (15.02.1990)

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AKTUELLE MEDIZIN

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Quecksilber-Exposition und ihre Folgen

Quecksilber als Gift mit bedrohlichen Auswirkungen in unse- rer Umwelt hat heute weniger Bedeutung als beispielsweise Blei oder Kadmium. Die Quecksilberbelastung durch Zahn- füllungen wird in den Medien lautstark beschworen, kann aber quantitativ recht gut abgeschätzt werden; es besteht kein Grund zur Intervention, wenn nicht gerade Überemp- findlichkeitsreaktionen (Allergien) gegen Quecksilber auftre- ten oder sich Spannungsreihen bilden, dann nämlich, wenn im Mund Füllungen verschiedener Metalle vorhanden sind.

Stefan Halbach

uecksilber kommt nicht nur anorganisch gebunden, sondern auch in einer Viel- zahl organischer Ver- bindungen vor. Dazu ist es als einzi- ges Metall bei normalen Umge- bungsbedingungen flüssig und ent- faltet daher einen hohen Dampf- druck. Entsprechend diesen drei chemischen Hauptformen unter- scheidet sich die Toxikologie für ele- mentares Hg (Hg°), für Hg-Salze (HG[II]) und für organisch gebunde- nes Hg jeweils voneinander. Ent- scheidend für den toxischen Wir- kungsmechanismus ist die sehr stabi- le chemische Bindung zwischen Quecksilber und den Schwefelgrup- pen zahlreicher Proteine.

Toxokinetik

Dampfförmiges Quecksilber

Ungefähr 80 Prozent der inha- lierten Menge von dampfförmigem Quecksilber werden in den Alveolen resorbiert (1), das heißt gelangen in den Blutstrom. Ursache hierfür ist die hohe Fettlöslichkeit von Hg- Dampf (135mal mehr in Pentan als in Wasser [2]), die die Diffusion und Permeation durch Zellmembranen erleichtert. Daneben begünstigt der Verteilungskoeffizient von Quecksil- ber zwischen Luft und Lösungen die Anreicherung im Plasma und Voll- blut um das Zwei- beziehungsweise Vierfache (3). Dies bewirkt insge- samt eine große Beweglichkeit des ungeladenen, elementaren Quecksil-

In Anlehnung an einen Vortrag bei der Akade- mie für das öffentliche Gesundheitswesen im Bayerischen Staatsministerium des Innern, 1989

bers zwischen Körperflüssigkeiten, Zellen und Organen. In den Erythro- zyten und Leberzellen kommt es je- doch durch die Aktivität des Enzyms Katalase bei Anwesenheit von Spu- ren von H202 zur Oxidation zu Hg (II) (4); dieses wird dann intrazellu- lär gebunden, was als der initiale Schritt zur toxischen Wirkung ange- sehen wird. Dies führt zu Ähnlich- keiten in der Organverteilung nach Dampfexposition oder nach Aufnah- me anorganischer Hg-Salze: mehr als die Hälfte der Ganzkörperbelastung ist in der Niere, der nächst größere Pool ist die Leber (5).

Die Ausscheidung nach Exposi- tion mit Hg° erfolgt ebenfalls als Hg (II) mit einer Halbwertszeit (HWZ) von etwa 60 Tagen, und zwar zum größeren Teil über den Urin, zu ei- nem kleineren Teil über die Fäces (1; 6). Dies gilt allerdings nicht für das Gehirn, wo die HWZ mehrere Jahre erreicht (1; 5). Diese lange HWZ im Gehirn und der hohe An- teil in der Niere weisen hier auf die kritischen Organe hin.

Anorganisches Quecksilber

Die Toxokinetik von anorgani- schen Hg-Salzen unterscheidet sich von der des elementaren Quecksil- bers im wesentlichen nur hinsichtlich

der Aufnahme. Nach oraler Aufnah- me beträgt die Resorption fünf bis zehn Prozent; die Resorption durch die Haut ist etwa gleichgroß (1).

Verschlucktes flüssiges Quecksilber wird enteral nur zu 0,01 Prozent re- sorbiert (6) und ist deshalb toxikolo- gisch ohne Belang. Die biologische Halbwertszeit von Hg (II) wird zwi- schen 40 und 60 Tagen angegeben (1; 5).

Organisches Quecksilber Unter den organischen Hg-Ver- bindungen kommt den kurzkettigen Alkylverbindungen, vor allem dem Methylquecksilber (Me-Hg), die größte epidemiologische und toxiko- logische Bedeutung zu. Da diese Verbindung ebenfalls sehr lipophil ist, werden bei Exposition mit Stäu- ben etwa 80 Prozent über die Lunge resorbiert (1). Die enterale Resorp- tion liegt über 80 Prozent (6; 7). Im Blut ist Me-Hg zu über 90 Prozent an Erythrozyten gebunden. In Tracer- Studien am Menschen fanden sich zehn Prozent der Ganzkörperbela- stung im Kopf (1). Daneben wird Me-Hg bevorzugt in der Leber und Institut für Toxikologie (Direktor:

Professor Dr. med. Helmut Greim), Gesellschaft für Strahlen- und Umwelt- forschung, Neuherberg bei München A-464 (40) Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990

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zu einem geringen Teil in der Niere angereichert (1). Von dort aus er- folgt auch die Ausscheidung, und zwar zu 90 Prozent über die Galle und zu zehn Prozent in den Urin (1;

6). Etwa die Hälfte des in die Galle sezernierten Me-Hg wird zu anorga- nischem Hg demethyliert und sofort ausgeschieden, während das intakte Me-Hg zum größten Teil wieder re- sorbiert wird und enterohepatisch rezirkuliert (2; 7). Die vorhandene Ganzkörperbelastung mit Me-Hg nimmt täglich um ein Prozent ab, das heißt die HWZ beträgt 70 Tage.

Biologische Indikato- ren und Diagnostik

Die Verstoffwechselung von Quecksilber und seinen Verbindun- gen hat zur Folge, daß bestimmte Symptome nicht mehr ausschließlich bestimmten Verbindungen zugeord- net werden können, sondern auch bei Exposition mit anderen Verbin- dungen zu erwarten sind. Somit las- sen sich die Reaktionen des Organis- mus nicht mehr nur nach der chemi- schen Form von Quecksilber unter- scheiden. Bei Langzeitexposition mit erhöhten Konzentrationen dampf- förmigen Quecksilbers ist das Ge- hirn das kritische Organ (1).

Auf ein unspezifisches, als Mikromerkurialismus bezeichnetes Syndrom aus Schwächegefühl, Mü- digkeit, Appetitverlust, Gewichtsab- nahme und gastrointestinalen Stö- rungen folgt bei stärkerer Exposition ein charakteristischer Tremor (mer- curialis), und zwar als feines Muskel- zittern, das alle paar Minuten durch grobe Schüttelbewegungen unter- brochen wird. Das ganze stellt sich als Intentionstremor dar, der in der Schlafphase verschwindet. In progre- dienten Fällen kann sich daraus ein generalisierter Tremor mit chroni- schen Spasmen der Extremitäten entwickeln. Dies wird begleitet von Verhaltens- und Persönlichkeitsän- derungen, erhöhter Reizbarkeit und Gedächtnisschwund, was unter dem Begriff des Erethismus mercurialis zusammengefaßt wird (1). In schwe- ren Fällen kommen Entzündungen in der Mundhöhle mit vermehrtem Speichelfluß vor.

Ein weiteres Zielorgan ist die Niere. Die quecksilberbedingte Nephrotoxizität manifestiert sich als nephrotisches Syndrom mit Protein- urie sowie als tubulärer Schaden mit dem Austritt bestimmter Enzyme in den Urin und verminderter Rückre- sorption von Zink und Kupfer (1; 5).

Die Speicherung von anorganischem Quecksilber in der Niere hat zur Fol- ge, daß ein entsprechender Anteil im Urin ausgeschieden wird, weshalb bei gewerblicher Belastung mit dampfförmigem Quecksilber der Urinspiegel gut mit der Konzentra- tion in der Luft korreliert (8). Eine chronische Exposition mit anorgani- schen Hg-Salzen tritt häufig als Mischexposition zusammen mit dampfförmigem Quecksilber auf (1).

Auch hier gilt die Hg-Konzentration im Urin als repräsentativ für die Ganzkörperbelastung, wobei mit zu- nehmendem Anteil an Hg-Salzen die Nierenschäden im Vergleich zur ZNS-Symptomatik in den Vorder- grund treten (1).

Bereits 1940, also vor den Ereig- nissen in Minamata, wurde die sub- akute Toxizität von Me-Hg genau und umfassend durch Hunter, Bom- ford und Russel dokumentiert (9).

Im Gegensatz zu dem diagnostisch etwas diffusen Bild bei der chroni- schen Vergiftung mit dampfförmi- gem Hg ist das Hunter-Bomford- Russel-Syndrom pathognomonisch, denn es besteht aus der prägnanten Kombination von Ataxie, Sprach- und Hörstörungen und einer zum Teil extremen konzentrischen Gesichtsfeldeinengung. Dabei geht dem Ausbruch der Erkrankung meist eine Latenzzeit von mehreren Wo- chen bis Monaten voraus.

Neben der Epidemie von Mina- mata hat vor allem die zahlenmäßig weit größere im Irak dazu beigetra- gen, die quantitativen Beziehungen zwischen Beginn der ZNS-Sympto- me und Ganzkörperbelastung mit Me-Hg zu ermitteln (6). Die Paräs- thesien häufen sich ab 25 bis 40 mg Ganzkörperbelastung, es folgen Ata- xie ab 50 bis 80 mg, Sprachstörungen ab 100 mg, Taubheit ab 200 mg und schließlich ein Anstieg der Mortali- tät. (Die Ganzkörperbelastung mit Gesamtquecksilber, hochgerechnet aus den Werten für 14 verschiedene

Organe, liegt bei beruflich Nichtex- ponierten in 70 Prozent der Fälle un- ter 18 mg/70 kg [10]). Die Blutkon- zentration stellt den besten Maßstab für eine Exposition mit Me-Hg dar (11), da sie im Gleichgewicht von Aufnahme und Ausscheidung der Ganzkörperbelastung direkt propor- tional ist, das heißt 1 1 Blut enthält etwa ein Prozent der Ganzkörperlast (6; 7; 11). Eine Beteiligung der Nie- ren wurde bei der Irak-Epidemie nur sehr selten beobachtet (6), weshalb die geringe renale Ausscheidung von Me-Hg zur Beurteilung einer Vergif- tung ungeeignet ist (11).

Normal- und Grenz- werte in Urin und Blut

Die Arbeitsplatz-Anamnese, einfache neurologische Untersu- chungen und Laborbestimmungen (Proteinurie) geben eventuell Hin- weise, ob die Vergiftung durch Quecksilber in Dampfform oder durch Alkyl-Hg-Verbindungen ver- ursacht ist (Tabelle). Eindeutig be- stätigt dies nur die Bestimmung er- höhter Quecksilberwerte in Blut oder Urin mittels Atomabsorptions- spektroskopie. Wegen der tageszeit- lichen Schwankungen in der Urin- produktion muß die Bestimmung entweder aus Sammelurin erfolgen oder auf den Kreatininwert bezogen werden, wobei der Einfachheit hal- ber die Werte pro Liter Urin oder pro Gramm Kreatinin gleichgesetzt werden können.

Nach einer neueren Untersu- chung an 6700 Franzosen weisen In- landsbewohner einen Mittelwert von 2,3 und Küstenbewohner von 3,4 lig/1 Blut auf, was auf den höheren Fisch- anteil in der Nahrung letzterer zu- rückzuführen sein dürfte (12). Nach dem WHO-Bericht von 1976 (6) be- ginnen unspezifische Frühsymptome der Vergiftung mit anorganischem Quecksilber bei den empfindlichsten Individuen ab 35 Rg/1 Blut, bezie- hungsweise 150 ikg/1 Urin, was den in Deutschland gebräuchlichen Höchstwerten für beruflich expo- nierte Einzelpersonen (BAT-Werte) von 50 ii,g/1 Blut und 200 lag/1 Urin entspricht (13). Umfangreiche Stu- dien an beruflich Exponierten deu- Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990 (43) A-467

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Tabelle: Diagnostik der Quecksilbervergiftung

Hg-Dampf Hg-Salze Methyl-Hg Berufliche Anamnese

Zentralnervensystem:

- Erethismus, Psyche - Tremor

- Parästhesie - Ataxie - Gesichtsfeld - Sprachstörung - Hörstörung Proteinurie Urin-Hg*

Vollblut-Hg**

- Zell/Plasma-Hg 1-2 1-2 10-20

analytische Speziation Haar-Analyse

* o. B. bis 10 ii/g Kreatinin, Grenzwert 50 p,g/g Kreatinin

** o. B. bis 10 gg/I, Grenzwert 20 !Igil

ten möglicherweise eine Erniedri- gung dieser Schwellenwerte an; dem- zufolge sind ab 20 gg/1 Blut oder 50 gg/I Urin präklinische neurologische und renale Funktionsstörungen mit subtilen Testmethoden feststellbar (5, 8, 11). Im Falle von Methylqueck- silber beginnen die Frühsymptome ab 200 gg/1 Blut (1); der BAT-Wert beträgt hier 100 gg/1 Blut (13).

Eine genaue Bestimmung der chemischen Form der Hg-Verbin- dung durch die sogenannte Spezia- tionsanalyse ist derzeit nicht allge- mein möglich, weshalb man sich hier durch Bestimmung des Zell/Plasma- Konzentrationsverhältnisses im Blut behelfen kann. Aus Hämatokrit so- wie Gesamtquecksilber im Vollblut und Plasma läßt sich das Erythro- zyten/Plasma-Verteilungsverhältnis berechnen, welches bei Me-Hg zwi- schen 10 und 20 liegt, bei anorgani- schem Hg dagegen unter zwei (5; 11).

Risikoabschätzung aufgrund

epidemiologischer Beobachtungen

Bei der Risikob abschätzung wird die Häufigkeit oder Wahr- scheinlichkeit des Auftretens be- stimmter Symptome in einer Gruppe Exponierter auf die jeweilige Hg-Be- lastung bezogen. Daraus ergibt sich also nicht unmittelbar das Risiko für den einzelnen Betroffenen, denn hier spielen individuelle Empfind- lichkeit, allgemeiner Gesundheitszu- stand, Alter und dergleichen eben- falls eine wichtige Rolle. Studien zur beruflichen Exposition mit Hg° besa- gen, daß die genannten Schwellen- werte von 150 gg/1 Urin oder 35 gg/1 Blut erst nach mindestens einjähri- ger Exposition mit einer Luftkonzen- tration von 50 µg/m3 erwartet werden können (6). Darauf beruht die Emp- fehlung der WHO von 1980 (14), daß bei Langzeitexposition die zeitlich gewogene Luftkonzentration nicht über 25 µg/m3 und die individuelle Urinkonzentration nicht über 50 gg/g Kreatinin liegen soll. Die Urinkon- zentration ist deshalb wichtig, weil sie im Gegensatz zur Luftkonzentra-

tion die Gesamtexposition miterfaßt.

Die Belastung mit Me-Hg erfolgt ganz überwiegend mit der Nahrung, vor allem aus Fischprodukten. Somit beruht die Risikoabschätzung auf der pro Tag zugeführten Menge, be- ziehungsweise der Hg-Konzentration im Blut.

Die Auswertung der großen Me- Hg-Epidemien hat gezeigt, daß die Parästhesien als Frühsymptom bei der empfindlichsten Bevölkerungs- gruppe mit fünf Prozent Wahr- scheinlichkeit dann zu erwarten sind, wenn der Blutspiegel 200 bis 500 gg/1 erreicht; was nach einer jahrelangen täglichen Aufnahme von 200 bis 490 gg bei einem Erwachsenen der Fall ist. Setzt man hier einen Sicherheits- faktor von 10 an, kommt man auf ei- ne tolerierbare Tagesmenge (allowa- ble daily intake) von 30 gg für einen Erwachsenen. Dieses Konzept wur- de 1972 von einer gemeinsamen WHO- und FAO-Kommission emp- fohlen (15). Die tägliche Aufnahme an Gesamtquecksilber kann für ei-

nen nicht beruflich exponierten Be- wohner der Industrieländer bis zu 20 gg betragen (6). In Schweden und in den USA schätzt man für die Ge- samtbevölkerung die tägliche Hg- Zufuhr mit der Nahrung auf maxi- mal 10 gg, wovon 5 gg aus Fischpro- dukten stammen (11; 16).

Besondere Aufmerksamkeit er- fordert eine mögliche pränatale Ex- position mit Me-Hg. Auch bei mäßi- gem Fischverzehr ist nämlich die Konzentration im Nabelschnurblut 1,2 bis 1,9 mal höher als im mütterli- chem But (6; 7). Dazu kommt eine postnatale Belastung über die Mut- termilch, deren Konzentration zwi- schen 5 und 15 Prozent der Blutkon- zentration beträgt (1; 6; 7). Die Em- bryotoxizität wird weiter verstärkt durch eine drei- bis vierfach höhere Empfindlichkeit des frühkindlichen Organismus (ZNS) gegenüber Me- Hg (1; 7). Aufgrund dieser Zusam- menhänge rät die WHO von einer beruflichen Exposition mit Me-Hg bei gebährfähigen Frauen ab (6). 1>

A-468 (44) Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990

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Natürliche und

anthropogene Queck- silberfreisetzung

Betrachtet man die Konzentra- tion von Schwermetallen im Polareis als Indikator für die anthropogenen Emissionen, so steigt beispielsweise der Bleigehalt in den letzten 200 Jah- ren von weniger als zehn auf ca. 200 ng/kg an, was als Auswirkung der In- dustrialisierung gedeutet wird (17).

Dagegen ist der Quecksilbergehalt von 800 v. Ch. bis 1952 mit 60 ng/kg etwa gleich geblieben. Demnach hängt der Gehalt der Atomsphäre an dampfförmigem und an Aerosole ge-

bundenem Quecksilber kaum von anthropogenen Einflüssen ab, das heißt, daß dieses Metall aus natür- lichen Quellen stammt In erster Li- nie geschieht dies durch die Entga- sung des Erdmantels, die auf maxi- mal 150 000 Tonnen pro Jahr ge- schätzt wird (6). Demgegenüber wird die anthropogene Freisetzungsrate mit 23 000 Jahrestonnen angenom- men (17). Der relativ geringe Anteil der anthropogenen an der gesamten Freisetzung spiegelt sich also in dem unveränderten Quecksilbergehalt im Polareis wider. Dies darf jedoch nicht über die Gefahr hinwegtäu- schen, die, wie die großen Epide- mien zeigen, von örtlich und zeitlich

begrenzt auftretenden hohen Kon- zentrationen ausgeht.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordem über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent

Dr. med. Stefan Halbach Institut für Toxikologie Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München

Ingolstädter Landstraße 1 8042 Neuherberg bei München

Neues zu TNM/Konsiliartätigkeit des DSK (Deutschsprachiges Komitee)

Seit 1987 gilt zur Klassifikation der anatomischen Tumorausbreitung die 4. Auflage der TNM-Klassifika- tion. Neben der deutschen Überset- zung des TNM-Taschenbuches (1) wird in Kürze auch die 2. deutsche Auflage des TNM-Atlas (2) verfüg- bar sein. Ihm ist als herausnehmbare Beilage eine Zusammenstellung der Kurzfassungen der Definitionen von T- und N-Kategorien beigegeben, die zur Verwendung als jederzeit mitnehmbare Gedächtnisstütze ge- dacht ist.

Bei der Verwendung des TNM- Systems wird es derzeit immer noch notwendig sein, fallweise die 3. Auf- lage zu benutzen, da für zurücklie- gende Patienten eine Klassifikation nach der 4. Auflage oft nicht möglich ist. Um hieraus entstehende Mißver- ständnisse und Unklarheiten zu ver- meiden, bittet das DSK alle Kolle- gen, bei Vorträgen und Publikatio- nen stets anzugeben, ob die berich- tigte TNM-Klassifikation nach der 3.

oder 4. Auflage erfolgt ist.

Wenngleich bei der Herausgabe der 4. Auflage der TNM-Klassifika- tion auf möglichst eindeutige Defini- tionen besonders geachtet wurde, er- geben sich doch immer wieder Fra- gen und Unklarheiten. Hierfür steht

das DSK jederzeit zur Auskunft be- reit. Anfragen sind am besten an den Sekretär des DSK, Herrn Prof. Dr.

Burg, Univ.-Klinik und Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankhei- ten, Josef-Schneider-Straße 2, 8700 Würzburg, zu richten.

Das TNM Project Committee der UICC und das DSK sind an einer möglichst weitgestreuten Testung der 4. Auflage des TNM-Systems in- teressiert. Das gilt sowohl für den Vergleich der Ergebnisse klinischer Klassifikation (mit verschiedenen Methoden) mit jenen der pathologi- schen Klassifikation als auch für die Beurteilung der Prognose in Abhän- gigkeit von TNM/pTNM und Stadi- um. Besonders begrüßt werden Ver- gleiche der 4. Auflage mit der frühe- ren 3. Auflage.

Großes Interesse besteht auch an der Weiterentwicklung des Sy- stems, die in den nächsten acht bis zehn Jahren mittels der sogenannten Ramifikation erfolgen soll. Hierbei können bestimmte T-, N- oder M- Kategorien, von denen vermutet wird, daß sie prognostisch nicht ho- mogen sind, in Unterkategorien un- terteilt werden, um so etwaige Un- terschiede in der Prognose zu erfas- sen. So kann zum Beispiel beim Ko-

NOTIZ

Ion- und Rektumkarzinom die Kate- gorie pT3 (Infiltration der Subserosa oder des perikolischen/perirektalen Gewebes) nach dem Ausmaß der In- filtration, gemessen am histologi- schen Schnitt, in zwei oder drei Un- terkategorien (pT3a, b, c) unterteilt werden.

Das DSK bittet alle Kollegen, entsprechende Untersuchungen oder auch Vorschläge hierzu mitzuteilen, damit sie an die UICC nach Genf zur zentralen Bearbeitung weitergeleitet werden können.

Literatur

1. UICC: TNM-Klassifikation maligner Tumo- ren. 4. Auflage. Deutsche Übersetzung (Her- manek, P., Scheibe, 0., Spiessl, B., Wagner, G.). Springer, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo 1987

2. UICC: TNM-Atlas. Illustrierter Leitfaden zur TNM/pTNM-Klassifikation maligner Tu- moren. 2. Auflage. Springer, Berlin, Heidel- berg, New York, London, Paris, Tokyo 1989 Für das DSK: Professor Dr. Encke; Professor Dr. Hermann; Professor Dr. Burg

Anschrift für die Verfasser.

Professor Dr. med. Günter Burg Direktor der Klinik und

Poliklinik für Hautkrankheiten der Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 8700 Würzburg

A-470 (46) Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990

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