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M E D I Z I N
(44) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 31–32, 4. August 1997 Insgesamt ist der Artikel sehr in-
formativ, doch zum Thema „Bera- tung zum Abstillen“
bin ich anderer Mei- nung. Ich bezweifle, daß es sinnvoll ist, in einer solchen Situation wie nach einem plötzli- chen Kindstod medika- mentös abzustillen. In Amerika sind die Hor- mone, die das Abstil- len bewirken, wegen
der Nebenwirkungen (unter ande- rem Depression, Herzinfarkt) verbo- ten. Bei der ohnehin depressiven
Gemütsverfassung der Mutter sollte versucht werden, das Abstillen auf sanftere Art zu bewirken. Je nach Al- ter des Kindes dauert dies unter- schiedlich lange. Es gibt Stillberate-
rinnen, die in dieser Situation der Mutter helfen und sie auch emotio- nal unterstützen können. Manchen
Müttern hilft es auch nach dem Tod ihres Säuglings, durch Ausstreichen der Muttermilch Trauerarbeit zu lei- sten.
Der Gedankengang „der Säug- ling ist tot, also muß auch die Milch möglichst schnell versiegen“ kann meines Erachtens in dieser Situation falsch sein.
Gudrun von der Ohe Ärztin und Stillberaterin Niflandring 8
22559 Hamburg DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT
Plötzlicher Säuglingstod
Zu dem Beitrag von
Dr. disc. pol. Jutta Helmerichs Prof. Dr. med. Karl H. P. Bentele Priv.-Doz. Dr. med. Werner J. Kleemann Christian F. Poets
Prof. Dr. med. Klaus-Steffen Saternus in Heft 9/97
Sanfteres Abstillen
Die Autoren haben auf ein Schlußwort verzichtet.
Die Ursachen für Multiple Skle- rose sind bisher unbekannt. Wissen- schaftler der Universität Aarhus, Dä- nemark, vermuten nun, daß eine in der Kindheit erfolgte Virusinfektion die Zerstörung von Nervenfasern vie- le Jahre später verursacht. Immer wie- der sind Spuren verschiedener Viren in Gehirnen MS-Kranker gefunden worden; der überzeugendste Beweis für eine Virusinfektion liegt jedoch in der Art, wie MS teilweise in Gruppen auftritt.
Sven Haahr und Mitarbeiter un- tersuchten eine Gruppe von acht an MS erkrankten Personen aus dem Dorf Fjelso in Dänemark. Dort gibt es 74 einzeln stehende Familienhäuser sowie eine Schule für 70 bis 80 Schüler. Alle MS-Patienten besuchten diese Schule während ihrer sieben- jährigen Schulzeit. Außerdem gehör- ten sie der gleichen Pfadfindergruppe an. Unter den Kranken waren ein Ge- schwisterpaar sowie Tante und Neffe.
Alle entwickelten die Symptome erst viele Jahre nachdem sie das Dorf ver- lassen hatten.
Die Autoren der Studie vermu- ten, daß die Infektion mit einem mehr oder weniger breit gestreuten „MS- Retrovirus“ Voraussetzung für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose
ist. Die MS entwickle sich jedoch nur bei denjenigen, die während der Pu- bertät angesteckt wurden, bezie- hungsweise die genetisch anfällig sind.
Das besagte MS-Retrovirus soll mit dem Epstein-Barr-Virus identisch sein, der unter anderem bei Jugendli- chen das Pfeiffersche Drüsenfieber auslöst. Schwierig zu beurteilen sei, ob die Gruppe in Fjelso eine echte MS-Gruppe ist, oder ob sie zufällig entstanden ist. Es gab jedoch schon vorher Berichte über vergleichbare MS-Gruppen.
Die Wissenschaftler wollen die acht in Fjelso aufgewachsenen Patien- ten weiterhin beobachten, um festzu- stellen, ob sie Spuren des Epstein- Barr-Virus aufweisen. Wenn diese Spuren alle vom gleichen Typ des Ep- stein-Barr-Virus sind, würde das ihre
Theorie erhärten. pb
Haahr, S et al.: Cluster of multiple sclero- sis patients from Danish community.
Lancet 1997; 349: 923.
S. Haahr. Institute of Medical Microbio- logy and Immunology, University of Aar- hus, 8000 Aarhus, Dänemark
Cluster von Multiple-Sklerose-Patienten in dänischer Gemeinde
Elektromagnetische Felder wer- den immer wieder mit der Entstehung von Leukämien bei Kindern in Ver- bindung gebracht. Die Prüfung dieser Hypothese war das Thema einer epi- demiologischen Studie, an der 638 Kinder unter 15 Jahren teilnahmen, die an akuter lymphatischer Leukämie (ALL) erkrankt waren, und Kinder ei- ner vergleichbaren, gleichgroßen Kontrollgruppe. Die magnetische In- duktionsstrahlung wurde in den Schlafzimmern, in weiteren Räumen und im Freien gemessen. Ferner wur-
de die wahrscheinliche Exposition während der Schwangerschaft abge- schätzt. Die Autoren konnten keine Korrelation zwischen der durch- schnittlichen Exposition durch Ma- gnetfelder und dem Auftreten einer
ALL feststellen. me
Linet MS et al.: Residential exposure to magnetic fields and acute lymphoblastic leukemia in children. N Eng J Med 1997;
337: 1-7.
Dr. M. S. Linet, Division of Cancer Epi- demiology and Genetics, National Can- cer Institute, Executive Plaza North, Sui- te 408, Bethesda, MD 20892-7362, USA.