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DGB-Bundesvorstand, Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik
Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de
Nr. 37/2009 20. Oktober 2009
DGB-Bundesvorstand, Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik
Wenn Ideologie auf Praxis trifft
Der Marktradikalismus der letzten Jahre hat die Welt- wirtschaft in einen tiefen Abgrund gerissen. Doch wäh- rend der staatliche Rettungseinsatz noch auf Hochtou- ren läuft, kommt eine Partei an die Regierung, die den Staat als gefräßiges, fettes Monstrum ansieht. Nun werden wieder gebetsmühlenartig die Klassiker aus dem Märchenland liberaler Ideologien gepredigt: Steu- ern runter - Wachstum rauf, kräftiges Abspeckpro- gramm für den fetten Staat und Aufweichung des ver- krusteten Arbeitsmarktes. Alles zum Wohle von Be- schäftigung und Wachstum. Doch den Praxistest beste- hen diese Märchen nicht. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. So gibt es keinen direkten Zusammen- hang zwischen der Höhe der Steuer- und Abgabenlast und der Höhe des wirtschaftlichen Wachstums. Hoch- steuerländer wie Schweden oder Dänemark glänzten in den letzten Jahren mit stolzen Wachstumsraten. In der Steueroase Schweiz stotterte hingegen der Wachs- tumsmotor. Das gilt auch für die Unternehmensbesteue- rung. So weisen Staaten wie Japan oder Kanada mit
verhältnismäßig hohen Unternehmenssteuern hohe Investitionsquoten auf, Niedrigsteuerländer wie Nieder- lande und Polen niedrige Investitionstätigkeit. Auch das Märchen vom fetten wachstumsfeindlichen Staat hält keiner kritischen Überprüfung stand. Die vermeintlich fettleibigen Nationen Frankreich, Österreich oder Schweden weisen höhere Wachstumsraten auf als der deutsche Magerstaat, dessen Staatsquote vor der Krise auf ein historisches Tief schrumpfte. Auch das Märchen vom verkrusteten Arbeitsmarkt mit seinen Tarifkartellen, rigiden Kündigungsschutz und Mindestlöhnen besteht nicht den Praxistest. Staaten mit umfangreichen Arbeit- nehmerrechten und/oder gesetzlichen Mindestlöhnen wie Schweden, Frankreich oder Großbritannien leiden nicht unter negativen Beschäftigungseffekten. Kurzum:
Der Griff in die wirtschaftsliberale Mottenkiste löst keines unserer Probleme. Durch die Erhöhung der Dosis wirkungsloser Medizin schaffen wir weder Wachstum noch Beschäftigung.
Zusammenhang von Investitionstätigkeit und Höhe der Unternehmensbesteuerung in OECD-Staaten 2007
-3 -2 -1 1 2 3
-3 -2 -1 1 2 3
Investitionstätigkeit
U nte rne hm ensb es te ue ru ng
Deutschland Spanien
Japan
Frankreich
Österreich Kanada
Irland
Quelle: OECD, BMF, eigene Berechnungen * standardisiert, Korrelation -0,27 Niederlande
Polen
Zusammenhang von Investitionstätigkeit und Höhe der Unternehmensbesteuerung in OECD-Staaten 2007
-3 -2 -1 1 2 3
-3 -2 -1 1 2 3
Investitionstätigkeit
U nte rne hm ensb es te ue ru ng
Deutschland Spanien
Japan
Frankreich
Österreich Kanada
Irland
Quelle: OECD, BMF, eigene Berechnungen * standardisiert, Korrelation -0,27 Niederlande
Polen