• Keine Ergebnisse gefunden

Mag. Christoph Lins „Jungen sind so! – Sind sie so?“ – ein Wahrnehmungsbericht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Mag. Christoph Lins „Jungen sind so! – Sind sie so?“ – ein Wahrnehmungsbericht"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Mag. Christoph Lins

„Jungen sind so! – Sind sie so?“ – ein Wahrnehmungsbericht

Vortrag gehalten bei einem Treffen von Expertinnen und Experten im BMBWK am 23.6.2005

Die Arbeit mit männlichen Jugendlichen ist seit Beginn der Männerberatung (1996) ein fixer Bestandteil. Drei Zugänge sind dabei wesentlich:

• Beratung/Therapie – für männliche Jugendliche die sexualisierte oder körperliche Gewalt ausüben

• Prävention zu folgenden Themenbereichen:

„Es war ja nur Spaß!“ - Gewaltprävention

„Stop now! – sexualisierte Gewalt/Missbrauch

• Bildungsangebote mit den Schwerpunkten:

„Jungen sind so! – Sind sie so?“ – Rollenbilder, Geschlechterverhältnis

„Freiräume“ – Liebe, Sexualität, Zärtlichkeit

„Work it out“ – Berufsbilder, Rollenbilder und Arbeit, Hausarbeit, Kindererziehung

Ebenfalls gibt es parallel zu den Workshops die Möglichkeit für LehrerInnen und JugendarbeiterInnen an themenspezifischen Weiterbildungen teilzunehmen.

1. Wahrnehmungen

1.1. Wahrnehmungen - auf der Ebene der Schüler

Die unmittelbare Arbeit mit männlichen Jugendlichen im schulischen Kontext wird von diesen großteils als sehr hilfreich und wichtig erlebt. Die Jungs stilisieren sich gerne als „hochpotente“ Männer – alles im Griff und stets von allem mehr als 100%. Doch diese Ausrichtung erfordert viele Opfer. Nur wenige, wenn überhaupt, erreichen das Ziel. Wenn diese Geschlechtsdynamik aufgegriffen werden kann und darf, eröffnen sich neue Felder für die männlichen Jugendlichen. Nicht mehr eine Form – meist eine sehr traditionelle Männlichkeit – hat Gültigkeit, sondern die unterschiedlichsten männlichen Identitäten bekommen ihren Raum. Erlebbar ist eine große Entlastung und Entspannung. Es zeigen sich Jungs

(2)

2

mit allen unterschiedlichsten Bedürfnissen, Neigungen, Stärken und Schwächen, konstruktive und destruktive Formen des Handelns. Diese Differenzierung bekommt im schulischen Alltag vielfach keinen Platz. Ebenfalls erleben Jungs im schulischen Kontext immer wieder Lehrer und Lehrerinnen, die ihnen etwas wegnehmen wollen. Die Haltung im Rahmen der „geschlechterreflektierenden Jungenarbeit“ ist die, etwas dazu zu stellen, etwas zu ermöglichen, der vielgerühmte „pädagogische Zeigefinger“ ist kontraproduktiv und dient nicht dem Bedürfnis der Jungs nach einem guten Kontakt.

Eine geschlechtsreflektierende Jungenarbeit stellt einen Raum zur Verfügung, in dem Jungen

♦ lernen können, das alltägliche Gefühlsleben bewusst in die eigenen Hände zu nehmen; auch sie können für eine angenehme Atmosphäre im Umgang miteinander sorgen.

♦ sensibler werden für fremde und eigene Bedürfnisse, überhaupt für den zwischenmenschlichen Umgang; im psychologischen Sinne meint diese „Kontaktfähigkeit“, sich selbst und gleichzeitig das Gegenüber wahrnehmen zu können.

♦ Freiheit, Lust, Bedürfnisbefriedigung nicht auf Kosten anderer erleben.

♦ erfahren, dass auch Männer mit Gefühlen und Wärme begabt sind, dass Beziehungen unter Männern nicht geprägt sein müssen von nüchterner Sachlichkeit und Rivalität, sondern auch von Sympathie, die den ganzen Menschen einbezieht; sie können daran erkennen, dass emotionale Männer nicht „schwul“ oder „Weichlinge“ sind.

♦ durch den Abbau der typisch männlichen Gefühlsabwehr neue Erfahrungen mit allen Sinnen, mit dem eigenen Körper machen können, um sich selbst besser wahrzunehmen.

Wenn Jungs im schulischen Bereich thematisiert werden, dann sind es diejenigen die Probleme machen. Immer wieder wahrnehmbar ist, dass eine Generalisierung statt findet und zwar in der Form, dass alle Jungs als Problemträger – Männer sind so! – definiert und gesehen werden. Auch werden männliche Jugendliche immer wieder auf das Probleme machen reduziert und der Blick zu den Problemen der Jungs geht verloren oder kommt zu kurz. Eine traditionelle Geschlechterstereotypie liegt im Hintergrund – Männer machen Probleme, haben jedoch keine Probleme. Die Einbeziehung der Kategorie Geschlecht ermöglicht also eine differenzierte Perspektive auf die Lebenslagen von männlichen Jugendlichen und ihrer Identitätsentwicklung. Wesentlich ist männliche Identität nicht als Singular zu thematisieren, sondern als Plural. In Anlehnung an das Konzept des australischen Soziologen Robert Conell.

1.2 Wahrnehmungen - auf der Ebene der LehrerInnen

Wenn die Mitarbeiter der Männerberatung Graz von Schulen eingeladen werden, einer der oben genannten Workshops durchzuführen, stellen wir – Ausnahmen bestätigen die Regel – fest, dass es wenig Vorstellungen und Ideen von Seiten der LehrerInnen1 gibt, wie eine geschlechterreflektierende Arbeit mit ihren Schülern durchgeführt werden könnte.

1 Zu 90% wenden sich engagierte Lehrerinnen an uns.

(3)

3

Das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ ist, für einen Großteil der LehrerInnen wenn, dann nur als Begriff bekannt.

Hier gilt es zukünftig vermehrt verpflichtende Angebote für LehrerInnen anzubieten, die das Thema Geschlecht in den Mittelpunkt rücken.

Dabei gilt es zum einen den Blick auf die SchülerInnen zu lenken, da auf der Ebene der pädagogisch Handelnden ist immer wieder, dass Geschlecht kein Thema ist. Nach wie vor werden z.B. 14 jährige Schüler als „geschlechtslose“ Wesen betrachtet. „Na unsere Kinder.“ ist ein Satz, der von LehrerInnen immer wieder zu hören ist. Das beinhaltet eine doppelte Verzerrung von dem was die Jungs als hilfreich erleben. Sie wollen nicht mehr als Kind wahrgenommen werden, sondern als Heranwachsende denen – bei allen unbeholfenen und teilweise auch destruktiven Formen – auch etwas zugemutet und anvertraut wird. Ebenfalls wollen sie in der Pubertät und Adoleszenz in ihrer Geschlechtlichkeit wahrgenommen werden. In dieser Lebensphase in der Sexualität das wichtigste der Welt ist, ist eine geschlechtsneutrale und dazu noch verniedlichende Form nicht hilfreich um in einen guten Kontakt zu kommen.

Zum anderen gilt es die eigene Rolle als Mann oder Frau zu thematisieren.

Welche Vorbilder geben wir als Frauen und Männer ab? Wie gestalten wir unsere Zusammenarbeit als Frauen und Männer? Nur zwei von einer Fülle von Fragen die hilfreich und notwendig sind, um eine geschlechtssensible Schule umzusetzen.

2. Strategien .

2.1. Mittelfristige Handlungsmöglichkeiten

2.1.1. Anerkennung

Diejenigen engagierten Lehrerinnen - hauptsächlich sind es Frauen, die das Thema Geschlecht in den schulischen Kontext tragen, haben einen großen Aufwand zu tätigen. Meist sind die finanziellen Mittel nicht vorhanden, die unmittelbaren Kollegen und Kolleginnen gilt es für das Projekt zu gewinnen, die Eltern zu informieren etc. Nach all dem Engagement gibt es kaum Anerkennung, weder von Seiten der Schulleitung und schon gar nicht von offiziellen Stellen. Es gibt mehr Anerkennungskultur und Wertschätzung bei der Umsetzung von IT-Projekten, Biologie-Projekten etc.

2.1.2. Workshopstätigkeit durch schulfremde Personen

Die Einrichtungen und Institutionen deren Kernthema die Geschlechterreflexion beinhaltet, sollen das Thema „Geschlecht“ weiterhin in den Schulen durch Workshops und schulinterne Fortbildungen präsent halten. Diese mittelfristige Strategie ermöglicht es denjenigen LehrerInnen, die in der Thematisierung von „Gender“ eine Entwicklung der Schulqualität sehen, eine Unterstützung von außen.

(4)

4

2.2. Langfristige Möglichkeit Handlungsmöglichkeiten

2.2.1. Aus- Weiterbildung – fixer Bestandteil

Langfristig gilt es das Thema „Gender“ durch die fixe Verankerung im Aus- und Weiterbildung als integraler Bestandteil jedes pädagogischen Handelns zur Verfügung zu haben. Das Thema

„Geschlecht“ ist im Ausbildungskontext immer noch ein „Inselfach“, das mehr geduldet als forciert wird.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Auch wenn dies definitionsgemäß immer noch ein Normalbefund ist, kann es sich in Einzelfällen auch um ein Anfangsstadium einer Neuropathie handeln, wenn die diagnostischen

Werden bei Vorliegen einer Betriebsaufspaltung sowohl das als Einzelunterneh- men geführte Besitzunternehmen als auch die in der Rechtsform der GmbH be- triebene

Das Gesetz der Wechselwirkung richtet sich nach dem Prinzip: Wie die Saat, so die Ernte – wobei die Saat nicht notwendigerweise aktiv erfolgen muß (wie bei Überernährung oder

In anderen europäischen Län- dern zeigt sich, dass Unternehmen in innova- tionsgetriebenen Branchen, die nicht mehr in Forschung und Entwicklung investieren, ein hohes

Vivien Petras, Professorin am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaften (IBI) Berlin, ergänz- te, dass ein solcher Zusammenschluss der Communi- ty dringend nötig sei

Die Auswertung zeigt, dass in den US-amerikani- schen Regelleistungsmärkten abschaltbare Lasten mit Ausnahme von Texas nicht erlaubt sind oder die Teilnahme

INFORMATION & BERATUNG AUS DEM THIOCYN FORSCHUNGSLABOR Die neue wissenschaftlich fundierte Spezialpflege bei erblich bedingtem Haarausfall sowie schütterem, dünner werdendem

Die in diesem Faltblatt enthaltenen Infor mationen gelten sowohl für schwerbehin derte Menschen mit einem Grad der Behin derung (GdB) ab 50, als auch für Menschen, mit