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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN

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ARS MEDICI 23 | 2020

«Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor», sagte Aurelius Augustinus. Das kann man so interpretieren: Man kann sich zwar seine eigene, aber nicht DIE Wahrheit schaf- fen. Man kann die (objektive) Wahrheit nur sehen, wenn man seinen Verstand dafür benutzt, genau und vorurteilsfrei hinzusehen, und nicht dafür, das, was man sieht, seinen Vorstellungen anzu- passen.

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Globalisierer wie Internationalisten glauben, wir bräuchten keine Nationen mehr, die wichtigen Probleme der Welt liessen sich eh nur multinational lösen.

Oder wenigstens EU-weit. Die Schweiz für sich allein – unfähig zur Problemlö- sung. Der Traditionalist fragt sich irri- tiert: Hat deswegen jedes Land auf die- ser Welt eine ganz und gar eigene Stra- tegie gegen das Coronavirus? Hat deswegen jeder Staat eine eigene Tra- cing-App entwickelt? Gibt es deswegen in den rund 200 Staaten der Welt rund 200 unterschiedliche Verfassungen, Rechtssysteme, Schulsysteme? Wer je von Bern nach St.Gallen oder von Sizilien in die Lombardei, von Zagreb nach Ist- rien, von Bayern nach Hamburg oder von Oregon nach Florida gereist oder gezü- gelt ist, weiss: Wir leben nicht in einer einzigen Welt, nicht mal nur in einer Na- tion, wir leben in Regionen, Kantonen, Landkreisen, Gemeinden. Und nichts, gar nichts, deutet darauf hin, dass sich daran so rasch etwas ändert. Dies ver- deutlicht zu haben, ist einer der wenigen Verdienste der Coronakrise.

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In unserer Jugend wünschten sich die Alten zum Geburtstag «Silberfäden»

von Vico Torriani. Heute verlangen sie nach «Me and Bobby McGee» von Janis Joplin.

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Man kommt sachlich nicht weiter bei Menschen, denen es nicht um die Sache geht. Es gibt Menschen, die wollen nicht reden. Die wollen wütend sein. Auf etwas oder jemanden. Man kann nicht mit Islamisten reden, nicht mit linken und rechten Extremisten, nicht mit Ver- schwörungsschwurblern und nicht mit Facebook-Pöblern. Es geht ihnen nicht um Diskussion, sondern ums Wütend- sein an sich. Wobei, zugegeben, es auch

«normalen» Leuten manchmal gut tut zu motzen – über Zustände, unfähige Politiker, gierige Manager, den nervigen Nachbarn. Der Unterschied zu Extremis- ten: Bei einem guten Glas Wein denken die wieder «normal».

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Nein, es ist kein Kompliment, wenn auf dem Grabstein steht: «Er lebte still und unscheinbar. Er starb, weil es so üb- lich war.»

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Corona bringt so vieles hervor. Hoff- nung zum Beispiel. Die Hoffnung, dass das Virus von selber verschwinde. Oder dass man schon bald einen Impfstoff da- gegen habe. Nun ja, hoffen darf man immer. Die christliche Lehre jedenfalls zählt die Hoffnung zu den Tugenden, wie Glaube und Liebe. Sie kommen zu den vier antiken Tugenden Klugheit, Besonnen- heit, Mut und Gerechtigkeit hinzu. Bei den alten Griechen spielte die Hoffnung allerdings eine besondere Rolle. Auf Wei- sung Zeus‘ hatte Hephaistos die Pandora geschaffen, als Strafe für die Menschheit wegen des von Prometheus gestohlenen Feuers. Zeus wies Pandora an, den Men- schen eine Büchse zu schenken, die kei- nesfalls geöffnet werden dürfe. Doch Pandora selber (typisch!) öffnete die Büchse (eigentlich war’s ja ein Vorrats- krug, aber Übersetzer machten daraus eine Dose – na ja). Schwupps entwichen aus ihr alle Laster und Übel – und so kam das Schlechte in die Welt. Knapp bevor auch die Hoffnung entweichen konnte,

wurde die Büchse wieder geschlossen, so dass die Welt ein trostloser Ort wurde.

Merkwürdige Geschichte. Warum kennen die Menschen die Hoffnung trotzdem?

Einige sagen, die Büchse sei ein zweites Mal geöffnet worden. Friedrich Nietzsche hatte eine ganz eigene Erklärung. Die Hoffnung, egal wie sie aus der Büchse ge- langte, sei jedenfalls auch ein Laster, sogar das grösste von allen. Zeus wollte mit der Hoffnung erreichen, dass die von all den Übeln gequälten Menschen das Leben nicht wegwerfen, sondern fortfah- ren, sich immer von Neuem quälen zu lassen. Mögen die kommenden Corona- monate uns lehren, dass Nietzsches Er- klärung nicht die richtige war. Obschon und andererseits …

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Warum ist «Je suis Prof» (Facebook-So- lidaritäts-Icon für den von einem Islamis- ten geköpften Lehrer) wichtig? Weil in den Schulen die Gesellschaft von morgen sitzt. Man schaue sich die Schulen und die Schüler heute genau an, wenn man wis- sen will, wie die Gesellschaft von morgen tickt. Wer die Kinder heute nicht Mei- nungsfreiheit lehrt, wird in 30 Jahren El- tern erleben, denen Meinungsfreiheit nichts bedeutet.

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Wer nach dem Dreifachmord an Kirch- gängerinnen in Frankreich schreibt, er sei betroffen und erschüttert, es handle sich um einen «Anschlag auf uns alle», hat etwas nicht begriffen (oder will’s nicht begreifen). Es war kein Anschlag auf alle, sondern gezielt auf Christen. Man kann Probleme verschweigen, oder man kann sie anders benennen, nur, man bringt sie damit nicht zum Verschwinden. 

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Und das meint Walti: Im Seichten kann man nicht ertrinken.

Richard Altorfer

Rosenbergstrasse

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