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Nachträgliches zu RV. 10, 95, 8.
Von 0. Böhtlingk.
Auf S. 247 fgg. glaube ich dargethan zu haben, dass alle bis¬
herigen Versuche das Gleichnis Tf^T^ft 1 T5g: zu deuten, die
Probe nicht bestehen, und dass meine Konjektur «TTTfft^ Välft:
wie Antilopen vor einer Schlange (erschrecken und ausreissen)
einen durchaus befriedigenden Sinn ergiebt und, bis etwas Zu¬
treffenderes gefunden wird, eine Existenzberechtigung hat. Das
zweite Gleichnis TT^'ft T ^TOT: haben Rotb und die späteren
Übersetzer als wie Rosse (besser Stuten), die einen Wagen he¬
rühren, d. i. gegen einen Wagen ausschlagen, aufgefasst. Auch
ich gab mich damit zufrieden, weil ich nicbts Besseres vorzuschlagen
hatte, und weil mir Säyanas Erklärung (^«{ifii: ganz un¬
brauchbar erscbien. Befriedigt fühlte ich mich aber mit jener
Auffassung nicht , da das erste Gleichnis , wie ich es herzustellen versucbt hatte, es wahrscheinlich macbte, dass auch bier ein Ablativ
zu vermuten sei. Dieses hat auch Ludwig, ganz abgesehen vom
ersten Gleichnis , das er gar nicht als solches erkennen wollte'),
empfunden und konjiziert infolgedessen TTTTWI • Dieses
giebt er durch vor {oon ist gewiss nur Druckfehler) dem Griffe
wieder. Ich nehme an ^«l einigen Anstoss und auch am Nomen
act.; man erwartet eher ein Wort mit einer konkreten Bedeutung.
Da verschiedene Pachgenossen mündlich und schriftlich sich
mit meiner Konjektur (TT;T«5f^ einverstanden erklärt haben,
1) Ludwig ändert nicht TUTJ TtTOT^'. "ie ich angebe, sondern
^ UtI^^ '■'^'■t T^g. nicht als Verbum fio., sondern als ein dioses ver¬
tretendes flexionsloses Partie, perf. act. In einer Fussnote lässt er seinen Zorn iiber Alle ergehen, die an solche flexionslose Formen nicht glauben wollen; zu diesen gehöre leider auch ich, was ich aber jetzt erst öll'entlich bekenne.
Bd. LII. 17
258 Böhtlingk, Nachträgliches zu RV. 10, 95, 8.
wage ich auch das zweite Gleichnis mit dem ersten in Einklang
zu hringen, indem ich TTT^Tlfl' st. TT'O^ zu lesen vorschlage.
Unter einem T^^H'T verstehe ich einen Aufseher über die Wagen,
eine Art Wagenmeister, der das Amt hatte, die auf der Weide
befindlichen Stuten einzufangen und vielleicht auch anzuschirren.
Es ist wohl nicht zu gewagt anzunehmen , dass die Stuten einen
solcben Mann als ibren Quäler kannten und ihm auf jegliche Weise
zu entschlüpfen suchten. Meine Änderung besteht nur in der
Tilgung eines kleinen Häkchens. Auch Manu 8, 116 bieten mebrere
Handschriften fehlerhaft tgail (Nomin.) st. , was scbon das
PW. unter ^IH und bemerkt hat. Die Richtigkeit dieser Ver¬
mutung bestätigen andere Handschriften ; vgl. Jollys Ausgabe. Die
ricbtige Lesart hat übrigens schon Kullüka vor sich gehabt, da er
das Wort durch ^TP^^TIT erklärt, was in der alten Calc. Ausgabe,
die mir allein zu Gebote steht, ein Druckfehler für TT^^TPT ist.
Durch die geringen Änderungen von in ^*>«r\: und von
T^^tft in T^^nft ist in allen drei Gliedem eine vollständige
Kongfraenz hergestellt worden; es flohen erschrocken die Apsarasen
vor Purüravas wie Antilopen vor einer Schlange (Masc), wie
Stuten vor einem Schirrmeister.
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Der Kalender der alten Perser.
Von Julius Oppert.
Nicht selten erregen ganz specielle Fragen ein besonderes Interesse,
namentlich dann, wenn man vielleicht niemals im Stande sein wird,
die Antwort geben zu können. Zu diesen höchst anziehenden Fragen
gehört die über den Kalender mid die Monatsfolge bei den alten
Persem zur Zeit der Achämeniden. Wir müssen es daher dankbar
anerkennen, wenn ein Mann von den hohen Verdiensten um die
Kunde des alten Iran sich einmal wieder eingehend mit der Auf¬
gabe beschäftigt hat, die Reihenfolge der altpersischen Monate, wie
sie einzig und allein durch die berühmte Felseninschrift von Behistun
bekannt ist, in einer gelehrten Abhandlung zu beleuchten und die
Feststellung der einzelnen Monatsnamen zu ermitteln.
Die Frage ist, .wie Justi bemerkt hat, nicht neu. Rawlinson,
Spiegel und der Verfasser haben seit fast einem halben Jahr¬
hundert es sich angelegen sein lassen, das Problem zu lösen, und
langsam Schritt für Schritt ist man endlich dabin gekommen,
das vorhandene Material zu ordnen. Leider ist aber seit den
zweiundfünzig Jahren , wo Rawlinson die Heldenleistung der Ab¬
schrift des Textes vom Pelsen selbst vollführte, kein neues Doku¬
ment gefunden worden, und unser Material hat sicb um keinen
Zuwachs bereichert.
Es ist unnötig, die Specialgescbichte der Lösungsversuche des
Problems dem Leser vorzuführen. Die ersten Vermutungen wurden
1852 von mir ausgesprochen, ehe die babylonische Übersetzung für
fünf nocb vorbandene Monate einen festen Anhalt gegeben hatte. Zu
bemerken ist, dass trotz der Mangelhaftigkeit der dem Forscher
damals zu Gebote stebenden Mittel die relative Richtigkeit der
Reihenfolge schon erreicht war, obgleich die darauffolgenden Ver¬
suche, die sich schon der Vorteile der Benutzung der fünf keil¬
inschriftlichen Angaben erfreuen konnten, mehrere Änderungen ein¬
führen mussten.
Denn nicbt drei, wie Justi sagt, sondern fünf Monate sind
in der babylonischen Übersetzung der Felseninschrift erhalten. Ich
weiss nicht, wie raein verehrter alter Freund diese irrige An-