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Erstversorgung und Therapie von Verbrennungen

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ARS MEDICI 6 2008 F O R T B I L D U N G

Während erstgradige Verbrennungen und Ver- brühungen in der Regel keiner oder nur be- dingt ärztlicher Massnahmen bedürfen, stellen die zweit- und drittgradigen Verbrennungen und Verbrühungen je nach Ausmass und Loka- lisation ein schweres Krankheitsbild dar.

T H O M A S M E Y E R , B U R K H A R D H Ö C H T

Bereits ab einer verbrannten beziehungsweise verbrühten Kör- peroberfläche von mehr als 5 Prozent muss bei Kindern mit systemischen Folgen wie Hypovolämie und Schock gerechnet werden. Aber auch kleinflächige Verletzungen der «funktio- nellen Zonen» (Kopf, Hals, Hände, Genitalien) können zu Beeinträchtigungen mit bleibenden, einschränkenden Narben führen (2, 3).

Kühlen, aber nicht auskühlen lassen!

Die sofort am Unfallort eingeleitete Erste Hilfe und/oder Pri- märversorgung (Tabelle 1und 2) ist oft entscheidend für den weiteren Verlauf des Verbrennungs- beziehungsweise Verbrü- hungstraumas (1). So sollte mit einer Kühlbehandlung inner- halb der ersten 30 Minuten begonnen und diese mindestens 15 Minuten beibehalten werden beziehungsweise so lange, bis die akuten Schmerzen nachlassen. Hierzu ist normales Leitungswasser geeignet, nicht jedoch Eiswasser oder Eis- akkus, die zu einer weiteren sekundären Gewebsschädigung führen. Nur so lassen sich effektiv eine weitere Traumatisierung des Gewebes durch ein «Nachverbrennen» und sekundäre Gefässthrombosierung tieferer Gewebsschichten verhindern.

Zusätzlich wirkt eine Kühlbehandlung antiphlogistisch, anti- ödematös und antiexsudativ und beeinflusst dadurch unmittel- bar die Verbrennungskrankheit (2).

Einer der gefährlichsten Fehler der Erst- beziehungsweise Pri- märversorgung besteht darin, den Patienten in nassen Kleidern oder Verbänden weiter zu transportieren, da die Gefahr der Unterkühlung, besonders bei Kleinkindern, häufig unterschätzt

wird. Nach der Kühlbehandlung sollten die Patienten daher in trockene, saubere Tücher eingehüllt werden.

Schweregrad bestimmen

Die Schwere einer Verbrennung wird sowohl durch die Aus- dehnung (in Prozent der Körperoberfläche – KOF) und Tiefe (Verbrennungsgrade: I, II, III und IV) als auch durch die Kör- perregion und das Alter des Patienten bestimmt. Zur Beurtei- lung des Verbrennungsausmasses richtet man sich beim Er- wachsenen nach der «Neuner-Regel» nach Wallace (4), die je- doch auf das Kindesalter nicht direkt übertragbar ist, da der kindliche Kopf gegenüber dem Rumpf überproportional gross ist (Abbildung 1). Als praktisches Hilfsmittel zur Beurteilung des Verbrennungsausmasses kann jedoch auch die Grösse der Handfläche (+ Finger) des Kindes als Mass verwendet werden, die zirka 1 Prozent der KOF entspricht. Neben dem Verbren- nungsausmass spielen aber auch die Verbrennungstiefe (Tabelle 1und Abbildung 2a–c) und die Lokalisation der Ver- brennung/Verbrühung für die weitere Therapie und Versorgung des Kindes eine entscheidende Rolle. So stellen Verbrennungen im Bereich der sogenannten «funktionellen Zonen» (Gesicht, Hände, Füsse, Gelenke und Genitalien) auch bei geringer Aus- dehnung eine Indikation zur Klinikeinweisung dar, da die Wahrscheinlichkeit einer Funktionsbeeinträchtigung in diesen Bereichen besonders gross ist.

Einweisen oder nicht?

Nach erfolgter Erstversorgung und Abdecken der verbrann- ten/verbrühten Areale mit einem sauberen Tuch muss die

Erstversorgung und Therapie von Verbrennungen

Wenn der Feuerdrache zuschlägt

■■

■ Nach dem Kühlen der Verbrennungswunden dürfen insbesondere Kleinkinder nicht in nassen Kleidern/

Verbänden transportiert werden.

■■

■ Die nur stationär durchführbare offene Verbren- nungsbehandlung hat den Vorteil, dass man die Wundfläche kontinuierlich beobachten kann.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

(2)

Entscheidung über die weitere Versorgung des Kindes getroffen werden.

Für eine Klinikeinweisung sollte man sich entscheiden:

■ bei erstgradigen Verbrennungen und Verbrühungen mit einem Verbrennungsausmass von mehr als 15 Prozent der Körperoberfläche

■ bei zweitgradigen Verbrennungen und Verbrühungen mit einem Verbrennungsausmass von mehr als 5 Prozent der Körperoberfläche

■ bei allen drittgradigen und viertgradigen Verbrennungen und Verbrühungen

■ bei einer Mitbeteiligung von Gesicht, Händen, Füssen, Genitalien und Gesäss (Tabelle 4).

Wundmanagement

Parallel zur Therapie der Verbrennungskrankheit werden die chirurgischen Massnahmen durchgeführt. So müssen der Er- halt der Durchblutung zirkulär betroffener Extremitäten (Kom- partmentsyndrom) gesichert werden, nekrotische Hautareale entfernt (Nekrosektomie) und die so entstandenen Defekte plastisch rekonstruktiv gedeckt werden. Neben der Exzision der Narben und der Anwendung von Spalt- beziehungsweise Vollhauttransplantaten hat sich zur Defektdeckung der primäre und sekundäre Einsatz von biokompatiblen Materialien, wie zum Beispiel Integra Artificial Skin®, zunehmend bewährt (2).

Offen oder geschlossen?

Das Wundmanagement kann, je nach Ausdehnung und Tiefe der Verbren- nung, «offen» oder «geschlossen» erfol- gen. Ziel der Lokalbehandlung sollte es sein, in möglichst rascher Zeit bei mög- lichst wenigen Verbandswechseln die Schmerzen weitestgehend zu lindern und eine Epithelialisierung der thermi- schen Wunden zu erreichen.

Vor allem bei grossflächigen Verbren- nungen und Verbrühungen im Bereich der «funktionellen Zonen» ist ein offenes Wundmanagement in einer voll klimati- sierten, keimarmen «Verbrennungsein- heit» zu fordern. Der Vorteil der offenen Wundbehandlung liegt zum einen darin, dass man dabei die Wundfläche kontinuierlich beobachten kann, zum anderen in der Tatsache, dass die häufig doch schmerzhaften Verbandswechsel entfallen. Von Nachteil ist jedoch, dass das offene Wundmanagement nur sta- tionär durchgeführt werden kann und die betroffenen Patienten in einer voll klimatisierten, keimarmen «Verbren- nungseinheit» isoliert werden müssen.

Das geschlossene Wundmanagement (Fettgaze, z.B. Jellonet®, antimikrobielle

E R S T V E R S O R G U N G U N D T H E R A P I E V O N V E R B R E N N U N G E N E R S T V E R S O R G U N G U N D T H E R A P I E V O N V E R B R E N N U N G E N

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Abbildung 1: Bestimmung des Ausmasses einer Verbrennung (Prozent der Körperoberfläche) 1. Feuer löschen, Hitzequelle ausschalten

2. mit Wasser kühlen

3. nichts auf die Verletzung auftragen

4. abdecken mit frischen Tüchern oder Metalline® 5. Transport

Tabelle 1:

Fünf goldene Regeln zur Ersten Hilfe von Brandverletzten

1. Kühlung

2. Schmerzbehandlung Analgosedierung 3. Feststellung des Verbrennungsschadens

a) Tiefe b) Fläche

4. Infusionsbehandlung a) Zugangsweg

b) Flüssigkeitsmenge und Zusammensetzung

Tabelle 2:

Primärversorgung durch den Notarzt

Verbrennungsgrad Oberfläche Farbe Schmerz

I.-gradig trocken, keine Blasen rot schmerzhaft

II.-gradig -a- Blasen, feucht rot schmerzhaft

II.-gradig -b- Blasen, weniger feucht gesprenkelt rosa schmerzhaft

III.-gradig trocken weiss schmerzlos

IV.-gradig trocken verkohlt schmerzlos

Tabelle 3:

Gradeinteilung einer Verbrennung als Mass für die Tiefe

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Salben/Cremes, z.B. Lavasept®, Brau- novidon® oder Repithel®, steriler Wund- verband) kann bei kleinen Flächen auch ambulant durchgeführt werden. Nach- teilig ist hierbei, dass es unter den Ver- bänden zu einer Mazeration der Haut oder einer Wundinfektion kommen kann.

Ausserdem ist für die Patienten der täglich notwendige Verbandswechsel

belastend.

Literatur über www.allgemeinarzt-online.de

PD Dr. med. habil. Thomas Meyer Facharzt für Chirurgie Abteilung für Kinderchirurgie Chirurgische Universitätsklinik D-97080 Würzburg

Interessenkonflikte: keine

Diese Arbeit erschien zuerst in

«Der Allgemeinarzt» 11/2007.

Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autoren.

Abbildung 2a: Verbrennung 1. Grades Abbildung 2b: Verbrennung II. Grades nach Blasenabtragung

Abbildung 2c: Verbrennung III. bis IV. Grades (heisser Auspuff eines Autos nach Verkehrsunfall)

LL LL II II N N N N K K K K SS SS

Paulinchen e.V. Dient Eltern brandverletzter Kinder zum Erfahrungsaustausch.

www.Paulinchen.de

CICATRIX e.V. Selbsthilfegruppe aus Deutschland mit Forum für erwachsene Brand- verletzte. www.cicatrix.debzw. www.cicatrix.ch

■ Verbrennungen/Verbrühungen I. Grades über 15 Prozent der KOF

■ Verbrennungen/Verbrühungen II. Grades über 5 bis 10 Prozent der KOF

■ Verbrennungen III/IV. Grades

■ Mitbeteiligung von Gesicht, Händen, Füssen, Genitalien und Gesäss

■ Kinder < 1 Jahr

Tabelle 4:

Indikation für eine stationäre Behandlung

Referenzen

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