DER EPILOG DES HIOBBUCHES UND 11 QTG JOB
Von Ernst Kutsch, Erlangen
Unter den Texten, die seit 1947 in zahlreichen Höhlen westlich des Nord¬
endes des Toten Meeres zutage gekommen sind und die mit dem (modernen)
Namen der Siedlung einer jüdischen Mönchsgemeinschaft aus der Zeit um
Christi Geburt, Hirbert Qumran, verbunden sind, befindet sich ein Targum
zu dem alttestamentlichen Buch Hiob. Entsprechend dem Fundort, der in
der Reihenfolge der Entdeckung 11. Höhle, wird dieser Text als llQtgJob
bezeichnet (l). Von diesem Targum sind Texte bzw- Textteile zwischen Hi
17, 14 und 42,11 erhalten. Es handelt sich um Bestandteile einer Rolle, und
zwar 27 Fragmente und eine sog. "Kleine Rolle"; dazu kommen ca. 23 Kleinst¬
fragmente mit nur wenigen oder gar nur einem Buchstaben. Insgesamt sind
Teile von 38 Kolumnen erhalten, von denen die Reste von 10 Kolumnen in der
"Kleinen Rolle" zusammenhängen. Von diesen Kolumnen sind zwischen 8 und
11 Zeilen erhalten, zum großen Teil nur in Resten. Nür bei einzelnen Frag¬
menten ist der obere Rand des Textes zu erkennen, aber bei keiner der Ko¬
lumnen der "Kleinen Rolle". Es läßt sich errechnen, daß die vollständigen
Kolumnen etwa 16 oder 17 Zeilen umfaßt haben müssen (2).
Von den Problemen, die dieser Targumtext aufwirft, nehmen wir hier ei¬
nes in den Blick, das sich auf den sog. Epilog des Hiobbuchs bezieht, also
auf den Prosatext am Ende des Buches: Hi 42, 7-17. Von diesem Stück ist
in Qtg der Text erhalten, der Hi 42, 9b- 11 entspricht. Es ist der Textbestand
der letzten Kolumne, Kol.XXXVIII. Sieben Zeilen dieser Kolumne sind voll¬
ständig erhalten; minimale Zeichenreste lassen erkennen, daß noch wenig¬
stens eine Zeile darüber stand. Ob damit der oberste Rand der Kolumne er¬
reicht wäre, ist nicht auszumachen. Der Raum links neben dieser Kolumne
ist leer; das heißt, daß hier das Ende des Hiobbuches und der Rolle erreicht
ist. Es ist aber nicht sicher auszuschließen, daß über dem jetzigen Rand
noch eine Zeile geschrieben war (3). Der erhaltene Text lautet in Uberset¬
zung: "9) ••• Gott, und Gott hörte die Stimme Hiobs, und er erließ ihnen
ihre Sünden um seinetwillen. 10) Und Gott wandte sich wieder Hiob zu in
Barmherzigkeit und gab ihm das Doppelte von allem, was er besessen hatte.
Ii) Und es kamen zu Hiob alle seine Freunde und .alle seine Brüder und alle
seine Bekannten, und sie aßen mit ihm Brot in seinem Haus, und sie tröste¬
ten ihn wegen des Unglücks, das Gott über ihn hatte kommen lassen. Und je¬
der von ihnen gab ihm ein Lamm und einen Goldring."
Auffällig ist, daß der Qtg-Text mit dem Schluß von V. 11 endet. Wie erklärt
sich dieser Sachverhalt, und welche Folgerung ist aus ihm hinsichtlich der
Entstehungsgeschichte des Hiobbuches zu ziehen ?
Die Handschrift läßt den Text mitten in der Zeile aufhören; der Rest der
Zeile bleibt frei. Diese Gegebenheit nennen wir eine*"offene Parasche". Der
Schreiber bezeichnete damit einen Einschnitt im Text. In dem uns erhaltaien
Text des Qtg finden sich mehrere solcher "offenen Paraschen". Sie markie-
ren durchweg das Ende einer Rede oder eines Redeganges. So in Qtg 1,3 das
Ende der Hiobrede 16,1 - 17,16 nach Eliphas II, in III, 1 das Ende der Hiob-
rede 19,1-29 nach Bildad II, in X,6 das Ende der ("ersten") Hiobrede 26, 1-14
nach Bildad III, in XX, 4 das Ende des Redeganges zwischen Hiob und sei¬
nen Freunden nach der Notiz, daß die drei Männer aufhörten Hiob zu antwor¬
ten, in 32,1, in XXXIV, 1 das Ende des ersten Hiobwortes 40,3-5, in XXXVII, 2
das Ende der zweiten Gottesrede 40,6 - 41,26, in XXXVII, 9 das Ende des
zweiten Hiobwortes 42,1-6 (4). Dreimal ist der Einschnitt im Text zusätz¬
lich dadurch betont, daß eine weitere Zeile ganz freigelassen wurde: 111,2;
X,7; XX, 5. In IX, 3 ist außerdem das Ende der Hiobrede 23,1 - 24,25 nach
Eliphas III mit der Freilassung der ersten Hälfte der Zeile gekennzeichnet;
hier liegt also eine "geschlossene Parasche" vor. Diese entspricht einer eben¬
solchen im MT, wie Qtg auch mit der offenen Parasche nach Hi 32,1; 40, 5;
42,6 mit MT übereinstimmt. Dagegen steht im Gegensatz zu Qtg im MT nach
17,16; 19,29; 26,14; 41,26 eine geschlossene, nicht eine offene Parasche(5).
Es ist zu fragen, ob eine solche offene Parasche auch in XXXVIII, 8 beab¬
sichtigt war. Der Schreiber hätte dann in der nächsten Zeile - deren even¬
tueller Raum zerstört ist - mit V.12 fortgefahren. Im Vergleich zu dem
sonst zwischen den einzelnen Kolumnenresten zu berechnenden Platz für den
fehlenden Text würde auch hier hinreichend Raum für den Rest von Kap. 42,
V. 12-17, anzunehmen sein, wobei evtl. eine Zeile noch auf dem - im übri¬
gen freien - Raum für eine weitere Kolumne gestanden haben könnte (6).
Dieser Annahme steht aber der schwerwiegende Einwand entgegen, daß in
allen Fällen, in denen das Qtg einen Teil einer Reihe freigelassen hat, durch
den Textzusammenhang ein deutlicher Einschnitt gegeben ist, der dann auch
im MT durch eine Parasche gekennzeichnet ist. Ein solcher Einschnitt liegt
zwischen 42,11 und 12 nicht vor, und dementsprechend findet sich im MT
hier auch keine Parasche.
Ist es also durchaus unwahrscheinlich, daß in der Handschrift des Qtg
noch eine Ubersetzung der Verse 42,12-15(17) gefolgt ist, so bleibt als zwei¬
te Möglichkeit, daß das Qtg das Hiobbuch mit der Erzählung von dem Besuch
der Verwandten und Bekannten Hiobs, mit 42,11 hat schließen lassen. Hier
ist zu fragen, wie es dann zu diesem "Kurztext" gekommen ist. Hat (l. ) der
Übersetzer einen hebräischen Text wiedergegeben, der bereits mit V. 11 en¬
dete - der sich also von dem MT darin unterschied, daß er die Verse 12-17
nicht kannte? Oder hat (2.) der Ubersetzer den ihm vorliegenden, MT entspre¬
chenden "Langtext" von sich aus gekürzt? Rechnet man mit dem ersten Fall,
so erhebt sich die zusätzliche Frage, welche der beiden Textformen - "Lang¬
text" oder "Kurztext" - traditionsgeschichtlich die ursprüngliche ist. Ge¬
genüber der "Annahme" von G. Fohrer, "daß llQtgJob die Bemerkungen in
Hi 42,10-11 als passenden Schluß des Buches erachtet und die folgenden Ver¬
se als bloße Ausführung des Erzählten weggelassen hat" (7), wurde inzwi¬
schen wiederholt für die Ursprünglichkeit des Kurztextes votiert, so von
van der Ploeg (8) und von John Gray (9).
Die hier anstehenden Fragen sollen von zwei Gesichtspunkten her präziser
beantwortet werden.
Als erstes fragen wir nach der Logik der Erzählung. Der "Kurztext" läßt
das Hiobbuch mit folgenden Angaben schließen: Nachdem Hiob für seine drei
Freunde bei Jahwe Fürbitte geübt hat, wendet Jahwe Hiobs Geschick und gibt
ihm nicht nur seinen früheren Besitz, sondern sogar das Doppelte davon. Da-
nach kommen Hiobs Verwandte und Bekannte, um ihn "wegen all des Unheils,
das Jahwe über ihn gebracht hat," zu trösten und ihm Gaben zu bringen. So
der MT; das Qtg stimmt bei Abweichungen im einzelnen gerade in den Haupt¬
zügen mit MT überein. Wenn das das Ende der Hioberzählung gewesen sein
soll, so fragt man sich, warum die Menschen, die dem Hiob besonders nahe¬
stehen, ihn trösten, nachdem er wieder reich geworden ist - so als ob sie
von der Restitution seines Besitzes nichts erfahren hätten. Der Trost der An¬
gehörigen ist in jedem Fall vor der Wiederherstellung von Hiobs Besitz zu er¬
warten, aber nicht hinterher (lO). Das heißt: die in V.IO und 11 gegebene
Reihenfolge der Ereignisse ist falsch; das Hiobbuch kann also von der Logik
der Erzählung her nicht mit dem Text von V. 10 bis 11 - nach MT wie nach
Qtg - geendet haben.
Zum zweiten ist zur Frage "Kurztext" oder Langtext" von der Entstehungs ¬
geschichte der Rahmenerzählung aus zu argumentieren. Von dem hier zu ge¬
winnenden Ansatz aus ist auch für unsere Fragestellung ein präziseres Er¬
gebnis möglich.
Der Kern des Hiobbuches, die "Hiobdichtung" in Hi 3,1 - 42,6, ist um¬
klammert von zwei Prosastücken - 1,1-2,13 und 42,7-17 - , die zwar tra¬
ditionell als "Prolog" und "Epilog" bezeichnet werden, die aber von Hause
aus zusammengehören und - mindestens in ihrem Grundbestand - einmal
eine durchgehende Erzählung gebildet haben. Dieser Sachverhalt ist heute
weithin anerkannt; G. Fohrer hat ihn durch eine Wortstatistik unterstrichen (ll).
Nach Fohrer ist diese Rahmenerzählung ein einheitlicher Text - mit zwei
Ausnahmen: 1. Die Gestalt des Satans ist erst sekundär - in nachexilisoher
Zeit - in die Hioberzählung eingefügt worden. 2. In der ursprünglichen Dar¬
stellung haben nach der Versuchung Hiobs durch seine Frau (2,9f. ) die Ver¬
wandten und Bekannten den Geplagten besucht, um ihn ihrerseits zu versuchen.
Erst der Verfasser der Hiobdichtung hat diesen Personenkreis durch die drei
Freunde Eliphas, Bildad und Sophar ersetzt und den Text von 42,11, der ur¬
sprünglich hinter 2,10 stand, in seine Neufassung in 42,7ff. eingefügt (12).
Dieser Sicht stehen gewichtige Bedenken gegenüber. Die Himmelsszenen die¬
nen dazu, Hiobs Unglück auf den Satan zurückzuführen; ohne diesen fehlt für
sie in der Darstellung jede Motivierung. Das bedeutet: die Himmelsszenen ha¬
ben nie ohne die Gestalt des Satans bestanden. Zu Punkt 2 muß die Erklärung
mit einem umständlichen Vorgang (Ersetzung der Verwandten und Bekannten
durch die Freunde) rechnen; und die Vermutung, Verwandte und Bekannte
suchten "Hiob von seinem ergebenen Glauben abzubringen" (13), macht die
weitere Annahme notwendig, daß die ursprünglichen Worte wie auch Hiobs
Antwort darauf bei der Umstellung des Textes von 42,11 ausgefallen sind (14).
Demgegenüber ergibt sich aus dem Text der Rahmenerzählung, daß diese
nicht ein einheitlicher Text ist, sondern daß sie aus einem Grundbestand und
(mindestens) einer Erweiterung zusammengesetzt ist. Wer in 42,11 das Un¬
heil, das Hiob getroffen hat, auf Jahwe zurückführt, kennt die beiden Him¬
melsszenen noch nicht, die Hiobs Unglück der Intention und Aktion des Sa¬
tans zuschreiben (15). Die beiden Szenen im Himmel sind also in der Erzäh¬
lung nicht ursprünglich, sondern gehören einer Bearbeitung des ursprüngli¬
chen Textes an. Es ist deutlich zu sehen, daß die erste - 1,6-12 - den Text¬
zusammenhang zwischen 1,5 und 1,13 unterbricht: Das Possessivpronomen
"seine (Söhne)" in 1,13 bezieht sich auf Hiob (in V.5b), nicht auf den Satan
(in V. 12b); hier fehlt auch der Hinweis, daß die Unglücksfälle von
1,13-19 vom Satan bewirkt seien - wie das beim zweiten Mal in 2,7
ausdrücklich festgestellt wird. Der Bearbeitung gehört mit der zweiten Him¬
melsszene auch die Erkrankung Hiobs an, darüber hinaus die Versuchung Hi¬
obs durch seine Frau (2,9f. ) und das Kommen der drei Freunde Eliphas, Bil¬
dad und Sophar, wo in beiden Fällen Hiobs Krankheit vorausgesetzt ist. Da in
42,7-10 ebenfalls die drei Freunde eine Rolle spielen, gehören auch diese Ver¬
se zur Bearbeitung. Andererseits kennt V. 11 (ff.) zwar die in 1,13-19 aufge¬
zählten Unheilsschläge, weiß aber noch nichts von Hiobs Erkrankung (16);
denn das Trostmahl der Angehörigen mit Hiob findet nach 42,11a in dessen
Haus statt, während Hiob nach der Darstellung der Bearbeitung als Folge sei¬
ner Erkrankung "inmitten der Asche" (2,8b) und also offensichtlich außer¬
halb seines Hauses saß (und sitzen mußte) (l7) (l8).
Die zweite Schicht umfaßt somit die Textteile 1,6-12; 2,1-13; 42,7-10.
Als Grundbestand verbleibt 1,1-5.13-22; 42,1 1-15( 17?) (19) (20). Er ent¬
hält eine Lehrerzählung darüber, wie sich ein frommer, gerechter Mann in
großem Unglück verhält und wie er schließlich für seine Bewährung belohnt
wird. Die Bearbeitung will einerseits Jahwe von der Veranlassung von Hiobs
Unglück entlasten - so wie IChr 21,1 die Verführung Davids zur Volkszäh¬
lung nicht mehr Jahwe (so 2Sam 24,1), sondern dem "Satan" zuschreibt. An¬
dererseits führt die zweite Schicht über Hiobs Frau hinaus drei Freunde Hi¬
obs ein - offenbar um einen Dialog zwischen ihnen und Hiob zu entfalten (21).
Im "Epilog" in Hi 42,7-15(17) liegt also die Naht zwischen Grundbestand und
Bearbeitung zwischen V. 10 und V. 11. Die ursprüngliche Erzählung hat in V. 11
den Trostbesuch der Verwandten und Bekannten und danach in V. 12f. die Wie¬
derherstellung und Verdoppelung des Besitzes sowie das Geschenk der frühe¬
ren Kinderzahl berichtet: Hier stehen die Ereignisse in der richtigen Reihen¬
folge. Die Bearbeitung schließt mit der Bedrohung der Freunde durch Jahwe
und deren Opfer sowie Hiobs Fürbitte das Thema "Freunde" ab (V.7-9 + lOap) .
Mit dem Satz von V.10a«c.b: "Jahwe aber wendete Hiobs Geschick ... ; und
Jahwe vermehrte alles, was Hiob besessen hatte, zum Doppelten," lenkt sie
zum ursprünglichen Textbestand zurück - nicht zu dem in V. 11 berichteten
Trostbesuch, sondern darüber hinaus zu dem erzähltechnisch entscheidenden
Faktum der zu Ende gehenden Hioberzählung: zu seiner Belohnung, zur Wie¬
dergewinnung seines Besitzes und seiner Kinder in V. 12f.
Von der Entstehung der Rahmenerzählung her wird nun zu unserer Frage
deutlich: Die Angabe, Jahwe habe Hiobs Besitz verdoppelt, ist - nach dem
Gang der Darstellung - in V. 12 sinnvoll und hier ursprünglich. In V. 10b
ist sie Bestandteil der Bearbeitung und also sekundär. Da sich die V. 11-15(17)
insgesamt als wesentlicher Bestandteil der ursprünglichen Hioberzählung er¬
geben haben, ist deutlich, daß diese nicht mit V.ll geendet hat (22). So er¬
gibt sich auch aus der literarischen Geschichte der Rahmenerzählung und da¬
mit auch des Epilogs des Hiobbuches alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß der
"Langtext", den MT vertritt, gegenüber dem "Kurztext" des Qtg, der mit V.ll
endet, ursprünglich ist. Der Targumist hat also den ihm vorliegenden Text
gekürzt.
Es bleibt noch zu fragen, ob ein Anlaß für diese Textkürzung zu ermitteln
ist, und weiter, ob Qtg den ganzen Rest von Hi 42, d.h. die V. 12-17 insge¬
samt weggelassen hat.
Für eine Kürzung erwägt Gray sowohl "theologische" (23) als auch "lehr¬
hafte" Gründe (24), ohne diese näher zu bestimmen. Tuinstra beantwortet
unsere Frage von seiner These aus, das Qtg sei geschrieben "in einer und für
eine Menschengruppe, die die Daxstellung von den Leiden und Anfechtungen
Hiobs als eine Beschreibung der Heimsuchungen der eigenen Gruppe, in ihrer
eigenen Zeit, erfahren" habe (25): In diese "zugespitzte Aktualisierung" ha¬
be die Schilderung Hiobs in seinem Glück offenbar nicht hineingepaßt - des¬
halb seien die V. 12-17 weggelassen worden (26). Bei dieser Erklärung bleibt
allerdings offen, warum dann in V.IO der Bericht über die Verdoppelung von
Hiobs Besitz stehengeblieben ist. Wichtiger dürfte die Beobachtung (27) sein,
daß der Targumist aus der in V.ll MT genannten Reihe der Besucher - "Brü¬
der, Schwestern, Bekannte" die Schwestern weggelassen (und dafür an erster
Stelle "Freunde" f rhmjn ] eingesetzt) hat. Ganz sicher spiegelt sich in die¬
ser Maßnahme die Situation der Mönchsgemeinschaft in Qumran wider: An
den Frauen ist man nicht interessiert. Dann ist es aber auch geradezu selbst¬
verständlich, daß auch die ausführlichen Angaben über die Töchter Hiobs in
V. 13 und vor allem in V. 14f. gestrichen wurden. Da dann V. 12 nur eine Wie¬
derholung von V.lOb war, hat der Targumist auch diesen - nun samt der Nen¬
nung der Söhne in V. 13 - weggelassen, allerdings ohne zu berücksichtigen,
daß damit V. 11 nach V. 10 zu spät kommt.
Abschließend ksinn man fragen, ob der Targumist auch den Schluß in V.16f.
aufgegeben hat. Immerhin hat MT vor V. 16 eine geschlossene Parasche. Soll¬
te der Targumist diese mit einer offenen Parasche aufgenommen (28) und
noch den Text von V. 16f. angeschlossen haben? Einen Anlaß zur Streichung
dieser Verse hatte er wohl nicht. Aber an diesem Punkt ist über eine Vermu¬
tung nicht hinauszukommen.
Wir fassen zusammen. Der in llQtgJob mit Hi 42,11 endende "Kurztext"
des Hiobschlusses geht nicht auf einen hebräischen Text zurück, der traditi¬
onsgeschichtlich dem MT vorzuordnen wäre, sondern er resultiert aus einer
vornehmlich durch die ausführliche Erwähnung der Hiobtöchter in V. 13-15
begründeten Streichung der V. 12-15(17). Dies ergibt sich aus Gründen der
Logik der Erzählung in dem verbleibenden "Kurztext" sowie aus der Entste¬
hungsgeschichte der Rahmenerzählung des Hiobbuches. Ob der Targumist den
Schluß der Erzählung, V. 16f., beibehalten hat, kann man wenigstens fragen.
Anmerkungen
1. Edition: Le Targum de Job de Ia Grotte XI de Qumrän, edite et traduit par
j.P.M. van der Ploeg, O.P. et A.S. van der Woude avec la collaboration
deB. Jongeling, Leiden 1971. Eine Neubearbeitung - vornehmlich unter
linguistischem Aspekt - hat M. Sokoloff vorgelegt: The Targum to Job
from Qumran Cave XI, Ramat-Gan 1974.
2. Edition, a.a.O. S. 87.
3. Photographie und Transkription dieser Kolumne wurden vorweg veröffent¬
licht von J. van der Ploeg, Le Targum de Job de la grotte 11 de Qumran
(llQtgJob). Premiere Communication, Amsterdam 1962, Tafel nach S. 8.
4. Da der untere Rand des erhaltenen Teiles dieser Kolumne XXXVII stark
ausgefranst ist, ist nicht sicher zu entscheiden, ob der ganze Rest der
Zeile freigelassen ist.
5. Ein geringerwertiger Einschnitt scheint in XXIV, 3f. gemeint zu sein,
wenn hier am Ende von Z. 3 für 5 Buchstaben und am Anfang von Z. 4
für 3 Buchstaben freier Raum gelassen ist (cf. Sokoloff a.a.O. S. 5 Anm.
l). MT bietet hier keine Parasche. - Andererseits ist die offene Parasche
zwischen Hi 31,40; 32,1 MT in Qtg XX, 2 offenbar nicht notiert. XX, 2
enthält das letzte Wort von 31,40a und das erste Wort von 31,40b (von
drei Worten). Z. 3 beginnt mit 'lin "diese", dem vierten Wort von 32,1.
Neben den fehlenden Wörtern dürfte in der Lakune von Z. 2 kaum noch
Raum für eine Parasche sein.
6. Für diese Möglichkeit entscheidet sich van der Woude im Kommentar der
Edition, a.a.O. S. 87.
7. 4QOrNab, llQtgJob und die Hioblegende (ZAW 75, 1963, S. 93-97), S.
97. - Diese Annahme nimmt im Zitat auf J. Leveque, Job et sont Dieu.
Tome I: Essay d' exegese et de theologie biblique, Paris 1970, S. 133.-
Der Annahme, der MT ("Langtext") sei gegenüber dem Text von Qtg
("Kurztext") sekimdär, widerspricht auch E.W. Tuinstra, Hermeneuti¬
sche Aspecten van de Targum van Job uit Grot XI van Qumran (Proef¬
schrift Groningen), 1970, S, 47. Nur schließt seine Begründung, daß
die Rahmenerzählung zu dem ältesten Teil des Hiobbuches gehört und
sich auch in der LXX findet, nicht aus, daß der "älteste Teil" einmal
(um die Verse 42,12-17) kürzer war und daß sich diese Tradition in dem
Qtg wiederfindet.
8. In dem Kommentar der Edition, a.a.O. S. 87.
9. The Massoretic Text of the Book of Job (ZAW 86, 1974, S. 331-350).
Gray läßt - jedenfalls in der Zusammenfassung auf S. 350 - die Fra¬
ge offen, sieht aber im Grunde doch den Kurztext als den ursprünglichen
an; er habe schon vor der Veröffentlichung von llQtgJob den Abschnitt
Hi 42,12ff. als eine midraschische Erweiterung angesehen (vgl. a.a.O.
S. 335). - Sokoloff läßt die Frage, ob in der Handschrift auf 42,11 noch
der weitere Text gefolgt ist oder nicht, offen (a.a.O. S. 57).
10. So dezidiert auch C. Kuhl, Neuere Literarkritik des Buches Hiob (ThR
21, 1953, S. 163-205), S. 200. - Zahlreiche Kommentatoren überspie¬
len diese Schwierigkeit; z.B. S.R. Driver - G. Buchanan Gray, A Critie¬
al Commentary on the Book of Job, Edingburgh 1921 ( =1964), Part I,
S. 375: Die Verwandten und Bekannten "express their sorrow for the
troubles now past [l] ". Wo von nud "Teilnahme bekunden" (eigentlich:
"[den Kopf] schütteln" - nämlich aus Anteilnahme) - meist zusammen
mit n^m pi. "trösten" - die Rede ist, liegt stets das Unheil, das Mit¬
leid und Trost veranlaßt hat, vor; nie ist es bereits behoben: Jes 51,19;
Jer 15, 5; 16, 5; 22,10; 48,17; Nah3,7; Ps69,21; Hi 2,11 - so auch in Hi
42,11.
11. Zur Vorgeschichte und Komposition des Buches Hiob (VT 6, 1956, S.
249-267 = Studien zum Buch Hiob, Gütersloh 1963, S. 26-43), S. 258ff.
= S. 34ff. - S. auch unten S.145. Anm. 18.
12. A.a.O. S. 252ff. = S. 29ff .; Das Buch Hiob (KAT XVI), Gütersloh 1963,
S. 29ff .; zuletzt in: G. Fohrer u.a., Exegese des Alten Testaments,
Einführung in die Methodik, Heidelberg 1973, S. 120ff. - Hinsichtlich
des zweiten Punktes ist H.P. Müller, Hiob und seine Freunde. Traditi¬
onsgeschichtliches zum Verständnis des Hiobbuches (ThSt 103), Zürich
1970, Fohrer gefolgt.
13. VT 6, S. 261 = Studien S. 37.
14. Ebd.
15. Gegen diese Feststellung kann man nicht Hi 2,10 anführen: "Das Gute
sollen wir von Gott hinnehmen, das Böse sollen wir nicht hinnehmen?!"
I
Auch hier wird zwar das Unheil auf Jahwe zurückgeführt, und zwar in ei¬
nem Text, der sich - wie gleich zu zeigen ist - als zur Bearbeitung der
Rahmenerzählung gehörend erweist, auf die auch die Himmelsszenen zu¬
rückgehen. Aber in 2,10 spricht Hiob (der von den Gesprächen zwischen
Gott und dem Satan nichts weiß), in 42,11 ist es der Erzähler (der -
hätte er selbst die Himmelsszenen berichtet - nicht so unbefangen Jah¬
we als den Verursacher des Unglücks hätte gelten lassen können). -
Das Hiobwort in 1,21: "Es gab Jahwe, es nahm Jahwe - gesegnet sei der
Nam' Jahwes," gehört sowieso zum Grundbestand (wie 42,11).
16. In der zweiten Schicht bezieht sich die "Wendung von Hiobs Geschick" in
42, lOaoc, die ja neben der Notiz von der Verdoppelung von Hiobs (frühe¬
rem) Besitz steht, vornehmlich auf die Wiederherstellung seiner Gesund¬
heit.
17. Dementsprechend hat LXX am Ende von 2,8b hinzugefügt: "außerhalb des
Hauses" und in Konsequenz davon in 42,11 die Angabe "in seinem Haus"
weggelassen. Die Streichung von b^beto (BHK u.a. ) ist also nicht zuläs¬
sig - und zu Recht in BHS unterblieben.
18. Die Wortstatistik von Fohrer, die die Zusammengehörigkeit von Prolog
und Epilog verdeutlicht (s. dazuobenS. 141 bei und mit Anm. 11 ), bestä¬
tigt darüber hinaus die Verteilung des Epilogs auf die beiden im Prolog
festzustellenden Schichten: Zur zweiten Schicht gehören ^bdj 'jwb 42,7.8
(3mal) wie in 1,8;2.3, kl ^sr 1^ 42,10 wie in 1,10.11.12, b'd 42,8.10
wie in 1, 10;2,4, bf_"gegen" 42,7 wie in 2,3, Iqh 1^ "sich nehmen" 42,8
wie in 2,8. In der ersten Schicht steht ^1 'm "essen mit" wie in 1,4 in
42,11 und ntn 1® "jmdm. geben" wie in 1, 22 in 42, 11.15.
19. Vgl. Kuhl a.a.O. S. 195ff. 198ff. Eine Streichung von 42,10 (Kuhl a. a. O. S.
199f .) ist nicht notwendig.
20. In der zweiten Schicht steht " der Satan", also satan mit Artikel; satan
ist hier demnach noch nicht Eigenname - wie etwa in IChr 21,1 - ,
sondern Funktionsbezeichnung: der Opponent, oppositor (vgl. F. Horst,
Hiob. 1. Teilband [bK XVl/l], Neukirchen-Vluyn 1968 [= ^1974], S. 13f. ).
Wie hier tritt "der Satan" auch in Sach 3,1 im himmlischen Hofstaat auf;
so dürfte auch die zweite Schicht der Rahmenerzählung in die Zeit etwa
um 500 v.Chr. gehören. Der Grundbestand, die erste Schicht, ist dann
älter; seine Erzählung ist wohl in Ez 14,4.20 vorausgesetzt. Möglicher¬
weise ist diese Form der Hioberzählung - nur der Grundbestand der
Rahmenerzählung des Hiobbuches ! - in der jüdischen Diaspora in Baby¬
lonien oder in Nordarabien noch im 5. Jh.v.Chr. als selbständige Erzäh¬
lung bekannt gewesen; das scheint sich aus einem Vergleich der Hiober-
zählimg mit 4QOrNabzu ergeben (vgl. R. Meyer, Das Gebet des Nabonid.
Eine in den Qumran-Handschriften wiederentdeckte Weisheitserzählung
[SAL lo7,3], Berlin 1962, S. 105-107; G. Fohrer, 4QOrNab, llQtgJob
und die Hioblegende, S. 95).
21. Angesichts des Sachverhaltes, daß 42,7a an eine Jahwerede anschließt,
während zuletzt (42,1-6) Hiob gesprochen hat, ergibt sich die Frage,ob
der vorliegende Dialog der ursprüngliche ist oder ob er einen älteren er¬
setzt hat (vgl. dazu Kuhl a.a.O. S. 202); dieses Problem ist hier nicht
weiter zu verfolgen. - Die Verse 42,16-17 zeigen priesterschriftlichen
(vgl. Gen 7,5.10.13 usw.; 35,29; 25,8) bzw. chronistischen (vgl. IChr
29,28) Sprachgebrauch; sie sind möglicherweise jüngerer Zusatz. Die
Hioberzählung könnte mit der (verbesserten) Wiederherstellung des ur¬
sprünglichen Zustandes Hiobs geschlossen haben. Ob dieser Zusatz mit
der zweiten Schicht zusammenhängt, mag hier offen bleiben.
22. Daß die Verdoppelung von Hiobs Besitz zuerst (in V. 10) durch den Be¬
arbeiter erzählt und erst von da in den BestcUid der ursprünglichen Er¬
zählung (nach V.12) gelangt wäre, ist demgegenüber ganz unwahrschein¬
lich. Daß Hiob schließlich Besitz und Kinder wiedererhält, entspricht
"der alten Erzählweise, die unbedingt nach einem happy end verlangt,
nach der vor aller Welt sichtbaren Belohnung des treuen Frommen für
all seine Gottergebenheit und Frömmigkeit" (Kuhl a.a.O. S. 199); die¬
ser Zug ist also Grundbestandteil der Hioberzählung.
23. A.a.O. S. 335.
24. A.a.O. S. 350.
25. A.a.O. S. 47 und dazu S. 65 ff.
26. A.a.O. S. 47.
27. Sie findet sich - ohne die oben zu ziehende Schlußfolgerung auf die Strei¬
chung von V. 12ff. - auch bei Tuinstra a.a.O. S. 46.
28. Zu Beispielen dafür s. oben S. 139f.
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