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(1)IN PERSISCHE DICHTUNG Von Mahmud Kuros, Stuttgart In der deutschen klassischen Literatur nimmt Goethes Faust eine über¬ ragende Stellung ein

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IN PERSISCHE DICHTUNG

Von Mahmud Kuros, Stuttgart

In der deutschen klassischen Literatur nimmt Goethes Faust eine über¬

ragende Stellung ein. Dieses größte Werk des genialen Dichters beherrschte

die hterarische Welt des 19. Jahrhunderts und ist heute noch als ein Kleinod

der deutschen Literatur zu bezeichnen, da es außer seinem dichterischen

Glanz einen unvergleichhch hohen ethischen Wert hat.

Wenn ich mir vorgenommen habe, dieses Werk in persische Dichtung zu

übertragen, so bin ich der Meinung, daß ich damit eine Bereicherung der

persischen Literatur erreichen karm, falls es mir gehngt, die Übersetzung in

annehmbarer Güte und möghchst mit dem Urtext ,, identisch" zu machen,

damit auch derjenige Leser, der die deutsche Sprache nicht kann oder diese

mangelhaft beherrscht, in den Genuß der Lektüre des großartigen Werkes

kommt, so als ob er die Faustdichtung in Originalfassung vor sich hätte.

Unter den zahlreichen Übersetzungen des Faustwerkes in Fremdsprachen,

ist dieses auch bereits ins Persische übertragen worden, allerdings in Prosa'.

Mir erscheint aber die Übersetzung in Versformen als besonders wichtig, da

nur hierdurch eine ,, identische" Übertragung erreicht werden karm, wie

diese von Goethe selbst in seinem West-Östhchen Divan geschildert wird^.

Dort schreibt Goethe: ,,Eine Übersetzung, die sich mit dem Original zu

identifizieren strebt, nähert sich zuletzt der Interlinearversion und erleich¬

tert höchhch das Verständnis des Originals ..."

In der Tat ist bei dieser Übersetzung ,,das Verständnis des Originals" von

grundlegender Bedeutung, denn hierdurch soU dem Leser die Idee Fausts als

das Bestreben des nie müde werdenden Menschen auf dem Wege des Schaf¬

fens und Wirkens dargelegt werden, eine reahstischc Lebensauffassung, ohne

daß dabei die Welt des Ideals vergessen wird, nämhch die Suche nach der

Wahrheit, oder wie Goethe dazu sagt, der Drang Faustens ,,mit seinem Geist

das Höchste und Tiefste zu greifen". VieUeicht waren es ähnhche Gedanken¬

gänge, die die anderen Autoren dazu geleitet haben, die Versform der Prosa

vorzuziehen; wir kennen z. B. eine gute englische Versübertragung*.

' A. Mobascheri, Faust 1 Bd., Verlag Taban, Teheran (Jahreszahl unbekannt).

Die Übersetzung erfolgte aus dem französischen Text Von Görard de Nerval.

2 West-Östlicher Divan, Ausgabe dtv. 1961, S. 243 ff.

' Goethes Faust, by Bayard Taylor; Revised, Edited and with a New

Introduction, By Stuart Atkins, Part I, Collier Books, New York, N. Y. 1963

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Übertragung von Goethes Faust in persische Dichtung 523

Die bereits erwähnte Güte und Genauigkeit als Voraussetzung für die

Identität der Übersetzung sollen hier näher betrachtet und erläutert werden.

Das erste Gebot ist eine saubere dichterische Gestaltung, die eine Form-

schönheit gewährleistet so, daß die Lektüre der Verse mit einem ästhetischen

Gefühl und freudigem Wohlbehagen verbunden ist. Hierzu gehört auch die

leichte Lesbarkeit der Verse, die persisch „saläsat" genannt wird. Das hat zu

bedeuten, daß der Leser keine zweideutigen Aussprachen oder Betonungen

vorfindet und die Verse frei von schwierigen und nicht gebräuchhchen Wör¬

tem sind, wobei die Regeln der Verskunst {'arüz) voll zm- Geltung kommen,

ungeachtet dessen, daß der Urtext oft kompliziert und für den Nichtkenner

schwer verständlich ist, aber eine Höchstleistung der deutschen Dichtkunst

darstellt.

Hierzu knüpft sich die Frage der Genauigkeit der Übersetzung. Wir

verstehen unter diesem Wort die Forderung, daß sowohl die äußere Form als

auch die Phantasie des Dichters genau wiedergegeben werden. Dabei müs¬

sen die Worte des Dichters, wie sie im Original stehen, nach Möglichkeit

auch in der Übersetzung erscheinen oder diesen sehr ähnlich sein. Die Be¬

wahrung der äußeren Form ist kaum möglich, da die Versmaße und die

Regeln der Poetik der persischen und deutschen Sprache verschieden sind.

Das kann z. B. von der englischen Sprache im Vergleich zu Deutsch nicht

gesagt werden, da in diesem Falle die Struktur der Versformen beider

Sprachen dieselbe ist, so daß sogar oft eine wörtliche Übersetzung mög¬

lich ist ; wir köimen das bei der Lektüre der genannten englischen Überset¬

zung leicht feststellen. Für die Genauigkeit der Übersetzung ins Persische

ist, ganz gleich, ob es sich um Prosa oder Poesie handelt, das Fehlen von

äquivalenten Wörtern in der persischen Sprache von großer Bedeutung;

beim Enghschen oder Französischen ist das nur selten der Fall*. So macht

das Auffinden von ParaUelen oft erhebhche Schwierigkeiten ; die benutzten

Wörter und Ausdrücke soUen ja nicht fremd oder künsthch khngen, und eine

Verzerrung der Dichterworte muß unbedingt vermieden werden. Ebenfalls

ist über die im Faustwerk benutzten mjrthologischen Vorstellungen zu sa¬

gen, daß diese nicht für eine korrekte Übersetzung geeignet sind. Wo sich

eine ParaUele finden läßt, wird davon Gebrauch gemacht ; im anderen Falle

muß notgedrungen ein Kompromiß in Kauf genommen werden.

Als Versmaße sind solche gewählt worden, die der leichten Lesbarkeit

Genüge leisten können und in der persischen Literatur oft vorkommen, z. B.

hier das Versmaß ,,ramal". Zu der Frage der ReimsteUung soll noch vermerkt

werden, daß die im Faustwerk benutzten Kombinationen verständhcher-

* Eine französische Übersetzung, die mir zur Hand ist, ist in Prosa abgefasst : Goethe, Faust, par H. Lichtenbbboeb, Collection Bilangue ; Edition Montaigne, Ferdinand Aubier, Paris (Jahreszahl unbekannt).

(3)

weise nicht in der persischen Wiedergabe nachgeahmt werden konnten (nur

als Beispiel: abba;ababcdcd;ababcc usw.). AUe derartigen

Kombinationen, auch die Blankverse werden als Reimpaarverse (matnavi) aa

bb cc . . . wiedergegeben.

Die Übersetzung geht so vor sich, daß wie im FaUe eines gerichthchen

Dokuments jedes Wort und jede Ausdrucksweise erforscht und erwogen

wird; es ist also keine sogenannte freie Übersetzung, sondern eine an den

genauen Text und die Forderung der Güte und Genauigkeit gebundene

Wiedergabe des Originals. Um dieses zu erläutern, wähle ich drei Verse aus

dem Kapitel ,, Nacht" und bespreche die persische Übersetzung aus der Sicht

meiner systematischen Methode ; es seien die Verse :

392 - Ach ! könnt' ich doch auf Bcrgeshöhn

393 - In deinem lieben Lichte gehn,

394 - Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,

395 - Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,

396 - Von allem Wissensqualm entladen,

397 - In deinem Tau gesund mich baden !

Hier mm die Versübersetzung :

j;j JLj fi/j_f\ .T_ r^Y

jlf j-j/ ^ .^jj _ r^r

jL-j^ jLi. Jl ^Ijjl p-bjjj« - V^i

jljp^ oL-* Ji uUblx^Li j»jbjXj* ^x\ü c —- i^Lf.ijb jLi ^iy-j j\ ^xSii^ _ r^i

j X3 b" vT^jit ^ jf" ^' _ r^V

Eine Analyse dieser vorläufigen Übersetzungen ergibt folgendes Bild: In

Zeile 392 ist ,, könnt'" durch ,,ob" (agar) zum Ausdruck gebracht. Ferner wird ,,zu den Bergeshöhen geflogen", erstens aus Reimgründen und zweitens

mit der Begründung, daß in 394 von Fliegen die Rede und damit uns diese

Ergänzung erlaubt ist. Auch in 394 ist an Stelle ,,um" Bergeshöhle ,,von"

Bergeshöhle gesetzt, da ,,um" (dour) rhythmisch nicht paßt. In Zeile 396 ist das schwierige Wort ,, Wissensqualm" als ,,die Last des Wissens" dargestellt,

mit dem Zusatz ,, schwach" (sust) aus Reimgründen und mit der Begrün¬

dung, daß die ÜberfüUe des Wissens nicht imstande war, Klarheit zu schaf¬

fen. In dem Halbvers 397 wurde an SteUe von ,,Tau" (Sabnam), ,,Bächlcin" (^ü) benutzt, da ,,sichindem Tau baden" (tan dar sabndm &ustan) persisch fremd

und ungewohnt klingt*. Im Verlaufe der Übersetzung werden oft solche FäUe

* Der Halbvers 397 würde dann heißen :

_)X3 (Tj-i J-i ,j

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Übertragung von Goethes Faust in persische Dichtung 525

vorliommen, und es können, ja sogar müssen die Ausdrücke so gewählt

werden, daß die Übersetzungen für das Ohr keinen Mißklang darstellen.

Als Ergänzung sollen noch einige Verse desselben Abschnitts vorgelegt

werden. Es handelt sieh um die SteUe, wo Faust in die Geheimnisse der Welt

und in das Wesen des Seins eindringen will (die Verse ab 382/383):

jLSjiT jL^^ ^jjü öT ^ j *r U _ rAT

jIXjL) ly'l-i»- Jjlj-jSj J-=^lj jl «lT üT _ XKX

ij->-j JLaJ j j-^j-^ 4_S\jT j,Ljlj - i

^j-" J li-J*-" (J iiLjJI jjijLf |.>j jji _ s

oL. jy ijl p^Li jLj i^iy - "\

ltH j'-XijJ j j ^'^'^ v-^'— ' - V

!>_>- i>_' '-17' <ÜT |_5»Li - A

j.\X*jXjl Lj öT (jLjj^ 'J^J-'. - ^

^ jlu^-j JLcLT j v-^l-•L.'T ^5JJ L—JL.- _ x\»

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i—jL-»- (_;J5'L>- j ißj I»ß ijj^^ _ V

i3U»l tji- U "^L; ,^1^ jL:.»jT _ {

JLLj Lj jjisJi- »-^-bi iiLT- 0

Wie bereits gezeigt wurde, erfordert der Gang der Übersetzung mühsame

Arbeit; eine identische Übersetzung steht aber die gebührende Würdigung

des großen Meisterwerkes des genialen Dichters dar. Wenn auch diese Arbeit

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sehr langwierig ist, muß sie mit Geduld und Ausdauer durchgeführt werden.

Goethe selbst hat uns die passenden Worte durch den Mund des Mephisto-

pheles gesagt :

Nicht Kunst und Wissensehaft allein,

Geduld will bei dem Werke sein !

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DIE „AUGEN" DES GROSSKÖNIGS UND SEIN KÄMMERER

Von Waltheb Hinz, Göttingen

wurde in seinem Buch „Neue Wege im Altpersischen", Wiesbaden 1973,

Göttinger Orientforschungen, III. Reihe, Iranica Band 1 veröffentheht.

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