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T-Zell-Therapie bei Hepatitis-B-Virus assoziierten HCC

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K. Wisskirchen, U. Protzer, Institut für Virologie, Helmholtz Zentrum München/Technische Universität München.

26. März 2021

T-Zell-Therapie bei Hepatitis-B-Virus assoziierten HCC

Immuntherapien haben in den letzten Jahren beachtliche Erfolge in der Behandlung von

Tumorpatienten erzielt. T-Zell-Therapien haben sich v.a. in der Hämatoonkologie etabliert. Eine T-Zell- Therapie zielt darauf ab, die T-Zellen eines Patienten so zu modifizieren, dass sie maligne Zellen erkennen und eliminieren oder das Tumor-Microenvironment verändern. Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) stellt einen der am schwierigsten zu behandelnden soliden Tumoren dar, da es Strahlen- und Chemotherapie-resistent ist. Die Prognose eines HCC hängt von der Gefäßversorgung und von der Infiltration von Lymphozyten ab. Eine Therapie mit Immunmodulatoren sowie eine personalisierte T-Zell-Therapie gelten deshalb als vielversprechende, neue Immuntherapie-Ansätze.

Da viele HCC mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) assoziiert sind, besteht die Option, virale Antigene als Zielstrukturen für die T-Zellen zu verwenden. Deshalb wird derzeit der Einsatz von T-Zellen, die HBV- spezifische chimäre Antigen- oder T-Zell-Rezeptoren exprimieren, gegen das HBV-assoziierte HCC klinisch erprobt.

Zu diesem Artikel ist auch ein CME-Test verfügbar.

Hier kommen Sie direkt zur Teilnahme (verfügbar bis zum 25.03.2022)

Tumorzellen können der Überwachung durch das Immunsystem entgehen, da sie von Immunzellen häufig nicht als „fremd“ erkannt werden. Stehen geeignete Antigene zur Verfügung, stellen

tumorgerichtete T-Zellen seit kurzem eine effektive Therapiemöglichkeit dar. Dieser

Behandlungsansatz hat große Erfolge beispielsweise bei Leukämien erzielt. Im Folgenden werden wir die Möglichkeit, eine solche T-Zell-Therapie zur Behandlung des HBV-assoziierten HCC einzusetzen, genauer beleuchten.

Epidemiologie

Das HCC stellt die häufigste Form von Leberkrebs dar. In Deutschland werden etwa 9.000 und weltweit 905.000 Neuerkrankungen pro Jahr diagnostiziert (1, 2). Hinsichtlich der Ätiologie bestehen geographische

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Unterschiede: In Deutschland ist eine Leberzirrhose der Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines HCC.

Sie kann durch Alkoholmissbrauch, eine Fettleber oder eine Infektion mit HBV oder dem Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht sein. Eine chronische HBV-Infektion kann ein HCC jedoch auch ohne die Ausbildung einer Leberzirrhose auslösen. In Deutschland sind etwa 3-16% der HCC mit einer chronischen Hepatitis B assoziiert (3, 4). In Ostasien und Westafrika hingegen ist eine chronische HBV-Infektion für mehr als die Hälfte der HCC ursächlich (5). Dies korreliert mit einer hohen Prävalenz von ca. 6% chronischen

Virusträgern in diesen Regionen, die maßgeblich zu den schätzungsweise 257 Millionen Infizierten weltweit beitragen (6). Auch in hoch entwickelten Ländern nimmt die Inzidenz der chronischen Hepatitis B zu (5), obwohl eine gut verträgliche Impfung verfügbar ist. Beispielsweise stieg die Zahl der neugemeldeten HBV-Infektionen in Deutschland im vergangenen Jahr um 41% (7), und mit einer

Prävalenz von 0,3% haben auch in Deutschland etwa 250.000 Menschen eine chronische HBV-Infektion (8).

Es werden verschiedene kanzerogene Mechanismen in Zusammenhang mit einer chronischen HBV- Infektion diskutiert. So vermutet man, dass eine persistierende Entzündung in der Leber zu einer kompensatorischen Proliferation von Hepatozyten führt und dadurch die Entstehung von Leber­fibrose, Leberzirrhose und HCC gefördert werden. Auch ein direktes onkogenes Potenzial viraler Proteine oder die Integration der HBV-DNA in das Genom der Hepatozyten trägt zur Karzinogenese bei (9). Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen (1). Trotz langjähriger Therapie mit antiviral wirksamen Nukleosid/- tid-Analoga, die die Viruslast und die Inflammation reduzieren, bleibt das Risiko der Entstehung eines HCC deutlich erhöht (10).

Klinik und Therapie

Die klinische Prognose eines HCC ergibt sich aus dem Staging des Tumors, welcher über Anzahl und Größe der Tumorknoten, den Lymphknotenstatus, die Frage einer Pfortaderinvasion sowie das Auftreten von Fernmetastasen definiert ist. Eine wichtige Rolle spielt auch die Leberfunktion des Patienten. Ein HCC ist resistent gegenüber klassischen Bestrahlungs- oder Chemotherapien. Patienten in frühen

Erkrankungsstadien mit kleinen (< 2 cm) oder wenigen (2-3 < 3 cm) Knoten und gut erhaltener Leberfunktion können durch eine chirurgische Tumorresektion/-ablation oder durch eine

Lebertransplantation behandelt werden. Für spätere Erkrankungsstadien stehen keine kurativen

Therapien zur Verfügung. Patienten im intermediären Stadium, die mehrere inoperable Tumorknoten bei erhaltener Leberfunktion haben, können mittels transarterieller Chemoembolisation (TACE) behandelt werden. Patienten mit einem fortgeschrittenen HCC können von der systemischen Therapie mit

Multikinase-Inhibitoren wie Sorafenib, Regorafenib und Lenvatinib profitieren (11), die allerdings nur zu einer relativ geringen Verlängerung der Überlebenszeit führen.

Seit kurzem wird der Einsatz eines Checkpoint-Inhibitors (Atezolizumab, anti-PD-L1) in Kombination mit einem Angiogenesehemmer (Bevacizumab, anti-VEGF) empfohlen. Besonders Patienten, deren HCC mit einer viralen Hepatitis assoziiert war, sprachen auf diese Kombinationstherapie gut an (12). Das könnte darauf hindeuten, dass die Reaktivierung antiviraler T-Zellen und deren verbesserte Einwanderung in den Tumor zu einer Reduktion des Tumorgewebes beitragen. Es erscheint daher sehr gut möglich, dass die

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Überlebenszeit der Patienten durch eine Reduktion der Tumormasse verlängert wird, wenn man die oben genannten palliativen Therapieformen durch einen adoptiven Transfer tumor- bzw. virusspezifischer T- Zellen ergänzt.

T-Zell-Therapie

Bei einer T-Zell-Therapie werden dem Patienten seine eigenen, autologen T-Zellen infundiert, die mit der genetischen Information für einen Rezeptor versehen sind, der die Tumorzellen oder infizierten Zellen erkennt und die T-Zelle so aktiviert, dass sie eine zytotoxische Wirkung entfaltet und die Zielzellen zerstört (Abb. 1). Die Überzeugung, dass eine T-Zell-Therapie eine potenziell kurative Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit chronischer Hepatitis B oder HBV-assoziiertem HCC darstellt, basiert auf den

Beobachtungen, dass der adoptive Transfer von zellulärer HBV-Immunität im Zuge einer

Stammzelltransplantation zu einer Heilung einer Hepatitis B führen kann (13) und den großen klinischen Erfolgen gegen andere Tumorerkrankungen. So kann beispielsweise nach Transfer gentechnisch

hergestellter, CD19-spezifischer T-Zellen in Leukämie-Patienten eine hohe Rate an Komplettremissionen erzielt werden (14). Ähnliche Erfolge stehen bei soliden Tumoren noch aus und das HCC stellt daher ein interessantes Anwendungsbeispiel dar. In China laufen erste klinische Studien, in denen T-Zellen

eingesetzt werden, die gegen HCC-assoziierte Selbst­antigene gerichtet sind, z.B. Glypican 3, AFP und Ny- ESO1 (15). Ein Nachteil solcher Selbstantigene ist, dass sie auch in Normalgeweben vorkommen, wenn auch in geringeren Mengen. Damit können unerwünschte Nebeneffekte in diesen Geweben ausgelöst werden. Hinzu kommt eine niedrige Affinität der eingesetzten Rezeptoren gegenüber den

Selbstantigenen sowie mögliche Immunantworten gegen nicht-humane Bestandteile der Rezeptoren.

Deshalb bietet der Einsatz von T-Zellen, die gegen virale Antigene gerichtet sind, große Vorteile: Die Expression ist auf den Tumor und die infizierten Zellen in der Leber beschränkt, die Rezeptoren sind humanen Ursprungs und haben dennoch eine hohe Affinität.

 

Abb. 1: Funktionsweise HBV-spezifischer T-Zellen.

Hepatomzellen, in denen Teile oder die komplette HBV-DNA integriert sind (A), und HBV-infizierte Hepatozyten (B) tragen virale Strukturen auf ihrer Zellmembran. Dies können entweder native Hüllproteine des HBV sein oder ein Komplex aus einem MHC-Molekül und einem viralen Peptid.

Beispiel A: Eine T-Zelle wird genetisch so verändert, dass sie einen HBV-spezifischen chimären Antigenrezeptor (CAR) exprimiert.

Dieser bindet über ein Antikörper-Fragment an das virale Hüllprotein auf der Tumorzelle. Durch intrazelluläre CD28- und CD3-Signaldomänen im CAR-Konstrukt wird die T-Zelle aktiviert. Die aktivierte T-Zelle zerstört durch die Freisetzung lytischer Vesikel die Zielzelle. Beispiel B: Eine T- Zelle wird genetisch so verändert, dass sie einen natürlichen, HBV-spezifischen T-Zell-Rezeptor

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(TCR) exprimiert. Dieser besteht aus 2

Proteinketten und bindet gezielt an den Komplex aus MHC-Molekül und viralem Peptid. Dadurch wird die T-Zelle aktiviert und greift die Zielzelle an.

Ausgeschüttete Zytokine führen zu einer Hochregulation der MHC-Moleküle und können bereits eine antivirale Wirkung ausüben, ohne den Hepatozyt zu schädigen (21, 30). Zudem führt der Kontakt mit der T-Zelle zum Zelltod der Zielzelle.

Grundsätzlich können T-Zellen mit 2 Arten von Rezeptoren ausgestattet werden (Abb. 1): einem

klonierten, natürlichen T-Zell-Rezeptor (TCR) (16, 17) oder einem artifiziellen, chimären Antigenrezeptor (CAR) (18, 19). Beide Arten von Rezeptoren erlauben es den T-Zellen, infizierte Zellen oder Tumorzellen zu erkennen und gezielt mittels Zytokinausschüttung oder Zytotoxizität anzugreifen.

   

Entwicklung HBV-spezifischer CAR

CAR benutzen als Erkennungsdomäne ein Antikörper-Fragment, das bei Bindung an das Antigen auf der Zielzelle die T-Zelle über intrazelluläre, (ko-)stimu­lierende Signaldomänen (i.d.R. CD3 und CD28 oder 4- 1BB) aktiviert. CAR-T-Zellen erkennen natives Antigen auf der Oberfläche der Zielzelle und funktionieren dadurch unabhängig von einer Antigen-Präsentation auf individuell unterschiedlichen MHC-Molekülen.

Sie können deshalb bei einem breiten Patientenkollektiv eingesetzt werden. Andererseits kann die Funktionsweise von CAR-T-Zellen dadurch theoretisch auch durch Kontakt zu löslichem Antigen im Blut beeinträchtigt werden.

Der in unserem Labor entwickelte S-CAR bindet an die S-Domäne, die allen 3 HBV-Hüllproteinen

gemeinsam und in die Zytoplasma-Membran eingelagert ist (eigene, unveröffentlichte Daten, einsehbar unter (20)). S-CAR-T-Zellen können dadurch HBV-infizierte primäre Hepatozyten und Hepatomzellen mit HBV-Integraten erkennen und reagieren mit der Ausschüttung antiviraler Zytokine wie z.B. Interferon-g und dem Abtöten der Zielzellen (18, 21). Die virale Replikationsform cccDNA (covalently closed circular DNA) ist in Folge nicht mehr nachweisbar, was ein Therapieziel für die kurative Behandlung der HBV- Infektion darstellen würde und durch die aktuell verfügbare Therapie nur sehr selten erreicht wird. Die Wirkung und Sicherheit von S-CAR-T-Zellen wurde zusätzlich in HBV-transgenen Mäusen überprüft. Nach adoptivem Transfer in HBV-transgene Mäuse, in denen jede Körperzelle das HBV-Genom trägt, infiltrieren S-CAR-T-Zellen die Leber und erfüllen dort auf gleiche Weise ihre Effektorfunktion (19). Dies geht mit einer transienten Erhöhung der Transaminasen einher und führt zu einer Inhibierung der Virusreplikation um ca. 95%.

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Entwicklung HBV-spezifischer TCR

Ebenso ist der Einsatz natürlicher, HBV-spezifischer Rezeptoren möglich, die man aus HBV-reaktiven T- Zellen von Personen, die eine Infektion ausgeheilt haben, klonieren kann. TCR erkennen prozessierte und auf den individuellen MHC-Molekülen präsentierte Peptide. Dadurch können neben membran­ständigen Antigenen auch intrazelluläre Proteine als Zielstruktur dienen. Die antiviralen TCR weisen dabei eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität auf (17) und sind deshalb besonders geeignet, Zellen mit niedriger

Antigenmenge zu detektieren. Ein TCR besteht aus je einer Alpha- und einer Beta-Kette, die einen Peptid- MHC-Komplex auf der Zielzelle erkennen. Nach Komplexierung des TCR mit CD3-Molekülen aktivieren die intrazellulären Domänen eine Sig­nalkaskade, die zur Aktivierung der T-Zelle führt. Der Aufbau als

Heterodimer birgt das Risiko, dass die transgenen, therapeutischen TCR-Ketten fehlerhaft mit den endogenen TCR-Ketten paaren und dadurch neue TCR-Spezifitäten entstehen. Um diesem theoretischen Risiko entgegenzuwirken und um die Rezeptorstabilität zu erhöhen, können die konstanten Teile der TCR- Ketten mit einer zusätzlichen Cysteinbrücke ausgestattet oder ganz oder teilweise murinisiert werden (22). Die bisher verfügbaren HBV-spezifischen TCR beschränken sich hauptsächlich auf die Erkennung des HLA-A*02:01-MHC-Molekül (16, 17), sowie je einen HLA-B*5801- und einen HLA-Cw*08:01-restringierten TCR. Sie sind gegen Peptide des viralen Kapsid- oder des kleinen Hüllproteins gerichtet (23, 24).

Die Funktionsweise von T-Zellen, die einen HBV-spezifischen TCR tragen, wurde eingehend in vitro und in vivo untersucht. Ko-kultiviert mit HBV-infizierten Hepatomzellen sind diese T-Zellen in der Lage, das Virus zu eliminieren. Ebenso kann ein einziger Transfer HBV-spezifischer T-Zellen in einem humanisierten Mausmodell die Viruslast bis unter die Nachweisgrenze senken und ggf. durch zusätzliche Gabe des Entry- Inhibitors Myrcludex B die Infektion vollständig kontrollieren (25). Dieses Ergebnis ist aber nur zu erzielen, wenn die T-Zellen die Rezeptoren dauerhaft und nicht nur transient exprimieren (26).

Geeignete Patienten für eine T-Zell-Therapie des HBV-assoziierten HCC

Grundsätzlich können alle Patienten mit CAR-T-Zellen behandelt werden, wohingegen TCR-T-Zellen eine individuelle, MHC-spezifische Therapie erforderlich machen und daher nicht breit einsetzbar sind.

Allerdings benötigt die CAR-T-Zell-Therapie eine ausreichende Antigenmenge auf der Zelloberfläche, wohingegen für TCR-T-Zellen auch geringere Mengen intrazellulärer Antigene ausreichend sind.

Die Anwendung einer T-Zell-Therapie kommt im palliativen Indikationsspektrum als Zweitlinientherapie nach Therapieversagen oder ggf. in Kombination mit einer Goldstandard-Therapie in Frage. Für den Erfolg und die Sicherheit einer T-Zell-Therapie ist die Auswahl geeigneter Patienten entscheidend. Dafür ist neben einer Kontrastmittel-unterstützten Magnetresonanz- oder Computertomographie zur Diagnose des HCC (11) eine Biopsie des Tumors und der Leber unerlässlich, um die antigenen Zielstrukturen histologisch oder molekularbiologisch nachzuweisen (Abb. 2A). Das kleine virale Hüllprotein ist hierbei besonders geeignet, da es in mind. einem Drittel der HBV-assoziierten HCC nach Integration exprimiert wird (eigene unpublizierte Daten, Abb. 2A) und per Immunhistochemie nachgewiesen werden kann.

Potenziell ist für kurze, virale Peptide oder Antigene, gegen die keine Antikörper erhältlich sind, die

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Analyse der RNA im Tumorgewebe möglich (24). Ebenso ist sogar eine nicht-invasive Bestimmung von HBV-Integraten aus zellfreier DNA im Plasma denkbar (27). Beide Methoden geben aber nicht die Sicherheit, dass auch das entsprechende Protein exprimiert ist. Neben dem Tumor sollte auch das

restliche Lebergewebe auf eine Expression viraler Zielantigene untersucht werden, um zu gewährleisten, dass nicht zu viel funktionales Lebergewebe zerstört wird und eine ausreichende Funktion der Leber erhalten bleibt. Um die Risiken für unerwünschte Effekte zu minimieren, können serologische Parameter für eine Vorselektion der Patienten dienen (z.B. HBeAg-negativ, Viruslast unter 105 IU/ml (28)). Es sollte keine Leberzirrhose vorliegen oder diese maximal als Child-Pugh-Stadium B klassifiziert sein, und die Patienten eine mittlere Lebenszeiterwartung von mind. 6 Monaten haben, um kurz-, aber auch

mittelfris­tige Nebenwirkungen abschätzen zu können und eine Perspektive für den Patienten bieten zu können. Wenn bei HCC-Patienten genügend klinische Daten vorliegen, kann auf lange Sicht auch die Behandlung einer chronischen Hepatitis B als ursächliche Erkrankung erwogen werden.

 

Abb. 2: Ablauf der T-Zell-Therapie des HBV- assoziierten HCC. A) Im ersten Schritt wird klinisch geeigneten Patienten eine Leber- und

Tumorbiopsie entnommen, die histologisch auf Expression des HBV-Hüllproteins untersucht wird.

B) Für jeden Patient wird ein individuelles Zellprodukt hergestellt. Dafür werden Lymphozyten aus Vollblut oder bei einer Leukapharese gewonnen und stimuliert.

Anschließend werden die T-Zellen mit einem lentiviralen Vektor transduziert, der das Transgen für einen HBV-spezifischen Rezeptor trägt und stabil in das Genom integrieren kann. Nach einer kurzen Expansionsphase und einer

Qualitätskontrolle, die den Phänotyp, das zytotoxische Potenzial, die Zellzahl, Viabilität und eine mikrobiologische Kontrolle beinhaltet, werden die Zellen in den Patienten zurück infundiert.

 

Klinischer Einsatz einer HBV-spezifischen T-Zell-Therapie

Die erste Hürde für die klinische Anwendung einer T-Zell-Therapie stellt die individuelle Aufarbeitung der

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T-Zellen des Patienten unter good manufacturing practice (GMP)-Bedingungen im Reinstraum dar. Dazu werden aus Vollblut oder per Apharese zunächst die Lymphozyten aufgereinigt, stimuliert, expandiert und mit der genetischen Information für den jeweiligen HBV-spezifischen Rezeptor versehen (Abb. 2B).

Dies erfolgt üblicherweise über die Transduktion mit einem viralen Vektor, sodass die TCR-Gene oder das CAR-Transgen stabil in das T-Zell-Genom integriert. Idealerweise wird dabei der endogene TCR

ausgeschaltet oder ersetzt. Ebenso können T-Zellen nach Elektroporation von RNA den Rezeptor transient exprimieren, wodurch sie allerdings dann nur sehr kurze Zeit funktional bleiben. Nach Qualitätskontrollen kann das hergestellte Zellprodukt intravenös oder lokal über eine den Tumor versorgende Arterie

appliziert werden. Auf Grundlage der oben genannten präklinischen Ergebnisse wurden sowohl CAR- als auch TCR-redirigierte, HBV-spezifische T-Zellen bereits bei einigen Patienten in Singapur und China und bei einem Patienten in Italien eingesetzt (24, 29). Damit wurde die prinzipielle Realisierbarkeit der aufwendigen Herstellung der Zellprodukte gezeigt, und die Injektion der T-Zellen erwies sich als sicher.

Über die Anwendung von T-Zellen, die einen natürlichen HBV-spezifischen Rezeptor exprimieren, wurde erstmals vor 5 Jahren in einem Fallbericht berichtet (29). Dabei wurden stabil transduzierte T-Zellen verwendet, die expandierten und bei leichter ALT-Erhöhung (ca. 110 U/L) innerhalb von 30 Tagen nach Injektion zu einer deutlichen Reduktion des HBsAg führten. In Folge wurden Patienten mit bis zu 19 Gaben transient TCR-exprimierender T-Zellen behandelt, was zum teilweisen Rückgang einiger Läsionen führte (24). Bei beiden Ansätzen handelte es sich um HLA-A*02-positive Patienten, in denen nach

Transplantation einer HLA-A*02-negativen Leber nur noch die verbleibenden HLA-A*02-positiven Metas­tasen durch T-Zellen erkannt werden konnten. Das ermöglichte es, in initialen Studien zu

garantieren, dass die „gesunde“ Leber nicht durch eine überschießende Immunreaktion geschädigt wird.

Allerdings ist der Ansatz limitiert, da die T-Zellen aufgrund der transienten Expression des Rezeptors nicht persistieren und die Gabe von Immunsuppressiva nach der Lebertransplantation die T-Zell-Funktion negativ beeinflussen kann. Weitere klinische Studien in alternativen Settings sind deshalb unbedingt erforderlich.

Fazit und Ausblick

Die T-Zell-Therapie hat sich zu einer realisierbaren Option für die Behandlung des HBV-assoziierten HCC entwickelt. HBV-spezifische T-Zellen waren in bisherigen Anwendungsstudien sicher und es lässt darauf hoffen, dass der gezielte Einsatz von stabil transduzierten T-Zellen mit einer Tumorkontrolle einhergehen wird. Um das zu zeigen, müssen in einem nächs­ten Schritt kontrollierte, klinische Studien durchgeführt werden. Die Behandlung von HCC-Patienten mit einer T-Zell-Therapie wird zusätzlich Informationen über den Einfluss der Therapie auf die chronische HBV-Infektion liefern und zeigen, ob die Therapie ein Risiko birgt und ob die Infektion ausgeheilt werden kann. Bei einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis wäre die Grundlage gegeben, mit einer T-Zell-Therapie bereits die ursächliche HBV-Infektion zu behandeln und so die Entstehung (weiterer) HCC zu verhindern.

Interessenkonflikte: K.W. und U.P. sind wissenschaftliche Mitgründerinnen von SCG Cell Therapy Pte. Ltd. und halten Anteile der Firma.

Die Abbildungen wurden mit biorender.com gestaltet.

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Zu diesem Artikel ist auch ein CME-Test verfügbar.

Hier kommen Sie direkt zur Teilnahme (verfügbar bis zum 25.03.2022)  

Dr. rer. nat. Karin Wisskirchen

Institut für Virologie

Helmholtz Zentrum München Trogerstraße 30

81675 München

Tel.: 089/41406814

E-Mail: karin.wisskirchen@helmholtz-muenchen.de

Prof. Dr. med. Ulrike Protzer

Institut für Virologie

Helmholtz Zentrum München/

Technische Universität München Trogerstraße 30

81675 München

Tel.: 089/41406821 E-Mail: protzer@tum.de

ABSTRACT

K. Wisskirchen, U. Protzer, Institut für Virologie, Helmholtz Zentrum München/Technische Universität München.

 

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Immunotherapies have kicked-off a new era in cancer therapy. One option is using T cells as “living drugs”. Hereby, patients´ T cells are modified so that they can recognize and eliminate malignant cells or alter the tumor-microenvironment. T cell therapy is a promising therapeutic approach for treatment of late-stage hepatocellular carcinoma (HCC) because treatment options are scarce and migration of lymphocytes into the tumor and treatment with immunomodulators correlate with better prognosis.

Treating a Hepatitis B Virus-associated HCC offers the opportunity that viral antigens on the tumor can specifically be targeted by T cells. This concept is currently being explored using T cells that express either an HBV-specific chimeric antigen receptor or a T cell receptor.

 

Keywords: Hepatocellular carcinoma, chronic hepatitis B, HBV immunotherapy, T cell therapy, chimeric antigen receptor, T cell receptor

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