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Hartmut Bork. Bewegungstherapie. Evidenter Nutzen bei orthopädisch-rheumatologischen Erkrankungen

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Bewegungstherapie

Evidenter Nutzen bei orthopädisch-rheumatologischen Erkrankungen

Zusammenfassung:

Klinisch relevante, den Krankheitsverlauf und das Schmerzerleben positiv beeinflussende Effekte durch Bewegungstherapie konnten mittlerweile in vielen randomisierten und kontrollierten Studien bei verschiedenen orthopädischen und rheumatologischen Indikationen nachgewiesen werden. Mit ihrer vielfältigen funktionell-somatischen, aber auch psychosozialen

Wirkung wird die Bewegungstherapie dazu eingesetzt, beeinträchtigte Körperfunktionen zu verbessern und geschädigte Strukturen zu regenerieren, Schmerzen zu lindern und damit die

Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Auch aufgrund eines günstigen Nutzen-Risiko-Profils werden bewegungstherapeutische Maßnahmen daher als Kernelement konservativer Behandlungsstrategien in vielen Leitlinien empfohlen und in der medizinischen

Rehabilitation angewendet.

Schlüsselwörter:

Bewegungstherapie, Schmerztherapie, Rehabilitation, Orthopädie, Rheumatologie Zitierweise:

Bork H: Bewegungstherapie. Evidenter Nutzen bei orthopädisch-rheumatologischen Erkran- kungen.

Reha-Zentrum am St. Josef-Stift, Sendenhorst

Einleitung

Bewegungstherapeutische Elemente haben sich seit vielen Jahren in der Therapie verschiedener Erkrankun- gen als Basis konservativer Behand- lungsstrategien zur Funktionsver- besserung und auch zur Reduktion von Schmerzen etabliert und werden daher mittlerweile in vielen Leitlinien als wichtige Behandlungsmaßnahme empfohlen [2–6]. Neben einem güns- tigen Nutzen-Risiko-Profil konnten in mehreren randomisierten, kontrol- lierten Studien/Metaanalysen kli- nisch relevante Effekte bei diversen orthopädisch-rheumatologischen In- dikationen nachgewiesen werden [14, 17, 18, 24, 25, 31, 33]. Mit ihrer vielfältigen funktionell somatischen und psychosozialen Wirkung wird die Bewegungstherapie unter ande- rem dazu eingesetzt, beeinträchtigte Körperfunktionen zu verbessern und geschädigte Strukturen am Hal-

tungs- und Bewegungsapparat zu regenerieren.

Um gerade bei chronischen Er- krankungen Übungsinhalte sicher zu vermitteln und für weitere selbstän- dig durchzuführende Maßnahmen ei- ne hohe Compliance zu erzielen und somit eine nachhaltige Gesundheits- kompetenz durch Bindung an regel- mäßige körperliche Aktivität bei Pa- tienten aufzubauen, sollte die Ein- führung in das Training durch erfah- rene Therapeuten begleitet werden [7, 19]. Das gilt sowohl im ambulan- ten als auch im stationären Setting.

Allgemeine Aspekte

Bewegungstherapie wird von ver- schiedenen therapeutischen Berufs- gruppen wie Krankengymnasten/Phy- siotherapeuten, Ergo- und Sportthera- peuten eingesetzt und umfasst, je nach angestrebtem Behandlungsziel, eine Vielzahl unterschiedlicher thera- peutischer Methoden und Übungsfor-

men wie klassische Krankengymnas- tik/Physiotherapie, Krankengymnastik am Gerät/medizinische Trainingsthe- rapie, Aquatraining, Sporttherapie in Form eines Kraft-, Ausdauer-, und Be- weglichkeitstrainings bis hin zu diffe- renzierten arbeitsplatzbezogenen Trai- ningsprogrammen und der Rekreati- onstherapie [14].

Zielsetzungen können u.a. sein:

• Verbesserung beeinträchtigter Gelenkfunktionen

• Steigerung koordinativer und konditioneller Fähigkeiten wie Ausdauer und Kraft

• Schulung der Körperwahrneh- mung und sichere Selbstein- schätzung der Belastbarkeit

• Vermittlung von Wissen über Ef- fekte spezieller Bewegungspro- gramme auf die Erkrankung

• Vermittlung von spezifischen Be- wegungsübungen

• Vermittlung von Kenntnissen zur Trainings- und Belastungssteue-

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rung und zu Dosis-Wirkungsprinzi- pien

• Steigerung der Motivation zu dau- erhafter körperlicher Aktivität.

Bei der Auswahl und Trainingsintensi- tät der einzelnen Therapieverfahren/

Übungsformen sollten nachfolgende Faktoren immer berücksichtigt wer- den:

• Ursache, Schweregrad und Symptomatik der Erkrankung

• Alter und Aktivitätsgrad des Pa- tienten

• Begleiterkrankungen und All- gemeinzustand

• Lebensqualität, berufliche Situati- on und Erwartungshaltung des Patienten.

Systematische Untersuchungen und Aussagen zur Dosierung, Dauer, In- tensität und Trainingsform bei ver- schiedenen Indikationen und Erkran- kungsbildern gab es in der Vergan- genheit allerdings nur wenige. Unab- hängig davon stellen eine selbst ge- wählte moderat-intensive Belas- tungsintensität und langsame Belas- tungssteigerung, verbunden mit ei- ner schmerzfreien Bewegungsaus- führung die wichtigsten Trainings- prinzipien dar [34]. Häufigere kürzere Trainingseinheiten (z.B. dreimal pro Woche 20–30 Minuten) scheinen ge- rade für ältere Patienten sinnvoller zu sein als längere wenige Einheiten und werden auch von der WHO emp- fohlen [21]. Das Training sollte im- mer in der Dosierung den körper- lichen und funktionellen Vorausset- zungen des Patienten angepasst sein. Einzelne Therapiearten weisen

laut derzeitiger Studienlage gegen- über anderen keine Überlegenheit auf, so dass die Therapien anhand individueller Präferenzen zusammen mit den Therapeuten ausgewählt werden sollten. Sport und Bewe- gung sollten immer Spaß machen, damit diese auch langfristig durch- geführt werden. Dies gilt sowohl für die Auswahl, aber auch das einzelne Setting.

Degenerative Gelenkerkrankungen

Die Bewegungstherapie stellt in der Behandlung degenerativer, aber auch entzündlicher Gelenkerkran- kungen einen wichtigen Bestandteil konservativer Behandlungsmaßnah- men dar. Gerade bei der Hüft- und Kniegelenksarthrose, kommt es im Krankheitsverlauf häufig zu einer Abnahme der Gelenkfunktion und der allgemeinen körperlichen Fit- ness, was für die Bewältigung von Alltagsaktivitäten und die Selbstän- digkeit gerade bei älteren Menschen eine grundlegende Bedeutung hat.

Bewegungstherapien beugen hier nicht nur einem Funktionsverlust vor, sondern fördern auch die sozia- le Teilhabe. Sie erhalten die Lebens- qualität der Betroffenen und können den Zeitpunkt für einen operativen Gelenkersatz hinauszögern.

Obwohl körperliches Training nach jetzigem Wissensstand zwar keinen direkten Einfluss auf die pa- thophysiologischen Veränderungen der Arthrose hat und eine weitere Schädigung des hyalinen Knorpels

nicht aufhalten kann, hat Bewegung einen nachweisbaren positiven Ein- fluss auf die Schmerzsymptomatik, Gelenkbeweglichkeit, Kraft und Gleichgewichtsfähigkeit mitsamt der von Patienten hierdurch selbst wahr- genommenen Behinderung durch die Arthrose [9]. So konnten signifi- kante Verbesserungen bei den All- tags- und Gelenkfunktionen, beim Aufstehen und Gehen, aber auch in der Gang-symmetrie und der Geh- distanz sowie bei der maximalen Sauerstoffaufnahme, der Muskel- kraft und bei der Linderung von Schmerzen nachgewiesen werden [19]. Selbst bei Training der oberen Extremitäten, beispielsweise am Handkurbelergometer, das probater- weise in der Geriatrie oftmals zum Einsatz kommt, waren diese Effekte verifizierbar [23]. Daneben können auch Low Impact-Sportarten Schmerzen bei beginnender Arthro- se reduzieren, Beweglichkeit und Kraft der gelenkstabilisierenden Muskulatur verbessern und den Ge- lenkstoffwechsel ökonomisieren.

Entzündlich rheumatische Er- krankungen

Die wissenschaftliche Datenlage von Bewegungstherapie bei rheumati- schen Erkrankungen ist wie bei an- deren Indikationen heterogen und in der Ergebnispräsentation nicht im- mer signifikant. Dennoch gibt es ei- ne Vielzahl an Metaanalysen, welche den positiven Einfluss von Sport und Bewegung bei rheumatischen Erkrankungen belegen [16], so dass

Exercise

Evidence therapy in orthopedic-rheumatic diseases

Summary: Meanwhile clinical influence of exercise therapy on progression in different orthopedic und rheumatic diseases and experience of pain is proved in many randomized trials. Because of its physio- logical and psychosocial effects exercise therapy is used to improve body function and raise quality of life. Exercise therapy has a good risk-benefit ratio and therefore is highly recommended in many guide- lines and common in rehabilitation programs.

Keywords: Exercise therapy, pain management, rehabilitation, orthopedic-rheumatic diseases Citation: Bork H: Exercise. Evidence therapy in orthopedic-rheumatic diseases.

OUP 2021; 10: 0108–0112. DOI 10.3238/oup.2021.0108–0112

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körperliche Aktivität und sportliche Betätigung in den letzten Jahren weltweit zu einer wichtigen Therapie- säule bei rheumatischen Erkrankun- gen wie z.B. der rheumatoiden Ar- thritis und axialen Spondyloarthritis geworden sind. Grund für den emp- fohlenen Einsatz bewegungsthera- peutischer Maßnahmen ist nicht nur der Erhalt der Gelenk- und Wirbel- säulenbeweglichkeit, sondern ihr Einfluss auf die chronische Inflam- mation.

Die Skelettmuskulatur produziert bei Bewegung nicht nur kinetische Energie und Wärme, sondern wirkt auch als endokrines Organ, indem sie entzündungshemmende Myokine freisetzt. Für die immunmodulatori- schen Effekte körperlicher Aktivität konnten in den letzten Jahren zahlrei- che Belege aufgezeigt werden. Der Skelettmuskel hat Einfluss auf zahl- reiche andere Organe wie z. B. Fett- gewebe, Leber, Pankreas, Knochen und Gehirn [28], was insofern bedeu- tend ist, da anhaltende systemische Inflammation als typisches Charakte- ristikum entzündlich rheumatischer Erkrankungen auch zu Insulinresis- tenz, Dyslipidämie, endothelialer Dys- funktion und in der Folge zu früher Manifestation einer Arteriosklerose führt [8]. Zu den Myokinen gehören u.a. auch das Interleukin 6 (IL-6) [27, 28]. Während körperlicher Aktivität kommt es je nach Dauer und Intensität bis zu einem 100-fachen Anstieg der zirkulierenden IL-6-Spie- gel [30], wodurch durch TNF (Tumor- nekrosefaktor)-α und IL-1β getriggerte entzündliche Prozesse gehemmt wer- den. Neben der Freisetzung von Myo- kinen werden durch regelmäßiges körperliches Training aber auch Stresshormone reduziert [18] und stimmungsaufhellende Endorphine gebildet.

Generell wird angestrebt, durch Bewegung Schmerzen und Schwel- lungen zu lindern und Gelenkmobili- tät, Kraft und Ausdauer durch Trai- ning zu steigern. Daher sind neben der Krankengymnastik und Ergothe- rapie (insbesondere bei drohender Einschränkung der Handfunktion und von Alltagsaktivitäten) auch sportliche Aktivitäten wichtig. Mitun- ter blockieren Morgensteifigkeit, Ge- lenkschwellung, Schmerz und die

Angst, dass Sport schädlich sein könnte die Umsetzung. Für die Steuerung bewegungstherapeuti- scher Maßnahmen ist es umso wich- tiger, Krankheitsaktivität, Krank- heitsstadium und das Ausmaß der körperlichen Einschränkungen so- wie die weitere Prognose im Be- handlungskonzept zu berücksichti- gen.

Übungen im warmen Bewegungs- bad werden gegenüber Trockenübun- gen von den Patienten oftmals sub- jektiv besser eingeschätzt, was einer höheren Compliance bei der regel- mäßigen Ausübung zu Gute kommt.

Krafttraining ist im Vergleich zu Aus- dauertraining in Bezug auf Lebens- qualität und Funktion anscheinend effektiver. Dabei sollte das Training individuell auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Patienten zuge- schnitten und vor allem supervidiert und regelmäßig durchgeführt wer- den. Darüber hinaus können per- sonalisierte Physiotherapie mit Anlei- tung zum Selbstmanagement mit Fo- kus auf Bewegungsinterventionen zur Linderung von Fatigue beitragen [16]. Grundsätzlich kommen bei Rheuma alle Aktivitäten infrage, die die Gelenke nicht übermäßig belas- ten.

Hüft- und Knieendoprothetik

Kraft-, Ausdauer und Beweglichkeits- training spielen auch in der Nach- behandlung nach einer endoprotheti- schen Versorgung der großen Gelen- ke der unteren Extremität eine wichti- ge Rolle, um die durch die vorbeste- hende Arthrose und durch den opera- tiven Eingriff mitunter geschädigten Gelenk- und Muskelfunktionen ein- schließlich des Gangbildes wieder zu verbessern. Zudem ist es durch die arthrosebedingten Mobilitätsein- schränkung im Krankheitsverlauf bei vielen Betroffenen zu einer Abnahme der allgemeinen körperlichen Leis- tungsfähigkeit und Belastbarkeit ge- kommen, die es gilt, gerade bei älte- ren Menschen postoperativ wieder aufzubauen.

Physiotherapeutische Anwen- dungen werden dabei unter Nutzung jeweils unterschiedlicher Techniken zunächst mit dem Ziel der Verbes- serung von Gelenkbeweglichkeit und Kraft der Hüft- und Kniemusku-

latur und zur Reduktion des operati- onsbedingten perioperativen Weich- teilödems eingesetzt. Unter Zuhilfe- nahme von Hilfsmitteln wie Unter- armgehstützen, Gehwagen oder Rol- lator gilt es, die mitunter beeinträch- tigte Gangsicherheit wiederherzu- stellen und im Weiteren ein regulä- res Gangbild zu schulen.

Im gruppentherapeutischen Set- ting kommen neben medizinischen Kraft-Trainingsgeräten wie Beincurler und Funktionsstemme (nur beidbeinig und nicht in der Frühphase – wegen möglicher Torsionskräfte auf den Schaft) auch Fahrradergometer und Laufband zum Einsatz. Um Überlas- tungen zu vermeiden oder gar eine Gefährdung auszuschließen, muss auf die Belastbarkeit des operierten Gelenkes hinsichtlich Kompressions-, Rotations- und Scherkräfte insbeson- dere nach zementfreier hüftendopro- thetischer Versorgung bei der Geräte- auswahl geachtet werden [15]. Im Rahmen der Nachbehandlung ist es zudem wichtig, Patienten in Abhängig- keit vom Zugangsweg differenziert über notwendige Verhaltensweisen und Gefährdungsaspekte wie z.B. ei- ne Luxation aufzuklären. Entspre- chend müssen auch Therapeuten im- mer über die jeweiligen zugangs- bedingten Limitationen ärztlicherseits informiert werden. Teilweise sind spe- zielle Geräteausführungen wie bei- spielsweise ein Längenausgleich des Tretpedals oder der schwellenfreie Einstieg am Fahrrad-Ergometer erfor- derlich.

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen sind in Deutsch- land und vergleichbaren westlichen Industrienationen weit verbreitet. Die Lebenszeitprävalenz in der deutschen Erwachsenenpopulation beträgt 85,5 % [31]. Im Gesundheitssystem haben sie eine herausragende medizi- nische sowie ökonomische Bedeu- tung und zählen mit zu den größten Gesundheitsproblemen in Deutsch- land. Per Definition wird zwischen nicht-spezifischen und spezifischen Rückenschmerzen differenziert, wo- bei die Unterscheidung mitunter nicht immer leicht ist.

Die Therapie nicht-spezifischer Kreuzschmerzen ist symptomatisch.

Sie orientiert sich am Schmerzaus-

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maß und dem hierdurch hervorgeru- fenen Funktionsverlust bei Alltags- aktivitäten bzw. im Berufsleben. Ne- ben der eventuell notwendigen me- dikamentösen Behandlung zur Re- duktion der Akutschmerzsymptoma- tik stehen diverse nicht-medikamen- töse Maßnahmen mit unterschiedli- chem Wirksamkeitsnachweis zur Verfügung. Die jeweiligen Therapien sollten mit den Betroffenen im Sinne eines „shared decision making“ in- dividuell und nach jeweiligen Präfe- renzen abgestimmt werden. Prinzi- piell sollten Patienten mit akuten nicht-spezifischen Rückenschmer- zen ärztlicherseits dazu angehalten werden, ihre körperlichen Aktivitäten soweit wie möglich beizubehalten, wobei über deren positive Auswir- kung auf die Beschwerdesymptoma- tik aufgeklärt werden sollte. Das Bei- behalten von Alltagsaktivitäten im individuell angepassten Ausmaß führt in der Regel im Verlauf zu einer Schmerzreduktion und Verbes- serung der körperlichen Funktions- fähigkeit [12]. In der Literatur gibt es Hinweise, dass insbesondere inten- sivere persönliche Aufklärung und Edukation im Sinne der Vermittlung von Kompetenzen zu gesundheits- bewusstem Verhalten positive Effek- te auf Angst, Katastrophisieren und allgemeine Beunruhigung haben und eine beschleunigte Rückkehr an den Arbeitsplatz bewirken [33]. Einer Chronifizierung kann hierdurch vor- gebeugt werden.

Neben den bereits beschriebenen Maßnahmen haben sich vor allem sport- und bewegungstherapeutische Verfahren mit Zielsetzung der Stabili- sierung durch Kräftigung der Rumpf- muskulatur, kombiniert mit edukativen Maßnahmen nach verhaltensthera- peutischen Prinzipien bei subakuten und chronischen nicht-spezifischen Rückenschmerzen in Bezug auf die Schmerzreduktion, Funktionsfähigkeit und schnelle Rückkehr an den Ar- beitsplatz als effektiv erwiesen [17].

Welche Form der Bewegungstherapie dabei eingesetzt wird, sollte aufgrund mangelnder Studiendaten nach der je- weiligen Präferenz der Betroffenen, ih- ren Alltagsumständen und der indivi- duellen Fitness entschieden werden.

Wichtig ist eine gute und motivierende Anleitung durch qualifizierte Thera-

peuten, um Betroffene an gesund- heitsorientierte körperliche Aktivität dauerhaft zu binden. Auch ergothera- peutische Maßnahmen können bei chronischen Rückenschmerzen im multimodalen Setting zur physischen Konditionierung und Verbesserung des funktionellen Status in Form ar- beitsrelevanter Betätigungen sinnvoll sein, da sie speziell auf die Wiederher- stellung der Arbeitsfähigkeit zielen. Im Anschluss an eine zuvor verordnete Therapie mit Krankengymnastik oder eine Rehabilitationsmaßnahme bietet Rehabilitationssport bzw. Funktions- training im Weiteren eine längerfristi- ge Möglichkeit, die Nachhaltigkeit der zuvor eingeleiteten Therapien zu ver- bessern. Auch bei einigen spezi- fischen Rückenschmerzen wie dem Facettensyndrom, dem discogenen Lumbalsyndrom, der Osteochondro- sis vertebralis wird nach Abklingen des akuten Krankheitsbilds zur mus- kulären Stabilisation des Wirbelsäu- lenabschnitts Bewegungstherapie in Form von Kraft- und Koordinations- training empfohlen.

Osteoporose

Die Osteoporose als systemische Skeletterkrankung zählt mittlerweile ebenso zu den ökonomisch bedeut- samsten Erkrankungen in Deutsch- land. Ihre Relevanz für das Gesund- heitssystem wird in den nächsten Jahren infolge der demographischen Entwicklung noch um ein Vielfaches zunehmen, da Inzidenz und Prävalenz der Osteoporose und osteoporoti- scher Frakturen stark altersassoziiert sind. Umso wichtiger werden zukünf- tig interdisziplinäre Behandlungs- ansätze, auch in Form aktiver bewe- gungstherapeutischer Maßnahmen zur Sturzprophylaxe und Frakturver- meidung, zumal eine Vielzahl unter- schiedlicher Faktoren das Krank- heitsgeschehen einer Osteoporose und ihren Verlauf beeinflusst. Die Os- teoporose bedingte Fraktur stellt im Alter eine der Hauptursachen für funktionelle Einschränkungen, Behin- derung, chronische Schmerzsyndro- me sowie eine erhöhte Morbidität und Mortalität dar [22] und trägt entschei- dend zum Verlust an Lebensqualität und Autonomie älterer Menschen bei.

Risikofaktor für eine Osteoporose be- dingte Fraktur ist neben einer vermin-

derten Knochenmasse und -festigkeit vor allem eine zum Sturz führende he- rabgesetzte neuromuskuläre Kapazi- tät durch funktionelle Einbußen im Kraft- und Gleichgewichtsvermögen mit einer daraus resultierenden Gan- gunsicherheit [13]. Zur Reduktion der motorischen Kompetenz gesellschaf- tet sich im Alter noch eine Minderung der visuellen und vestibulären Fähig- keiten, wodurch das Sturzrisiko zu- sätzlich erhöht wird. Altersassoziierte Stürze sind multikausal bedingt, mit einer komplexen Interaktion aus in- trinsischen Faktoren wie Muskel- schwäche und Gleichgewichtsstörun- gen sowie extrinsischen Faktoren wie Medikation, Sehstörungen oder „Stol- perfallen“ im häuslichen Umfeld [10].

Der Vermeidung von Stürzen und sturzbedingten Verletzungen kommt daher eine maßgebliche Bedeutung für die Gesundheit im Alter zu. Bewe- gungstherapie kann hier einen wert- vollen Beitrag sowohl zur Vermin- derung der Sturzangst als auch zur Prävention von Stürzen leisten. Um das Sturzrisiko besser abschätzen zu können, sollten mit Betroffenen ein- fach durchfühbare Assessments wie z.B. der Chair Rising-Test, Handkraft- messung, die Gehgeschwindigkeit oder der Timed-up-and-go-Test zur Überprüfung der Muskelkraft und -leistung erfolgen.

Daher gilt für den Erhalt der Kno- chenmasse und der Festigkeit körper- liche Aktivität und die daraus resultie- rende mechanische Beanspruchung des Knochens als unabdingbar. Kör- perlich aktive Menschen weisen eine signifikant höhere Knochendichte auf als inaktive Menschen [11]. Zudem belegen prospektive Kohortenstudien und konsistente Ergebnisse aus Fall- Kontrollstudien für periphere Fak- turen ein reduziertes Risiko von 20 – 40 % bei älteren Menschen mit hohem physischem Aktivitätslevel. Je inaktiver der Lebensstil, desto früh- zeitiger zeigen sich altersbedingte de- generative Veränderungen [24]. Ne- ben einer reduzierten Anzahl an Mus- kelfasern (Typ-1– und betont Typ- 2-Fasern, vor allem der unteren Extre- mität) sind hierfür neuronale Einflüs- se (u.a. eine Reduktion spinaler Moto- neurone bzw. spinale Inhibitionen) so- wie eine Einschränkung der mecha- nischen Muskelfunktion verantwort-

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lich. Dies führt mit zunehmendem Alter zu einer erhebli- chen Beeinträchtigung im sensomotorischen Informations- austausch mit einer Minderung der Qualität der inter- und intramuskulären Koordination.

Zum Erhalt der Mobilität und auch der Fähigkeit, sich im Alltag selbst zu versorgen ist daher neben koordinati- ven und kardiopulmonal wirksamen Trainingsinhalten ein angepasstes muskuläres Krafttraining sinnvoll.

Krafttraining führt gerade auch bei älteren Menschen durch Erhöhung des Muskelvolumens und Optimierung der Rekrutierung motorischer Einheiten zu einer Verbes- serung der Muskelfunktion und Zunahme der Muskel- kraft, wodurch einer Sarkopenie entgegengewirkt wird.

Gangsicherheit und Ganggeschwindigkeit lassen sich so oftmals verbessern [29]. Das Ausmaß der Anpassung bei älteren Menschen über 60 Jahre ist dabei mit dem von Jüngeren durchaus vergleichbar. Die sarkopenische Muskelfaser verfügt somit nicht per se über eine redu- zierte mechanische Muskelfunktion, sondern besitzt ein nachweisbares Adaptationspotenzial.

Allerdings ist derzeit nicht abschließend geklärt, wel- che Trainingseffekte mit welcher Belastungsintensität bzw.

Beanspruchung im Einzelnen erreicht werden, zumal die Wirkung der Belastungshöhe mit personenspezifischen Eigenschaften und Fähigkeiten variiert. Steht die Steige- rung der schnell verfügbaren Kraft (Kraftentwicklungsrate) im Vordergrund, sind eher höhere Intensitäten (> 85 %) bzw. Frequenzen notwendig. Ein progressives Krafttrai- ning bei 60 – 80 % des 1 RM (One-repetition maxi- mum = Ein-Wiederholungsmaximum) hat laut jetziger Da- tenlage [13] allgemein einen positiven Effekt auf die Kno- chenmasse an Hüfte und Wirbelsäule. Ein Maximalkraft- training von 70 – 90 % des 1 RM für alle Hauptmuskelgrup- pen hat dabei einen größeren Effekt auf die Knochenmas- se als ein Kraftausdauertraining. Der trabekuläre Knochen der Wirbelkörper reagiert insgesamt schneller auf mecha- nische Verformung als der cortikale Knochen des Schen- kelhalses.

Auch ein tägliches Walking-Training im aeroben Be- reich (bis 60 % der maximalen Herzfrequenz) kann den Knochenaufbau an der Wirbelsäule bei osteoporotischen Frauen stimulieren, insbesondere wenn dieses mit einem zusätzlichen täglichen Gymnastikprogramm oder Krafttrai- ning (50 % 1 RM) koordiniert wird. Das Training sollte zu-

dem in seiner

Korrespondenzadresse Dr. med. Hartmut Bork Reha-Zentrum am St. Josef-Stift

Westtor 7 48234 Sendenhorst bork@reha-sendenhorst.de

Foto: Hartmut Bork

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