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Wissens- und Technologietransfer aus der Sicht der Regionalpolitik | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

30 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2007

In den letzten Jahren rückte die Innova- tionspolitik verstärkt ins Zentrum der wirt- schaftspolitischen Diskussion. Mit der Neuen Regionalpolitik des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Wissens- und Tech- nologietransferinitiative der Förderagentur für Innovation des Bundes KTI wird das Thema Innovation auf Stufe der Regionen akzentuiert: Sie sind gefordert, Massnahmen der Innovationspolitik zu gestalten und um- zusetzen. WTT sowie die regionalen Inno- vationsstrategien sind Bestandteil dieser Orientierung.

Innovationskraft und Beschäftigung Im Rahmen des europäischen Projek- tes «Regionale Innovationsstrategie für die Region Westschweiz» (RIS-WS) wurde die Bechäftigungsentwicklung unter dem Blick- winkel der Innovationskraft der Wirt- schaftssektoren untersucht.1 Als Innova- tionsindikator wurde der sektorspezifische Innovationsindex der europäischen Kommis- sion verwendet.2 Die Ergebnisse zeigen den direkten Zusammenhang zwischen Innova- tionskraft und Beschäftigung3 auf. So verrin- gerte sich die Beschäftigung in innovations- schwachen Sektoren um nahezu 42 000 Voll- zeitäquivalente zwischen 1995 und 2005. Im gleichen Zeitraum schafften innovationsstarke Sektoren etwa 33 000 zusätzliche Stellen. Die positiven Beschäftigungsimpulse konnten den Verlust in innovationsschwachen Branchen nicht wettmachen. Die entstandene Beschäf- tigungslücke wurde hauptsächlich durch die beiden Wachstumssektoren Gesundheit und Bildung geschlossen. Es ist davon auszugehen, dass deren Absorptionspotenzial in Zukunft begrenzt sein wird. Unter dieser Prämisse wer- den Massnahmen zur Erhöhung der Innova- tionskraft unserer Wirtschaft geradezu zwin-

gend, um den längerfristig absehbaren Beschäftigungsrisiken entgegen zu wirken.

Eine «effektive» Innovationspolitik setzt voraus, dass die Engpässe der Unternehmen in ihren Innovationsprozessen erkannt und die Innovationsförderinstrumente entsprechend engpass- und nachfrageorientiert gestaltet werden. Kantone und Regionen tun sich schwer, eine Innovationsstrategie umzuset- zen, die den tatsächlichen wirtschaftlichen Begebenheiten Rechnung trägt.

Innovationspotenziale und -engpässe In einer vom Seco und von der KTI mitfi- nanzierten Bedürfnisanalyse wurden die In- novationsaktivitäten in 120 Westschweizer Unternehmen untersucht.4 Ein erstes Ergeb- nis betrifft die Innovationsvorhaben als sol- che. Rund ein Drittel der anstehenden Ge- schäftsinnovationen droht wegen Schwächen und Engpässen im betrieblichen Innovations- system nicht oder nur teilweise realisiert zu werden. Der Prozentanteil ist bei kleinen Un- ternehmen erwartungsgemäss höher als bei Grossunternehmen. Es besteht somit ein ho- hes Innovations- und Wachstumspotenzial in der regionalen Wirtschaft, das durch ein eng- pass- und bedürfnisorientiertes Innovations- fördersystem angesprochen werden kann.

Wo liegen die Engpässe? Der Einfluss von betrieblichen Ressourcen (z.B. Organisation, Strategie, Qualifikation, Finanzierung und Eigentumsrechte), das Finden und Bewerten von Innovationsideen sowie die Befähigung zu Kooperationen und Partnerschaften wurden eingehend untersucht. Diese Bereiche gelten international als kritische Voraussetzungen für Innovationen. Die Ergebnisse geben ein sehr differenziertes Bild der Engpässe, dies insbesondere in Abhängigkeit von der Unter- nehmensgrösse und teilweise auch der Bran- chenzugehörigkeit der Unternehmen.

Bei den betrieblichen Ressourcen sticht der enorm hohe Handlungsbedarf im strategischen Umfeld hervor. Alle Unternehmenskategorien tun sich schwer damit. Der «strategische Eng- pass» ist somit einer der wichtigsten Gründe für die ungenügende Umsetzung des Innova- tionspotenzials. Die Bedeutung anderer Eng- pässe variiert in den untersuchten Segmenten.

So stellen Finanzierungslücken spezifische Probleme der Mikrounternehmen (1–9 Mit-

Wissens- und Technologietransfer aus der Sicht der Regionalpolitik

Dr. Christoph Meier Direktor CCSO-Netzwerk, Fribourg

Die Innovationskraft der Wirt- schaft bestimmt massgeblich die regionale Beschäftigungsent- wicklung. Schwächen und Engpäs- se im Innovationssystem führen dazu, dass etwa ein Drittel des betrieblichen Innovationspoten- zials schlecht genutzt wird. Die Probleme sind vielfältig; entspre- chend anspruchsvoll ist die Aus- gestaltung einer regionalen Inno- vationsstrategie. Massnahmen im Bereich des Wissens- und Techno- logietransfers (WTT) sind Be- standteil davon. Im Verbund mit komplementären Leistungsträ- gern können sie bei Unternehmen eine optimale Wirkung erzielen.

Voraussetzung dazu ist eine klare Bedürfnisorientierung. Im Zen- trum steht das Unternehmen.

1 RIS-WS, Regional Economic Trends and Potentials, Juli 2007.

2 Europäische Kommission, European Innovation Scoreboard 2005: Comparative Analysis of Innovation Performance, Trend Chart Innovation Policy in Europe.

3 Bundesamt für Statistik (BFS), 2006, Erhebung der Unternehmen 2005, Stand 30. 11. 2006, Sektion Unter- nehmen, Neuenburg.

4 RIS-WS, Report on Analysis of the Regional Needs, Juli 2007.

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

31 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2007

arbeitende) dar, während mittlere Unterneh- men (50–249 Mitarbeitende) insbesondere in den Bereichen Organisation und Qualifika- tion Mühe haben.

Die Marktorientierung der Unternehmen führt dazu, dass Innovationsideen wesentlich vom Unternehmen selber sowie von Kunden und Konkurrenten kommen. Entsprechend werden Engpässe vorwiegend in diesem Um- feld gesehen. Erwartungen an Schulen und Forschungsstätten sind demgegenüber gering.

Bei Mikrounternehmen sind Engpässe beim Kunden als Ideenquelle zu orten, bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eher im internen Bereich. Insgesamt sind die Engpässe bei Mikro- und Kleinunternehmen wesent- lich ausgeprägter als bei grösseren Unterneh- men.

Im Bereich Kooperationen und Partner- schaften ist ein weiteres bedeutendes Potenzial für Verbesserungen im Innovationssystem vorhanden. Auch hier dominieren die Proble- me bei Mikrounternehmen; jedoch zeigen sich Engpässe bei allen Unternehmensgrös- sen. Mikrounternehmen suchen eine Intensi- vierung der Kooperation mit Forschungsstät- ten, Unterstützungsorganisationen sowie mit anderen Unternehmen und Kunden. Bei Kleinunternehmen steht die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Kunden und For- schungsstätten im Vordergrund und bei mittleren Unternehmen schliesslich sind die Engpässe in Kooperationen mit Forschungs- stätten, Kunden und anderen Unternehmen zu lokalisieren. Insgesamt zeigt sich die Not-

wendigkeit einer breiten wirtschaftlichen und institutionellen Vernetzung in Innovations- vorhaben.

WTT im Kontext einer regionalen Innovationspolitik

Innovation kann ohne technologische Neuerkenntnis entstehen. Etwa 50% der In- novationsvorhaben bei den 120 untersuchten Unternehmen gelten als Neuigkeiten für das Unternehmen, und nur bei knapp 30% kann von Weltneuheiten gesprochen werden. Dies impliziert, dass der zwischenbetriebliche Wis- sens- und Technologietransfer eine sehr be- deutende Rolle im Innovationsprozess spielt.

Eine auf Beschäftigung ausgerichtete Re- gionalpolitik sollte dieser Dimension ent- sprechend Rechnung tragen. Unterneh- menscluster, Erfahrungsaustauschgruppen, Unterstützungsorganisationen mit Zugang zu Unternehmensnetzwerken, die europäischen

«Innovation Relay Centers» und weitere An- gebote bieten dazu konkrete Ansatzpunkte.

Der WTT zwischen dem Bildungs- und Forschungssystem und den Unternehmen komplettiert die zwischenbetrieblichen Trans- fermechanismen. Mehrheitlich erachten die Unternehmen die zukünftige Kooperation mit Entwicklungs- und Forschungsstätten als wichtig. Dieses Bedürfnis ist bei Mikrounter- nehmen mit einem Anteil von 61% besonders hoch. Allerdings tun sie sich damit schwer. Mit Ausnahme der Grossunternehmen bekunden mehr als die Hälfte der kooperationsinteres- sierten Unternehmen Probleme bei dieser Form von Partnerschaften. Es besteht somit ein beachtliches Verbesserungspotenzial. Auf Stufe der Regionen stellen sich verschiedene Fragen der Ausgestaltung von WTT-Mass- nahmen. Obwohl es zurzeit kaum pfannenfer- tige Rezepte gibt, zeichnen sich aus Sicht des Autors gewisse Grundrisse eines wirksamen WTT-Systems ab. Sie werden im Kasten 1 skiz- ziert.

Die Regionen tragen zunehmend Verant- wortung für ein auf die Bedürfnisse ihrer Wirtschaft zugeschnittenes Innovationssys- tem. Entsprechende Bemühungen können im Rahmen der Neuen Regionalpolitik des Bun- des (NRP) unterstützt werden. Der Ball liegt bei den Kantonen, regionale Massnahmen zu initiieren und dabei die Synergien mit der KTI-WTT-Initiative zu nutzen.

Kasten 1

Grundrisse eines wirksamen WTT-Systems

– Die Regionen sollten WTT verstärkt eng- pass- und damit nachfrageorientiert gestalten. Ausgangspunkt sind die Bedürf- nisse der Unternehmen. Ein regionales WTT-Instrument sollte befähigt sein, die Bedürfnisse im Gespräch zu erkennen und entsprechende Kompetenzen aus der Hoch- schullandschaft zu mobilisieren.

– Ein Unternehmen zeigt geringes Interesse an Transfermassnahmen, wenn andere Engpässe die Innovationsumsetzung behin- dern. Deshalb sind regionale WTT-Instru- mente als Bestandteil eines umfassenderen Innovationssystems zu konzipieren. Eine Vernetzung mit komplementären Leis- tungsträgern des regionalen Innovations- systems ist dazu Voraussetzung.

– Eine Region umfasst mehrere Kantone. In einem solchen Verbund stellt sich die Frage, ob die WTT-Organisation zentral oder de- zentral zu gestalten ist. Es braucht «sowohl als auch»! Dezentrale WTT-Leistungsträger können den Vorteil der geografischen Nähe zum Kunden und zu den übrigen Innovati- onsförderinstrumenten nutzen, welche zu- meist kantonalen Charakter haben. Gerade kleinere Betriebe schätzen diese Nähe. Für spezifische Problemstellungen der Wirt- schaft kann der Zugang zu hoch speziali- sierten Kompetenzen und Infrastrukturen entscheidend sein. Diese Art von Vernet- zung kann am ehesten durch spezialisierte WTT-Partner eingebracht werden, welche überregional organisiert sind. Im Bereich der Life Sciences wie Biotechnologie und Medizinaltechnik ist dies beispielsweise von Vorteil.

0.20 0.45 0.70

–60 000 Innovationsindikator

–40 000 –20 000 0 20 000 40 000 60 000

Entwicklung der Beschäftigung zwischen 1995 und 2005 (in Vollzeitäquivalenten) Sektoren mit

starker Innovationskraft

+32 851 Arbeitsplätze

Sektoren mit

schwacher Innovationskraft

– 41 739 Arbeitsplätze

Quelle: CCSO / Die Volkswirtschaft Grafik 1

Entwicklung der Beschäftigung in Bezug auf die Innovationskraft in Westschweizer Kantonen (BE, FR, GE, JU, NE, VD, VS)

Referenzen

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