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Der Streit um die Gestaltung des Obelisken

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Academic year: 2022

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Der Streit

um die Gestaltung des Obelisken

Benedikt Herrmann Hendrik Poertner

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Die unendliche Geschichte der Roten Fahne

Wenn man heutzutage auf den sowjetischen Soldatenfriedhof des Stammlagers 326 bei Stukenbrock geht, fällt einem sofort ein großer Obelisk mit einem orthodoxen Kreuz an seiner Spitze auf. Dieses Denkmal soll an die zu Tode gequälten sowjetischen

Kriegsgefangenen und an die Befreiung der Überlebenden erinnern.

Doch der Obelisk hatte nicht immer ein Kreuz auf seiner Spitze.

Damals, 1945, setzten die überlebenden Gefangenen eine aus Glasplastik gefertigte rote Fahne mit Hammer und Sichel auf die Spitze des zehn Meter hohen Obelisken, der aus Granit und Marmor gefertigt wurde und mit drei großen Sternen oberhalb des Sockels verkleidet ist.

Aber 1956, als der Kalte Krieg Ost und West spaltete, ließ die damalige CDU-Landesregierung alle sowjetischen Embleme entfernen. Daraufhin legte die russische Kommandantur bei den englischen Dienstellen Einspruch ein. Es kam zu einer Verhandlung zwischen englischen und russischen Offizieren, dem britischen Residenten und deutschen Regierungsvertretern. Das Ergebnis war, dass die Inschriften und Embleme wieder angebracht werden mussten.

Als einzige Änderung blieb, dass auf der Spitze das orthodoxe Kreuz steht.

Jedoch hatte bereits 1949 die Union der Sozialistischen

Sowjetrepubliken (UdSSR) die zuständigen deutschen Behörden unterrichtet, dass Kreuze auf sowjetischen Gräbern wegen des staatlichen Antiklerikalismus nicht erwünscht seien.

In den Jahren zwischen 1956 und 1988 war das Denkmal in Schloss Holte - Stukenbrock kein Thema mehr. Erst im Jahr 1988 wurde der Obelisk mit Kreuzspitze unter Denkmalschutz gestellt, wodurch bis heute Veränderungen unterbunden werden.

In den Jahren 2001 und 2004 wurde das Denkmal vor der

Veranstaltung zum Antikriegstag von Unbekannten mit einer roten Fahne (ohne Hammer und Sichel) versehen.

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Vorläufig abgelehnt wurde auch ein vom Arbeitskreis ,,Blumen für Stukenbrock“ im Jahre 2004 an die Denkmalschutzbehörde in Detmold eingereichter Antrag auf Rekonstruktion des

Originalzustandes des Obelisken.

Die Begründung der Bezirksregierung Detmold war, dass der Obelisk mit Kreuz unter Schutz gestellt worden sei und deshalb nicht

verändert werden dürfe.

Zeitnah baten aber auch drei Überlebende, die 1945 nach der Befreiung des Stalag 326 am Bau beteiligt waren, den Obelisken wieder in den Originalzustand zu versetzen.

Am 1.04.2005 erklärte Wolfram Kuschke, Minister für Bundes-,

Europaangelegenheiten und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen auf einer Gedenkfeier, dass der Obelisk auf Bitten der Überlebenden wieder in seinen Originalzustand versetzt werde. Die rote Fahne solle noch im Jahr 2005 anstatt des orthodoxen Kreuzes wieder auf dem Obelisken angebracht werden. Die Angelegenheit müsse nur noch mit der russischen Regierung und der orthodoxen Kirche abgestimmt werden. Letztere habe aber bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Doch danach geschah nichts und im August 2007 teilte

Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl mit, dass ihr das Umbauvorhaben neu sei und sie sich erst informieren müsse, bevor sie Genehmigungen erteile.

Die endgültige Entscheidung fiel dann Anfang November 2007 als sich die Mehrheit des Stadtrates von Schloss Holte - Stukenbrock (gegen die Stimmen der Ratsmitglieder von Bündnis 90/Die Grünen) dafür aussprach der Regierungspräsidenten zu empfehlen, den

Obelisken in der seit 1956 bestehenden Bauform zu belassen.

Benedikt Hermann Hendrik Poertner

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Vorstellung des Streitgesprächs

Hendrik: Benedikt und ich, Hendrik, haben uns mit dem Streit um die Gestaltung des Obelisken auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in der Nähe des Stalag 326 beschäftigt.

Benedikt: Der Obelisk soll an die zu Tode gequälten sowjetischen Kriegsgefangenen und an die Befreiung der Überlebenden erinnern.

Einige von ihnen haben ihn 1945 nach ihrer Befreiung gebaut.

Hendrik: Der zehn Meter hohe Obelisk aus Granit und Marmor hatte ursprünglich eine Rote Fahne auf seiner Spitze, die aus Glasplastik bestand und auf der Hammer und Sichel abgebildet waren. 1956, in der Zeit des Kalten Krieges, ließ die nordrhein-westfälische

Landesregierung jedoch alle sowjetischen Embleme am Obelisken entfernen. Nach Protesten der Sowjetunion, die die Briten

unterstützten, wurden die Embleme jedoch wieder angebracht – mit Ausnahme der Roten Fahne.

Benedikt: An deren Stelle befindet sich bis heute ein orthodoxes Kreuz, und dies, obwohl die sowjetische Regierung bereits 1949 die zuständigen deutschen Behörden unterrichtet hatte, dass Kreuze auf sowjetischen Gräbern nicht erwünscht sind. Trotzdem wurde der Obelisk mit dem Kreuz 1988 unter Denkmalschutz gestellt, wodurch bis heute Veränderungen unterbunden werden.

Hendrik: Und nun werden wir ihnen unser Streitgespräch zur unendlichen Geschichte der Roten Fahne zeigen.

Schriftliche Textvorlage für das

Streitgespräch

Hendrik: Überlebende des Stalag 326 in Schloss-Holte Stukenbrock und der Arbeitskreis ,,Blumen für Stukenbrock“ haben sich dafür eingesetzt, die Rote Fahne mit Hammer und Sichel wieder auf den Obelisken des sowjetischen Soldatenfriedhofs zu setzen. Doch was waren eigentlich ihre Beweggründe und was spricht gegen den

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Benedikt: Die Rote Fahne ist das ursprüngliche und von den Erbauern gewollte Symbol. Deshalb wollen die Überlebenden es wieder haben, sie haben ein Recht darauf. Außerdem haben die Alliierten die Fahne genehmigt.

Hendrik: Meines Wissens sind es nur drei Überlebende. Und die Frage ist doch, sprechen sie für die Mehrheit der Überlebenden. Ich denke, viele Überlebende hätten die Fahne vielleicht gar nicht installiert, wenn sie gewusst hätten, welche Verfolgungen sie nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion erleiden mussten.

Benedikt: Einer der Überlebenden, die sich gemeldet haben, ist aber einer der Erbauer und er ist für die Fahne.

Die Fahne durch das Kreuz auszutauschen, war außerdem ein Akt des Kalten Krieges, und weil sich jetzt die Beziehungen zwischen den damals verfeindeten Ländern normalisiert haben, kann man auch das Kreuz wieder durch die Fahne, die wegen des Kalten Krieges entfernt wurde, austauschen.

Hendrik: Aber das Balkenkreuz ist mittlerweile Teil der Geschichte des Obelisken, die durch das Anbringen der ursprünglichen Fahne verfälscht werden würde. Außerdem müsste die Fahne neu hergestellt werden, da das Original verschollen ist.

Benedikt: Aber die Originalbaupläne liegen vor. Des Weiteren waren Kreuze auf sowjetischen Friedhöfen wegen des staatlichen

Antiklerikalismus in der Zeit, als sie angelegt wurden, nicht erwünscht.

Hendrik: Aber warum haben offizielle sowjetische Vertreter dann 1956 der Veränderung zugestimmt?

Benedikt: Ach, du hast doch keine Ahnung. Hör mal, es wurden damals doch alle sowjetischen Symbole abgenommen, und die

sowjetischen Vertreter konnten immerhin erreichen, dass alles bis auf die Fahne wieder anmontiert wurde. Die Rote Fahne musste halt für’s Erste geopfert werden. Außerdem hat inzwischen auch die orthodoxe

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Kirche zugestimmt, die Fahne anstatt des Kreuzes wieder auf den Obelisken zu setzen.

Hendrik: Das ist aber unwichtig, solange sich die deutschen Behörden nicht einigen können. Woher weißt du eigentlich, ob die Rote Fahne heute von der Mehrheit der Bevölkerung der ehemaligen Sowjetunion noch akzeptiert wird. Nach ihrer Rückkehr wurden die ehemaligen Kriegsgefangenen doch von ihrer eigenen Regierung verfolgt. Es gibt keinen Grund, die Flagge einer verbrecherischen Regierung wie die der stalinistischen Sowjetunion in Stukenbrock aufzuhängen.

Benedikt: Die getöteten Kriegsgefangenen waren aber trotzdem Soldaten der Sowjetunion, und sie hätten die Rote Fahne auf ihrem Friedhof wahrscheinlich gewollt, da sie für ihr Land unter der Roten Fahne in den Krieg gezogen und gestorben sind. Außerdem kann das Kreuz nicht allen dort Beerdigten gerecht werden, da nur wenige

Kriegsgefangene orthodoxe Christen waren. Sie gehörten aber alle zur Roten Armee.

Hendrik: Jedenfalls ist der Obelisk mit Balkenkreuz unter

Denkmalschutz gestellt worden. Das Kreuz ist Teil der Geschichte des Obelisken, die durch das Anbringen einer neuen Fahne verfälscht

werden würde. Außerdem ist der Wunsch Einzelner nach Veränderung kontraproduktiv!

Man könnte noch lange so weiterdiskutieren und würde wohl kaum zu einer endgültigen Lösung kommen. Wir sind der Meinung, dass für beide Seiten der Kompromiss von 1956, der vorsieht, dass die

Inschriften und Sterne bleiben dürfen und die Fahne ausgetauscht wurde, am besten ist.

Und was meinen Sie?

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