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"Prometheus": Modell eines Expertensystems zur individuellen Arzneimitteldosierung

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Zentrum Pharmakologie und Toxikologie Institut für Klinische Pharmakologie

(Kommissarischer Leiter: Prof. Dr. med. D. O. Stichtenoth)

„Prometheus“

Modell eines Expertensystems

zur individuellen Arzneimitteldosierung

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Humanbiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von

Bertram Brockschnieder aus Rheda-Wiedenbrück Ruxandra Sabau aus Temeschburg

Hannover 2007

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 12.12.2007

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann Betreuer: Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Sewing /

Prof. Dr. rer. nat. Albert Porth

Referent: Prof. Dr. med. Dirk Stichtenoth

Korreferent: Prof. Dr. Herbert Matthies

Korreferent: PD Dr. Georg Hempel

(3)

Herr Prof. Dr. med J. C. Frölich,

ehemaliger Leiter des Instituts für Klinische Pharmakologie der MHH, regte das Thema dieser Dissertation an.

(4)

“Mistakes are a Fact of Life.

It’s the Response to the Error That Counts”

Nikki Giovanni (1943)

(5)

1

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...11

1.1 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in Krankenhäusern ...11

1.2 Informationsflut...12

1.2.1 Arzneimittelinformationen ...12

1.2.2 Informationsverarbeitung im Krankenhaus...13

1.3 Bewältigung der Informationsflut mit Expertensystemen ...14

1.3.1 Der Begriff Expertensystem...14

1.3.2 Unterscheidung von Expertensystemen nach Problemlösungsarten ...14

1.3.3 Personengruppen zur Entwicklung eines Expertensystems...15

1.3.4 Fragestellungen während der Entwicklungsphase...15

1.3.5 Expertensysteme zur Entscheidungsfindung ...16

2 Material und Methoden ...18

2.1 Komponenten von Prometheus ...18

2.2 Die Zielgruppe von Prometheus ...19

2.3 Aufbau des CPOES Prometheus...19

2.3.1 Anwendungsdatenbank ...19

2.3.2 Wissensbank ...19

2.3.3 Das Daten- und Wissensbankverwaltungssystem ...20

2.4 Wirkstofflisten...21

2.4.1 Monosubstanzen ...21

2.4.2 Wirkstoffkombinationen ...21

2.5 Allgemeine Wirkstoffdaten...22

2.6 Pharmakokinetische Wirkstoffdaten ...23

2.7 Dosierungen...24

2.7.1 Dosierungsbezeichnungen ...25

2.7.1.1 Definitionen der Dosierungsbezeichnungen...25

2.7.2 Indikationen ...26

2.7.3 Dosierungsdokumentation ...26

2.8 Therapieschemata ...27

2.8.1 Beispiel eines Therapieschemas mit Gentamicin...27

2.9 Patientenindividuelle Dosiskorrektur...29

2.9.1 Die Dettli-Methode...30

2.9.2 Korrektur des Dosierintervalls...30

2.10 Indikationen...32

2.11 Applikationswege und Darreichungsformen ...33

(6)

2

2.11.1 Abgleich der ABDAMED-Applikationswege ...33

2.11.2 Beispiel zur Verknüpfung der Applikationswege ...34

2.12 Darreichungsformen mit freitextlicher Dosierung ...35

2.12.1 Darreichungsformen mit fehlendem Dosisbezug ...35

2.12.2 Darreichungsformen mit fehlender Angabe zum Applikationsweg ...35

3 Ergebnisse ...37

3.1 Erstes Fallbeispiel ...39

3.2 Zweites Fallbeispiel ...89

4 Diskussion ...114

4.1 Charakteristika von Prometheus ...114

4.2 Prometheus und andere DSS...119

4.3 Prometheus und andere CPOES...121

4.4 Wünschenswerte Funktionen für Prometheus ...123

4.4.1 Weitergehende Individualisierung der Arzneimitteltherapie...123

4.4.1.1 Monitoring von Laborwerten und Plasmaspiegeln (TDM)...123

4.4.1.2 Berücksichtigung genetischer Polymorphismen...124

4.4.1.3 Weitere Arzneimittel-Checks...124

4.4.1.4 Verknüpfung interner Untersuchungen mit der Arzneimitteleinnahme...125

4.4.2 Integrierung einer Bar-Code Verifizierung...125

4.5 Allgemeiner Stellenwert der CPOES ...126

4.6 Eingliederung eines CPOES in die Arzneimittelversorgung ...128

4.7 Evaluation von Expertensystemen ...129

4.7.1 Interne Evaluation...129

4.7.1.1 Verifizierung...129

4.7.1.2 Validierung ...130

4.7.1.3 Erster Entwurf der internen Evaluation von Prometheus...130

4.7.2 Externe Evaluation ...138

4.7.2.1 Anmerkungen zur externen Evaluation von Prometheus...138

5 Zusammenfassung...141

6 Anhang ...142

7 Literatur...155

Das Fehlen des Symbols ® nach Namen bedeutet nicht, dass der Name nicht durch Warenzeichen geschützt ist.

Um sprachliche Missverständnisse zu vermeiden, verwenden wir die maskuline Form, meinen aber selbstverständ- lich immer Frauen und Männer.

(7)

3

Glossar

AABG Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz

ABDA Allgemeine Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDAMED Arzneimitteldaten für Ärzte,

von „ABDATA Pharma-Daten Service“ für Anbieter pharmazeu- tischer Informationssysteme kostenpflichtig zur Verfügung

gestellt

AM Arzneimittel (Fertigarzneimittel) Appl. €/ED Applikationskosten pro Einzeldosis

ATC Anatomisch-Therapeutisch-Chemische Klassifikation AUC Area Under the Curve

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung CDC Center for Disease Control and Prevention Cl

Krea

Kreatinin-Clearance

CPOES Computerized Physician Order Entry System CSE Cholesterin Synthese Enzym

d Tag (dies)

DAR Darreichungsform

DD Deutsche Darreichungsformen (Datensatz der ABDAMED) DDD Defined Daily Doses

DE Darreichungseinheit

DSS Decision Support Systems

ED Erhaltungsdosis

EM Extensive Metabolizer FAM Fertigarzneimittel

FDA Food and Drug Administration

FDV Deutsche Fertigarzneimittel für den Verordner (Datensatz der

ABDAMED)

GFR Glomeruläre Filtrationsrate

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

G-DRG German Diagnosis Related Groups

(8)

4

ICD-10-GM International Statistical Classification of Diseases and Health Problems - German Modification

IM Intermediate Metabolizer

ISMP Institute for Safe Medication Practice KIS Krankenhausinformationssystem

KO Körperoberfläche

L Ladungsdosis

MDRD Modification of Diet in Renal Disease MIC Minimal Inhibition Concentration

mo Monate

OTC Over-The-Counter

PAE Postantibiotischer Effekt PDA Personal Digital Assistant PER Postexpositionsresistenz pi. patientenindividuell

PM Poor Metabolizer

PZN Pharmazentralnummer

Reiter Oberflächen (Kurve, Patient, Verordnung, Alternativen, Interak- tionen, Dosierhinweise, Zusatzinfo)

SIV Internationale Stoffliste für den Verordner (Datensatz der

ABDAMED)

SRI Serotonin Reuptake Inhibitor

TD Therapiedauer

TDM Therapeutisches Drug Monitoring

t

1/2

Halbwertszeit

U Units (Einheiten)

UAW Unerwünschte Arzneimittelwirkung UM Ultra Rapid Metabolizer

VA The Department of Veterans Affairs (Kanada) Vd Verteilungsvolumen (Volume of Distribution) WHO World Health Organisation

wo Wochen

WW Wechselwirkung

ZD Zyklusdauer

(9)

5

No

No! ?

Wirkstoff- bzw. Hilfsstoffallergie, Verordnung verboten

Information zur Allergie

Wirkstoff- bzw. Hilfsstoffkreuzallergie, Verordnung überprüfen

Information zur Kreuzallergie

Prüfung auf Wechselwirkungen (Interaktions-Check) geringfügige Wechselwirkung

schwerwiegende Wechselwirkung mittelschwere Wechselwirkung

Dosierungs-Check

Dosierung innerhalb zulässiger Grenzwerte

Dosierung außerhalb zulässiger Grenzwerte

R Redigieren (Dosiskorrektur)

!

!!

!!!

Glossar der Symbole

geringfügige Wechselwirkung

schwerwiegende Wechselwirkung

mittelschwere Wechselwirkung

(10)

6

Daten zu Lösungsmitteln bzw. Trägerlösungen

Zeitangabe für Verordnungsbeginn und -ende

Alternativensuche drucken

löschen bzw. absetzen Verordnung übernehmen

speichern

Datenexport

Arzneimittel-Check Therapiedauer

Mehrfachverordnung eines Wirkstoffes

(11)

7

+ weitere Daten

1/2 1

1/4

Teilbarkeits-Check fester Arzneiformen

feste Arzneiform nicht teilbar feste Arzneiform teilbar feste Arzneiform viertelbar

keine Daten vorhanden Arzneimittel verabreicht

Arzneimittel nicht verabreicht Therapiebeginn

Therapieende

Dauertherapie

t zeitlicher Abstand zwischen aktueller und folgender Ver- ordnung

?

+ weitere Daten zu einer Interaktion

(12)

8

Abbildungen

Abbildung 1: Prometheus-Emblem ...18

Abbildung 2: Aufbau eines Expertensystems...20

Abbildung 3: Eingabeoberfläche - Wirkstofflisten ...21

Abbildung 4: Eingabeoberfläche - Allgemeine Wirkstofflisten...22

Abbildung 5: Eingabeoberfläche - Pharmakokinetische Wirkstoffdaten...23

Abbildung 6: Eingabeoberfläche - Erhaltungsdosis nicht tabellarisch...24

Abbildung 7: Eingabeoberfläche - Schemata ...27

Abbildung 8: Eingabeoberfläche - Erhaltungsdosis tabellarisch ...28

Abbildung 9: Eingabeoberfläche - Patientenindividuelle Dosiskorrektur...29

Abbildung 10: Eingabeoberfläche - Häufigkeiten, Intervalle, Applikationszeitpunkte ...31

Abbildung 11: Eingabeoberfläche - Indikationen...32

Abbildung 12: Eingabeoberfläche - Einstellungen: Applikationswege, Darreichungsformen ...34

Abbildung 13: Eingabeoberfläche - DAR mit freitextlicher Dosierung...36

Abbildung 14: Schematische Darstellung des Verordnungsprozesses von Prometheus...37

Abbildung 15: Anwendungsoberfläche - Prometheus-Zugang ...38

Abbildung 16: Anwendungsoberfläche - Grunddaten, variable Patientendaten/Meier ...40

Abbildung 17: Anwendungsoberfläche - Patientenallergien/Meier...43

Abbildung 18: Anwendungsoberfläche - Aufnahmemedikation/Meier...45

Abbildung 19: Anwendungsoberfläche - Aufnahmemedikation mit Arzneimittel-Check/Meier ...47

Abbildung 20: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation 1/Meier...49

Abbildung 21: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation 2/Meier...51

Abbildung 22: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Parenteraliaherstellung/Meier ...53

Abbildung 23: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Arzneimittel-Check 1/Meier..55

Abbildung 24: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Arzneimittel-Check 2/Meier..57

Abbildung 25: Anwendungsoberfläche - Interaktionen/Meier ...59

Abbildung 26: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Alternativensuche/Meier ...61

Abbildung 27: Anwendungsoberfläche - Wirkstoffalternativen/Meier...63

Abbildung 28: Anwendungsoberfläche - Arzneimittelalternativen/Meier ...65

Abbildung 29: Anwendungsoberfläche - Einzelverordnung/Meier ...67

Abbildung 30: Anwendungsoberfläche - Einzelverordnung mit Applikationszeitpunkt/Meier...69

Abbildung 31: Anwendungsoberfläche - Verordnung individuelles Therapieschema/Meier...71

Abbildung 32: Anwendungsoberfläche - Erstellung individueller Therapieschemata/Meier ...73

Abbildung 33: Anwendungsoberfläche - Dosierhinweise/Meier...75

(13)

9

Abbildung 34: Anwendungsoberfläche - Zusatzinfo/Meier ...77

Abbildung 35: Anwendungsoberfläche - Kurve 1/Meier...79

Abbildung 36: Anwendungsoberfläche - Kurve 2/Meier...80

Abbildung 37: Anwendungsoberfläche - Kurve 3/Meier...81

Abbildung 38: Anwendungsoberfläche - poststationäre Medikation 1/Meier...83

Abbildung 39: Anwendungsoberfläche - poststationäre Medikation 2/Meier...84

Abbildung 40: Anwendungsoberfläche - Parenteralia/Meier...86

Abbildung 41: Anwendungsoberfläche - Arzneimittelspezifische Daten/Meier ...88

Abbildung 42: Anwendungsoberfläche - Grunddaten, variable Patientendaten/Müller ...90

Abbildung 43: Anwendungsoberfläche - Patientenallergien/Müller...91

Abbildung 44: Anwendungsoberfläche - Aufnahmemedikation/Müller...92

Abbildung 45: Anwendungsoberfläche - Aufnahmemedikation mit Arzneimittel-Check/Müller...94

Abbildung 46: Anwendungsoberfläche - Interaktionen/Müller...96

Abbildung 47: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Arzneimittel-Check/Müller....98

Abbildung 48: Anwendungsoberfläche - Patientenmedikation mit Alternativensuche/Müller ...100

Abbildung 49: Anwendungsoberfläche - Wirkstoffalternativen/Müller ...101

Abbildung 50: Anwendungsoberfläche - Arzneimittelalternativen/Müller ...102

Abbildung 51: Anwendungsoberfläche - Einzelverordnung/Müller...104

Abbildung 52: Anwendungsoberfläche - Verordnung Therapieschema/Müller ...105

Abbildung 53: Anwendungsoberfläche - Therapieschema mit Applikationszeitpunkt/Müller ....106

Abbildung 54: Anwendungsoberfläche - Dosierhinweise/Müller ...107

Abbildung 55: Anwendungsoberfläche - Zusatzinfo/Müller...108

Abbildung 56: Anwendungsoberfläche - Kurve/Müller...110

Abbildung 57: Anwendungsoberfläche - Kurve mit Parenteraliaherstellung/Müller...111

Abbildung 58: Anwendungsoberfläche - Parenteralia/Müller ...112

Abbildung 59: Anwendungsoberfläche - poststationäre Medikation/Müller...113

Abbildung 60: Prozess der patientenorientierten Arzneimittelversorgung im Krankenhaus ...128

Abbildung 61: Eingabeoberfläche - Interne Evaluation, Patientendaten...131

Abbildung 62: Eingabeoberfläche - Interne Evaluation, Dosierung ...133

(14)

10

Tabellen

Tabelle 1: ABDAMED- und Prometheus Applikationswege (+ = gelistet)...33

Tabelle 2: Beispiel einer DAR mit und ohne freitextliche Dosierung...36

Tabelle 3: Interne Evaluation: Dosierung ...134

Tabelle 4: Interne Evaluation: Wechselwirkungen Prometheus Soll-Ergebnis...135

Tabelle 5: Interne Evaluation: Wechselwirkungen Prometheus Ist-Ergebnis...135

Tabelle 6: Interne Evaluation: Kreuzallergien Prometheus Soll-Ergebnis...137

Tabelle 7: Interne Evaluation: Kreuzallergien Prometheus Ist-Ergebnis...137

Tabellen des Anhangs

Anhang Tabelle 1: Beispiel zum Aufbau des ABDAMED-Indikationscodes Anhang Tabelle 2: DAR mit freitextlicher Dosierung

Anhang Tabelle 3: Verknüpfung Applikationswegbezeichnung mit DAR Anhang Tabelle 4: Indikationen

Anhang Tabelle 5: Originaltext der Anwendungsgebiete von Omeprazol und Ciprofloxacin zur Verdeutlichung der Heterogenität

Anhang Tabelle 6: Aktivität arzneimittelrelevanter Cytochrom P450-Isoenzyme bei bestehender Leberinsuffizienz

Die jeweiligen Verweise zu den Tabellen des Anhangs sind im Text zu finden. Die Tabellen enthalten ergänzende Informationen zum jeweiligen Themenbereich.

(15)

11

1 Einleitung

1.1 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in Krankenhäusern

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen stellen zusammen mit häufigen Medikationsfehlern ein bedeutendes Problem dar. Je nach Studie betreffen sie ca. 4-14% aller stationären Aufenthalte und bis zu 25 % aller ambulant behandelten Patienten (Weingart et al.) [1]; (Mc Donnell et al.) [2]; (Gandhi et al.) [3].

In den USA kommen schätzungsweise ein bis zwei Prozent der Krankenhauspatienten durch Arzneimittel zu Schaden, wobei der Großteil durch Verordnungsfehler verursacht wird (Dean et al.) [4]. Über die aktuelle Anzahl an Verordnungsfehlern in Großbritannien und Deutschland ist dagegen wenig bekannt. Um die Zahl der Verordnungsfehler zu reduzieren, müssen die Häufig- keit, der vorwiegende Fehlertyp und die schwerwiegendsten Fehler identifiziert werden.

Die von Dean et al. geleitete Pilotstudie kam zu dem Ergebnis, dass der Großteil der Medikati- onsfehler (54 %) auf Fehldosierungen zurückzuführen war, wobei die Fehlerquote sich in Ab- hängigkeit des Aufenthaltsortes des Patienten unterschiedlich groß darstellte. Die Mehrzahl der Fehler wurde während des Krankenhausaufenthaltes verzeichnet und der geringste Prozentsatz bei Entlassung des Patienten. In 1,5 % der Fälle wurden Verordnungsfehler nachgewiesen, wobei ein Viertel als schwerwiegend eingestuft wurde. Das Ergebnis ist vergleichbar mit dem einiger US-Studien, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen des Begriffs Fehlverordnung (Bates et al.) [5]; (Leape et al.) [6]; (Institute of Medicine) [7].

Besorgniserregend in der Pilotstudie war die Tatsache, dass die meisten Fehler als Übertra- gungsfehler (in einem Prozent der Fälle) identifiziert wurden.

Der Medikationsprozess kann im Krankenhaus in die vier Phasen Verordnung, Konfektionie- rung, Distribution und Applikation unterteilt werden (s. auch Abbildung 60, S. 128):

Medikationsfehler können während jeder dieser vier Prozessphasen auftreten. Besonders häu- fig sind die Verordnungs- und Applikationsfehler, während Übertragungs- und Distributionsfeh- ler seltener beobachtet werden (Schnurrer et al.) [8].

Die prospektive Studie von Dean et al. beleuchtete die Ursachen der Fehlerentstehung unter Berücksichtigung von menschlichem Fehlverhalten. Die meisten Fehler entstanden durch Kon- zentrationsmangel, Übermüdung und Missachtung von relevanten Verordnungsregeln.

Classen et al. [9] belegen in ihrer Studie, dass Arzneimittelnebenwirkungen mit einem deutlich verlängertem Krankenhausaufenthalt, einem Anstieg der Kosten und einem zweifach erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden sind. Drei bis 28 % aller Krankenhauseinweisungen in den USA werden Arzneimittelnebenwirkungen zugeschrieben und bei 0,31 % der Krankenhauspatienten ist mit Arzneimittelnebenwirkungen zu rechnen.

(16)

12

Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass 50 % aller Nebenwirkungen vermeidbar waren und 42 % der Nebenwirkungen auf Überdosierungen und fehlenden Dosiskorrekturen bei Nierenin- suffizienz (z.B. Antibiotika) beruhten. Ebenfalls vermeidbar waren die durch Wechselwirkungen (4,6 %) und Allergien (1,5 %) verursachten Ereignisse. Medikationsfehler waren für ein Prozent aller Nebenwirkungen zuständig. Die exakten Kosten, verursacht durch unerwünschte Arznei- mittelwirkungen, sind unbekannt.

Der Ansatzpunkt einer weiteren von Buajordet durchgeführten Studie lag in der Erstellung einer Korrelation zwischen eingesetzten Pharmaka und Todesursache der Patienten über einen Zeit- raum von zwei Jahren. Die hier festgestellte hohe Inzidenz an Arzneimittelnebenwirkungen war eng mit dem Alter, der Comorbidität, der Medikation und teilweise der inadäquaten Verordnung verknüpft. Die Empfehlung der Autoren zur Reduzierung der Häufigkeit unerwünschter Ereig- nisse besteht darin, eine korrekte Diagnose und Arzneimittelauswahl (entsprechend den phar- makokinetischen Prinzipien) zu treffen, die Anzahl an eingesetzten Pharmaka zu minimieren, Arzneimittelwechselwirkungen und das Drug Monitoring zu berücksichtigen (Buajordet et al.) [10]; (Fick et al.) [11].

1.2 Informationsflut

Der enorme Wissenszuwachs in der Medizin erfordert einen zielgerichteten Einsatz der geeig- neten Medien sowohl im Bereich der Informationsrecherche als auch im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Die Entscheidungsfindung im klinischen Alltag ist unter dem vorhandenen Zeit- druck und der ansteigenden Informationsflut erschwert.

1.2.1 Arzneimittelinformationen

Im Jahr 2005 waren in der Roten Liste als bekanntes deutsches Arzneimittelverzeichnis 8.933 Arzneimittel (AM) gelistet, wobei jedoch nach Auswertungen der Gesetzlichen Krankenversiche- rungen (GKV) 90 % der ärztlichen Verordnungen auf nur 2.200 Arzneimittel entfallen. Die Wirk- stoffneueinführungen lagen 2004 mit einer Anzahl von 35 seit 1998 am höchsten (Verband for- schender Arzneimittelhersteller) [12].

In einer Umfrage von Reng et al. [13] im Rahmen des MedicDAT Projektes des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung (BMBF) unter 15.990 Teilnehmern mit vorwiegend fachärzt- licher Ausbildung fanden 83,3 % die Möglichkeit der akuten Beschaffung von Fachinformatio- nen als besonders wichtig. 15,2 % der Antwortenden benutzen fast täglich die Fachinformation, um eine Fragestellung hinsichtlich der Medikation zu lösen. Für 90,7 % sollen die Informationen unabhängig ohne Werbung dargeboten werden.

Mehr als drei Viertel der Befragten bemängeln die Unübersichtlichkeit der Informationsflut, die Dauer der Informationsbeschaffung und die örtliche Unflexibilität der Informationsquellen.

(17)

13

Werden Arzneimittelinformationen den Benutzern in einem quantitativ ausreichenden und quali- tativ gut strukturierten System präsentiert, erfolgt dagegen eine durchaus positive Nutzenbewer- tung der Daten. Dies belegt die positive Bewertung des Gießener Krankenhausinformationssys- tems WING, in dem beispielhaft die Informationen der Roten Liste und Medline erfolgreich in- tegriert wurden (Prokosch et al.) [14]; (Bürkle et al.) [15].

1.2.2 Informationsverarbeitung im Krankenhaus

Rückblickend auf die Entwicklung der Informationsverarbeitung in Krankenhäusern der letzten 20 Jahre kann resümiert werden, dass die Zunahme an Informationen keineswegs zu einem entsprechenden Zuwachs an klinischem Personal führte - mit der Folge, dass der Einzelne heu- te mit einer weitaus größeren Datenmenge konfrontiert ist (Haux) [16].

Der Alltag von Ärzten und Pflegekräften in einem Krankenhaus ist häufig geprägt von einer ho- hen Mobilität. Dies macht es schwierig, die bestehenden Informations- und Kommunikationsbe- dürfnisse jederzeit und überall befriedigen zu können. In der Heidelberger Simulationsstudie von Buchauer et al. [17] „Management mehrseitiger Sicherheit und Erreichbarkeit im Gesund- heitswesen“ wurde u.a. der mobile Zugriff auf medizinisches Wissen, vor allem auf Arzneimittel- listen von dem klinischen Personal als sinnvoll angesehen. Der Gebrauch mobiler Endgeräte kann die Dauer des kritischen Zustandes wie z.B. ein veränderter Kaliumspiegel oder Häma- tokritwert und die Zeitspanne zwischen dem Auftreten eines Ereignisses und dem Handeln re- duzieren (Kuperman et al.) [18]. Ähnliche Reaktionen des verantwortlichen Personals lassen sich durch die automatische Benachrichtigung per E-Mail auslösen. Rind et al. [19] alarmierten die Ärzte per E-Mail bei zu hoch ansteigenden Serum-Kreatinin Werten. Die durchschnittliche Zeitspanne bis zum Absetzen oder Anpassen eines Arzneimittels konnte somit um 21,6 h ver- kürzt werden.

Die Qualität der Informationsverarbeitung wirkt sich unmittelbar auf alle Personen und Bereiche eines Krankenhauses aus. Ist die Informationsverarbeitung nicht in ausreichender Qualität und Quantität vorhanden, so leiden praktisch alle Bereiche: Patientenversorgung, Forschung, Lehre und Verwaltung (Haux) [20]; (Haux et al.) [21].

Der überwiegende Teil der Informationsverarbeitung in einem Krankenhaus ist gegenwärtig computergestützt, verbunden mit einem Restteil der Verarbeitung mit konventionellen Werk- zeugen. Einer Schätzung zufolge beträgt das jährliche Datenvolumen eines ca. 1.500 Betten großen Universitätsklinikums ca. fünf Terabyte [16]. Ein erster Versuch zur Etablierung einer Leitlinie für „gute Informationsverarbeitung“ im Krankenhaus wurde von Haux et al. [22] mit der Vorstellung eines „Anforderungskataloges für die Informationsverarbeitung im Krankenhaus“

unternommen. Die Autoren erhoffen sich, dass der Anforderungskatalog einen Beitrag zur Si- cherung der Qualität der Informationsverarbeitung und letztendlich auch der Patientenversor- gung leisten wird.

(18)

14

1.3 Bewältigung der Informationsflut mit Expertensystemen

Die Überlegung zur Standardisierung von Expertentätigkeiten kam mit dem Einsatz leistungsfä- higer Datenverarbeitungsanlagen im 20. Jahrhundert. Durch die jährlich zunehmende Daten- menge gewinnen Expertensysteme mehr und mehr an Bedeutung. Durch Ihren Einsatz wird eine Qualitätsoptimierung erwartet.

1.3.1 Der Begriff Expertensystem

Nach Haux [23] ist eine Maschine genau dann ein Expertensystem, wenn sie Tätigkeiten, die für einen Experten spezifisch sind, übernehmen kann.

Ein Expertensystem wird als medizinisches Expertensystem bezeichnet, wenn es spezifische Expertentätigkeiten in dem Anwendungsgebiet Medizin oder in einem Teilgebiet hiervon über- nehmen kann. In der Medizin sind Expertensysteme Bestandteil von medizinischen Informati- onssystemen.

Unter (spezifischen) Expertenfunktionen versteht man Tätigkeiten, die außer von Expertensys- temen, nur von Experten übernommen werden können. Solche Tätigkeiten stehen meistens in Zusammenhang mit dem (Erfahrungs-) Wissen, das ein Experte - z.B. ein Arzt, ein Informatiker oder ein Mathematiker - auf seinem Arbeitsgebiet im Laufe der Zeit gewonnen hat - etwa bei der Diagnostik, bei der Konfiguration von Computersystemen oder bei der statistischen Ver- suchsplanung. Ein Expertensystem benötigt dieses Expertenwissen. Dadurch unterscheiden sich diese Systeme von jenen Systemen bzw. Programmen, die einfache Funktionen ohne Ex- pertenwissen auszuführen haben. Beispiele hierfür sind etwa das Auszählen von Leukozyten, das Suchen in einer Datenbank oder das Berechnen eines arithmetischen Mittels.

1.3.2 Unterscheidung von Expertensystemen nach Problemlösungsarten

Expertensysteme lassen sich anhand verschiedener Problemlösungsarten unterteilen (Haux) [23]; (Haux) [24]; (Wyatt) [25]:

1. Interpretation und Prognose

2. Entscheidungsfindung (DSS = Decision Support Systems) 3. Fehlerbeseitigung

4. Instruktion (Unterrichtung)

Eine klare Trennung der einzelnen Arten voneinander ist nicht möglich. Eine Interpretation kann z.B. mit einer Entscheidungsfindung verknüpft sein, und eine Fehlerbeseitigung kann gleichzei- tig eine Instruktion für den Benutzer beinhalten.

(19)

15

1.3.3 Personengruppen zur Entwicklung eines Expertensystems

Der Entwicklungsprozess muss Systementwickler, klinische Experten und potenzielle zukünftige Nutzer einbeziehen. Die Rolle dieser verschiedenen Personengruppen bei den unterschiedli- chen Phasen und Aspekten der Entwicklung muss spezifiziert werden. Wichtig ist eine von An- fang an bestehende gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen drei Personenkrei- sen. Die Personengruppen, die mit einem Expertensystem direkt zu tun haben, werden unter- teilt in

• Benutzer,

• Wissensverwalter und

• Konstrukteur.

Benutzer

Der Benutzer eines Expertensystems benutzt das durch Konstrukteur und Wissensverwalter erstellte System.

Wissensverwalter

Die Wissensakquisition und -verwaltung sollte von Experten übernommen oder zumindest an- geleitet werden. In diese Phase fällt die Erhebung von Fachwissen (Wissensakquisition) und seine Überführung in eine formale Repräsentation (Wissensverwaltung). Die Wissensbank ei- nes Expertensystems zur Diagnose- und Therapieunterstützung sollte möglichst wenig Wissen beinhalten, das auf subjektiver Einschätzung (nicht begründbarer bzw. nicht reproduzierbarer) beruht. Wissensbanken sollten außerdem in regelmäßigen Abständen geprüft und aktualisiert werden.

Konstrukteur

Der Konstrukteur entwirft das Expertensystem und implementiert Teile davon, genauer gesagt, diejenigen Teile des Systems, die man zur Wissenserhebung, Verwaltung und Anwendung be- nötigt.

1.3.4 Fragestellungen während der Entwicklungsphase

In der internen Entwicklungsphase eines Expertensystems sollten von den Personengruppen z.B. folgende Fragestellungen berücksichtigt werden (Haux) [26]; (Clarke et al.) [27]; (Ohmann et al.) [28]:

• Besteht ein Bedarf für das System?

• Welche Angaben werden von dem Expertensystem erwartet?

(20)

16

1.3.5 Expertensysteme zur Entscheidungsfindung

Expertensysteme zur Entscheidungsfindung können ihren Schwerpunkt sowohl in der Thera- pieoptimierung als auch in der Diagnosefindung haben. Präziser definiert ist für sie die Be- rechnung einer fall- bzw. problemspezifischen Systemantwort zur Unterstützung klinischer Ent- scheidungen unter Nutzung klinischer Daten und medizinischen Wissens charakteristisch (Spreckelsen et al.) [29]. Neben der unterstützenden Funktion sollen sie auch zur Transparenz des ärztlichen Entscheidungsprozesses beitragen.

Computerized Physician Order Entry System (CPOES)

Ein CPOES ist ein Expertensystem zur Entscheidungsfindung, das die elektronische Verord- nung ermöglicht und Hilfestellungen anbietet (Bates et al.) [30]; (Koppel et al.) [31].

Elektronische Verordnung

Die herkömmliche schriftliche und mündliche Verordnung bzw. Verordnungsdokumentation ent- hält zahlreiche Fehlerquellen. Das Problem von unleserlichen Handschriften und unstrukturier- ten Aufzeichnungen wird durch die digitale Schreibweise gelöst. Das sofortige Eingeben und Speichern der Verordnungsdaten verhindert das Auftreten von Fehlern bei der manuellen Über- tragung von Daten sowie bei der Umsetzung einer verbalen Verordnung in die Schriftform. Dies ist der Ursprung für 52 % der Medikationsfehler entsprechend der Studie von Seely et al. [32]

am Baylor University Medical Center. Durch die Aufforderung des korrekten und vollständigen Eingebens wird die Verordnungsstruktur verbessert.

Unterstützung in der Therapieplanung

Unter Zuhilfenahme der „Computeranalyse“ und seines eigenen Erfahrungsschatzes kann sich der Verordner für ein Arzneimittel entscheiden und das so genannte Nutzen/Risiko Verhältnis abwägen.

Übersichtliche Darstellung

Für eine erfolgreiche Interaktion zwischen Mensch und Maschine ist eine übersichtliche und einfache Darstellung der Inhalte zwingend notwendig. Die vom System angezeigten Meldungen bleiben bedeutungslos oder unberücksichtigt, wenn sie zu häufig und unspezifisch oder zeitver- setzt und versteckt erscheinen (Durieux) [33]; (Hsieh et al.) [34].

(21)

17

Die in Deutschland bestehenden Ansätze, den arzneimittelbezogenen Informationsbedürfnissen im Krankenhaus gerecht zu werden, konzentrieren sich zum Großteil auf die enzyklopädische Anzeige von Fachwissen. Eine patientenbezogene Analyse der Medikation mit entsprechender Dosierungsempfehlung konnte bis jetzt aber noch nicht umgesetzt werden.

Das von den Autoren dieser Dissertation entwickelte Konzept eines CPOES mit dem Namen Prometheus setzt genau an dieser Stelle an.

Prometheus

ermöglicht die elektronische Verordnung,

überprüft patientenindividuell die Medikation,

liefert eine konkrete patientenindividuelle Dosierungsempfehlung und

stellt die Informationen zeitgerecht und strukturiert zur Verfügung.

Das Ziel von Prometheus ist in erster Linie die Verbesserung der Arzneitherapiesicherheit zum Verordnungszeitpunkt.

Die im Folgenden abgebildeten Anwendungs- und Eingabeoberflächen wurden mit Hilfe des Datenbanksystems Microsoft Access erstellt und dienen der bildhaften Darstellung. Die pro- grammtechnische Umsetzung des dargestellten Konzepts ist noch nicht erfolgt, sodass die funktionstüchtige Programmierung eines Prototyps konsequenterweise der nächste Entwick- lungsschritt sein sollte.

Anhand des von den Autoren entwickelten Regelwerks könnte Prometheus als Stand-alone- System oder als Komponente eines KIS zum praktischen Einsatz gelangen, sodass der An- wender im Echtzeitbetrieb die Ergebnisse „auf Knopfdruck“ zur Verfügung gestellt bekommen würde.

(22)

18

2 Material und Methoden

2.1 Komponenten von Prometheus

Prometheus unterstützt den Arzt bei der individuellen medikamentösen Therapieplanung, in- dem es ihn zu folgenden Themen automatisch informiert (s. Abbildung 1):

Dosisanpassung mit patientenindividuellen Hinweisen

Doppelverordnungen

Teilbarkeit fester Arzneiformen

Parenteralia

Interaktionen

Allergien

Kreuzallergien

Kosten

Abbildung 1: Prometheus-Emblem

(23)

19

Daneben hat der Anwender die Möglichkeit, enzyklopädisches Wissen zu den Wirkstoffen bzw.

Arzneimitteln (ABDAMED-Daten) einzusehen.

Neben den medizinisch relevanten Informationen zeigt Prometheus auch die Therapiekosten an. Die individuellen Arzneimittelkosten gewinnen mit der Einführung des neuen Vergütungs- systems (DRG-Fallpauschalen) im stationären Bereich zunehmend an Bedeutung. Mit der Um- stellung werden die Krankenhausleistungen nicht mehr nach Tagessätzen, sondern in Abhän- gigkeit der durchgeführten Behandlung vergütet. Folglich müssen die Krankenhäuser ihre Leis- tungsstrukturen optimieren sowie ihre Kosten und die Verweildauer der Patienten senken.

2.2 Die Zielgruppe von Prometheus

Potenzielle Benutzer von Prometheus sind vor allem Ärzte. Das System unterstützt diese; es ersetzt sie nicht.

Der Einsatz des CPOES Prometheus ist für den stationären Bereich eines Krankenhauses ge- plant. Die Anpassung an die speziellen organisatorischen (z.B. Ausgabezeiten) und medizini- schen Anforderungen von Intensivstationen muss im Einzelfall erfolgen.

2.3 Aufbau des CPOES Prometheus

Das Expertensystem Prometheus gliedert sich in eine Anwendungsdatenbank, Wissensbank und ein Daten- und Wissensbankverwaltungssystem.

2.3.1 Anwendungsdatenbank

Die Anwendungsdatenbank von Prometheus enthält neben den Patientendaten, wie z.B. die Medikation oder die Labordaten aus dem Krankenhausinformationssystem (KIS), auch die be- nutzerspezifischen Daten (z.B. die vom Arzt persönlich angelegten Therapieschemata) und die krankenhausspezifischen Arzneimitteldaten (etwa die Kosten von Arzneimitteln).

2.3.2 Wissensbank

Die Wissensbank enthält das pharmakologische Wissen. Dieses Wissen ist geteilt nach der Datenherkunft:

externe Daten (= ABDAMED-Daten) und

intern erhobene Daten

(24)

20

Die externen Daten werden automatisch in das System übernommen. Sie liefern hauptsächlich textuelle Informationen zu Anwendungsgebieten, Kontraindikationen, unerwünschten Arzneimit- telwirkungen usw.

Die internen Daten wurden in der Phase der Wissensakquisition erhoben (Spreckelsen et al.) [35]. Diese wirkstoffbezogenen Daten speisen in erster Linie den Algorithmus (Regelwerk) mit den dosierungsrelevanten Werten. Zusätzlich enthalten sie Hinweise wie z.B. Angaben zur indi- kationsbezogenen Dosierung. Zur Wissenserhebung wurden Wissensquellen (Fachpublikatio- nen, Datenbanken, Erfahrungswissen medizinischer Fachexperten) analysiert, die im medizini- schen Fachbereich verfügbar sind. Zur Überführung der internen Daten in eine formale Reprä- sentation wurden die Eingabeoberflächen als Akquisitionswerkzeug entwickelt. Sie ermöglichen die strukturierte Überführung der Daten in die Wissensbank (s. 2.4 bis 2.12).

2.3.3 Das Daten- und Wissensbankverwaltungssystem

Das Daten- und Wissensbankverwaltungssystem von Expertensystemen benutzt nach be- stimmten Vorgaben das Wissen aus der Wissensbank zur Problemlösung für Daten aus der Anwendungsdatenbank. Seine Aufgaben sind die Datenbank- und Wissensbankverwaltung, die Problemlösungsunterstützung, die Erklärung der Problemlösung und die Daten- und Wissenser- fassung. Es stellt außerdem die Schnittstelle zu den Wissensverwaltern und den Benutzern des Expertensystems dar (s. Abbildung 2) (Haux) [23]. Das Daten- und Wissensbankverwaltungs- system von Prometheus stellt demzufolge die Eingabe- und Anwendungsoberflächen zur Ver- fügung. Mit Hilfe der letztgenannten interagiert das klinische Personal mit dem System. Ihre Gestaltung und Funktionalitäten werden im Ergebnisteil der Dissertation anhand von zwei Fall- beispielen erläutert. Basierend auf den Daten der Wissensbank und Anwendungsdatenbank benutzt es den Algorithmus, um dem Arzt die patientenindividuellen Dosierungen und Warn- meldungen anzuzeigen.

Abbildung 2: Aufbau eines Expertensystems

Anwendungsdatenbank

Benutzer

Wissensbank Daten- und Wissensbankverwaltungssystem

Anwendungs- oberflächen Wissensverwalter

Eingabe- oberflächen

(25)

21

2.4 Wirkstofflisten

Die Wissensverwaltung für Prometheus beginnt mit der Eingabe von Wirkstoffen in die Wis- sensbank (s. Abbildung 3). Der Reiter Wirkstofflisten ist einer von acht Reitern der Eingabe- oberflächen, die im Folgenden vorgestellt werden.

2.4.1 Monosubstanzen

Für die Entwicklung des Algorithmus war es zwingend notwendig, sowohl den Wirkstoff als auch seine Salzform(en) mit dem jeweiligen Umrechnungsfaktor zu hinterlegen. Der Verord- nungsprozess ist von dieser Unterscheidung nicht betroffen. Dem Arzt werden im Anwen- dungsprogramm von Prometheus hauptsächlich die reinen Wirkstoffe wie z.B. Metoprolol zur Auswahl angeboten.

2.4.2 Wirkstoffkombinationen

Arzneimittel, die zwei Wirkstoffe beinhalten, sind sowohl mit der jeweiligen Bezeichnung als auch mit der Menge im ABDAMED-Datenbestand hinterlegt. Das Mengenverhältnis dieser Wirkstoffe ist, bedingt durch die Darreichungsform des Arzneimittels, unveränderbar. Aus die- sem Grund muss eine Dosiskorrektur, die eine Veränderung des Mengenverhältnisses zur Fol- ge hat, ausgeschlossen werden.

Die Eingabeoberfläche ermöglicht die Erfassung von Wirkstoffkombinationen, auch wenn diese mit unterschiedlichen Mengenverhältnissen existieren.

Abbildung 3: Eingabeoberfläche - Wirkstofflisten

(26)

22

2.5 Allgemeine Wirkstoffdaten

An dieser Stelle (s. Abbildung 4) werden einmalig und für alle Indikationen geltend die Dosier- einheit, die maximale Einzeldosis und Tagesdosis pro Wirkstoff bzw. existierendem Salz festge- legt.

Die zusätzlich erfassten textuellen Hinweise wie z.B. Hinweise zur Schwangerschaft, Stillzeit oder zu bestimmten Erkrankungen (Herzinsuffizienz usw.) kann der Arzt unter dem Reiter „Do- sierhinweise“ im Anwendungsprogramm einsehen.

Das Hinzufügen von Wirkstoffen, deren Salze und der Hinweisarten verdeutlicht das Symbol:

Durch Aktivierung des Befehls Literatur kann eine Referenz zu den Daten hinterlegt werden:

Abbildung 4: Eingabeoberfläche - Allgemeine Wirkstofflisten

+

Literatur

(27)

23

2.6 Pharmakokinetische Wirkstoffdaten

Im Reiter „Pharmakokinetische Wirkstoffdaten“ (s. Abbildung 5) werden Wirkstoffdaten hinter- legt, mit deren Hilfe Prometheus die individuelle Dosisempfehlung des Patienten berechnet.

Die Dosisempfehlung wird dem Arzt im Verordnungsreiter des Anwendungsprogramms ange- zeigt.

Zum einen können die Halbwertszeit (t1/2) und die extrarenale Eliminationsfraktion Q0 (extrare- naler Dosisanteil bei normaler Nierenfunktion) für eine Anpassung der Dosis nach Dettli (s. Ka- pitel 2.9.1) bei eingeschränkter Nierenfunktion hinterlegt werden.

Zum anderen erfolgt das Eintragen der erforderlichen Werte und Variablen zur Berechnung ei- ner Ladungsdosis, da einige Wirkstoffe mit enger therapeutischer Breite nach dem Serumspie- gel dosiert werden sollten.

Abbildung 5: Eingabeoberfläche - Pharmakokinetische Wirkstoffdaten

(28)

24

2.7 Dosierungen

Die allgemeinen Dosierungsinformationen der Wirkstoffe sind die Grundlage zur Berechnung der individuellen Dosierung. Die Eingabestruktur für die Dosierungen nahm während der Ent- wicklung der Eingabeoberflächen eine zentrale Rolle ein. Durch die Analyse der intern erhobe- nen Daten konnte ein Überblick von der Komplexität der Dosierungsempfehlungen gewonnen werden. Abbildung 6 zeigt anhand des Betablockers Propranolol [36] die Dateneingabe.

Abbildung 6: Eingabeoberfläche - Erhaltungsdosis nicht tabellarisch

(29)

25

2.7.1 Dosierungsbezeichnungen

Nach der Auswahl des Wirkstoffes erhält die anzulegende Dosierung die charakteristische Be- zeichnung „Erhaltungsdosis nicht tabellarisch“.

Der Algorithmus von Prometheus berücksichtigt gegenwärtig vier unterschiedliche Dosie- rungsbezeichnungen, wobei ein Wirkstoff mit beliebig vielen (identischen) Dosierungsbezeich- nungen verknüpft werden kann.

Durch die Festlegung auf eine dieser Bezeichnungen ist ein spezifisches Muster von Eingabe- feldern vorzufinden, sodass die komplexe Dateneingabe der Dosierung sortiert und in Schablo- nen vereinheitlicht wird. Um der eingebenden Person eine eindeutige Sortierung zu ermögli- chen, wurden die vier Dosierungsbezeichnungen definiert und Charakteristika zugeordnet. Die stringente Einhaltung dieser strukturierten Eingabe ist deswegen wichtig, da für jede Bezeich- nung spezifische Regeln im Algorithmus des Programms integriert sind.

2.7.1.1 Definitionen der Dosierungsbezeichnungen

Das Expertensystem unterscheidet eine Ladungsdosis und eine Erhaltungsdosis. Letztere trifft für den überwiegenden Teil der Dosierungen zu (s. Beispiel Propranolol).

Die „Erhaltungsdosis nicht tabellarisch“ wird durch den Algorithmus patientenindividuell kor- rigiert, wenn für den Wirkstoff die notwendigen Korrekturparameter festgelegt sind und der Pati- ent eine oder mehrere dieser Bedingungen erfüllt.

Die „Erhaltungsdosis tabellarisch“ unterscheidet sich von der nicht tabellarischen dadurch, dass die Dosierungsempfehlungen pro Intervall der zugehörigen Patientenvariablen (Kreatinin- Clearance, Alter...) erfasst werden. Eine zweite Korrektur per Multiplikation mit einem Korrektur- faktor für die jeweilige Patientenvariable entfällt dementsprechend.

Für die „Ladungsdosis“ trifft eine Korrektur bei verminderter Kreatinin-Clearance (Ausnahme Digoxin) nicht zu. Sie ist nur für Wirkstoffe üblich, für deren Wirkung eine einmalige schnelle Aufsättigung erforderlich ist. In der Fachliteratur wird die Ladungsdosis überwiegend als fixer Wert oder als spezifische Ladungsdosis, also pro kg Körpergewicht (Beispiel Aminoglykoside), angegeben. Die Option einer tabellarischen Dateneingabe ist bei diesem Dosierungstyp nicht notwendig.

Mit der Auswahl „Ladungsdosis berechnen“ eröffnet das Expertensystem die Möglichkeit, die Ladungsdosis nach einem Serumspiegel zu berechnen. Zur Durchführung der Berechnung sind zusätzliche Angaben unter dem Reiter „pharmakokinetische Daten“ erforderlich (s. Kapitel 2.6).

(30)

26

2.7.2 Indikationen

An dieser Stelle werden der Dosierungsbezeichnung „Erhaltungsdosis nicht tabellarisch“ und dem Applikationsweg „oral“ die Indikationsbezeichnungen des entsprechenden Wirkstoffes zu- geordnet. Im aktuellen Beispiel sind vier Indikationsbezeichnungen für Propranolol ausgewählt:

1. Angstsyndrom, primär 2. Hypertonie

3. Migräne, Prophylaxe 4. Tremor

Die zugelassenen Indikationen sind in den jeweiligen Fachinformationen eines Arzneimittels beschrieben. Um dem Arzt im Verordnungsprozess eine bedienerfreundliche Indikationsaus- wahl anzubieten, mussten die oft mehrzeilig hinterlegten Texte gekürzt und vereinheitlicht wer- den.

Richtlinien zur Systematisierung der zugelassenen Indikationen

• Abgleich innerhalb und außerhalb von Wirkstoffgruppen

• Verkürzung auf einzeilige Beschreibungen mit maximal bis zu 70 Zeichen

• Aufteilung einer Formulierung in evtl. mehreren Indikationsbezeichnungen

• Voranstellung des Hauptkrankheitsbildes in der Nominalform

• Nachstellung und Abtrennung mit Kommata von detaillierten Beschreibungen des Krankheitsbildes (sog. Modifikatoren) wie z.B. „Angstsyndrom, primär“ oder eingrenzen- de Angaben zur Behandlung wie z.B. „Migräne, Prophylaxe“

2.7.3 Dosierungsdokumentation

Beginnend mit der Einzeldosis werden die Dosierungswerte entweder absolut, pro kg Körper- gewicht oder pro m2 Körperoberfläche hinterlegt. Die Einzeldosis wird mit einer oder mehreren Häufigkeiten (2xtäglich, 3xtäglich) und jeweils einem spezifischen Muster für die Applikations- zeitpunkte (X-0-X-0, X-X-X-0) gekennzeichnet.

Für den Dosierungs-Check des Anwendungsprogramms sind die maximale Einzel- und Tages- dosis sowie das minimale Dosierintervall notwendig. Bei Infusionen sollten zusätzlich Angaben zur maximalen Infusionskonzentration und -geschwindigkeit gespeichert werden.

(31)

27

2.8 Therapieschemata

Die Therapieschemata der Wissensbank sind das Gegenstück der individuellen Therapiesche- mata der Anwendungsdatenbank. Ein Therapieschema ist als eine Verordnungsserie aus meh- reren Verordnungen mit unterschiedlichen Wirkstoffen oder nur einem Wirkstoff zu verstehen.

Die Ausnahme bildet ein Schema bestehend aus nur einer Verordnung, das sich von der übli- chen Dosierung durch eine Zeitangabe (z.B. Therapiedauer oder Zyklusdauer) abgrenzen muss.

Am Beispiel des Aminoglykosids Gentamicin sollen der Aufbau und die Gesetzmäßigkeiten ei- nes Therapieschemas erläutert werden. Zu diesem Zweck ist die Eingabe des Therapiesche- mas für die Indikation „Endokarditis“ exemplarisch dargestellt.

2.8.1 Beispiel eines Therapieschemas mit Gentamicin

Im ersten Schritt werden die allgemeinen Daten eines Therapieschemas und seiner Verord- nungsmuster (s. Abbildung 7) eingetragen.

Abbildung 7: Eingabeoberfläche - Schemata

(32)

28

Aus benutzerfreundlichen Gründen sollte eine möglichst kurze allgemeingültige Bezeichnung ausgewählt werden. Die Bezeichnung des aktuellen Schemas mit der Abkürzung „AB“ für Anti- biose basiert auf den AWMF-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz-, und Kreislaufforschung zur Behandlung der Endokarditis [37]. Dem Schema werden des Weiteren eine oder mehrere Indikation(en), die Anzahl der Verordnungsmuster und evtl. die Therapie- dauer sowie die Zyklusdauer zugeordnet. Anschließend müssen die einzelnen Verordnungs- muster mit der Auswahl des Wirkstoffes und dem Start bzw. dem Ende spezifiziert werden.

Im zweiten Schritt erfolgt die Hinterlegung der Dosierung des jeweiligen Verordnungsmusters (s. Abbildung 8). Die Oberfläche zeigt die tabellarische Erhaltungsdosis zur Verordnung 4 des Schemas „Endokarditis-AB i.v. (Strept. viridans)“. Zur Endokarditistherapie wird laut der Fachin- formation von Refobacin® die dreimalige Gabe bevorzugt und gefordert [38] [39] [40]. Die Kor- rektur der Dosis bzw. des Dosierintervalls durch die Dettli-Methode (s. 2.9.1) im Falle einer Nie- renfunktionsstörung ist nicht zulässig, da sie zu therapeutisch unwirksamen Konzentrationen führen würde [41].

Abbildung 8: Eingabeoberfläche - Erhaltungsdosis tabellarisch

(33)

29

2.9 Patientenindividuelle Dosiskorrektur

An dieser Stelle (s. Abbildung 9) wird in Abhängigkeit von Patientenvariablen, also patientenin- dividuell (pi.), festgelegt, ob die Dosis oder das Dosierintervall korrigiert werden soll. Des Weite- ren ist die Definition von Grenzintervallen, außerhalb derer keine Korrektur stattfinden soll, be- züglich der Patientenvariablen möglich. Bei derartigen Werten (z.B. eine Kreatinin-Clearance <

10 ml/min) ist es wichtig, dem Anwender explizit die Grenzen von Prometheus mitzuteilen, um eine falsche Erwartungshaltung zu vermeiden.

Die Patientenvariablen können beliebig nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand erweitert werden. Ein Beispiel wäre die zukünftige Berücksichtigung der Auswirkungen des genotypi- schen Polymorphismus auf die Dosierung verschiedener Wirkstoffe wie z.B. Metoprolol.

Es ist zweckmäßig, dem Anwender die für die jeweilige Variable spezifische Korrektur durch allgemeingültige Erläuterungstexte zu erklären.

Abbildung 9: Eingabeoberfläche - Patientenindividuelle Dosiskorrektur

(34)

30

2.9.1 Die Dettli-Methode

Die im Algorithmus von Prometheus hinterlegte Methode zur Dosiskorrektur (mit Dosiskorrektur ist sowohl die Korrektur der Dosiermenge als auch des Dosierintervalls gemeint) bei der Patien- tenvariablen Kreatinin-Clearance ist die Methode nach Dettli [42] [43].

Mit Hilfe des Q0-Wertes, der den extrarenalen Teil der Dosisausscheidung angibt, und der Krea- tinin-Clearance des Patienten wird die individuelle Eliminationsfraktion Q berechnet. Diese zeigt, wieweit die Elimination eines Wirkstoffes unter eingeschränkter Nierenfunktion im Ver- gleich zum Nierengesunden reduziert ist. Bei einer Kreatinin-Clearance < 50 ml/min steigt die Wirkstoffmenge im Körper für Wirkstoffe mit niedrigem Q0-Wert stark an. Die Schwelle des Q0- Wertes, unter der generell für einen Großteil der Wirkstoffe eine Anpassung der Dosierung zu empfehlen ist, variiert in der Literatur von 0,5 [44] bis 0,8 [45].

Die Korrekturparameter des Urikosurikums Allopurinol wurden schon an der Oberfläche „Phar- makokinetische Daten“ (s. 2.6) erläutert. Sie sollen an dieser Stelle beispielhaft vervollständigt werden (s. Abbildung 9). Der niedrige Q0-Wert fordert als Basisparameter eine Dosiskorrektur bei Nierenfunktionsstörungen nach der Dettli-Methode, da durch eine Wirkstoffkumulation das Risiko für das Erlangen einer tubulären Nekrose oder einer interstitiellen Nephritis erhöht ist [46].

Patientenindividuelle Kontraindikationen wie z.B. die Kontraindikation von Allopurinol oder von Thiaziden unter einer Kreatinin-Clearance von 20 bzw. 30 ml/min sollen unter dem Reiter „Pati- entenindividuelle Hinweise“ verwaltet werden. Das Anwendungsprogramm von Prometheus soll den Verordner somit innerhalb festgelegter Intervalle alarmieren.

2.9.2 Korrektur des Dosierintervalls

Die durch die Anwendung von Korrekturfaktoren theoretisch ermittelten Dosierungen können nicht immer praktisch umgesetzt werden. Die Umsetzung der theoretisch berechneten Wirk- stoffmengen in eine realisierbare Dosierung ist durch die Mengenangaben und zudem bei fes- ten Arzneiformen durch die Teilbarkeiten der jeweiligen Arzneimittel limitiert.

Die Umwandlung der theoretischen zu realisierbaren Dosierintervallen ist im Rahmen von Computerprogrammen für Aminoglykosiddosierungen bereits in der Vergangenheit beschrieben worden (Chennavasin et al.) [47]; (Ng PK) [48].

Eine Festlegung solch grundsätzlicher Gesetzmäßigkeiten, unter denen beispielhaft auch die Zuordnung der verschiedenen Muster zu den Dosierintervallen und Häufigkeiten fällt, befindet sich in der Wissensbank unter dem Menüpunkt Einstellungen. Der Algorithmus zur Dosierungs- berechnung kann das gegebene Dosierintervall verkürzen oder verlängern. Für beide Fälle zeigt die Abbildung 10 das Vorgehen, wie einem berechneten Dosierintervallbereich die emp- fohlene Häufigkeit zuzuordnen ist. Nach Bestimmung der Ausgangsgrößen kann zuerst die Ver- längerungsanpassung und dann die Verkürzungsanpassung vorgenommen werden.

(35)

31

Abbildung 10: Eingabeoberfläche - Häufigkeiten, Intervalle, Applikationszeitpunkte

(36)

32

2.10 Indikationen

Die Systematisierung der zugelassenen Anwendungsgebiete führte zu dem neuen Begriff „Indi- kationsbezeichnung“. Diese (s. Anhang Tabelle 4, Abbildung 11) müssen mit den Arzneimitteln verbunden werden, damit sie für den Arzt zum Verordnungszeitpunkt ersichtlich sind.

Hierzu werden die Wirkstoffe über ihre Indikationsgruppe(n) bzw. Indikationscode(s) der AB- DAMED-Daten mit den Indikationsbezeichnungen verknüpft.

Abbildung 11 zeigt die Verknüpfung der Indikationsbezeichnungen von Metoprolol mit dem Indi- kationscode 19B00 und der Indikationsgruppe „Beta-Blocker mit relativer Kardioselektivität (Mo- nopräparate)“.

Zum Aufbau des ABDAMED-Indikationscode s. Anhang Tabelle 1.

Abbildung 11: Eingabeoberfläche - Indikationen

(37)

33

2.11 Applikationswege und Darreichungsformen

2.11.1 Abgleich der ABDAMED-Applikationswege

Die Applikationswege der ABDAMED-Daten und von Prometheus sind in Tabelle 1 dargestellt.

Für Prometheus sind die ABDAMED-Applikationswege unvollständig, da sie nur unzureichend den Anforderungen auf der Station entsprechen.

So ist beispielhaft der Begriff „parenteral“ in den ABDAMED-Daten für alle parenteral applizier- ten Arzneimittel hinterlegt, jedoch nicht genauer spezifiziert. Für den stationären Verordnungs- prozess ist eine detaillierte Aufgliederung dieses Applikationsweges in „i.v.-Dauerinfusion, i.v.- Kurzinfusion, i.m.-Injektion, i.v.-Injektion und s.c.-Injektion“ zwingend notwendig (s. Tabelle 1).

Applikationswege Prometheus ABDAMED

bronch./pulmon.

+ +

extern

+ +

intrauterin

+ +

konjunktival

+ +

Mundhöhle

+ +

nasal

+ +

oral

+ +

oral retardiert

+

parenteral

+

i.m.-Injektion

+

i.v.-Injektion

+

i.v.-Kurzinfusion

+

i.v.-Dauerinfusion

+

s.c.-Injektion

+

subling./buccal

+ +

subling./buccal retardiert

+

rektal

+ +

vaginal

+ +

Tabelle 1: ABDAMED- und Prometheus Applikationswege (+ = gelistet)

(38)

34

2.11.2 Beispiel zur Verknüpfung der Applikationswege

Mit dem CPOES Prometheus kann der Arzt nicht nur über die Auswahl der Indikation, sondern auch über die Auswahl des klinisch relevanten Applikationsweges das entsprechende Arznei- mittel suchen. Die hierzu erforderlichen Verknüpfungen sind neu erstellt worden, da gegenwär- tig andere externe Datenbestände, eingeschlossen die ABDAMED-Daten, diese Zuordnung nicht oder nur unzureichend beinhalten.

Abbildung 12 zeigt beispielhaft die Zuordnung der Applikationswegbezeichnung i.v.- Dauerinfusion zum Applikationsweg „parenteral“ im ersten Schritt und die zugeordneten Darrei- chungsformen (DAR) zur Applikationswegbezeichnung im zweiten Schritt (weitere Zuordnungen s. Anhang Tabelle 3).

Abbildung 12: Eingabeoberfläche - Einstellungen: Applikationswege, Darreichungsformen

(39)

35

2.12 Darreichungsformen mit freitextlicher Dosierung

2.12.1 Darreichungsformen mit fehlendem Dosisbezug

Die vom Verordner häufig bevorzugte Dokumentation einer Dosierung für feste bzw. flüssige Arzneiformen lautet beispielhaft „1-0-0-0 Tabletten oder Ampullen“ wobei die Begriffe „Tablet- ten“ bzw. „Ampullen“ jeweils den Dosisbezug der Zahlenwerte darstellen. Für den Großteil der Darreichungsformen ist die o.g. Dosierungsdokumentation sinnvoll bzw. unmissverständlich, für halbfeste Arzneiformen wie z.B. ein „Gel“, eine „Salbe“ oder eine „Creme“ (s. Anhang Tabelle 2) fehlen die entsprechenden Dosisbezüge. Ein Grund dieses Fehlens ist, dass der ABDAMED- Datenbestand ursprünglich nicht für ein Verordnungsprogramm erstellt wurde, sondern in erster Linie dem Benutzer (medizinisches/pharmazeutisches Personal) als eine Informationsquelle zu Arzneimitteln dient.

2.12.2 Darreichungsformen mit fehlender Angabe zum Applikationsweg

Für einige Darreichungsformen wie „Emulsionen“, „Suspensionen“ oder „Pumplösungen“ u.s.w.

sind in den ABDAMED-Daten keine Applikationswege hinterlegt. Diese Darreichungsformen können über mehrere mögliche Applikationswege verabreicht werden; eine eindeutige Zuwei- sung ist nicht möglich (s. Anhang Tabelle 2).

Beispiele

Das Arzneimittel Lefax® Pump Liquid (DAR = Pumplösung) wird u.a. bei Meteorismus über den

„oralen“ Applikationsweg appliziert.

Das Arzneimittel Atrovent® Ls (DAR = Pumplösung) wird u.a. bei chronisch obstruktiver Bron- chitis zusammen mit einer NaCl-Lsg. über den „bronchial/pulmonalen Applikationsweg“ appli- ziert.

In der Wissensbank von Prometheus werden die genannten Darreichungsformen als „Darrei- chungsformen mit freitextlicher Dosierung“ zusammengefasst (s. Abbildung 13). Sie bleiben während der automatischen Dosisberechnung aufgrund des fehlenden Applikationsweges un- berücksichtigt. Prometheus wird bei einer Verordnung dieser Darreichungsformen den Benut- zer zur freitextlichen Eingabe der Dosierung auffordern (s. Tabelle 2).

(40)

36 AM der

Verordnung DAR des AM Darstellung der

Dosierung Dosisbezug

Voltaren Schmerzgel Gel Freitext fehlt

Voltaren 25 Dragees, magensaftresistent z.B. 1-0-0-0 Drg.

Tabelle 2: Beispiel einer DAR mit und ohne freitextliche Dosierung

Abbildung 13: Eingabeoberfläche - DAR mit freitextlicher Dosierung

(41)

37

3 Ergebnisse

Die Gliederung der Anwendungsdatenbank von Prometheus enthält fünf Menüs, in denen hauptsächlich Verwaltungsinformationen hinterlegt sind: Neuer Patient, Individuelle Therapie- schemata, Parenteralia, Listen, Arzneimittelspezifische Daten

Die sieben Reiter benötigt der Arzt unmittelbar zur Verordnung auf der Station. Sie sollen einen schnellen und zuverlässigen Umgang mit den Patientendaten ermöglichen: Kurve, Patient, Ver- ordnung, Alternativen, Interaktionen, Dosierhinweise, Zusatzinfo

Die Reiter Patient und Verordnung spielen eine zentrale Rolle bei der Erstellung der Patien- tenmedikation. Folgendes Schema verdeutlicht die Abfolge des Verordnungsprozesses:

Abbildung 14: Schematische Darstellung des Verordnungsprozesses von Prometheus

Der Zugang zu dem Programm wird durch die Eingabe des Benutzernamens und des individu- ellen Passwortes gewährleistet.

Informationsreiter -Interaktionen -Alternativen -Dosierhinweise -Zusatzinfo

Menü: Neuer Patient

Übersicht

aktueller Verordnungen

Übersicht aller Verordnungen Aufnahmemedikation

Neuverordnung

poststationäre Medikation

Reiter: Verordnungen

Reiter: Patient

Reiter: Kurve

Menü: Neuer Patient

(42)

38

Abbildung 15: Anwendungsoberfläche - Prometheus-Zugang

(43)

39

3.1 Erstes Fallbeispiel

Herr Meier wurde nach Lungentransplantation am 15.11.05 auf der Station 11 aufgenommen.

Die Daten des Patienten werden im Menü „Neuer Patient“ eingetragen und sind nach Grundda- ten und variablen Patientendaten unterteilt. Zu den Grunddaten gehören:

• Aufnahmedatum

• Patienten-ID

• Fall-Nr.

• Name

• Vorname

• Geburtsdatum

• Größe

• Geschlecht

• Schwangerschaft

• Stillzeit

• Farbiger

• Genetik

Die variablen Patientendaten sind u.a. für die Ermittlung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bzw. der Kreatinin-Clearance (ClKrea) in Abhängigkeit der verwendeten Formeln erforderlich:

• Station

• Gewicht

• Urin-Menge

• Sammeldauer

• Urin-Kreatinin

• Serum-Kreatinin

• Serum-Albumin

• Serum-Harnstoff

• Serum-Harnstoff N

• Serum-Cystatin C

• GFR/ClKrea

• Leberzirrhose

(44)

40

Abbildung 16: Anwendungsoberfläche - Grunddaten, variable Patientendaten/Meier

(45)

41

Methoden zur Abschätzung der Exkretionsfunktion der Niere:

Die Exkretionsfunktion der Niere kann durch die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bzw. Clea- rance (Cl) beschrieben werden.

Im Regelwerk von Prometheus sind vier Formeln zur Abschätzung der Exkretionsfunktion hin- terlegt (MDRD-Formel, Cystatin C-Formel, 24-Stunden Sammelurin-Formel, Cockcroft und Gault Formel, modifiziert nach Levey, Bosch et al.).

Der Arzt kann festlegen, mit welcher Formel die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bzw. Clea- rance (Cl) bestimmt werden soll.

MDRD-Formel [49]; (MDRD = Modification of Diet in Renal Disease Study):

Cystatin C-Formel [50] [51] [52] [53] [54]:

GFR [ml/min] = (SerumKrea [mg/l] x 0,1) -0,999 x Alter -0,176 [Jahre]

x (SerumHarnstoff N [mg/l] x 0,1) -0,170

x (SerumAlbumin [g/l] x 0,1) 0,318 xKörperoberfläche [m2] x 170

/ 1,73 [m2]

Korrekturfaktor: weiblicher Patient: GFR x 0,762 Korrekturfaktor: Farbiger: GFR x 1,180

Die o.g. Schätz-Formel entstammt der Originalpublikation [49] und erhebt keinen Anspruch auf mathemati- sche Vollständigkeit bezüglich der Dimensionen.

GFR [ml/min] = 77,24 x SerumCystatin C -1,2623 [mg/l]

Die o.g. Schätz-Formel entstammt der Originalpublikation [54] und erhebt keinen Anspruch auf mathemati- sche Vollständigkeit bezüglich der Dimensionen.

(46)

42 24-Stunden Sammelurin-Formel [55] [56]:

Cockcroft und Gault, modifiziert nach Levey, Bosch et al.-Formel [49] [57]:

Die MDRD-Formel und Cockcroft und Gault, modifiziert nach Levey, Bosch et al.-Formel sind bei einem Steady-State des Serum-Kreatinins gültig. Bei starken Schwankungen des Se- rum-Kreatinins innerhalb kurzer Zeitintervalle verlieren sie an Gültigkeit.

Über den Befehl Allergie (s. Abbildung 16) können die Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen einge- tragen werden, die beim Patienten eine Allergie auslösen.

Die Bestimmung der Patientenallergien kann nach vier Kriterien erfolgen:

• Wirkstoff

• Arzneimittel

• Allergiegruppe

• ICD-Codierung

Herr Meier hat eine Nicotinsäure-Allergie. Daraus resultiert eine Unverträglichkeit des Arzneimit- tels Nicolip®.

Die Oberfläche bietet weiterhin folgende Optionen:

• Fehleinträge zu löschen

• die Daten zu speichern

• die Daten auszudrucken

• zu den Hauptreitern zurückzukehren

ClKrea [ml/min] = UrinKrea [mg/l] x Urinvolumen [ml] / (SerumKrea [mg/l] x Sammeldauer [min])

ClKrea [ml/min] = (140 - Alter [Jahren]) x Körpergewicht [kg] x 8,4 / (72 x SerumKrea [mg/l]) Korrekturfaktor: weiblicher Patient: ClKrea x 0,85

Die o.g. Schätz-Formel entstammt den Originalpublikationen [49] [57] und erhebt keinen Anspruch auf mathema- tische Vollständigkeit bezüglich der Dimensionen.

(47)

43

Abbildung 17: Anwendungsoberfläche - Patientenallergien/Meier

(48)

44

Die Aktivierung des Befehls Aufnahmemedikation auf der Oberfläche „Grunddaten, variable Patientendaten“ (s. Abbildung 16) verknüpft den Arzt mit einem weiteren Unterpunkt des Menüs

„Neuer Patient“.

Hier hat der Verordner die Möglichkeit mit Hilfe der in Prometheus hinterlegten Listen

• Arzneimittel-ABDAMED

• Arzneimittel-Krankenhaus

• Arzneimittel-Station

die Aufnahmemedikation (entspricht der Hausarztmedikation) des Patienten zu rekonstruieren.

Die Medikation von Herrn Meier ist unterteilt in Abhängigkeit der Applikationswege ORAL und SONSTIGE.

Jedem Arzneimittel wird

• ein Applikationsweg

• eine Häufigkeit

• eine Dosierung mit Einheit

zugeordnet. Ein Freitextfeld ermöglicht die Eingabe von Informationen zur jeweiligen Verord- nung.

Die beschriebene Oberfläche entspricht einer elektronischen Version der stationsüblichen Pati- entenakte „Kadex“ bzw. des Auszuges zu den Arzneimitteln und damit dem aktuellen Stand auf der Station.

Gegenwärtig ist eine weitere Überprüfung der Aufnahmemedikation dem behandelnden Arzt selbst überlassen. Dieser kann hierfür sein Wissen, seine Erfahrungen bzw. die vorhandene Literatur der Station einsetzen.

(49)

45

Abbildung 18: Anwendungsoberfläche - Aufnahmemedikation/Meier

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