• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Professor Dr. Helmut Valentin: Qualität der medizinischen Ausbildung" (20.05.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Professor Dr. Helmut Valentin: Qualität der medizinischen Ausbildung" (20.05.1983)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung KBV-Vertreterversammlung

sen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl aller Kassenärzte wird wegen zu erwartender hoher Abgänge in den nächsten fünf Jahren sich weiter verringern.

C) Das Übergewicht von Ge- bietsärzten im Verhältnis zu All- gemein-/Praktischen Ärzten (der- zeit 56 Prozent:44 Prozent) wird sich ab Mitte der 80er Jahre ab- bauen. Diese Entwicklung wird ihre Ursache in einer zunehmen- den Niederlassung nicht weiter- gebildeter Praktiker haben.

• Die Verteilung der Allgemein-/

Praktischen Ärzte auf ländliche, klein-/mittelstädtische Gebiete sowie auf großstädtische Bal- lungsräume entspricht in etwa den Bevölkerungsanteilen in die- sen Räumen. Bei Gebietsärzten ist eine zu hohe Konzentration in Großstädten festzustellen.

®

Die Praxiskosten haben sich in den letzten zehn Jahren von etwa einem Drittel auf rund die Hälfte des Umsatzes erhöht.

Zwecks Erhalt der Investitions- kraft der Arztpraxen, aber auch zur Sicherung des Realeinkom- mens muß der Trend der Praxis- kostenentwicklung gebrochen werden.

® Bei ungebremster Praxisko- stenentwicklung und einem Zu- wachs der Kassenarztzahl um

„nur" 20 000 wird im Jahre 1991 das durchschnittliche Realein- kommen je Kassenarzt um rund die Hälfte niedriger liegen.

Co Im Hinblick auf die wachsen- de Arztzahl sind die Kassenärztli- chen Vereinigungen aufgerufen, die Qualität der ambulanten kas- senärztlichen Versorgung zu si- chern, über die Weiterentwick- lung des Bedarfsplanungsinstru- mentariums eine bessere Vertei- lung der Kassenärzte zu errei- chen sowie über eigene Maßnah- men nachzudenken, ob und wie der Zuwachs durch strukturelle Maßnahmen sinnvoll in die kas- senärztliche Versorgung inte- griert werden kann.

Das war die Frage, die Professor Helmut Valentin beantworten soll- te: Kann angesichts der zu hohen Studentenzahl in der Medizin eine Qualität der Ausbildung gewähr- leistet werden, die eine unmittel- bare Niederlassung in eigener Pra- xis nach Beendigung des Stu- diums zuläßt?

Valentin, Vorsitzender des West- deutschen Medizinischen Fakultä- tentages, antwortete nach einer konzentrierten Analyse der Ausbil- dungsanforderungen und der Aus- bildungssituation an den Fakultä- ten schließlich mit einem Satz:

„Wenn hierunter die unbegrenzte eigenverantwortliche und selb- ständige Ausübung des ärztlichen Berufes verstanden wird, so ist die Frage eindeutig zu verneinen."

In seinem Referat legte Professor Valentin dar, daß bei der Ausbil- dung zum Arzt bisher immer da- von ausgegangen wurde, daß der Arzt nach der Approbation zu- nächst nur eigenverantwortlich in den Grenzen seines Wissens und Könnens und in unselbständiger Stellung tätig wird, um die prakti- schen Fähigkeiten und Fertigkei- ten zu ergänzen und um Erfahrun- gen im Umgang mit Patienten zu gewinnen. Schon vor der „neuen"

Approbationsordnung von 1970 und schon vor den heutigen Stu- dentenzahlen war das so. Hoff- nungen in die Ausbildungsreform von 1970, schon das Studium wer- de ein Mehr an praktischer Ausbil- dung vermitteln, scheiterten — vor allem an den hohen Studenten- zahlen.

Professor Valentin warnte davor, die Ausbildung der Medizinstu- denten pauschal abzuwerten. Das theoretische Wissen der Studen- ten und der jungen Ärzte sei im allgemeinen gut, versicherte Va-

lentin. In den letzten Jahren habe sich die Qualität der Ausbildung wahrscheinlich nur in den prakti- schen Teilbereichen verschlech- tert. Auch die Kritik an der Appro- bationsordnung gehe oft fehl.

Nicht die Approbationsordnung sei im Grunde gemeint, sondern die Kapazitätsverordnung, auf die die hohe Studentenzahl im we- sentlichen zurückzuführen sei.

Aufschlußreich sind die von Va- lentin genannten Zahlen über die alljährlich bestandenen Schlußex- amina: 1980 rund 7000; 1981 etwa 7800; 1982 etwa 8200; 1983 wer- den 9000 erwartet, 1984 und 1985 je etwa 10 000 bis 11 000.

In seiner Analyse der Ausbildungs- vorschriften der letzten drei Jahr- zehnte wies Valentin betont auf je- ne Bestimmungen hin, die auf die praktische Qualifizierung des an- gehenden Arztes abstellen. Am deutlichsten kam das in der Be- stallungsordnung von 1953 mit der Medizinalassistentenzeit zum Ausdruck: Während der Medizi- nalassistentenzeit hatte der Medi- zinalassistent seine praktischen

Kenntnisse und Fähigkeiten zu vertiefen und sich fortzubilden so- wie ausreichendes Verständnis für die Aufgaben und Pflichten des ärztlichen Berufes zu zeigen. Er hatte alle ihm zugewiesenen ärztli- chen Verrichtungen unter Anlei- tung, Aufsicht und Verantwortung eines hauptamtlich tätigen Arztes durchzuführen, er durfte ein sei- nen Leistungen und seinem Aus- bildungsstand entsprechendes Maß an Selbständigkeit erhalten, um so das Ziel der Vorbereitungs- zeit Med izinalassistentenzeit) zu erreichen.

Die Medizinalassistentenzeit fiel mit der Approbationsordnung von 1970 (praktiziert seit dem Winter-

Professor Dr. Helmut Valentin:

Qualität der

medizinischen Ausbildung

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 20 vom 20. Mai 1983 27

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung KBV-Vertreterversammlung

semester 1972/73). Doch bis zum letzten Entwurf der Approbations- ordnung war als Ziel des Medizin- studiums definiert der wissen- schaftlich ausgebildete Mediziner, der befähigt ist, in die ärztliche Weiterbildung einzutreten. Das zu- verlässige Grundwissen und die methodischen Grundlagen ärztli- chen Denkens und Handelns soll- ten in diesem Zeitabschnitt vermit- telt werden. In der schließlich er- lassenen Approbationsordnung für Ärzte selbst wurde dann aber kein solches Ziel der Ausbildung mehr definiert.

Das Versäumnis soll jetzt nachge- holt werden. Valentin erinnerte an den Vorschlag einer Zieldefinition, verabschiedet von der „Kleinen Kommission zu Fragen der Ärztli- chen Ausbildung und der künfti- gen Entwicklung im Bereich des Ärztlichen Berufsstandes"; sie lautet in der Kurzfassung:

„Die auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgende theoreti- sche und praktische medizinische Ausbildung soll die Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs vermitteln. Sie hat einen Arzt zum Ziel, der seinen Beruf nach den Regeln der ärztlichen Kunst eigen- verantwortlich ausüben kann, die Grenzen seines Wissens und Kön- nens erkennt und danach handelt.

Die Ausbildung soll darauf gerich- tet sein, eine dem einzelnen Men- schen und der Allgemeinheit ver- pflichtete ärztliche Einstellung zu vermitteln."

Professor Valentin: „Mehrheitlich bestand in der Kleinen Kommis- sion Übereinstimmung darüber, daß die Aufnahme einer Definition des Zieles der ärztlichen Ausbil- dung in eine gesetzliche Regelung notwendig ist und für die Gestal- tung der ärztlichen Ausbildung hil- freich sein kann."

Eine kurze Ausbildungszieldefini- tion solle in die Bundesärzteord- nung, eine ausführlichere in die Approbationsordnung aufgenom- men werden. Weder das eine noch das andere ist bis heute erreicht.

Wer sich, wie jetzt die neue Bun- desregierung, an eine Änderung der Approbationsordnung oder gar hochgemut an eine Reform der Arztausbildung gibt, sieht sich vor Anregungen, Vorschlägen, Wünschen und Forderungen, die

„in ihrer Mannigfaltigkeit und Viel- schichtigkeit kaum noch über- schaubar sind" (Valentin) und die zudem eine extreme Bandbreite aufzeigen. Professor Valentin meinte sogar: „Ein komplettes

Helmut Valentin

Kontrastprogramm", und er beleg- te das mit einigen Kostproben:

— Bei den Studentenzahlen wird einerseits eine drastische Redu- zierung gefordert, andererseits ei- ne völlige Öffnung der medizini- schen Fakultäten und eine Ab- schaffung des Numerus clausus.

—Thematisch wird weiterhin laut- stark und von vielen Seiten eine grundsätzlich praxisnähere und patientenbezogene Ausbildung verlangt. Andere Autoren schla- gen vor, daß die medizinischen Fa- kultäten nur noch das theoreti- sche Grundwissen in allen wichti- gen Fächergruppen vermitteln sollen.

— Weiterhin haben vor einigen Jah- ren zahlreiche Gruppen von Stu-

denten die Abschaffung der „Prü- fungswillkür" der Ordinarien ver- langt. Jetzt sollen die mündlichen Prüfungen wieder eingeführt wer- den und die Prüfungshoheit wie- der gänzlich oder zumindest teil- weise an die medizinischen Fakul- täten fallen.

— Zahlreiche Fachvertreter sind nach Umfang und Gewichtung für die Beibehaltung des gegenwärti- gen Fächerkataloges. Andere Au- toren verlangen eine totale Re- form der Lehrinhalte und eine wei- tere Kürzung und Straffung des Unterrichts.

Demgegenüber sind die Vorschlä- ge, die Valentin als Vorsitzender des Fakultätentages vor der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung präsentierte, verblüffend kurz und eindeutig:

• Die derzeitig gültige Kapazitäts- verordnung für das Studium der Humanmedizin muß geändert wer- den, zumindest in den praktisch- klinischen Abschnitten darf nicht mehr auf die Zahl der Lehrperso- nen und der Betten abgestellt wer- den, sondern auf die Zahl der Pa- tienten, welche zum Unterricht herangezogen werden können.

(a)

Neben den schriftlichen Prü- fungen sind zusätzlich wieder in den einzelnen Abschnitten des Studiums mündliche Prüfungen einzuführen. Die Auswahl der zu prüfenden Fächer kann durch Los bestimmt werden.

• Nach Ableistung des Prakti- schen Jahres und nach Ablegung der mündlichen Prüfung sollte wiederum obligatorisch eine ein- bis zweijährige Vorbereitungszeit als Medizinalassistent gemacht werden, bevor die Vollapprobation als Arzt ausgesprochen wird.

Valentin glaubt, die Defizite in der Ausbildung so im wesentlichen beheben zu können — er wird ge- wiß keine Illusionen über die poli- tischen Hindernisse hegen, vor de- nen schon dieses Drei-Punkte- Programm steht. NJ 28 Heft 20 vom 20. Mai 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Jedoch stellt sich daraus ein ernsthaftes Problem dahinge- hend, daß für die vorangeschilder- te Ausbildung zum Krankengym- nasten nicht quantitativ und quali- tativ

Solange jedoch das ana- chronistische Feudalsystem an deutschen Hochschulen und Lehrkrankenhäusern in dieser Form weiter besteht und es keine Bringschuld von- seiten

Dies hat auch eine verän- derte Einschätzung des Alters zur Folge, das unter diesem Blickwin- kel nicht länger als zwangsläufi- ger Verfall und körperliche Dege- neration

Zur Klärung der zahlreichen Rechts- und Verfahrensfragen bei der Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten bietet die Bayerische Landesärztekammer spezielle Seminare für

Der Ausbildungsver- trag, in dreifacher Ausfertigung, der Antrag auf Eintragung in das Verzeichnis der Berufs- ausbildungsverhältnisse und der betriebliche Ausbildungsplan,

Zur Klärung der zahlreichen Rechts- und Ver- fahrensfragen bei der Ausbildung der Medi- zinischen Fachangestellten bietet die BLÄK spezielle Seminare für Ärzte und/oder deren

Zur Klärung der zahlreichen Rechts- und Verfah- rensfragen bei der Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten bietet die BLÄK spezielle Semi- nare für Ärzte und/oder

Für seine Verdienste um die Allgemeinmedizin – Professor Pillau ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) – wurde ihm die