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Erfahrungen mit Streptomycin und Alternativen in Baden-Württemberg

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 6/08 15

Erfahrungen mit Streptomycin und Alternativen in Baden- Württemberg

Der Feuerbrand ist keine re- gelmässig, sondern eine spora- disch auftretende Krankheit, die grosse Schäden verursa- chen kann. Besonders betrof- fen ist Baden-Württemberg (D), wo auf rund 11 000 ha hauptsächlich Äpfel angebaut werden. Starker Befall trat in den Jahren 1993 bis 1995 auf, der anschliessend deutlich – mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2003 mit mittelstarkem Befall – zurückging und 2007 wieder das Niveau der 90er Jahre erreichte. Ursache für den starken Befall 2007 war die ungewöhnlich warme Wit- terung während der Kernobst- blüte im April. Zur Terminie- rung der Streptomycinsprit- zungen verwendet das LTZ Stuttgart ein Prognose-Pro- gramm, das auf Billing’s Inte- grated System (1995) und Maryblyt 4.3 (1996) basiert.

Feuerbrandjahr 2007 Während der Blüte überschritt die für Blüteninfektionen erfor- derliche Temperatursumme die Auslöseschwelle um ein Vielfa- ches, sodass sich der Erreger optimal vermehren konnte. Die maximal zulässige Anzahl von drei Behandlungen mit strep- tomycinhaltigen Produkten pro Anlage musste ausgeschöpft werden. Bei hohen Temperatu- ren und damit hohem Infekti- onsdruck ist eine Behandlung alle zwei bis drei Tage erforder- lich. Bei solchen Temperaturen ist eine Infektion auch ohne messbare Nässe möglich, wie das Jahr 2007 zeigte. In Baden- Württemberg und anderen Bundesländern darf Streptomy- cin zur Abwehr von Blütenin- fektionen seit 1994 eingesetzt werden, jedoch nur im Rahmen einer Sondergenehmigung und unter strengen Auflagen.

Unter solch extremen Wit- terungsbedingungen reichten wenige aus den Vorjahren vor- handene Infektionsstellen da- für aus, dass die Apfelblüten grossflächig infiziert wurden.

Dadurch baute sich bereits früh im Jahr ein so hohes In- fektionspotenzial auf, dass es zu Triebinfektionen und ab Sommer bis in den Herbst hi- nein in vielen Anlagen zu Be- fall der Unterlage M 9 kam. In den nächsten Jahren muss we- gen der Vielzahl alter Infekti- onsstellen mit einem stärkeren Befall gerechnet werden, auch wenn die Temperatursumme nur gerade den Schwellenwert erreicht.

Objektschutz

Eine wichtige vorbeugende Massnahme gegen den Feuer- brand ist der Objektschutz. In

den vergangenen Jahren wurde vielerorts das Umfeld der Obst- anlagen von befallenen Wirts- pflanzen bereinigt und da- durch der Befallsdruck gesenkt.

In einigen Gebieten wurden da- zu Allgemeinverfügungen erlas- sen. Wie in eigenen Untersu- chungen gezeigt wurde, kön- nen Blüten befallener Streu- obstbirnbäume für benachbar- te Apfelanlagen frühe Infekti- onsquellen sein und stellen da- mit eine besondere Gefahr dar.

Langfristig ist die Entflechtung von Streuobst und Erwerbs- anbau anzustreben, da diese beiden Produktionsformen ein unterschiedliches Sanierungs- niveau erfordern. Ältere Hoch- stämme im Streuobst, insbe- sondere Apfelbäume, tolerie- ren einen Befall eher als Nie- derstammanlagen im Erwerbs- anbau.

Restriktiver Einsatz

Der Feuerbrand tritt flächen- deckend auf und ist nicht mehr auszurotten. Daher wird es witterungsbedingt immer wie- der einmal zu stärkerem Befall kommen. Für solche Jahre ist ein wirksames Bakterizid erfor- derlich. So muss sich der Obst- bauer, der in seiner Anlage Feu- erbrandbefall befürchtet, beim zuständigen Amt einen Berech- tigungsschein für den Kauf und die Anwendung dieser Mittel besorgen. Die Mittel dür- fen nur zu bestimmten Termi- nen ausgebracht werden, die der Pflanzenschutzdienst mit Hilfe von Prognosemodellen berechnet und bekannt gibt. Es

sind maximal drei Anwendun- gen in die Blüte oder nach Ha- gel erlaubt. Ungenehmigte An- wendungen werden durch Be- probung von Blüten zu den In- fektionsterminen überwacht.

Mit diesen Restriktionen soll der Resistenzbildung des Erre- gers gegen Streptomycin vor- gebeugt werden. Zusätzlich überwacht der Pflanzenschutz- dienst durch Testung von Feu- erbrandisolaten aus Verdachts- proben eine solche Resistenz- entwicklung, mit bisher negati- vem Ergebnis.

Streptomycin und Honig Imker, die ihre Völker in oder in der Nähe von Obstanlagen aufstellen, werden frühzeitig über eine geplante Behandlung informiert. Sie können ihren Honig kostenlos auf Streptomy- cinrückstände untersuchen las- sen. Überschreitet der Honig die geltende Höchstmenge von 0.02 mg/kg, wird der Honig vom Land und Obstbauverband aufgekauft und vernichtet. Das war bisher in Jahren mit bis zu drei Anwendungen in einzel- nen Fällen notwendig. Je nach Witterung wurde in den ver- gangenen Jahren auf einem Drittel bis einem Viertel der Kernobstfläche Baden-Würt- tembergs Streptomycin ausge- bracht. Im vergangenen Jahr musste rund eine Tonne Honig aus dem Verkehr gezogen wer- den.

Alternativen

Ein Pflanzenschutzmittel, das Streptomycin ersetzen könnte, sollte zuverlässig einen Wir- kungsgrad von 70 bis 90% er- reichen, nach Prognosemodel- len am Infektionstag auszubrin- gen sein, nicht phytotoxisch (z.B. Förderung der Frucht- berostung) und mit Schorffun- giziden mischbar sein und der Praxis zur Verfügung stehen.

Für die Entwicklung und Prü- fung solcher Mittel hat sich ein Versuchsaufbau im Freiland be- währt, in dem einzelne Bäume künstlich inokuliert werden und die Infektion auf natürli- chem Weg auf benachbarte Bäume übergeht.

KURZ-INFO

Info Obstbau

Feuerbrandbefall an einer Unterlage.

Befall in Topaz-Anlage, ungeschnitten und unbehandelt (Juli 2007).

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Streptomycin ergab in die- sen Versuchen regelmässig Wir- kungsgrade von 70 bis 90 %.

Das Hefepräparat «Blossom Protect» (Aureobasidium pul- lulans) mit Komponente A zeigte zwar eine gute Wirkung, die bei gleicher Anwendungs- häufigkeit jedoch nicht der von Streptomycin entsprach.

Es fördert zudem bei empfind- lichen Sorten die Berostung und ist nicht mit allen Schorf- fungiziden mischbar. Es stellt daher keine gleichwertige Al- ternative für Streptomycin dar.

Keinen ausreichend hohen und sicheren Wirkungsgrad

zeigten Mittel aus folgenden Gruppen:

Resistenzinduktoren: Bion, Regalis, Phosfik, Phytovital, Prüfmittel,

Bakterielle Antagonisten:

Pseudomonas fluorescens (A506), Bacillus subtilis (Bio-pro, Serenade), Bacil- lus amyloliquefaciens(FZB 42), Erwinia billingiae, E.

tasmaniensis, Erwinia ca- rotovorassp.carotovora,

Bacteriocine: Prüfmittel,

Gesteinsmehle: Mycosin, Ka- olin Tec,

Desinfektionsmittel: Cetyl- pyridiniumchlorid, Menno-

Florades, Tomaxsil, Lacto- peroxidase,

Fungizide mit bakterizider Nebenwirkung: Dithane (Mancozeb), Capropamid,

Kupferpräparate: Cuprozin WP, Cueva,

Thymianöl, ATS und Molke- pulver.

Bis gleichwertiger Ersatz ge- funden ist, wird die Genehmi- gung von Streptomycin nach

§11 (2) Pflanzenschutzgesetz angestrebt.

In der Grundlagenforschung zum Feuerbrand erfolgte kürz- lich die Sequenzierung des Ge- noms von Erwinia amylovora.

Die hieraus gewonnen Erkennt- nisse werden sich nicht kurz- fristig, aber mittel- bis langfris- tig auf die Praxis auswirken, wie in der Entwicklung resi- stenter Sorten und Unterlagen, wirksamer Antagonisten und anderer Bekämpfungsmittel so- wie besserer Nachweismetho- den, die neue Erkenntnisse zur Epidemiologie ermöglichen.

(Zusammenfassung des Re- ferats von Esther Moltmann, LTZ Stuttgart, von der Berner Obstbautagung am 25.1.2008 am Inforama Oeschberg.)

AUS«BERNEROBST» KURZ-INFO

Referenzen

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