Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 26|
2. Juli 2010 A 1305 wurde. Primärer Endpunkt war dieVeränderung im Beck’schen Depres- sions-Inventar (BDI). Die BDI- Werte nahmen in der Pramipexol- Gruppe im Mittel um 5,9, in der Placebo-Gruppe um 4,0 Punkte ab;
der Unterschied von 1,9 Punkten (95-%-Konfidenzintervall 0,5–3,4) war auch in der Multivarianzanalyse signifikant (p = 0,01), ähnlich nah- men die motorischen Scores der UPDRS-Skala um 4,4 beziehungs- weise 2,2 Punkte (95-%-Konfidenz- intervall für die Differenz 0,7–3,7;
p = 0,003). Eine Pfadanalyse zeigte jedoch, dass die antidepressive Wir-
Medikationsfehler sind häufig in Kliniken. Wie die moderne Infor- mationstechnologie zur Optimierung des Medikationsprozesses beitra- gen kann, muss für dessen einzelne Phasen evaluiert werden. Forscher am Brigham and Women’s Hospital in Boston, USA, haben prospektiv die Effekte des Barcodings unter- sucht, nachdem die 735-Betten-Kli- nik schon vor Jahren eine elektroni- sche Verordnungsunterstützung (Arz- neimittelverordnungssystem, CPOE, plus klinischer Entscheidungshilfe, CDS) etabliert hatte. Nun wurde sukzessive das Barcoding von Pa- tienten und Arzneimitteln einge- führt, die Korrektheit der Arznei- mittelgabe vor und nach Implemen- tierung kontrolliert und verglichen (6 723 Medikationen mit, 7 218 ohne Anwendung von Barcodes).
Die Rate zeitunabhängiger Fehler wie Dosierung betrug bei den Medi- kationen ohne Barcode 11,5 Prozent, mit Barcode sank sie auf 6,8 Prozent (relative Reduktion: 41,4 Prozent.
Die Rate der potenziellen, klinisch relevanten unerwünschten Arznei- mittelwirkungen sank um 50,8 Pro- zent. Übertragungsfehler traten bei Anwendung von CPOE allein noch bei 6,1 Prozent der Medikationen auf, mit Barcodes wurden sie völlig eliminiert. Zeitfehler bei der Medi- kation (> 1 h Abweichung von der Verordnung) wurden mit Barcodes
kung des Dopaminagonisten zu 80 Prozent direkt und nicht durch die Verbesserung der Motorik hervorge- rufen war (p = 0,04). Nebenwirkun- gen traten unter Pramipexol kaum häufiger auf als unter Placebo.
Fazit: Pramipexol hat eine direkte, antidepressive Wirkung bei Parkin- sonpatienten mit leichter bis mäßi- ger Depression. „Dies ist die erste große Anti depressiva-Studie bei Mor bus Parkinson, obwohl seit ge- raumer Zeit klar ist, dass Depressio- nen bei diesen Patienten häufig sind“, kommentiert Prof. Dr. med.
Günther Deuschl (Kiel). Weitere Studien zur Pharmakotherapie der Depression bei Parkinsonpatienten würden dringend benötigt. Klinisch besonders interessant wäre ein Ver- gleich mit einem reinen Antidepres- sivum ohne Wirkung auf die Parkin- sonsymptome, weil Interaktionen zwischen Motorik und Stimmung durch Statistik nur in engen Gren- zen auszuschließen seien. Josef Gulden
Barone P et al.: Pramipexole for the treatment of depressive symptoms in patients with Par- kinson’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet Neurol 9;
2010: 573–80.
um 27,3 Prozent (von 16,7 auf 12,2 Prozent) reduziert. Alle Ergeb- nisse waren mit p-Werten unter 0,001 hoch signifikant.
Fazit: Die zusätzliche Implementie- rung von Barcodes in elektroni- sche Verordnungssysteme vermin- dert Medikationsadministrationsfeh- ler um 40 bis 50 Prozent, sogar in einer Klinik, die bereits hohe Sicher- heitsstandards hat. Während CPOE- Systeme vor allem Verordnungsfeh- ler vermeiden, verringern Barcodes vermutlich Flüchtigkeitsfehler beim
Ausführen von Verordnungen. „Die Studie ist wegweisend und zeigt, dass elektronische Verordnungsun- terstützung plus Barcoding der Goldstandard für die Verordnung und Verabreichung von Arzneimit- teln in Kliniken werden sollten“, meint Prof. Dr. med. Daniel Grandt (Saarbrücken). In Deutschland müss- ten im ersten Schritt validierte CPOE/CDS-Systeme eingeführt wer- den, im zweiten gelte es, Verteilung und Applikation zu verbessern, zum Beispiel durch Barcodes.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
Poon EG et al.: Effect of bar-code technology on the safety of medication administration.
NEJM 362, 2010, 1698–1707.
VERSORGUNGSFORSCHUNG
Anwendung von Barcodes in der Klinik senkt Fehlerrate
GRAFIK
eMAR: elektronisches Medikationsadministrationsprotokoll; CPOE: elektronisches Verordnungssystem Effekte moderner Informationstechnologie auf den Prozess der Medikation im Krankenhaus
Daten aus verschiedenen Studien, modifiziert nach: NEJM 362, 2010, 1706