Zeichnung: Mandzel — © Handelsblatt
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
DDR
Millionen für bessere medizinische
Versorgung in der DDR
BONN. Zur Verbesserung der Versorgung werden Krankenhäusern und ande- ren Einrichtungen der ge- sundheitlichen Versorgung in der DDR ab sofort medizini- sches Verbrauchsmaterial, Arzneimittel und medizi- nisch-technisches Gerät di- rekt zur Verfügung gestellt.
Das haben die Ministerien für Gesundheit und Sozialwe- sen in der DDR und das Bun- desministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesund- heit beschlossen. Die Liefe- rungen werden zwischen den beiden Rot-Kreuz-Gesell- schaften abgewickelt. Im we- sentlichen sollen diese huma- nitären Sofortmaßnahmen, die ein Gesamtvolumen in Millionenhöhe erreichen, aus den Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für in- nerdeutsche Beziehungen be- zahlt werden.
In den Gesprächen hat die DDR angekündigt, daß sie in Kürze auf die Positiv-Ver- sandliste bei Arzneimitteln verzichten will. Dann könn- ten zukünftig alle Arznei- mittel sowohl in die DDR mitgenommen als auch ver- sandt werden. Die DDR hat mehrfach betont, daß sie be- sonderen Wert auf Sachlei- stungen legt. Gegen den Ein- satz bundesdeutscher Ärzte gebe es von seiten der DDR- Arzte erhebliche Widerstän- de. Deshalb soll der Einsatz von Bewerbern aus der Bun- desrepublik oder West-Berlin nur auf ausdrücklichen Wunsch der entsprechenden Gesundheitseinrichtungen der DDR erfolgen. EB
Partnerschaften mit DDR-Kliniken
HANNOVER. Alle lei- tenden Krankenhausärzte des Landes sind vom Präsidenten der Ärztekammer Nieder-
sachsen, Professor Dr. med.
Gustav Osterwald, aufgeru- fen worden, Partnerschaften mit einem Krankenhaus in der DDR zu begründen.
Sinn dieser Partnerschaften ist unter anderem, klinische Fortbildung durch ein- bis zweiwöchige Besuche von DDR-Arzten in niedersächsi- schen Krankenhäusern anzu- bieten.
Nach Angaben des Kam- merpräsidenten sollen diese Kontakte regional konzen- triert werden, und zwar auf
die Bereiche des früheren Landes Sachsen-Anhalt sowie die Stadt Leipzig und das obere Eichsfeld.
Zur Unterstützung dieser Initiative der Ärztekammer stellte das niedersächsische Sozialministerium Stipendien der Landesregierung in Aus- sicht. Die Ärztekammer Nie- dersachsen tritt hierbei als Vermittlerin und Koordina- torin auf. Materielle Hilfsak- tionen werden vom Sozialmi- nisterium selbst durchge- führt.
Aus diesem Grund ruft die Ärztekammer Niedersachsen gemeinsam mit dem Sozialmi- nister des Landes Nieder- sachsen alle Krankenhausträ- ger dazu auf, zur Sicherstel- lung der medizinischen Ver- sorgung in der DDR überzäh- lige brauchbare medizinische Geräte für eine sogenannte
„Gerätebörse" zur Verfügung zu stellen. EB
... desto mehr Ärzte bleiben
HALBERSTADT. Neu- lich bekam ich Post von ei- nem Arzt aus Lahnstein. Er schrieb: „Ich verstehe die Ärzte, die die Koffer pack- ten . . . und bewundere die, die bleiben." Das sind die Worte eines Humanisten.
Auch wir Ärzte in der DDR wollen natürlich nicht, daß ei- ner nach dem anderen resi- gniert und die DDR verläßt.
Das kann aber nur erreicht werden, wenn man die Ver- hältnisse ändert und Leben und Arbeit in der DDR wie- der sinnvoll gestaltet und die Verhältnisse bleibenswert macht...
Unter „bleibenswert" ver- stehe ich natürlich auch die ökonomischen Verhältnisse.
Es ist zum Beispiel Spott und Hohn, daß eine Pkw-Bestel- lung nach 15jähriger Anmel- dung nicht realisiert werden kann, daß aber die Bevölke- rung bewußt oder unbewußt im Glauben gelassen wird:
Ein Arzt hat alles . . . Mir kommt es darauf an zu beto- nen, daß auch ein Arzt das Recht hat, frei zu entschei- den, wo er leben will, und daß auch für ihn die Menschen- rechte ohne Abstriche gültig sind.
Ich verwahre mich sowohl gegen das in der BRD gefor- derte Berufsverbot für Ärzte
aus dem anderen Teil Deutschlands als auch gegen den Vorwurf, jeder DDR- Mediziner, der seine Patien- ten jetzt noch verlasse, han- dele in moralisch verwerf- licher Weise. (Dieser Vor- wurf war vom SPD-Fraktions- vorsitzenden im Stuttgarter Landtag, Dieter Spöri, erho- ben worden. Anm d Red.) . . . Je schneller die Führung der DDR die Wünsche und jahrelangen Forderungen der Ärzte begreift, und je schnel- ler man die Wirtschaft auf Leistungsfähigkeit umorien- tiert, desto mehr Ärzte blei- ben (freiwillig!)."
Dr Hans-Albert Kolbe Halberstadt
Oppositionsgruppe auf Informationssuche
DRESDEN. „Als Arzt in der DDR, der in Dresden sei- ne fachliche und politische Verantwortung sieht, möchte ich Sie herzlich bitten zu prü- fen, ob Sie mir regelmäßig das Deutsche Ärzteblatt zur Verfügung stellen können.
Dabei bin ich besonders an Informationen zu Strukturen sowie gesundheits- und fi- nanzpolitischen Fragen der Ärzteschaft der Bundesrepu- blik Deutschland interessiert.
Wir — das sind engagierte Ärzte der politischen Opposi- tion unseres Landes — müssen uns Gedanken zu Reformen und der Neugestaltung der gesundheitspolitischen Struk- turen unseres Landes ma- chen. Nur so sehen wir eine Chance zu verhindern, daß noch mehr Mediziner das Land verlassen, und gleich- zeitig zu erreichen, daß wir zu einer Angleichung unserer beider Länder eines Vater- landes als ersten Schritt zu ei- ner Einheit Deutschlands kommen. Das Deutsche Ärzteblatt wäre uns dabei si- cher eine gute Hilfe. Viel- leicht wäre auch eine Mitar- beit in dieser Zeitschrift mög- lich."
Dr. Norbert Grosche Facharzt für Radiologie Dresden
A-190 (22) Dt. Ärztebl. 87, Heft 4, 25. Januar 1990