A K T U E L L
Zuzahlungen
KBV warnt vor Vorzieheffekten
Auch für Patienten gilt Wirtschaftlichkeitsgebot.
A
ngesichts der Erhöhung der Zuzahlungen, der Aus- grenzung nicht verschrei- bungspflichtiger Arzneimittel aus der Leistungspflicht der Krankenkassen und der Ein- führung der Praxisgebühr im Rahmen der Gesundheitsre- form warnt die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung vor möglichen Vorzieheffekten.Die beiden Vorsitzenden, Dr.
med. Manfred Richter-Reich- helm und Dr. med. Leonhard Hansen, appellierten an die
niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, „gesetzlich indu- zierte“ Verordnungen aufgrund vermehrter Patientenwünsche zu vermeiden.
„Wir sind uns sehr bewusst, dass unser Appell in der tägli- chen Behandlungsrealität zu Diskussionen mit den Pa- tienten führen kann“, sagten Richter-Reichhelm und Han- sen. Jedoch gelte auch für Pa-
tienten das Wirtschaftlichkeits- gebot. Wirtschaftlichkeitsprü- fungen und individuelle Re- gresse drohten den Ärzten, die Verordnungswünschen nicht
entgegentreten, die medizi- nisch nicht indiziert sind.
Am 1. Januar 2004 tritt das GKV-Modernisierungsgesetz in Kraft, das allein in der Arzneimittelversorgung Ein- sparungen von 2,75 Milliar- den Euro vorsieht. Ausnah- men von der Ausgrenzung nicht verschreibungspflichti- ger Arzneimittel aus der Er- stattungspflicht legen die Arzneimittel-Richtlinien fest.
Von vornherein nicht betrof- fen sind Verordnungen für Kinder unter 12 Jahren und Jugendliche mit Entwicklungs-
störungen. HK
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Rentenbeschlüsse
Beitragssatz bleibt konstant
Rentner tragen ab April 2004 Beitrag zur
Pflegeversicherung allein.
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an muss in schwierigen Zeiten auch mal kürzer treten.“ Damit rechtfertigte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die geplanten Einschnitte für Rentner. Die rot-grüne Koalition hatte zu- vor ein Reformpaket beschlos- sen, um das Acht-Milliarden- Defizit in der gesetzlichen Rentenversicherung auszuglei- chen. Danach wird der Bei- tragssatz von 19,5 Prozent zwar nicht erhöht. Die Rentner müs- sen im Gegenzug jedoch den vollen Beitrag zur Pflegeversi- cherung zahlen und auf eine Rentenanpassung zum 1. Juli2004 verzichten. Zusätzlich ist geplant, die Schwankungsre- serve von 50 auf 20 Prozent ei- ner Monatsausgabe zu senken.
Rentner, deren Rente ab dem 1. April 2004 beginnt, sollen ih- re Bezüge erst zum Monatsen- de bekommen. Ausbildungs- zeiten sollen nach einer Über- gangsfrist nicht mehr für die Rente berücksichtigt werden.
Langfristig müsse man die Rentenformel durch die Ein- führung eines Nachhaltigkeits- faktors anpassen und das Ren- teneintrittsalter erhöhen, sagte Schmidt. Diese Entscheidun- gen seien aber nicht vor 2010 zu treffen. Opposition und So- zialverbände kritisierten die Pläne. Es sei verheerend, so Andreas Storm (CDU), dass die Renten durch die Über- nahme der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte gekürzt würden. Rentner würden zu
„Opferlämmern der Nation“, kritisierte der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter
Hirrlinger. MM
Stammzellforschung
Nicht mit EU-Geldern
Bundestag lehnt
Forschungsförderung ab.
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rneut hat sich der Bundes- tag gegen die Förderung verbrauchender Embryonen- forschung mit Mitteln der Eu- ropäischen Union (EU) aus- gesprochen. Mit großer Mehr- heit nahm er einen entspre- chenden Gruppenantrag von Abgeordneten der SPD, derGrünen und der CDU/CSU an. Bereits im Januar 2002 hat- te sich der Bundestag gegen eine EU-weite Forschungs- förderung ausgesprochen. Sie widerspreche der deutschen Rechtslage. Mit dem neuen Antrag wolle man andere Län- der nicht beschränken, erklärte Rene Röspel, Gentechnikex- perte der SPD, bei der Bun- destagsaussprache: „Wir wol-
len lediglich, dass mit deut- schen und europäischen Mit- teln nicht gefördert wird, was wir in einer langen Debatte in Deutschland verboten ha- ben.“ Der Bundestag fordert die EU-Kommission deshalb auf, von ihren Plänen zur För- derung embryonaler Stamm- zellforschung innerhalb des 6. EU-Forschungsrahmenpro- gramms Abstand zu nehmen.
Das im Juli 2002 von Eu- ropäischem Rat und Parla- ment verabschiedete Programm sieht eine finanzielle Unter- stützung der verbrauchenden Embryonenforschung vor. Da- bei soll der Einsatz „über-
zähliger Embryonen“ erlaubt sein, die vor dem 27. Juni 2002 durch künstliche Befruchtung entstanden sind. Derzeit setzt ein Moratorium die umstritte- ne Förderung bis zum Jahres- ende aus. Es war auf Drän- gen von Deutschland, Italien, Irland, Österreich und Portu- gal eingerichtet worden. Öster- reich will das Moratorium ver-
längern. ER
Die EU-Kommission will die Forschung mit embryona- len Stammzellen fördern. Foto: epd
Manfred Richter- Reichhelm und Leonhard Hansen befürchten Vorzieh- effekte bei den Arz- neiverordnungen und damit Regress- forderungen an die Kassenärzte.
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A2824 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003
Fotos:KBV