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Praxi s: E xperi m en t, Akti on u n d Al l tag

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Academic year: 2022

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P ra xi s: E xperi m en t, Akti on u n d Al l ta g

P raxis m eint h ier den Versu ch , m ittels Strategien u n d au f der Gru ndlage entwickelter Th eo- rien die eigene Lage u n d ein Stü ck Gesellsch aft zu verändern. H ierzu geh ören ein erseits indirekte (verm ittelte) Formen wie die Verän deru n g von Disku rsen oder Erweiteru ng von Wissen, an dererseits au ch die direkte (u nm ittelbare) I ntervention in das B esteh enden. Ver- än deru ng ist das H au ptm otiv beider Vorgeh en sweisen.

Darü ber h inau s aber dient P raxis au ch der Th eorieentwicklu ng. Denn wo Th eorie u nd P ra- xis nicht verbu nden sind, feh lt nicht nu r der P raxis Vieles, vor allem die an alytisch e Eben e, der M aßstab des Vorgeh ens u nd der späteren Reflexion, die verm ittelten I nh alte u nd ein i- ges meh r. Es feh lt au ch der Th eorie eine wichtige Qu elle der I nformation. Denn die An- wen du ng in der P raxis ist nicht n u r ein wertvoller Test, son dern au ch ein stän diger I npu t an Eindrü cken, die in die Th eorie genau so h ineinfließen können u n d sollten wie ph ilosoph i- sch e Debatten, kreatives Den ken u nd die sch on vorh an dene Literatu r mit ih ren Überlegu n- gen u nd Debatten. Den Elfen beintü rmen abgeh oben er Wissensch aft, bildu n gsbü rgerlich er Leh rveranstaltu ngen, Organisationen u nd Parteien feh lt dieser B ezu g. Da lässt sich n ett do- zieren u nd disku tieren . Der B ezu g zu dem , was gesellsch aftlich es Gesch eh en prägt, geht aber sch n ell verloren oder wird nie h ergestellt.

Em anzipatorisch e P raxis bedeu tet, das H errsch aftsförmige au s allen Verh ältnissen u nd B e- zieh u ngen in der Gesellsch aft zu rü ckzu drängen, u m Freih eiten zu r Selbstentfaltu ng der Einzeln en u nd freie Kooperation zu sch affen. Die Art solch er P raxis kann seh r u ntersch ied- lich sein − als direkte oder sym bolisch e Aktion, Erstreiten von Freiräu men oder Au fbau von Alternativen. I n den folgenden Absch n itten sollen die versch iedenen H andlu ngsfelder eman zipatorisch er Um gestaltu ng au fgezeigt werden. Wo bereits Texte an an derer Stelle verfü gbar sind, wird − n ach ku rzer Zu samm enfassu ng − au f diese verwiesen .

D em aski eru n g des H errsch aftsförm i gen i n Verh äl tn i ssen u n d B ezi eh u n gen

H errsch aft ist allgegenwärtig, aber oft versteckt. Sie kann ü ber die sozialen Zu richtu ngen der beteiligten M ensch en in eine Gru ppe oder Kooperation einzieh en . Der Dru ck des

„ N orm“alen, von Disku rsen u nd Erwartu ngen liegt in allen Situ ation en. I nstitu tionelle H errsch aft kann als Droh ku lisse im H intergru nd steh en, au ch wen n sie au f den ersten B lick n icht erkenn bar ist. Der ständige, skeptisch -an alytisch e B lick, bereits an anderer Stelle be- sch rieben, h ilft beim Au fspü ren − der Vorau ssetzu n g fü r den Abbau oder die Überwin- du n g des H errsch aftsförmigen in B ezieh u ngen u nd Verh ältnissen. Diese können, m ü ssen aber nicht öffentlich gem acht werden. Oft reicht fü r Einzeln e oder konkrete Gru ppen, ih re eigen en B innen- u nd Au ßenverh ältn isse zu du rch - sch au en, u m sie bewu sst steu ern zu können. Geht es darü ber h inau s, d. h . werden Abh ängigkeiten, Zwän ge, Disku rse, H errsch aftsinstitu tionen u sw. m it passen- den M itteln dem askiert u nd öffentlich dargestellt u n d somit erkenn bar, so ü ber- sch reitet das die Em anzipation im Alltag u n d wird zu r politisch en.

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Text „ H errsch aftsbril l e aufsetzen“ im

„ H ierarch N I E! “ - Reader: www.

projektwerkstatt.de/

von-unten/el iten/

bril l e. htm l

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Au s Ch ristoph Sp eh r (2003): „Gl eich er a l s an dere“, Karl D ietz Verl a g in B erl in

Sie fragt in der konkreten Ausgangslage: Wo liegt hier überall erzwungene Kooperation vor, durch welche Herrschaftsinstrumente wird freie Kooperation verhindert, was sind Schritte um diese Instrumente unschädlich zu machen oder zu beseitigen? Die Theorie der freien Kooperation überschätzt nicht das einzelne Instrument der Veränderung, sondern denkt in Kriterien, die sich in den fünf »Politiken« niederschlagen: was heißt hier »abwi- ckeln«? wie kann hier eine »Politik der Beziehungen« zur Geltung gebracht werden? usw. . . . (S. 69 f. )

Die in der Realität wirksamen Herrschaftsinstrumente zu benennen und abzubauen, bedeu- tet, in einer konkreten Kooperation die Machtfrage zu stellen: Wer hat sie, worauf stützt sie sich, wie kann sie in der Praxis zurückgedrängt und überwunden werden. Allerdings kön- nen wir diese Frage heute, angesichts der Vielfalt von Unterdrückungsverhältnissen und der Tatsache, dass fast jeder und fast jede sich in irgendeiner Hinsicht auch auf einer herrschen- den Seite befindet, nur noch im Plural stellen − »Machtfragen stellen«. (S. 73)

Skeptisch e Analyse u nd emanzipatorisch e Verän deru ngen sin d ebenso dort angebracht, wo B eh errsch u ng zwar offen zu tage tritt, sich aber h inter dem vermeintlich Gu ten versteckt oder m it besonderen Tricks legitim iert wird − z. B. als Recht, Gesetz oder Demokratie. Das reicht von den kleinen Din gen des Alltags, wo Überwach u n g oder dirigistisch e Eingriffe m it m eh r Sich erh eit oder Umweltsch u tz begrü ndet werden, bis zu imperialen Kriegen zu m vermeintlich en Sch u tz der M ensch en rechte. Au ch h ier gilt wieder, dass B eides wichtig sein kann: Das H errsch aftsförmige selbst erkennen u nd die Demaskieru ng öffentlich zu ma- ch en.

Au s Ch ristoph Sp eh r (2003): „Gl eich er a l s an dere“, Karl D ietz Verl a g in B erl in (S. 52) Eine Politik der freien Kooperation muss, viertens, in der Praxis Stellung beziehen zum Dop- pelcharakter von Demokratie und Demokratisierung im demokratischen Zeitalter: dass die real existierenden Formen institutioneller demokratischer Systeme zur Ausübung und zum Ausbau von Herrschaft dienen können, dass es aber kein Fortschritt für Freiheit und Gleich- heit wäre, sie zugunsten vordemokratischer Formen abzuschaffen. Da es kein Modell insti- tutioneller Demokratie gibt, das von diesem Doppelcharakter frei wäre, kann die Lösung nicht darin liegen, ein konkretes Modell vorzuschlagen, das diese Probleme angeblich nicht hätte. Es gibt keine »herrschaftssichere« Form institutioneller Demokratie. Eine Politik der praktischen Demokratiekritik − oder, um es anders auszudrücken, eine Politik der emanzi- pativen Demokratisierung − ist daher nicht an eine bestimmte institutionelle Form gebun- den, sondern fasst Elemente zusammen, die aus der Praxis sozialer Bewegungen hervorge- gangen sind und quer zur konventionellen Demokratievorstellung liegen, wie Dezentralisie- rung, affirmative action usw.

H errsch aft abwi ckel n

Dem skeptisch en B lick au f die Lage folgt der Versu ch , das H errsch aftsförmige zu verdrän- gen oder zu ü berwinden . Das ist n icht als Einakter vorstellbar, son dern als stän dige Abfolge von H an dlu ng u nd Reflexion. Dom inan zen , Disku rse u nd andere Ersch ein u ngsformen von Frem dbestim mu n g u nd M achtgefälle können im mer wieder neu au ftreten oder werden erst im Lau fe von Veränderu ngsprozessen erkenn bar. Eman zipation ist dah er ein P rozess

− u nd zwar ein er, der des N ach dru cks u n d des Willen s zu r Veränderu n g bedarf.

Au s Ch ristoph Sp eh r (2003): „Gl eich er a l s an dere“, Karl D ietz Verl a g in B erl in (S. 51 f. ) Wenn erzwungene Kooperation durch eine Fülle von Herrschaftsinstrumenten aufrechter- halten wird, dann ist es für eine Politik der freien Kooperation notwendig, diese Instrumente abzuwickeln. »Abwicklung « bedeutet, dass diese Instrumente nicht für »etwas Besseres«

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Seiten zur Dem okratiekritik:

www.dem okratie-total .de.vu

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eingesetzt werden können, sondern heruntergefahren werden; dass dies ein Prozess ist und keine einmalige Aktion; dass ein »Ausknipsen über Nacht« nicht möglich und in vielen Fäl- len auch nicht wünschenswert ist, dass das Ziel aber klar sein muss. Nichts anderes kann man sich heute darunter vorstellen, was es heißt, Machtfragen zu stellen: Herrschaft sicht- bar zu machen und ihre Instrumente in der Praxis zurückzuweisen, und zwar an allen Or- ten der Gesellschaft und in jeder Kooperation.

Unm ittelbare H an dlu ngsansätze besteh en in den Alltagsbezieh u ngen u nd gesellsch aftli- ch en Su bräu men, die von M en sch en direkt bestimmt werden, in denen also ein person ales Verh ältnis der B eteiligten u nterein ander besteht. Dort alles H errsch aftsförm ige zu enttarn en u nd praktisch zu werden, treibt die Disku rse u nd Stru ktu ren der M acht von u nten au s den Ritzen der Gesellsch aft. Das dü rfte die erfolgversprech endere Strategie sein, denn regelmä- ßig sch eitert der Versu ch , eman zipatorisch en Wandel von oben , also per Gesetz, Kontrolle oder anderer zentraler Steu eru n gsm ittel zu verwirklich en. Den n H errsch aft ist imm er selbst Gru nd seiner Au sü bu ng, d. h . es ist nicht Versagen der Einzelnen, sondern system bedin gt, dass solch e Versu ch e regelm äßig sch eitern. Das sch ließt nicht au s, es weiter zu probieren oder zu mindest, so politisch du rch setzbar, die B edingu ngen fü r einen Wandel von u nten zu verbessern (Zu gang zu Ressou rcen , Gru ndabsich eru ng, Demaskieru n g von H err- sch aft). Eine Schwerpu nktsetzu ng darau f tran sform iert aber eman zipatorisch e Kraft zu r Ak- teu rin inn erh alb der „ N orm“alität. Die Gefah r, dass die dort typisch en Unterdrü cku ngs- u n d Steu eru ngsmeth oden reprodu ziert werden, ist h och .

Ch ristoph Speh r, 1 999: „D ie Al ien s sin d u n ter u n s“

Es funktioniert nicht, die zentrale Staatsmacht zu erobern und die Verhältnisse von oben neu zu ordnen. Die Macht hat viele Zentren und viele Gesichter; und im großen und gan- zen müssen die versammelten Waffen des Alienismus zurückgedrängt, abgebaut, abgewi- ckelt werden. Man kann sie nicht umstandslos für etwas Gutes einsetzen, ohne einen neuen Alienismus zu schaffen. Man muss die Macht, die Kompetenzen, die Entscheidungsfreiheit an die Menschen zurückgeben.

Grenzen u nd Trennu ngen ü berwinden

Weil die I dee einer Welt, in der viele Welten P latz h aben, wichtig ist, gilt es, Grenzen u n d Trennu ngen zu ü berwin den, die Un gleich h eiten fixieren oder sogar steigern sollen. Diese existieren in der h eu tigen Welt vielfach − sei es zwisch en N ationen oder Staatengem ein- sch aften, zu den Zon en der gesellsch aftsinternen Absch iebu ng in Knästen u nd Zwan gs- psych iatrien, zwisch en den abgesich erten Lebensbereich en der Reich en u nd P rivilegierten u nd den u m gebenden Zonen der Arm en, zwisch en B ank-/Villenvierteln u nd Gh ettos oder zwisch en M etropolen u n d Periph erie. Die Grenzen können sch arf oder fließen d sein, bau - lich er Art, form al oder nu r disku rsiv. Entsprech end geh ören zu r Strategie des Einreißens alle Aktionsformen von m ilitanter Attacke ü ber vermittlu ngsstarker öffentlich er I ntervention bis zu m Au fbau alternativer P rojekte, die solch e Grenzen ü berwinden h elfen.

Anfangen im H ier & Jetzt

Da das H errsch aftsförmige ü berall lau ert, ist Eman zipation eine Sach e des I m mer u n d Überall. Das verpflichtet nicht zu m Klein klein, denn erstens sind widerständige politisch e Aktionen u nd Verän deru ng im Alltag keine Gegensätze. Zu m anderen stellt das H err- sch aftsförmige im Kleinen fast im mer ein Abbild gru ndlegen der Verh ältnisse u nd B ezie-

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h u ngen in der Gesellsch aft dar. Es kann also jede Au seinan dersetzu ng dafü r genu tzt wer- den, eine weitergeh en de Kritik zu formu lieren − au ch öffentlich .

Umgekeh rt h eißt die Tatsach e, dass in jedem kleinen Alltagsvorgang die Verh ältnisse u n d B ezieh u ngen der großen Welt drinstecken, dass sowoh l die konkrete Verän deru n g wie au ch die Au seinandersetzu ng mit den Rah menbedingu n gen ü berall beginnen kann.

An ei gn en u n d Au stei l en

Verteilu n g u nd Zu gänglich keit von Ressou rcen prägen gesellsch aftlich e Verh ältnisse u n d H an dlu n gsm öglich keiten . Zu r Zeit sind sie seh r u ngleich verteilt u n d zwar au fgru n d des Ei- gentu msrechtes, wirtsch aftlich er Verh ältn isse u nd der au toritären Rolle des Staates. Die Un- gleichverteilu ng fällt dabei so stark au s, dass erh eblich e Ressou rcen u ngenu tzt h eru mlie- gen, weil sie dort, wo sie liegen , im Überflu ss sind oder n icht gebrau cht werden, formale Sch ranken aber ih re N u tzu ng an an derer Stelle verh in dern . Es ist dah er sinnvoll, den Zu - gan g zu Ressou rcen zu verbessern. Das ist je nach Art der Ressou rce au f seh r u ntersch ied- lich en Wegen möglich .

Ressou rcen aneignen u nd zu gänglich m ach en

Einige h aben viel, viele h aben wenig. Das sch afft P rivilegien u nd u ngleich e H an dlu ngs- m öglich keiten . Eine au sgeglich enere Verteilu n g des Reichtu m s, insbeson dere au ch des Zu griffs au f P rodu ktionsmittel, h ilft H errsch aftsverh ältn isse abzu bau en. Solch e Verände- ru ngen sind ü ber politisch e P rozesse möglich , aber au ch ü ber die An eignu ng. Die B eset- zu ng eines H au ses, die Verwandlu ng bish er u nzu gän glich er, natu rfern gestalteter Gru nd- stü cke in öffentlich e Gärten , Um son stläden, das Knacken eines Kopiersch u tzes bzw. des Qu ellcodes digitaler Ressou rcen oder die als Diebstah l von den VerwalterI nn en der beste- h enden Ungleichverteilu ng gebrandmarkte P lü nderu ng u nd Verteilu ng an B edü rftige sin d ein ige von vielen H andlu n gen, die besteh en de Verteilu ng zu verändern. Dass vieles davon illegal ist, mu ss nicht ü berrasch en − Gesetze sind die Regeln derer, die P rivilegien inneh a- ben u nd erh alten wollen , u nter anderem das P rivileg, Gesetze erlassen zu können.

Der bloße Wech sel von Verfü gbarkeit stellt allerdings nu r einen kleinen Fortsch ritt dar. Wir- ku ngsvoller wäre, die Ressou rcen dau erh aft öffentlich zu gänglich zu m ach en − also das H au s nicht n u r per B esetzu ng dem Dasein als rein es Speku lationsobjekt zu entreißen, son- dern es zu öffn en fü r die N u tzu ng Vieler (potentiell Aller). I n diesem Sin n sind die meisten H au sbesetzu ngen vertane Ch ancen, weil n u r N am en, Alter u nd Dresscode derer wech - seln, die in spießiger Art ih r Eigentu m gegenü ber offen er u n d vielfältiger N u tzu ng zu sch ü tzen versu ch en. Wesentlich e Verän deru ngen entsteh en erst dann , wen n die Ressou r- cen allgemein verfü gbar werden: Wissen , Tech nik u nd Erfin du ngen zu gänglich mach en, digitale I nformation offen gestalten (wie es z. B. bei Open Sou rce Software der Fall ist), of- fen e Räu me sch affen u nd vor allem P rodu ktionsmittel fü r alle bereitstellen. Ob B agger, Schweißgerät, Stau bsau ger, Dru ckerei oder Compu ter − es m acht Sinn, wenn alle M en- sch en solch e Sach en n u tzen können (bei aller Schwierigkeit, wie der P rozess einer Koope- ration dann kon kret zu organ isieren ist).

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Wissen verm eh ren − fü r sich u nd alle

Es sind nicht nu r äu ßere B edingu ngen , die H andlu ngsmöglich keiten einsch ränken, son- dern au ch feh lendes Wissen u m diese. Das ist oft ebenfalls gesellsch aftlich bedin gt, weil z. B. Sch u le u nd Au sbildu n g keine fü r selbstorganisiertes Leben passen den I nformation en vermitteln . Sie vermiesen die Lu st am eigenstän digen Lernen u n d lassen es fu n ktional er- sch ein en, statt eigener An strengu n g einfach im Strom mitzu schwim men. Die eigene Schwäch e, sich au s dieser Um klammeru ng zu lösen, ist Teil des P roblems. Woh lgemerkt:

Die Schwäch e ist gesellsch aftlich erwü nscht. Es bedarf ein es gegenku ltu rellen Aktes, eines m it der eigenen Zu richtu ng brech enden Willensaktes, die B ah n zu verlassen u nd sich selbst zu m/r Akteu rI n des eigen en Lebens zu erklären. N otwendig ist dann die ständige Aneignu ng der Fäh igkeiten zu selbstorganisiertem Alltag − ein imm erwäh ren der P rozess, denn niem and kann alles Wissen u nd alle z. B. h andwerklich en Anwendu n gen beh err- sch en. Aber es darf gerne ständig immer meh r werden . . .

• B edienu ngsanleitu ngen lesen, Fragen stellen.

• Au fmerksam sein u n d mitkriegen, wo was feh lt oder nötig ist, wo was zu h olen ist, wie was fu nktioniert.

• Willen zu r Verbesseru ng entwickeln: Lässt sich etwas noch gesch ickter lösen?

• Die Tech n ik du rch sch au en , beh errsch en u nd selbst optimieren könn en , die im eige- n en Leben prägend ist (von Wasserh ah n ü ber Com pu ter bis Au to/Fah rrad).

• Erfah ru ng u nd Wissen sam meln, wie sich neu e Fragen klären u nd Lösu ngen finden lassen.

Das u nd vieles meh r bedeu tet die Selbsterm ächtigu n g zu m eigenen Leben. So entsteht die Alternative zu m M itschwim men im Strom. Sie kann mit anderen M ensch en geteilt werden.

Wen n alle I nformationen öffentlich zu gänglich geh alten werden u nd sich M ensch en ih r Wissen weitergeben , wäch st bei allen die Fäh igkeit zu m selbstorgan isierten H an deln.

Doch am B eginn steht die eigene Entsch eidu ng, der Willen, sich selbst zu m M ittelpu nkt des eigenen Lebens zu m ach en. Un d dann: Selbständigkeit trai- nieren, Wissen u m praktisch es H andeln erweitern, Au fm erksamkeit sch u len,

M u t entwickeln, selbst die h andelnde Person zu sein.

B etei l i gu n gsm ögl i ch kei ten au sdeh n en , H em m n i sse abbau en

Trotz aller u topisch en Ziele: Jede Erweiteru ng von H andlu ngsmöglich keiten im H ier u n d Jetzt kan n wichtige Vorteile bringen. Denn der kleine Sch ritt ist nicht nu r Verbesseru ng an sich , sondern au ch selbst wieder Vorau ssetzu n g fü r meh r. I nsofern folgt Emanzipation der gleich en Logik wie die Evolu tion des Stofflich en, des Lebendigen u nd der mensch lich en Ku ltu r: Jeder Fortsch ritt kan n die B asis fü r n eu e M öglich keiten sein . Der P rozess ist nicht li- n ear, son dern au feinander au fbau en d. Jeder Akt der B efreiu n g oder Aneignu n g ist nicht n u r Gewinn als solch es, son dern au ch die bessere Vorau ssetzu ng fü r die näch sten Entwick- lu ngen .

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Sel bstorganisierung im Al l tag: www.

al l tagsal ternative.de.vu

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Das gilt natü rlich au ch andersh eru m. Eine rü ckwärtsgewandte Politik der Einsch rän ku ngen von H an dlu ngsmöglich keiten versch lechtert nicht nu r das kon krete Detail, sondern immer au ch die allgemeinen H an dlu ngsm öglich keiten . Die au toritären Staatssysteme der h eu ti- gen Zeit, gleich gü ltig ob als M onarch ie, demokratisch er Rechtsstaat oder zentralistisch e Volksrepu blik, verfolgen wie ih re Vorläu fer imm er ein e die aktu ellen P rivilegien u nd Ver- h ältnisse erh alten de, d. h . konservierende Politik. Dazu geh ört der Entzu g von M öglich kei- ten der Veränderu ng. Um es an einem B eispiel zu sch ildern : Wer in Deu tsch land als Partei in die Parlam ente will, m u ss den Erh alt der au gen blicklich en Staats- u nd Gesellsch aftsform anerkennen u nd sich ern wollen. Alle an deren Parteien sin d verboten. Die gan ze politisch e P ropaganda, politisch en P rotest nu r legal zu äu ßern , entlarvt sich dabei selbst. Denn die Verän deru ng der besteh en den Verh ältn isse als legaler Vorgang ü ber die dafü r vorgeseh e- nen Formen politisch er Einflu ssn ah me ist verboten .

N ichtsdestotrotz bietet au ch die vorh an dene Gesellsch aft bereits M öglich keiten des M itm i- sch ens. Es gibt keinen Gru nd sie au szu lassen, solange sie tatsäch lich e B eteiligu ngsch an- cen bieten. Das ist z. B. in einigen P lanu ngs- u nd Geneh migu n gsverfah ren der Fall. M an- ch e Gesetze garantieren die Ein sicht in B eh ördenakten, wieder an dere die M öglich keit, Volksabstim mu ngen (vor allem im kom mu nalen B ereich ) du rch zu fü h ren . All diese B eteili- gu ngsformen sind in sozialen Käm pfen erstritten . Die Waffen sind oft stu mpf, die B eteili- gu ng seh r besch rän kt. N u tzen lässt sich das trotzdem , denn n iemand verh in dert ja, au f die B esch ränkth eit der M itgestaltu n g h inzu wesen .

Rein e Pseu doangebote oh ne konkrete Kläru ng der Einflu ßm öglich keiten wah rzu neh men, kann ein Eigentor bedeu ten. Denn neben der Verschwen du ng von Energie bedeu tet Reden oh ne tatsäch lich e M itgestaltu ng imm er ein e Legitimation zentraler Entsch eidu ng. Solch e zu delegitimieren wäre sch lau er, als öffentlich gu te M ien e zu m h errsch aftsförmigen Spiel zu mach en.

Es feh lt weitgeh end an I n itiativen, M itbestimm u ng u nd B eteiligu n g im öffentlich en Rau m zu fordern u n d zu fördern . Stadtteilinitiativen, die Eroberu ng öffentlich er Fläch en zwecks gem einsamer Gestaltu ng u n d insgesamt das Verlagern politisch er M acht au s B ü rokratie, Parlamenten u nd Kon zernen in ein e direkte Organisieru ng von B etroffenen u nd I nteres- sierten können kleine Sch ritte in eine richtige Richtu ng bedeu ten .

Au s Kapp l er, Marc (2 006): „E m an zipation du rch Pa rtizip ation ?“, Marbu rg (S. 1 2 5)

Partizipationsmodelle, in denen der Machtunterschied zwischen Partizipierenden und Initia- torInnen, EntscheidungsträgerInnen oder Verwaltungsangestellten nicht mitgedacht wird, laufen Gefahr diese Machtverhältnisse zu reproduzieren und somit die Partizipation nur als Legitimierung bestehender Verhältnisse zu benutzen, anstatt eine Veränderung in eine emanzipatorische Richtung zu erwirken. . . . Jegliche vorhandenen Machtmittel müssen un- ter allen Beteiligten eines Partizipationsprojektes gleich verteilt sein. Somit korrespondiert wirkliche politische Partizipation mit der Aushebelung politischer Privilegien. Kristallisa- tionspunkt hierfür wäre eine politische Beteiligung, die den traditionell verankerten Interes- sen zuwiderläuft.

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U topi en en twi ckel n , ben en n en u n d voran trei ben

Sch ließlich geh ört zu r I dee h errsch aftsfreier Gesellsch aft die Debatte ü ber Utopien selbst.

Es geht nicht u m den Entwu rf des exakten B ildes, sondern u m das Ringen u m Fragen u n d Antworten , Entwü rfen u nd M öglich keiten. Was ersetzt Strafe? Wo komm en die B rötch en h er? Was passiert m it Vergewaltigern? Wird dann die Umwelt nicht noch krasser au sgebeu - tet? Und wenn doch jem and eine Waffe h at? Solch e u n d viele, viele weitere Fragen mü ssen zu gelassen u nd offensiv an gegangen werden . . .

• in Veranstaltu n gen zu m Th em a.

• du rch direkte Aktionen in der Öffentlich keit, die gezielt weitergeh ende Debatten an re- gen statt im mer nu r Detailveränderu ngen einfordern u nd dam it in direkt

au ssagen: Das B esteh ende ist prin zipiell ganz o. k. − diese Welt bzw.

dieses Deu tsch lan d oh n e Castor, N azis oder m it Tobin Tax wäre eine sch öne Sach e . . .

• ü ber eigene M edien oder andere Veröffentlich u n gen.

Aktionen mit u topisch em Geh alt entwickeln sich sch n ell, wenn u nersetzbare B e- standteile der „ N orm“alität angegriffen werden . Wer den Castor stoppt oder N azis vertreibt, erzeu gt die Debatte ü ber diese (u nd m eist noch ü ber die rabiate Polizei mitsamt oft u ndu rch dachter Reaktionen au f Polizeigewalt). Der Rest bleibt u nangefochten. Das ist trotz- dem nicht verkeh rt. Es fü h rt aber zu breiteren Debatten, wenn z. B. Ju stiz, Disku rse u n d Wah rh eiten, ökonom isch e Gru ndlagen wie Eigentu m oder Verwertu ngslogiken in Frage gestellt werden. „ Aber das geht doch nicht“, wäre als Reaktion die sich ere Erkennu n gsm e- lodie, dass die An gesproch enen versteh en . . . Dabei sind solch e Aktionen nicht u nbedingt au fwändiger, liegen sch nell aber zu mindest im Gren zbereich zwisch en Legalem u nd I llega- lem, weil das Recht als N orm ensamm lu ng des Gestern die traditionelle u nd dominante Au ffassu ng von Gesellsch aft wiederspiegelt. Was wü rde gesch eh en, wenn an vielen klei- n en Orten Kopierstationen fü r copyrightgesch ü tzte Texte, B ilder oder Codes stü nden − u nd sei es nu r fü r ein paar Stu nden, aber gu t sichtbar u n d inh altlich gu t begrü ndet. Welch m assive Reaktion h atte ein st der kleine, aber doch kü h ne Entsch lu ss von Rosa Parks, sich n icht meh r au f die fü r Schwarze vorgeseh enen Sitzplätze im B u s n iederzu lassen. Politisch e u nd altern ative B ewegu ngen sind dagegen seltsam zu rü ckh altend, än gstlich , normalitäts- verliebt.

Ganz äh nlich lassen sich viele Form en der Aneignu ng mit Debatten u nd Forderu n gen zu Utopien verbinden . Wer ein H au s besetzt oder eine Fläch e zu m öffentlich en Garten macht, kann mit Forderu ngen u nd I deen fü r eine Gesellsch aft jenseits von Verwertu ngslogik u n d Eigentu msfetisch au fwarten . Das Konkrete tu n, das Weitergeh ende fordern u nd das Utopi- sch e offen disku tieren, passt gu t zu samm en. Das Zeitalter, im dem die vorsichtige B emer- ku ng „ Eine andere Welt ist möglich“ fast revolu tion är wirkt, weil au ch politisch e B ewegu ng im „Th ere is n o alternative“ (TI N A-)Syndrom darbt, mu ss endlich zu ende geh en. Den n der I mpu ls, fü r eine andere Welt einzu treten u nd sie Stü ck fü r Stü ck zu verwirklich en , ent- springt selten dem Elend, öfter aber der Zu versicht, dass es etwas B esseres gibt.

Au s Wil de, Oscar (1 970): „D er Sozial ism u s u n d die Seel e des Men sch en“, D iogen es (S. 35) Eine Weltkarte, in der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient keinen Blick, denn sie

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Kreative Aktionen in der Öf- fentl ich keit für h errsch afts- freie U topien unter www.

projektwerkstatt.de/

h oppetosse/dan/

utopien. htm l .

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läßt die eine Küste aus, wo die Menschheit ewig landen wird. Und wenn die Menschheit da angelangt ist, hält sie Umschau nach einem besseren Land und richtet ihre Segel dahin. Der Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.

E xperi m en te u n d Anwen du n gsfel der

Ein zentraler B au stein von P raxis sind kon krete Versu ch e, es anders zu mach en. Dabei kommt es nicht au f die Größe des P rojektes an, woh l aber au f seinen u topisch en Geh alt.

Denn was Experiment sein will, m u ss ü ber das h inau sgeh en, was „ norm“al ist − u nd zwar sowoh l in B ezu g au f den besteh en den gesellsch aftlich en M ainstream als au ch sich abh e- bend von ü blich en politisch en P rotestformen. Zwar ist nicht falsch , B ewäh rtes zu wieder- h olen, als vorantreibend könn en aber n u r solch e Versu ch e bewertet werden, die versu - ch en, neu e I deen u m zu setzen oder neu e Erfah ru n gen zu sam meln (z. B. gleich e Versu ch e u nter anderen B edin gu ngen).

Es tu t aber au ch der Th eorie- u nd Strategiedisku ssion gu t, sich au szu probieren u nd Erfah - ru ngen au s der P raxis in die Überlegu ngen einfließen zu lassen. Etlich e th eoretisch e Ver- wirru ngen der Vergangenh eit u n d Gegenwart entsprin gen dram atisch en Abgeh oben h ei- ten , wenn z. B. I ntellektu elle, ü berwiegend im Staatsdien st, ü ber B edingu ngen der Arbeite- rI nn en klasse u nd deren Einh eit fabu lieren, wenn du nkel gekleidete, sportlich e Ju nger- wach sene − frisch au s der Fü rsorge du rch die eigene M am i entlassen − ü ber Au tonomie oder Radikalität m itsamt ih ren Folgen disku tieren, wen n privilegierte B ü rgerI nn en sch ich - ten , die weder selbst noch in ih rer Verwandtsch aft je mit Zwangspsych iatrie, Knast oder Strafju stiz in B erü h ru n g gekomm en sind, den Rechtsstaat u nd die Garantie der Gru nd- rechte loben, oder wenn N GO-Fu nktionärI nnen zwisch en ih ren Anträgen au f Zu sch ü sse von Papi Staat Zeit fin den, sich selbst als u nabh ängige Zivilgesellsch aft zu inszen ieren.

Es loh nt im mer, die Au seinandersetzu ng da drau ßen zu su ch en, u m die Su ch e nach We- gen u nd M öglich keiten au s der P raxis h erau s zu forcieren . Au ßerdem bieten konkrete P ro- jekte die Ch ance, M ensch en u n d ih re I deen mit in die Disku ssion au fzu n eh men, die zu ei- nem reinen Th eoriezirkel niem als dazu stoßen wü rden (vielleicht sch on allein, weil sie an- dere Gastwirtsch aften besu ch en . . . ).

N eben dem I m pu ls fü r die eigen e u nd allgemein e Th eorie- u nd Strategiedisku ssion bieten praktisch e Anwendu ngen weitere Ch ancen:

• P ropaganda der Tat: Die Existenz von konkreten P rojekten kann öffentlich sichtbare Orte der Veränderu ng sch affen . Alles, was (be-)greifbar ist, fördert Kontaktm öglich kei- ten − vor allem wenn das P rojekt verbu nden wird m it offensiver Öffentlich keitsarbeit aller Art, also von N ach barsch aftsfesten bis zu M edienarbeit.

• Umleitu ng von Ressou rcen : Land, Gebäu de, P rodu ktionsmittel u nd Wissen können ü ber P rojekte den Akteu rI nn en au toritärer Gesellsch aft, z. B. Konzernen oder Staat, entzogen u nd öffentlich zu gänglich gemacht werden.

• Üben , an eignen u nd verbreiten: Jedes praktisch e P rojekt ist Übu n g, z. B. zu r Selbst- organ isieru ng, in konkreten Aktionstech niken, im öffentlich en Au ftreten oder in h and- werklich en B ereich en. Das n ü tzt den B eteiligten. Das Wissen lässt sich weitergeben , so dass eine öffentlich e Wirku ng entsteh en kann.

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I m Folgenden sollen P raxisversu ch e, wie es sie sch on gegeben h at u nd wie sie aktu ell au ch vielerorts lau fen, ku rz erwäh nt werden. M itu nter erfolgt ein H inweis au f weiterfü h rende Li- teratu r oder sch on besteh ende Texte in anderen Sch riften oder im I nternet, u m h ier nicht m it Wiederh olu ngen zu arbeiten .

Woh nen

Weit verbreitet sind alternative Woh nprojekte. Allerdings h aben sich die Formen im Verlau f der letzten Jah rzeh nte stark zu einer h oh en Kompatibilität mit den h errsch enden gesell- sch aftlich en B edingu ngen entwickelt. Was h eu te als alternatives Woh nprojekt startet, bildet in der Regel Eigentu m − wenn au ch gemein sames − , sch afft Eigentu m sbeh älter fü r alle B eteiligten sowie h öch stens noch einige Gem einsch aftsfläch en. M eist finanziert es sich au s ü blich er Loh narbeit oder staatlich en Transferleistu ngen . Das war nicht im mer so − besetzte H äu ser oder selbstorganisierte Kommu nen sch u fen z. B. in den 68er-Käm pfen u nd später bis in die 80er Jah re Rau m fü r politisch e Aktion oder freie Ku n stprojekte. Diese eckten m it- u nter an. Je weniger N äh e zu r „ N orm“alität entstand, desto eh er blieb der Wille zu m An- derssein erh alten. Staatlich e Repression u nd feh lende Legalisieru ng von H äu sern u nd Wa- genplätzen erh öhten die Ch ance, sich weiter als gegenku ltu relles P rojekt zu begreifen . Es sin d n u r noch Au snah men. Die Gesch ichte des altern ativen Woh nens h at deu tlich belegt, dass bessere B edingu ngen nicht zu m Au snu tzen des größeren Freirau mes fü h rten, son- dern eh er zu einer besch leu n igten Änderu ng der Persön lich keiten. Au s der M itte der P ro- testku ltu r ist die neu e bü rgerlich e B ildu ngsavantgarde gewach sen . Oder anders au sge- drü ckt: Die Wäh lerI nnen der Grü nen sind du rch sch n ittlich reich er, konsu mieren meh r u n d reisen öfter als die anderer Parteien. I h re Woh nu ngen sind sch ick, teu er eingerichtet u n d h erm etisch von der Au ßenwelt abgesch ottet.

Ein Zwan g besteht nicht − vielm eh r wirkt die ku ltu relle Entwicklu ng der Personen . Zu er- warten ist zu mindest im deu tsch sprach igen eine Fortsetzu n g dieser Gesch ichte, den n die politisch Aktiven in diesem Land sin d fast au ssch ließlich bildu n gsbü rgerlich er H erku nft.

Unabh än gigkeit, Experim ent u nd Aneignu n g von Fäh igkeiten spielen dort keine große Rolle.

Lernorte

Um selbstorganisiert leben zu könn en u n d seine M öglich keiten zu entfalten , brau cht es Wissen. N icht solch es, wie in den bevormu n denden Sch u len u nd Universitäten oder den entsprech enden Leh rbü ch ern vermittelt wird. Sondern etwas Lebendiges, was Wissensa- n eignu ng u n d -weitergabe nach den konkreten B edü rfnissen möglich m acht. M en sch en, die nicht im Strom mitschwimm en u nd vorstru ktu rierte Leben sph asen m it Lernzeit, Ar- beits- u nd Lebensen dph ase verbringen, werden imm er lernen wollen, denn das Aneign en von Wissen erweitert die M öglich keiten. Sie werden aber nach ih ren I nteressen lern en wol- len, also jeweils das, was ih nen praktisch e Vorteile versch afft oder sie au s anderen Grü nden gerade interessiert. Ein zeitlich vorgeplanter Stu nden plan wird diesem n icht gerecht. Er sch afft Ein h eitsbildu ng fü r M ensch en, die lern en sollen , als Rädch en in einer großen M a- sch ine zu fu nktion ieren. Sie lernen n icht, sich selbst zu organisieren, eigene I nteressen zu entwickeln u nd dan n dafü r die passenden Wissensqu ellen zu finden.

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Genau so aber mü ssen em anzipatorisch e Lernorte au sseh en. N ach Su ch e/B iete-Logik bilden sich dort Lerngru ppen − ob au s 2 M ensch en oder 1 00, ist Sach e der M en sch en selbst. Der Lern ort ist zu m einen Speich er an I nformation en , d. h . er enth ält B iblioth eken, Arch ive, Datenban ken, Ansch au n gsm aterial u nd Übu ngsgeräte, aber ebenso P latz fü r alle Arten von Wissensverm ittlu n g − als frontale Vorlesu ngen, Worksh op oder Au stau sch im Gespräch . Das Lern en wäre aber nicht au f solch e Orte besch rän kt, son-

dern findet ü berall in der Gesellsch aft statt. Denn wo lässt sich Koch en besser lernen als in Kü ch en? Wo H olzarbeiten besser als in den Sch rei- nereien? Wo Lebensmittelan bau u nd -verarbeitu ng ansch au lich er als au f den H öfen?

Akti on : Öffen tl i ch kei t u n d Wi derstan d

Wer n ach em anzipatorisch er Umgestaltu ng der Verh ältnisse strebt, wird in den B emü h u ngen imm er wieder zu rü ckgeworfen du rch die m assiven Einflü sse der du rch alle gesellsch aftlich en Sph ären drin genden Form en

von P rivilegien, N ormieru ngen, Zu gangsbesch ränku n gen u n d meh r. Alltag u n d gesell- sch aftlich e Su bräu me sind kein e I n seln , sondern geprägt du rch die B ezieh u ngen u nd Ver- h ältnisse, die in der Gesellsch aft wirken. Gleich zeitig wirkt jeder Teil au f das Ganze zu rü ck, denn die Verh ältnisse entspringen nicht einer zentralen Qu elle, sondern wirken in allen Stru ktu ren u nd Teilen der Gesellsch aft. Diese ist von ih nen du rch zogen, das H errsch afts- förm ige liegt wie ein e M atrix in allem, was Gesellsch aft au smacht. Es wäre dah er fru strie- rend, sich ständig im Klein en zu versu ch en u nd dann doch zu merken, wie das gewaltige Korsett der ü berall h ineinstrah len den M achtstru ktu ren u nd B eeinflu ssu ngen jedes B emü - h en zerstört.

Es liegt dah er nah e, die Verän deru ngen im Alltag u nd in gesellsch aftlich en Su bräu men m it dem offenen Angriff au f die Verh ältnisse u nd B ezieh u n gen zu verbinden, die ü berall eman- zipatorisch e Verän deru n gen blockieren . Wegen dieser B edeu tu n g ist Aktion u nd Wider- stan d ein eigenes, nämlich das absch ließende Kapitel gewidm et.

Au s Ch ristoph Sp eh r (2003): „Gl eich er a l s an dere“, Karl D ietz Verl a g in B erl in (S. 51 f. ) Damit ist aber keineswegs klar, wie Kooperation sich stattdessen gestalten soll. Jenseits der abstrakten Bestimmung, wie sie das Prinzip der freien Kooperation gibt, bedarf es einer konkreten Politik, die auf bestimmten Lernerfahrungen von Emanzipationsbewegungen be- ruht und Alternativen zur herrschaftsförmigen Kooperation praktisch vorstellbar macht. Am weitestgehenden sind solche Überlegungen im italienischen Feminismus unter dem Begriff einer Politik der Beziehungen ausgearbeitet worden. Für alle Arten von Kooperation wei- tergedacht, ist das nichts anderes als die Frage, was man sich unter einer

alternativen Vergesellschaftung in der Praxis vorzustellen hat.

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Zu h errsch aftsfreien Lernorten gibt es ein Kapitel im Buch

„ Autonom ie & Kooperation“ : www. projektwerkstatt.de/

h efte/downl oad/

autokoop_l ernen. rtf Auch al s pdf.

Sch ul kritik und sel bstbe- stim mtes Lernen: www.

h errsch aftsfrei-l ernen.de.vu.

èèèèèè

Die I nfoseite zu kreativen Aktionsform en m it viel en Tipps und Beispiel en:

www.direct-action.de.vu

Referenzen

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