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2 Oh ne H errsch aft ginge vieles nicht − und das wäre gut so!

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Academic year: 2022

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2 Oh n e H errsch aft gin ge vieles n ich t − u n d das wäre gu t so!1 2.1 Vorweg: Woru m geh t es?

Ein e Gesellsch aft „ Freier M en sch en in Freien Verein baru n gen“ ist ein e kon krete Utopie, 2 deren gen au e Form n ich t abgesch ätzt werden kan n . Zu groß ist der Untersch ied zu den h errsch aftsförm igen Gesell sch aften der Gegenwart u n d Vergan gen h eit − u n d dam it zu sch wierig die Vorh ersagbarkeit des in dividu ellen u n d sozialen Verh alten s von M en sch en oh n e Zwan gsverh ältn isse. An zu n eh m en ist, daß n ach ein em P rozeß des Abbau bekan nter H errsch aftsverh ältn isse n och weitere zu m Vorsch ein kom m en − die Em an zipation , d. h . die Loslösu n g u n d Überwin du n g von Zwän gen , von H errsch aft u n d B eh errsch u n g aller Art, wird ein l an ger, wah rsch ein lich im m erwäh ren der P rozeß. D er Entwu rf ein er ein h eitl ich en Utopie als zu kü nftiger Gesellsch aftsform im h errsch aftsförm igen H ier u n d Jetzt wü rde ein e Vorgabe sein , die eh er ein e B esch rän ku n g als ein er B efreiu n g gleich käm e. D ah er sin d Zu - ku nftsentwü rfe n u r M öglich keiten , jedoch ih re B esch reibu n g wich tig, da sie zeigen − wen n au ch au s der aktu ellen Perspektive − , daß sch on jetzt h errsch aftsärm ere Entwicklu n gen den kbar u n d erstreben swert sin d. Ein e absch ließen de D isku ssion ü ber die D etails, ü ber M ach barkeit u n d n otwen dige Verein baru n gen in der Zu ku nft wird an gesich ts des du rch H errsch aftsverh ältn isse besch rän kten H orizontes, der eigen en Zu rich tu n g au f h errsch afts- förm ige Wah rn eh m u n g von M en sch en u n d Gesellsch aft sowie der n ich t vorh an den en Er- fah ru n gen kau m zu fü h ren sein . Viele M öglich keiten werden au s der h eu tigen Sich t gar n ich t vorstellbar sein , so daß ein e Festlegu n g ein er Selbstbesch rän ku n g gleich käm e. Zu - dem m u ß n och ein weiteres H in dern is in der D isku ssion au sgeräu mt werden . Ein e An alyse von H errsch aft u n d der Entwu rf von I deen u n d Kon zepten ein er h errsch aftsfreien Gesell - sch aft m u ß n ich t zu ein er perfekten Wel t fü h ren . Es reich t, gegen ü ber dem h eu tigen Zu - stan d ersten s ein e spü rbare Abn ah m e von gewaltförm igen B ezieh u n gen zwisch en M en - sch en zu erl an gen u n d zweiten s die Situ ation so zu gestal ten , daß ein im m erwäh ren der P ro- zeß m ögl ich ist. D as wü rde reich en , u m die Entwü rfe als erstreben swert zu em pfin den u n d dafü r ein zu treten .

D ie Fragestellu n g n ach ein er h errsch aftsfreien Gesell sch aft ist also n ich t die n ach dessen exakter Form : Wie sieh t ein e u topisch e Gesellsch aft au s? Son dern der n ach den Verh ältn is- sen : Was fördert h eu te u n d in h errsch aftsförm igen Gesellsch aften die Kon ku rren z u n d u n - tergräbt Kooperation? Oder u m gekeh rt fü r die gewollte Utopie: Welch e Rah m en bedin gu n - gen fördern kooperatives u n d beh in dern kon ku rrieren des Verh alten? Unter welch en B edin - gu n gen geh en M en sch en so m it sich u n d an deren u m , daß sie ih re Potential e entwickeln , das gleich berech tigte M itein an der bevorzu gen u n d die eigen e Selbstentfaltu n g so organ isie- ren , daß sich die an deren M en sch en au ch sel bst entfal ten kön n en?

B ei der B eantwortu n g solch er Fragen kom m en viele M en sch en zu der Au ffassu n g, daß n u r ein e starke M oral den M en sch en bän digen kan n . D er Egoism u s des M en sch en steh e der3 N eigu n g zu r Kooperation gegen ü ber − Gegen m ittel seien der Staat als au fklärerisch -kon - trollieren der Überbau , ein e Religion oder der Appel l an die Selbstzü gelu n g. D och h inter diesen Au ffassu n gen verbergen sich zwei entsch eiden de I rrtü m er:

− Alle Versu ch e, statt dem vom Egoism u s an getrieben en M en sch en ein soziales u n d am I nteresse an derer Wesen zu sch affen , sin d Form en der Frem dbestim m u n g − sel bst wen n appell ativ an das Gu te im I n n ern an gekn ü pft werden sol lte. D en n sch lech tes Ge- wissen ist Frem dbestim m u n g, es orientiert sich an Erwartu n gsh al tu n gen an derer, an

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An gst u n d n orm ativen Setzu n gen . Gesetze, M oral, Esoterik u n d Religion sin d oh n eh in Wertesystem e, die von au ßen kom m en u n d den M en sch en steu ern .

− D en Egoism u s ü berwin den zu wollen , bedeu tet den Verzich t au f den im pu lsivsten , en - ergiegeladen sten Antrieb des M en sch en . D er Versu ch wird m eisten s sch eitern , weil der Egoism u s zu stark ist. Wo er gebroch en wird, bleibt oft ein kraftloses, persön lich keits- sch wach es Wesen zu rü ck.

Sin nvoll er ist, gen au das stark zu m ach en u n d kooperativ zu n u tzen , was den M en sch en im Kern antreibt: Sein Egoism u s, der Wil le n ach ein em besseren Leben , das B edü rfn is n ach Si- ch erh eit bzw. Geborgen h eit, Lu st u n d B efriedigu n g, Selbstentfal tu n g u n d I n n ovation − al- l es also Ziele, die vom Egoism u s gespeist werden . D ie gesellsch aftlich en Rah m en bedin gu n - gen m ü ssen so sein , daß diese M otivation die freie Kooperation fördert. Wen n es besser fü r ein gu tes Leben ist, kooperativ zu h an deln , dan n wird das wah rsch ein lich au ch gesch eh en . Gesu ch t sin d al so Rah m en bedin gu n gen , u nter den en der Antrieb zu ein em besseren Le- ben , eben der Egoism u s der M en sch en , weitestm öglich das kooperative Verh alten fördert u n d kon ku rrieren de B ezieh u n gen verdrän gt.

M it dieser Sich tweise erledigt sich au ch die Frage n ach dem M en sch en bild. Was ist der M en sch? I st er gu t oder sch lech t, wen n er von Zwän gen befreit ist? M it der I dee der „ Freien M en sch en in Freien Verein baru n gen“ werden n ich t die M en sch en besch rieben , son dern die Rah m en bedin gu n gen . Es geh t u m die Frage, welch e Rah m en bedin gu n gen m axim al ko- operatives Verh alten fördern u n d welch e eh er kon ku rrieren des, D om in an z au sü ben des Ver- h alten h ervorbrin gen . Fü r dieses Ziel ist u n erh eblich , wie der M en sch an sich ist. So oder so ist das Ziel , kooperatives gegen ü ber kon ku rrieren dem Verh alten attraktiv zu m ach en . D as Ergebn is wird der P rozeß zu im m er m eh r kooperativ-gleich berech tigten B ezieh u n gen zwi- sch en M en sch en u n d der Abbau von Kon ku rren z u n d gewaltförm igen Verh äl tn issen sein − von welch em M en sch en bild u n d welch er Anfan gssitu ation au ch im m er au sgegan gen wird.

D ie erh offte Verbesseru n g, das M eh r an Kooperation u n d das Wen iger an Kon ku rren z ist die au sreich en de M otivation zu m H an deln .

2. 2 Was fördert Kon ku rren z? Was fördert Kooperation?

Kon ku rren z u n d Kooperation sin d kein e n eu en Form en m en sch lich en M itein an ders. Sie fin den im H ier u n d Jetzt bereits statt. Sich tbar ist au ch h eu te bereits, was Kon ku rren z fördert u n d was Kooperation fördert. D as kan n erste An h altspu n kt geben , welch e Rah m en bedin - gu n gen ein e h errsch aftsfreie Gesellsch aft fördern − u n d wel ch e sie verh in dern . D as gibt n ich t n u r Gru n dlagen fü r die u topisch en Entwü rfe, son dern au ch An satzpu n kte fü r Verän - deru n gen im Alltag u n d in der pol itisch en P raxis. Zu dem bietet sie ein en gru n dlegen den M aßstab zu r B eu rteilu n g politisch er Forderu n gen u n d kon kreter P rojekte. D ah er sol len im folgen den die bereits h eu te spü rbaren Aspekte au fgezäh lt werden .

− Jede Form in stitu tion eller H errsch aft fördert Kon ku rren z, weil in der Position des/r H errsch en den die Au sü bu n g von Kon ku rren z einfach er m öglich ist. Zu dem lassen sich die Folgen besser absch ätzen . Wer also z. B. ein I nteresse an ein em Stü ck Lan d, ein em P rodu kt, ein em Roh stoff u .ä. h at, kan n leich ter kon ku rrieren d agieren (statt sich m it an - deren M en sch en gleich berech tigt zu ein igen ), wen n ein e du rch setzu n gsstarke H err- sch aftsstru ktu r diese Kon ku rren z absich ert. Entweder die Person oder Gru ppe ist selbst in ein er h errsch en den Position oder kan n per beh ördlich em Verfah ren ein en Rech tsan -

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spru ch absich ern (Kau f, Gen eh m igu n g . . . ) u n d som it gegen Kon ku rrentI n n en m it den Apparaten der H errsch aft droh en . I n all en diesen Fällen ist kon ku rrieren des Verh alten einfach m öglich , zu dem kön n en Folgen wie P roteste du rch die Repression sorgan e der ben u tzten H errsch aftsstru ktu r zu rü ckgewiesen oder per Ein sch ü ch teru n g vorab verh in - dert werden .

− M arktförm ige H errsch aftsverh ältn isse wie m ateriel le Abh än gigkeiten fördern ebenfall s die Kon ku rren z. Wer kein e Ch an ce h at, sich selbst au ßerh al b der h errsch aftsförm igen B ezieh u n g (z. B. zu m Arbeitgeber, Lan dbesitzerI n u .ä. ) zu organ isieren , ist zu r Koopera- tion gezwu n gen − kan n also n ich t oh n e erh eblich e Gefah ren au s ih r au ssteigen . D as sich ert wiederu m die Person ab, die ü ber den bevorzu gten Zu gan g zu Ressou rcen ver- fü gt. Sie kan n sich m eist beliebig kon ku rrieren d verh alten , weil sie in der ü berlegen en Position ist. 4

− Untersch iedlich e H an dlu n gsm öglich keiten fördern Kon ku rren z. Wer ü ber m eh r Zeit, Wissen , Kraft, Geld, an dere Ressou rcen , B ezieh u n gen u sw. verfü gt, kan n im Kontakt m it an deren M en sch en diese M ittel u nter B edin gu n gen stellen u n d so die Regeln diktie- ren , u nter den en dieses „ M eh r“ zu r Verfü gu n g gestellt werden kan n . D er „Tau sch wert“

der Person u n d sein es B esitzes sin d größer.5

− Frem dbestim mte sowie n ich t oder n u r sch wer tren n bare B ezieh u n gen zwisch en M en - sch en brech en Selbstbestim m u n g u n d sch affen Zwan g statt freier Kooperation , z. B.

Kleinfam ilien , Zwan gsverwan dtsch aft, Eh e, aber au ch Loh n arbeit, Sch u lklassen u sw.

All e H errsch aftsform en wirken kon ku rren zsteigern d u n d antiem an zipatorisch , aber sie u n - tersch eiden sich dadu rch , dass ein ige au f sozial isierten , aber willen sm äßig verän derbaren H altu n gen beru h en , an dere wie Staat u n d M arktzwan g ein e ü ber das in dividu elle h in au sge- h en de System h aftigkeit h aben , u .a. die Selbstverwertu n g des Wertes oder der H an g von H errsch aft zu r eigen en Au sdeh n u n g zwecks Selbstabsich eru n g. 6

Kooperation h at ü berall dort ein e Ch an ce, wo solch e oder vergleich bare B edin gu n gen feh - len . Kooperation u n d Kon ku rren z bil den dabei ein e Span n e − m it den beiden (u topisch en ) Polen der total en Frem dbestim m u n g u n d der freien Gesellsch aft. Je n ach B edin gu n gen kön n en sich in dividu elle u n d gesell sch aftlich e Verh ältn isse dem ein en oder an deren Pol an - n äh ern . D as B ild der Span n e zwisch en Kooperation u n d Kon ku rren z ist beliebig oft wieder- h ol bar − in den B ezieh u n gen des All tag, in der m ateriellen Reprodu ktion (Arbeit, H au sh al t, Kon su m ), in politisch en oder an deren Gru ppen , in P rojekten oder im gesellsch aftl ich en Umfel d (inform elle Kontakte, gesellsch aftlich e Arbeitsteilu n g, Verwaltu n gen , Staat). Jegli- ch es H errsch aftsverh ältn is stärkt Kon ku rren z. Versch ärfu n g von H errsch aftsverh ältn issen , Au sbau von H errsch aftsstru ktu ren , n eu e Erwartu n gsh altu n gen u sw. verän dern die Situ ation im m er stärker zu m kon ku rrieren den Pol, wäh ren d ih r Abbau die Kooperation stärkt. Wo H errsch aft in all sein en Facetten feh lt, existiert n u r n och die Gesellsch aft der „ Freien M en - sch en in Freien Verein baru n gen“.

Antrieb dafü r ist der Egoism u s al s D ran g zu m besseren Leben . I n n erh alb von H errsch aft ist ein besseres Leben m eist ü ber Kon ku rren z organ isierbar. Was ich h abe, h at jem an d an ders n ich t − egal ob ein Eis, der Arbeitsplatz, die/der Partn erI n oder ein B u ch . D ie Verrech tli- ch u n g m it den dah intersteh en den H errsch aftsstru ktu ren sch afft diese Situ ation . I n ein er h errsch afts- u n d (dam it ein h ergeh en d) verwertu n gsfreien Gesel lsch aft sieh t das an ders au s.

Weiterh in bl eibt der Egoism u s, der Wille zu m besseren Leben der H au ptantrieb des M en - sch en . N u n ist aber alles, weil ein M en sch fü r sich verbessert, au ch ein e Ch an ce fü r all e an -

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deren . Sie kön n en das N eu gesch affen e au ch n u tzen oder zu m in dest reprodu zieren . Was die/der Ein zeln e sch afft, ist sel bst dan n ein Vorteil fü r all e, wen n er/sie es zu n äch st n u r fü r sich gem ach t h at. Un d weil das so ist, ist au ch die Ch an ce am größten , die freie Entfal tu n g aller an deren zu woll en − den n deren I deen u n d P rodu ktivität, deren M u sik, Ku n st u n d vie- l es m eh r kan n m ir ebenfall s zu m besseren Leben dien en , den n es ist n ich t m eh r exkl u siv.

B eispiele:

− Wen n alles Wissen frei wäre von Eigentu m srech t in Form von Patenten , Lizen zen , Co- pyrigh t u sw. , wü rde alles, was ein m al erfu n den oder erdach t ist, sofort al len h elfen . N eu e Tech n iken wären th eoretisch ü berall n ach bau bar u n d sogar weiterentwickelbar − so profitiert au ch die Person oder Gru ppe, die den ersten Sch ritt gem ach t h at, von der Kooperation , weil an dere dan n ih r Werk verbessern . Wen n Tech n ik dem besseren Le- ben u n d n ich t m eh r dem P rofit dient, ist die Ch an ce am größten , daß sich alle freu en , wen n an dere die eigen e I dee ü bern eh m en u n d weiterentwickeln . Au f der Span n e von Kon ku rren z u n d Kooperation ist das kom plett freie Wissen ein starker Antrieb R ich tu n g Kooperation . 7

− Wen n Lan d u n d B oden n ich t m eh r Ein zeln en geh ören wü rde, son dern die jeweils in ei- n er Gegen d Woh n en den gleich berech tigt darü ber entsch eiden , wü rden die B edü rfn isse u n d Träu m e der M en sch en in den Vordergru n d treten . P rofitinteressen wären n ich t m eh r du rch setzu n gsfäh ig.

− Wen n P rodu kte frei wären , m ü ßte n ich t m eh r jede Person Waren oder Geld (als Ge- genwert von Ware) h orten , son dern das eigen e Leben wäre am besten u n d au ch am si- ch ersten , wen n es ein en gem ein sam en Reich tu m gäbe, au f den jedeR Ein zeln e zu rü ck- greifen kön nte. Wen n m eh r als gen u g zu essen da ist, ist au ch fü r jeden M en sch en ge- n u g da, da es kein e erzwu n gen e Au fteil u n g gäbe. Wo dagegen Eigentu m srech te m it H errsch aftsau sü bu n g zwisch en den M en sch en steh en , m ü ßten all e fü r sich h orten u n d fü r sich Sich erh eit sch affen . D as bedeu tet Kon ku rren z u n d steigert die Wah rsch ein l ich - keit, daß tatsäch lich ein ige zu wen ig h aben wü rden .

− Offen sich tlich ist, daß gesell sch aftlich er Reich tu m sch n eller zu erreich en u n d größer ist als in dividu eller B esitz. Wen n alles allen geh ört, h aben au ch al le alles. Unter den Ver- h äl tn issen von P rivatbesitz m u ß jede Person selbst alles besch affen − Essen , B oh rm a- sch in en (au ch wen n n u r ein m al im Jah r ben u tzt), Zweitwagen , Abflu ßrein igu n gsdrah t, Laptop, Eism asch in e, Entsafter, D eu tsch -Span isch -Lexikon u sw. Sofort kön nte sch on h eu te ü berall ein deu tl ich größerer Reich tu m entsteh en , wen n n u r wen ige M en sch en je- weils als soziale B asisgru ppe ih ren m ateriell en B esitz teil en − u mfassen d au sgestattete Com pu ter- u n d Werkräu m e, Kü ch en u n d B iblioth eken wären die sofortige Folge.

− D ie Effizien z der eigen en Tätigkeit wü rde steigen , weil Kontroll- u n d Überwach u n gstä- tigkeiten wegfallen wü rden .

D iese Vorsch läge kön n en sch on h eu te verwirklich t werden . P rojekte u n d Forderu n gen die- ser Art wären erste Sch ritte zu ein er h errsch aftsfreien Utopie. D iese wü rde dan n die Ch an - cen der Freien Kooperation n och weit deu tlich er au sbau en − u n d dam it die Ten den z des Verh alten s von M en sch en au f dem Stran g von Kon ku rren z bis zu Kooperation seh r stark zu l etzterer versch ieben .8

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2. 3 Was ist H errsch aft?

H errsch aft zu besch reiben , ist n ich t einfach . Sie ist ein Verh ältn is zwisch en M en sch en , das du rch u ntersch iedlich e M öglich keiten des H an deln s geken n zeich n et ist, die gegen ein an der gerich tet werden kön n en . H errsch aft u mfaßt dabei M ittel der direkten B eh errsch u n g (Ge- walt, Entzu g der Leben sm öglich keiten , Freih eitsentzu g), der B eeinflu ssu n g (gerich tete Kom m u n ikation ü ber B ildu n g, M edien , Öffentlich keitsarbeit u sw. ), in stitu tion alisierte, d. h . dau erh afte, ein seitig n ich t oder n u r sch wer au fh ebbar u ntersch iedlich e H an dlu n gsm öglich - keiten (Reich tu m , Zu gan g zu Wissen u n d Ressou rcen , körperlich e Leistu n gsfäh igkeit u sw. ) u n d Selbstbestim m u n g brech en den Roll en zu weisu n gen (direkte Anweisu n g, gesellsch aftli- ch e Kategorien u n d erzieh en de Zu rich tu n g au f Rol len in Gesellsch aft, Arbeitswelt, Fam ilie u sw. − oft an Gesch lech t, H erku nft, Alter oder Au sbildu n g orientiert). Au ch die M öglich keit zu r An droh u n g solch er M ittel oder Frem dbestim m u n g ist bereits ein H errsch aftsverh ältn is.

Solch e gewaltförm igen oder -bedroh ten B ezieh u n gen kön n en zwisch en M en sch en oder I n - stitu tion en u n d M en sch en besteh en u n d gegen ein an der gerich tet werden .

Es gibt versch ieden e D efin ition en (sieh e im An h an g), die versu ch en , das kom plexe P h än o- m en H errsch aft zu fassen . D abei teilen sie die H errsch aft n ach ih ren Wirku n gsprin zipien , n ach H errsch en den oder B eh errsch ten ein . All diese Einteilu n gen dien en allein dem Ver- su ch , H errsch aft begriffl ich zu fassen u n d dam it du rch sch au bar zu m ach en . I n der Realität ist die Untersch eidu n g in versch ieden e H errsch aftslogiken n ich t vol lstän dig m öglich . H err- sch aft wirkt kom plex, die versch ieden en Wirku n gsform en ü berlagern u n d verstärken sich stän dig. Es gibt weder ein e abtren n bare Ein zelform von H errsch aftsau sü bu n g n och ein e ein - fach e Strategie gegen ein e solch e, separierbare H errsch aftsform .

Au ch die im Folgen den entworfen e B esch reibu n g von H errsch aft dient vor allem der besse- ren Kl äru n g. H errsch aft ist n ich t tatsäch lich teilbar.

a. I n stitu tion elle H errsch aft (direkte Form en von Oben u n d Unten )

D ie bekan nteste Form der H errsch aft ist die der direkten B eh errsch u n g. Gewal tanwen du n g ist die au ffäll igste von ih n en . H errsch aft per direkter Gewal tanwen du n g zielt au f m om entan e oder absolu te Unterwerfu n g der Person (en ), gegen die Gewalt an gewen det wird. B eispiele sin d Kin der, die von ih ren El tern gesch l agen werden u n d jede an dere Form der körperl ich en Gewalt zu m Zweck der B eh errsch u n g in m en sch lich en B ezieh u n gen , die zwan gsweise Ver- h aftu n g du rch Polizei oder der erzwu n gen e Au fenth al t in Gefän gn is, Psych iatrie u .ä. Zu r di- rekten Gewalt geh ören Übergriffe gegen M en sch en bestim mter H au tfarbe, Gesch lech ter oder sozial em Statu s, eben so au ch jeder Krieg. D ie An droh u n g der Anwen du n g von Gewal t wirkt äh n lich der tatsäch lich en Anwen du n g, sie kan n dah er gleich gesetzt werden . D as gil t au ch fü r das als D roh u n g wirken de Potential der Gewaltanwen du n g, selbst wen n kein e D ro- h u n g au sgesproch en wird. D ie u ntersch iedlich en M öglich keiten direkter Gewal tanwen du n g sch affen sch on dan n ein e D om in an z, wen n ein e Anwen du n g von Gewalt im B ereich des M öglich en u n d Vorstell baren liegt. D iese Form ist zwisch en M en sch en versch ieden en Ge- sch lech ts, N ation al ität, Al ters, B ildu n gsgrades u sw. sowie zwisch en I n stitu tion en u n d von ih - n en abh än gigen M en sch en h äu figer al s die tatsäch lich e Anwen du n g oder An droh u n g von Gewalt. Solch e Gewalt ist in der Regel n ich t n ötig, ein H errsch aftsverh äl tn is entsteh t den - n och . Gesch ieh t sie gelegentlich doch , erh öh t sie zu gleich au ch die Gl au bwü rdigkeit der la- tenten D roh u n g.

Zu r direkten H errsch aft geh ört n eben der An droh u n g von Gewalt in B ezieh u n gen zwisch en Person en oder Person en gru ppen au ch die H errsch aft der I n stitu tion en , al so der Polizei, Ju -

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stiz, der Ämter (Au slän deramt, Fin an zamt, B au beh örde u sw. ), Sch u len u n d H och sch u len , des M ilitärs (zu r Zeit vor all em gegen ü ber M en sch en u n d I n stitu tion en im Au slan d sowie Weh rpflich tigen ) u sw. Sie verfü gen ü ber das Rech t, D en ken u n d H an del n von M en sch en zu beeinfl u ssen u n d diese B eeinflu ssu n g au ch m it der An droh u n g von Gewalt du rch zu setzen . D iese Form direkter Gewaltanwen du n g bzw. ih rer An droh u n g ist zwar n ach wie vor stark verbreitet, aber wird in m odern en H errsch aftssystem en Stü ck fü r Stü ck du rch die M ittel der m an ipu l ativen B eeinflu ssu n g sowie die Sch affu n g von Verh äl tn issen ersetzt, deren Zwan g n ich t au f direkter Gewalt besteh t. Zu m in dest ist das das Ziel m odern er H errsch aftssystem e, da direkte Gewaltanwen du n g die dah intersteh en den H errsch aftsform en offen sich tlich er wer- den läßt als Form en der Verh alten ssteu eru n g oh n e direkte Gewal twen du n g. I n den m oder- n en „ D em okratien“ deh n en sich dah er die wen iger offen sich tlich en H errsch aftsform en im - m er m eh r au s, die in den folgen den zwei P u n kten besch rieben werden .

b. M arktförm ige Zwän ge (Kapitalverteilu n g u n d Abh än gigkeit)

D er M en sch brau ch t Reprodu ktion u n d er wil l Gen u ß − m ateriel le wie im m aterielle. Er kan n diese au tark (fü r sich ), in klein en au tarken Gru ppen oder selbstorgan isiert-kooperativ erreich en (Su bsisten z) oder ü ber den M arkt. M arktwirtsch aft ist ein e Verregelu n g der B efrie- digu n g von B edü rfn issen . Sie sch reibt die Form en vor, wie M en sch an Waren u n d D ien stlei- stu n gen kom mt − u n d wie er an den Gegenwert kom mt, u m wiederu m Waren u n d D ien st- l eistu n gen zu erh alten (Geld oder an dere Tau sch werte). D abei kan n der M arkt an onym sein , d. h . P rodu zentI n n en von Waren u n d Kon su m entI n n en ken n en u n d begegn en sich n ich t, oder direkt, z. B. beim direkten Tau sch . I n beiden Fällen ist aber das P rin zip von Wert, Wer- tu n g u n d Verwertu n g voll entwickelt. Es sch afft die Zwän ge. D er M arkt sel bst ist dam it ein e H errsch aftsform , ein Regelwerk. D ieses Regel werk bestim mt Untersch iede zwisch en den M en sch en . Es gilt die totale Kon ku rren z, d. h . im M arkt ist es im m er so, daß der Vorteil des ein en der N ach teil des an deren (m eist ein es D ritten , n ich t der direkt H an deln den ) ist. D as ist oft seh r bru tal , weil es M en sch en in m ateriel le N ot u n d Abh än gigkeit treibt. D ie aktu elle Po- l itik des N eoliberalism u s h at zu dem totalitären Ch arakter, weil es die Regeln des M arktes in jeder Region der Welt u n d au f jede Leben ssitu ation au sdeh n en will.

D ie Verbin du n g m it den direkten H errsch aftsform en ist en g: Oh n e direkte H errsch aftsfor- m en gäbe es kein en M arkt. D ie Verwertu n g basiert au f Eigentu m srech t u n d den Zwan g zu r Verwertu n g im sogen an nten „ freien M arkt“. H inter diesem Zwan g steh en direkte H err- sch aftsverh äl tn isse. D ah er gibt es Zweifel, ob die m arktförm ige H errsch aft, die Kapitalver- h ältn isse u n d der Verwertu n gszwan g ü berh au pt al s beson dere H errsch aftslogik abgetren nt werden kön n en . D ieser Zweifel ist berech tigt − M arkt ist oh n e Staat oder ein e äh n lich wir- ken de H errsch aftsform n ich t den k- u n d organ isierbar. D ah er sin d au ch alle politisch en Stra- tegien , den M arkt ü ber ein e Stärku n g des Staates (Reregu lieru n g, Steu ern , Gesetze u sw. ) ein zu sch rän ken , sch on vom An satz h ier falsch .

D en n och sch eint sin nvoll , diese H errsch aftsform von der person al en zu u ntersch eiden . Sie fu n ktion iert zwar au f der B asis u n d m it stän diger An droh u n g person aler H errsch aftsverh äl t- n isse, wirkt aber au ch dort fort, wo diese n ich t selbst sich tbar werden . D er M arkt ist ein Re- gelwerk, daß au fgru n d allgem ein er Akzeptan z seh r reibu n gslos fu n ktion iert − trotz sein er offen sich tlich en B ru talität fü r die VerliererI n n en sowie den Zwan g zu r frem dbestim mten Au sbeu tu n g von D en k- u n d Arbeitskraft fast aller M en sch en . D ie dau ern de Zu sch reibu n g von Werten fü r al le m ateriell en D in ge (Stoffe, P rodu kte, im m er m eh r au ch des M en sch en , sein er Organ e, Arbeits- u n d Zeu gu n gsfäh igkeit, Gen e u sw. ) u n d allen Wissen s zu m Zweck

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der Verwertu n g, al so des Kau fs u n d Verkau fs, der M eh rwertabsch öpfu n g, des Tau sch s oder der Kapitalakku m u lation kom mt ein er kontin u ierlich en , sich sel bst reprodu zieren den Ver- wertu n gs„ m asch in e“ gleich .

c. D isku rsive H errsch aft (Kategorien , Erwartu n gen , Stan dards)

M arkt u n d in stitu tion elle H errsch aft (vor al lem der Staat u n d von ih m l egitim ierte I n stitu tio- n en ) sin d direkt sich t- u n d spü rbar. D och H errsch aft ist kom pl exer. D u rch gesell sch aftlich e Zu rich tu n g (Erzieh u n g, Erwartu n gsh altu n gen , An sch au u n g gesellsch aftlich er P raxis al s

„ N orm alität“ ), Sprach e, gerich tete Kom m u n ikation u n d die P ropagieru n g von Stan dards (tech n isch e N orm en , „ das m ach en all e so“ oder „ so ist das n u n m al “, Verh alten skodex u sw. ) entsteh en Frem dbestim m u n g u n d u ntersch iedl ich es Wertigkeitsem pfin den zwisch en M en sch en . Al le werden in ih rem Leben fü r ein e bestim mte soziale „ Rolle“ beeinflu ßt, d. h .

„ kon stru iert“. Frau en gegen ü ber M än n ern , Ju gen dlich e gegen ü ber Erwach sen en , M en - sch en oh n e Absch l u ß gegen ü ber solch en m it akadem isch em Grad, Arm e gegen ü ber Rei- ch en , Arbeitn eh m erI n n en gegen ü ber ArbeitgeberI n n en oder Selbstän digen , sog. B eh in - derte gegen ü ber „ Gesu n den“, N ich tdeu tsch e gegen ü ber D eu tsch en (u n d jeweils u m ge- keh rt) − diese u n d viele Untersch iede besteh en au ch dan n , wen n M en sch en frei aller son - stigen H errsch aftsverh ältn isse wären . D as ist n ich t Sch u ld der M en sch en oder ih rer Zu sam - m en sch lü sse, aber n ich tsdestotrotz der Fall. Es ist au ch n ich t ein h eitlich , den n die oben ge- n an nten Person en kreise sin d kein e ein h eitlich en Gru ppen − aber in der Ten den z sin d sie gesel lsch aftlich „ kon stru iert“, d. h . ih n en wird ü ber Jah re u n d Jah rzeh nte ein e gesellsch aftli- ch e Rolle, Erwartu n gsh altu n g u n d ein Selbstwertgefü h l verm ittelt. I n n erh al b dessen l eben sie „ fu n ktion al“ in den real en Gesellsch aftsverh ältn issen , d. h . sie em pfin den ih re Position als rich tig fü r sich sel bst, n eh m en sie desh alb n ich t m eh r als kon stru iert wah r u n d weh ren sich n ich t gegen diese.

D ie Verbin du n g m it direkten u n d m arktförm igen H errsch aftsform en : D isku rse sin d beein - fl u ßbar − ü ber B il du n g, M edien , Streu u n g gezielter I nform ation en sowie ü ber Wissen - sch aft. Gerade l etztere h at viel dazu beigetragen , biol ogistisch e N orm en zu sch affen . D aß Frau en gefü h l sbetonter sin d, daß Sch warze sportlich er, aber wen iger intelligent sin d, daß M in derjäh rige n ich t m ü n dig sin d u n d was al s beh in dert gilt − all das h at sein en H intergru n d in wissen sch aftlich en D isku rsen u n d dem stän digen Weitertragen im Alltag. D ie I n stitu tio- n en der H errsch aft n u tzen die D isku rse u n d beeinflu ssen sie ü ber ih re h erau sgeh oben en M öglich keiten . D as gilt gen au so fü r die großen pol itisch en Th em en der l etzten Jah re wie die h u m an itären Kriegen (weitgeh en d gelu n gen er D isku rs), der Woh lstan d du rch globale M ärkte (in großen Teil gesch eitert, weil offen sive P roteste ih rerseits wieder D isku rse stark prägten ) oder das Gu te an der D em okratie ein sch ließlich der Versch leieru n g ih rer H err- sch aftsförm igkeit (weitgeh en d gelu n gen ).

2. 4 Kon krete Politik als Förderu n g von Kooperation

Politisch e Forderu n gen u n d kon krete P rojekte m ü ssen kooperatives Verh alten fördern . D ie besch rieben en B edin gu n gen ein er Gesellsch aft, in der Kon ku rren z u n attraktiv sowie Ko- operation vorteilh aft fü r jeden M en sch en wird, m ü ssen als M aßstab fü r die politisch e P raxis dien en − zu m in dest dan n , wen n diese ein en em an zipatorisch en Ch arakter h aben soll. D as aber beh au pten fast all e politisch en Gru ppen au s den B ewegu n gen im Umweltsch u tz, zu sozial en Fragen , fem in istisch e oder Qu eer-Zu sam m en h än ge bis h in zu Organ isation en in9

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intern ation alen Th em en , Frieden oder all gem ein zu M en sch en rech ten u n d m en sch enwü r- digen Leben sbedin gu n gen . I n ih rer P raxis u n d Forderu n gen m ißach ten sie aber, was Ko- operation fördert oder blockiert. D ah er seien an dieser Stel le in ku rzer Form politisch e Gru n dposition en ben an nt, die als Rah m en fü r em an zipatorisch e Politik u n d P rojekte dien en kön n en .

H errsch aft abwickeln !

H errsch aft verbessert die M öglich keit zu m kon ku rrieren den Verh al ten . D ah er ist es im m er falsch , n eu e H errsch aft zu fordern , u m die Folgen der bish erigen m ildern zu kön n en . Fü r Reform en bedeu tet das, daß jeder Vorsch lag u n d jeder Sch ritt au ch dem Abbau von H err- sch aft dien en m u ß. N eu e Gesetze oder Verän deru n gen von I n stitu tion en m ü ssen die Freiräu m e der M en sch en vergrößern u n d n ich t deren Leben weiter verregeln oder Kontrol- l en u nterwerfen . Sie m ü ssen Untersch iede in den Rah m en bedin gu n gen , H an dlu n gsm ög- l ich keiten u n d Vorgaben au sgleich en , die au f H errsch aftsverh ältn issen beru h en u n d An satz- pu n kte fü r weitergeh en de Entwicklu n gen sch affen . Revolu tion äre Forderu n gen oder Um - stü rze m ü ssen ebenfalls H errsch aft been den oder abbau en , m ü ssen P rozesse der im m er- wäh ren den B efreiu n g sch affen statt ein es n eu en Statu s Qu o, der dan n wiederu m h err- sch aftsförm ig verteidigt wird.

Verwertu n g u n d P rofit absch affen !

Verwertu n g u n d P rofit basieren bereits au f in stitu tion ellen H errsch aftsverh ältn issen , fü gen dieser dan n du rch die Regeln des an onym en M arktes u n d der dau ern den Wertbil du n g wei- tere Elem ente der Unterdrü cku n g u n d D iskrim in ieru n g h in zu . D as wich tigste H errsch aftsin - stru m ent, oh n e das Verwertu n g n ich t m öglich ist, ist das Eigentu m im weitesten Sin n e, d. h . n ich t n u r an m ateriellen D in gen , B oden , Roh stoffen , son dern au ch au ch an Wissen , Wort u n d B il d, Gen en , Leben sgru n dlagen , Kom m u n ikation swegen u sw.

D ie Tatsach e, daß Verwertu n g u n d P rofit von H errsch aftsstru ktu ren abh än gen , widerlegen au ch das oft ben an nte B ild ein es Gegen satzes von Staat u n d M arkt. Oh n e H errsch aftsstru k- tu ren (also in den allerm eisten Fäl len der Staat) wäre Verwertu n g n ich t du rch setzbar.

Eigentu m au fh eben : Freies Wissen , Freie P rodu kte, Freier Zu gan g zu Ressou rcen !

Gem ein sch aftseigentu m , Allm en de, Copyleft u sw. sin d B egriffe fü r die Überwin du n g von Kon ku rren z bereits h eu te. Sowoh l pol itisch e Forderu n gen als au ch die kon krete P raxis kön - n en so organ isiert sein , daß sie im m er wieder P rojekte, ein zeln e Zellen u n d P rozesse sch af- fen , die der Verwertu n gsl ogik entrissen sin d − Kom m u n ikation , H äu ser u n d P lätze, Soft- ware oder M asch in en , B ü ch er, Ku n st, Ku l tu r u n d M u sik . . .

D em okratisieru n g von Fläch en - u n d Roh stoffn u tzu n g!

H errsch aft bedeu tet n ich t n u r das Verm ögen , Entsch eidu n gen an derer zu beeinflu ssen , son - dern au ch , eigen e Entsch eidu n gen so zu treffen , daß an dere die Folgen ertragen m ü ssen . Au f dieser Gru n dlage fin det der ökologisch e Rau bbau statt − großfl äch ige Umweltzer- störu n g ist oh n e H errsch aft n ich t vorstellbar. D as Gegen bild ist ein em an zipatorisch er Um - wel tsch u tz: D ie M en sch en werden zu Akteu rI n n en . D ie Straßen , H äu serbl öcke u n d Lan d- sch aften m ü ssen den M en sch en geh ören , die in ih n en leben . N iem an d kan n ü ber Fläch en u n d Orte bestim m en , oh n e selbst betroffen zu sein . „ D em okratisieru n g von Fläch en - u n d1 0 Roh stoffverbrau ch“ h eißt das Gegen kon zept zu Ordn u n gsrech t oder dem kapital istisch en I n stru m ent Ökosteu er. Vision ist ein e Welt von u nten . D ie klein en Sch ritte dah in besteh en

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au s kon kreten P rojekte, die die M en sch en zu den Entsch eiderI n n en m ach en : Win dan lagen , die den M en sch en dru m h eru m geh ören (statt teu rer Großan lagen oh n e örtlich e Akzep- tan z), Strom n etze im B esitz der B ü rgerI n n en , ökologisch e B au ern h öfe im Gem ein sch afts- besitz, lokal e Ökon om ien oh n e Apparate u n d Fläch en in gem ein sam er B estim m u n g u n d N u tzu n g.

N ation en , Gesch lech ter, Rassen , B eh in deru n gen , Un m ü n digkeit, Psych iatrisieru n g u n d al - le an deren Kategorien ü berwin den !

N ich t n u r die D iskrim in ieru n g n ach diesen Kategorien , son dern ih re B en en n u n g ist bereits H errsch aft. Sie treibt M en sch en in ein e bestim mte „ Ecke“, also Rolle in dieser Gesellsch aft

− m it den Erwartu n gsh altu n gen u n d den Reaktion en an derer M en sch en . Ein e kon krete P raxis sowie politisch e Forderu n gen m ü ssen D iskrim in ieru n gen au fgru n d der Kategorien u n d die Kategorien selbst au fh eben .

Stan dardisieru n g u n d N orm u n g au fh eben ! „ N orm“alität brech en !

Gesetzl ich e, tech n isch e u n d disku rsive N orm en du rch zieh en den Alltag, sie regeln u n d1 1 prägen Verh alten u n d Erwartu n gen . Wer au s der „ N orm“ fäll t, verliert Akzeptan z u n d m u ß m it repressiven Reaktion en rech n en − des Staates oder des sozial en Umfeld. D ie Festset- zu n gen betreffen M en sch en u n d ih r Verh alten . Ziel em an zipatorisch er Politik m u ß die Au f- h ebu n g all er N orm u n gen sein − vor allem die Strategie der in h al tlich verm ittelten , vision ä- ren D irekten Aktion kan n als Elem ent politisch er Arbeit dazu beitragen , „ N orm“al ität u n d Selbstverstän dlich es in Frage zu stellen u n d zu brech en .1 2

H errsch aft dem askieren !

Verbu n den m it jeder H errsch aft ist ih re Versch leieru n g. H errsch aft kan n n u r ü berleben , wen n sie ih re eigen e Akzeptan z besch afft. Wo sie darau f verzich tet oder die Akzeptan zbe- sch affu n g n ich t gelin gt, verl iert die H errsch aft ih re B asis, d. h . die B eh errsch ten wü n sch en sich n ich t n u r Än deru n gen , son dern fordern sie ein oder setzen sie du rch . Al s Akzeptan zbe- sch affu n g fü r H errsch aft dien en : B iologism en ; Sch ein zwän ge u n d -gesetzm äßigkeiten ; Re- ligion en , I deologien , Esoterik; B el oh n u n g u n d Abh än gigkeit; „Th ere is n o al tern ative“, d. h . die Verm ittlu n g der Altern ativlosigkeit1 3; I ntegration von Kritik u n d Abweich u n g: Teile u n d h errsch e.

D iese u n d an dere Form en von H errsch aft zu enttarn en , an zu greifen u n d, wen n m öglich , Al - tern ativen zu ben en n en , geh ört zu m Weg der B efreiu n g. D er qu adratm eterweise Au fbau von Freiräu m en in Al ltag u n d Pol itik sowie der Widerstan d samt D em askieru n g gegen ü ber H errsch aft fördern sich gegen seitig u n d sin d zu sam m en die M otivation , sol ch e em an zipato- risch e P raxis au ch als dau erh aften P rozeß zu entwickeln .

2. 5 Zitiert: H errsch aftsdefin ition en an derer . . . 1 4 a. D efin ition : M ach t ist . . .

„ die Ch an ce, in n erh alb ein er sozialen B ezieh u n g den eigen en Wil len au ch gegen Wider- streben du rch zu setzen , gleich woh l worau f diese Ch an ce beru h t“ (M ax Weber)

„ Unter M ach t ist jede I n an spru ch n ah m e oder Ein räu m u n g von H oh eitsbefu gn issen zu ver- steh en , du rch die die M en sch en in regieren de u n d regierte Gru ppen getren nt werden .“

(Erich M ü h sam )

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b. An n ette Sch lem m : Wie wirkt gesellsch aftlich e H errsch afts- u n d Verwertu n gslo- gik?1 5

Jeder M en sch ist vier Form en des in n eren u n d äu ßeren Zwan gs u nterworfen . . . .

1 . D as Su bjekt h at gesell sch aftlich e N orm en , Regeln u n d Wertorientieru n gen intern ali- siert, die es dazu verlassen , au f bestim mte Situ ation en m it sozial geforderten Tätigkeiten zu reagieren . Entwickel te Gesellsch aften bilden speziell e Su bsystem e h erau s, die diese I ntern alisieru n g betreiben (du rch au s au ch partiel l u ntersch iedlich er N orm en ), z. B. Kir- ch en , Sch u len , soziale B ewegu n gen . . .

2. Kom m u n ikation dah in geh en d, dass freiwil liges Einverstän dn is bzw. Ein sich t erzielt u n d das Su bjekt davon ü berzeu gt wird, dass es sin nvoll ist, die an geforderte Tätigkeit zu ver- rich ten . Von interperson al er Kom m u n ikation bis zu m edial gefü h rten gesellsch aftlich en D isku rsen .

3. An ordn u n g, B efeh l, Zwan g: D as Su bjekt wird u nter An droh u n g irgen dwel ch er San ktio- n en , in letzter I n stan z m eist gestü tzt au f die M öglich keit der Gewaltanwen du n g, dazu gezwu n gen , die an geforderte Tätigkeit zu verrich ten . D as zentral e System , das wesent- lich darau f beru h t, ist der Staat.

4. Tau sch bzw. Verkau f u n d Kau f: D as Su bjekt verrich tet ein e gesellsch aftlich an geforderte Tätigkeit deswegen , weil es im Gegen zu g von der Gesellsch aft/an deren Su bjekten ein e an dere, „ gleich wertige“, Tätigkeit bzw. ih r P rodu kt bekom mt. D as sich au f diesem M o- du s au fbau en de soziale System der P rodu ktion u n d des Au stau sch es von Waren entwik- kelt sich au f B asis bestim mter sozial er Verh ältn isse als kapitalistisch es, weist beson dere D yn am ik au f u n d dom in iert zu n eh m en d den gesell sch aftlich en Leben sprozess in sge- samt.

D iese versch ieden en M odi ü berlagern u n d verfl ech ten sich in der gesel lsch aftlich en Real ität seh r stark, in den m eisten sozial en B ereich e sin d in u ntersch iedlich em Verh ältn is zu ein an - der m eh rere oder alle m itein an der kom bin iert. So beru h t entwickelte Warenwirtsch aft n ich t n u r au f Tau sch , son dern setzt vorau s, dass ein Staat das Eigentu m srech t u n d Vertragsrech t n ötigenfalls m it Gewal t du rch setzt. An dererseits fu n ktion iert kein bü rgerlich er Staat n u r m it Zwan g, son dern in Anton io Gram scis Worten du rch „ H egem on ie, gepan zert m it Zwan g“.

Zu m ein en werden von kl ein au f N orm en intern alisiert, dass die Gesetze u n d die Au torität des Staates zu beach ten sin d, au ch wen n n ich t dan eben gleich ein Pol izist oder Soldat steh t, zu m an deren gesellsch aftlich e D isku rse voran getrieben , u m Zu stim m u n g fü r die kon krete Politik zu m obilisieren . Au ßerdem ist der Staat in h oh em Umfan g au ch ökon om isch aktiv, investiert, verteilt u m , besch äftigt m assenweise Loh n arbeiterI n n en , h at Eigentu m an Unter- n eh m en u sw.

c. Ch ristoph Speh r: Form en der H errsch aft1 6

Fü r ein en pragm atisch en Überbl ick . . . lässt sich folgen de Einteil u n g vorn eh m en :

− D ie Au sü bu n g oder An droh u n g direkter, ph ysisch er Gewal t − die „ m ilitärisch e“ Eben e von H errsch aft.

− Stru ktu rell e Unterordn u n g, d. h . die Errich tu n g oder Au frech terh al tu n g von Regeln u n d Verteilu n gen in ein er sozial en Kooperation , die zu ein er system atisch u ntersch iedlich en An h äu fu n g von M ach t fü h ren − die „ ökon om isch e“ Eben e von H errsch aft.

− D iskrim in ieru n g, d. h . au ssch ließen de Solidarität ein er Gru ppe gegen den „ Rest“ − die

„ soziale“ Eben e von H errsch aft.

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− Kontrol le der Öffentl ich keit, d. h . der m aßgeblich e Einflu ss darau f, wie in ein er Koopera- tion geredet u n d gedach t wird, welch e I nterpretation en u n d N orm en die vorh errsch en - den sin d die − „ in stitu tion elle“ Eben e von H errsch aft.

− Abh än gigkeit, d. h . die Au ssch al tu n g von Al tern ativen fü r die jeweils an dere Seite in der Kooperation , so dass diese Kooperation fü r die Gegen seite m öglich st al tern ativlos wird

− die „ existentielle“ Eben e von H errsch aft.

D ie Tren n sch ärfe dieser Einteilu n g ist begren zt. Es geh t h au ptsäch lich daru m , ein e Vorstel - lu n g zu gewin n en , was in ein er Kooperation alles an H errsch aftsin stru m enten zu m Ein satz kom mt oder kom m en kan n ; wir vergessen leich t gan ze Eben en dabei. D ie Span nweite der I n stru m ente, die au f diesen fü nf Eben en verwen det wird, ist groß. D ie „ m ilitärisch e“ Eben e, die der direkten Zwan gsgewalt, reich t von den Fäu sten des N ach barsju n gen , der u n s au f dem Sch u lh of verprü gelt, u m regelm äßig an u n ser Pau sen brot zu kom m en , bis zu m ilitäri- sch en H igh -Tech -System en , m it den en wir frem de Län der ü berfallen . Stru ktu relle Unterord- n u n g h at m eisten s m it Arbeitsteilu n g zu tu n , aber eben so m it den „ term s of trade“, den B e- din gu n gen zu den en geh an delt wird.

Abh än gigkeit kan n m ateriell bewirkt sein , aber au ch tech n isch , psych ologisch oder em otio- n al. D ie I n stru m ente reich en von so m odern en I n stru m enten wie der an gestrebten gentech - n isch en Revolu tion in der Lan dwirtsch aft bis zu äu ßerst tradition el len , wie der sozialen I so- lieru n g der Frau in der patriarch alen Gesell sch aft.

H errsch aftsbezieh u n gen „ sprech en“ au f allen Eben en . Es ist wich tig fü r H errsch aft, die ein - zeln en Eben en in ein an der „ ü bersetzen“ zu kön n en − au s m ilitärisch er Überlegen h eit öko- n om isch e Unterordn u n g zu m ach en u n d u m gekeh rt, Abh än gigkeit in Kontrolle der Öffent- lich keit u m setzen zu kön n en u n d u m gekeh rt, u sw. Wir u ntersch ätzen m eist, wie kom plex u n d weitreich en d die I n stru m ente sin d, die in gan z kon kreten B ezieh u n gen zu m Ein satz kom m en oder „ im H intergru n d“ gen u tzt werden . Als ein zeln e Person wen den wir m eist kei- n e u n m ittelbare Gewalt gegen u n sere P u tzfrau an , u m sie zu r Arbeit zu zwin gen . D ass sie au s B osn ien geflü ch tet ist, vor m ilitärisch er Gewalt, oder au s Osteu ropa ein gewan dert, au f der Flu ch t vor den Folgen stru ktu reller Unterordn u n g, spielt fü r u n ser Verh äl tn is jedoch ei- n e große Rolle; es beeinflu sst die Altern ativen , die sie h at. Wir diskrim in ieren die Gru ppe u n serer ein gewan derten P u tzfrau en gem ein sam , in dem wir z. B. ih re Au sbil du n g u n d Ab- sch lü sse n ich t an erken n en u n d dadu rch ih re Arbeit verbill igen bzw. au f den P u tzsektor h in dirigieren . D ass P u tzfrau en sch lech t organ isiert sin d u n d dadu rch wen ig Kontrolle der Öf- fentlich keit h aben , n eh m en wir dan ken d als Vorteil an .

d. Gru ppe Gegen bilder: I n n ere u n d äu ßere Zwän ge1 7

Jeder M en sch ist an ders! D ie Untersch iede zwisch en den M en sch en sin d völlig versch iede- n er Art. Sie sin d äu ßerl ich , oft spontan u n d wech sel h aft, h aben m it u ntersch iedlich em Wis- sen oder u ntersch iedlich er Erfah ru n g Kraft, Au sdau er oder N eigu n g zu tu n . Kein M en sch ist gleich , jeder h at sein en eigen en Stan dort au f der Welt m it sein er u nverwech selbaren Per- spektive. Al le M en sch en sin d aber au ch gl eich , den n alle M en sch en h aben die M öglich keit, in der Gesellsch aft ein an gen eh m es Leben zu fü h ren − gru n dsätzlich . P raktisch ist es aber n ich t so.

P raktisch gibt zwisch en den M en sch en Abstu fu n gen , H errsch aftsverh äl tn isse u n d M ach tge- fälle. Sie beru h en au f realen Abh än gigkeiten , u ntersch iedlich en Verfü gu n gsm öglich keiten ü ber die eigen en Leben sbedin gu n gen u n d n ich t sel ten au f offen em Zwan g (Gewalt, Unter- drü cku n g, An gst u sw. ). Oft treten zu diesen äu ßeren B edin gu n gen n och verin n erlich te so-

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ziale Kon stru ktion en (Rol len etc. ) h in zu . D iese h aben sich als verin n erlich te Zwän ge teilwei- se soweit verselbstän digt, daß sie kein es äu ßeren Zwan ges m eh r bedü rfen , u m zu wirken . Verin n erlich te Zwän ge werden au ch zwisch en den M en sch en weitergegeben , die dam it die realen H errsch aftsverh ältn isse im Alltag verfestigen u n d reprodu zieren .

Äu ßere Zwän ge

Untersch iede zwisch en M en sch en kön n en au f äu ßeren Zwän gen , d. h . form alen , in stitu tio- n alisierten H errsch aftsverh ältn issen oder H an dlu n gsm öglich keiten beru h en . Wer m eh r Geld h at, ein e Waffe besitzt, n ich t ein gesperrt ist (u m n u r ein ige B eispiele zu n en n en ), h at defin itiv m eh r H an dlu n gsm öglich keiten al s M en sch en , au f die solch es n ich t zu trifft. Sol ch e in stitu tion alisierten H errsch aftsverh ältn isse werden n ich t vom I n dividu u m selbst gesch affen , son dern sin d Ergebn isse gesel lsch aftlich er Rah m en bedin gu n gen . Sie gelten m eh r oder we- n iger u n iversell, d. h . Reich - oder B ewaffn etsein fü h rt ü berall zu den gleich en M ach tvortei- l en .

D ie Untersch iede zwisch en den M en sch en werden in der Realität n och dadu rch gesteigert, daß sich m eh rere Vor- bzw. N ach teile verein igen kön n en . So verfü gen viele reich e M en - sch en bzw. die M en sch en in reich en Län dern n ich t n u r ü ber Geld, son dern au ch ü ber Waf- fen , zu m in dest m eh r oder ü berlegen e Waffen , ü ber das Eigentu m am B oden , die Kontrolle von H an del swegen , En ergieversorgu n g, Leben sm ittelprodu ktion u sw. Gleich es gilt au ch im klein en M aßstab − im m er wieder h aben ein ige M en sch en Geld, Gru n deigentu m , die Verfü gu n g ü ber weitere Ressou rcen , wäh ren d an deren das verweh rt bleibt. Selbst in den rei- ch en I n du strien ation en gibt es viele M en sch en , den en gru n dlegen d oder weitgeh en d alle Ressou rcen u n d M ögl ich keiten vorenth alten werden , z. B. Kin der, Obdach lose, N ich tm ü n di- ge, viel e Frau en , B eh in derte, Au slän derI n n en u n d alle, die au fgru n d sozialer Vorgaben n ich t ü ber die gleich en M öglich keiten u n d den Zu gan g zu Ressou rcen verfü gen .

Verin n erlich te Zwän ge u n d Erwartu n gsh altu n gen

Tradierte Vorstellu n gen von Wertigkeiten , Erzieh u n gsm u ster zu im m er wiederkeh ren den gesellsch aftl ich en Rol len u n d I n h alte von B ildu n g, M edien beeinflu ssu n g u sw. fü h ren zu n ich t wil lkü rlich en , son dern typisch en u n d sich im m er wieder reprodu zieren den M u stern . Fü r diese sozialen Kon stru ktion en gibt es seh r offen sich tlich e B eispiele. So beru h t das Ge- fälle zwisch en M än n er u n d Frau en bei Loh n h öh en , bei der P räsen z in Fü h ru n gsposition en oder beim Zu griff au f Geld, Eigentu m u sw. au f der im m er wieder ern eu erten sozialen Kon - stru ktion en von Wertigkeitsu ntersch ieden . Zu r Rech tfertigu n g solch er sozial kon stru ierten Wertigkeitsu ntersch iede wird die Versch ieden h eit von M en sch en h eran gezogen : seien es gesch lech tlich e, biologisch e, eth n isch e Untersch iede oder u ntersch iedlich e N eigu n gen , Verh alten sweisen oder son stige M erkm ale, die sich zu r Zu sch reibu n g von „ Eigen sch aften“

eign en . D iese realen Versch ieden h eiten werden zu h om ogen en „ Eigen sch aften“ von Gru p- pen von M en sch en u m gedeu tet, u m sie als Rech tfertigu n g zu r diskrim in ieren den B eh an d- l u n g dieser Gru ppen zu verwen den .

Rollen bildu n g u n d Wertigkeiten zwisch en M än n ern u n d Frau en entsteh en n ich t du rch das biologisch e Gesch lech t, son dern au fgru n d der allgegenwärtigen , von (fast) allen M en sch en stän dig reprodu zierten B ilder u n d Erwartu n gsh altu n gen gegen ü ber den an deren M en sch en u n d sich sel bst, z. B. in der elterl ich en Erzieh u n g u n d B eeinflu ssu n g, Sch u le, Arbeitswelt, M edien u sw. „ M an n sein“ oder „ Frau sein“ als gesel lsch aftlich e Rolle, als soziales Ge- sch lech t, ist folglich ein e Zu weisu n g der Person zu diesem Gesch lech t du rch gesellsch aftli- ch e B edin gu n gen . D ieser P rozeß reprodu ziert sich wegen der su bjektiven Fu n ktion alität,

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die diese Rollen fü r die M en sch en im täglich en Überleben skam pf u n d fü r lan gfristige Per- spektiven zu m in dest aktu ell h aben , stän dig selbst, so daß die Rol len von Gen eration zu Ge- n eration weiterverm ittel t werden u n d in fast all en Leben sfeldern vorkom m en . D adu rch wir- ken sie so, also wären sie ein N atu rgesetz. D en betroffen en M en sch en kom mt ih re gesell - sch aftlich e Roll e wie ein e B estim m u n g vor, der sie n ich t entgeh en kön n en u n d die sie an n ach fol gen de Gen eration en weitergeben .

Äh n lich wie diese sozial e Kon stru ktion zwisch en M än n ern u n d Frau en fin den sich solch e zwisch en Alten u n d Ju n gen , sogen an nten B eh in derten u n d N ich t-B eh in derten , I n - u n d Au slän derI n n en , M en sch en m it u n d oh n e Au sbildu n g u sw. I m m er werden Wertigkeiten ab- geleitet, die zu u ntersch iedlich en M ögl ich keiten der eigen en Entfaltu n g u n d zu H errsch afts- verh äl tn issen fü h ren .

D ie äu ßeren u n d verin n erl ich ten H errsch aftsverh ältn isse, sozialen Rollen zu sch reibu n gen u n d die wie ein u n abwen dbares Sch icksal ersch ein en den B eeinflu ssu n gen der in dividu ellen Leben s- u n d Gesellsch aftsentwü rfe fin den sich zwisch en ein zel n en M en sch en , zwisch en Gru ppen u n d au ch global z. B. zu r Zeit zwisch en N ation en oder Staaten bü n den (wie der EU). Ein e festgezu rrte Rollenverteilu n g gibt es zwisch en ein zeln en M en sch en eben so wie zwisch en Region en , Stadt u n d Lan d, arm en u n d reich en Län dern . D ie in n eren Zwän ge werden dabei oft du rch biologistisch e Setzu n gen pseu dowissen sch aftl ich gerech tfertigt. Sei es die „ n atü rlich e N eigu n g der M u tter zu m Kin d“ oder die „ gefü h ls-/körperbetonten Sch warzen“ − au ch in der n eu esten Zeit ku rsieren viel e solch er B eh au ptu n gen , bei den en im m er au s biol ogisch en Tatsach en oder B eh au ptu n gen Abl eitu n gen au f gesell sch aftlich e Rollen u n d Wertigkeiten erfolgen . B iologisch e Untersch iede zwisch en M en sch en sin d vor- h an den , aber n ich t geeign et, darau s soziale Rollen zu erkl ären . D en n och gesch ieh t es, wo- bei die biologisch en Untersch iede als H ilfsargu m ent dien en , die H errsch aftsinteressen u n d kapitalistisch e Verwertu n gslogik zu versch leiern . M en sch en lassen sich du rch die M ach t- u n d P rofitorientieru n g sowie ih r eigen es B em ü h en , du rch Zu ordn u n g zu vorgegeben en u n d erwarteten Leben släu fen ih r eigen es Leben sch ein bar besser gestalten zu kön n en , be- stim mten Rollen zu ordn en . D ie biologisch en B egrü n du n gen dien en der Versch leieru n g dieser tatsäch lich en I nteressen .

e. Sch ön er leben : H errsch aft au sm ach en ! B lick in s H erz d er Fin stern is1 8

Sau ron , der H err der R in ge, verfü gt ü ber Orks u n d Sch warze Reiter, Frau M eier ü ber ih re P u tzfrau u n d der Ch ef von Frau M eier ü ber ih re − du rch M u ttersch aftspau se abgewertete u n d dam it gü n stigere − Arbeitskraft. Gesellsch aftlich e Stru ktu ren , Regeln u n d Rollen sor- gen dafü r, dass Frau M eier au ch wirklich arbeiten geh en m u ss, sie kan n sich der Verfü gu n g n u r sch wer entzieh en . D er Zu griff der Ch efI n n en au f „ ih re“ Frau M eiers ist som it ü ber die persön lich e B ezieh u n g h in au sgeh en d abgesich ert − u n d gen au das m ach t H errsch aft au s.

Ein e B rill e, m it deren H ilfe wir die versch ieden en Eben en von H errsch aft au fdecken kön - n en , sollte ein en Wech sel des B lickwin kels erm öglich en .

D ie Vogelperspektive: Gesell sch aftl ich e Ersch ein u n gsform en u n d Stru ktu ren

Viele (politisch e) Th eorien u n d Strategien ersch öpfen sich darin , versch ieden e H errsch afts- verh äl tn isse n u r au f der Eben e ih rer gesellsch aftlich en Ersch ein u n gsform zu erfassen . D as aktu ell prom in enteste B eispiel sin d h ier große Teile der Globalisieru n gskritikerI n n en , die den N eoliberalism u s n ich t als derzeitige Ersch ein u n gsform des Kapitalism u s, son dern als al -

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l ein ige Ursach e von Arm u t u n d u n gerech ter Verteilu n g bekäm pfen . Ein an deres B eispiel ist die B esch rän ku n g der P roblem atisieru n g des Gesch lech terverh ältn isses au f prozentu ale Frau en anteile in bestim mten gesel lsch aftlich en Position en u n d die Qu otieru n g als (al lein i- ge) politisch e Strategie.

An dere An sätze geh en ein en Sch ritt weiter u n d th em atisieren n ich t n u r die Ersch ein u n gs- eben e von H errsch aftsverh ältn issen , son dern au ch die zu gru n dliegen den gesellsch aftlich en Stru ktu ren . Kritisiert werden dan n z. B. h ierarch isch e Klassen stru ktu ren , die gesellsch aftli- ch e Organ isation des M arktes (in ih rer n eoliberal en Verfassth eit) u n d dam it ein h ergeh en de Kon ku rren zverh ältn isse. Übertragen au f die Gesch l ech terproblem atik wü rde das h eißen , die Kritik am Patriarch at, an der H ierarch isieru n g der Gesch lech ter, an gesch lech tsspezifi- sch er Arbeitsteil u n g etc. zu form u lieren . Solch e An sätze, die den B l ick au f die gesellsch aftli- ch en Stru ktu ren u n d deren Ersch ein u n gsform en rich ten , sin d n otwen dig, u m H errsch aft in ih rem gesellsch aftlich en Kontext zu erfassen , aber n ich t h in reich en d, u m sie radikal kritisie- ren u n d gru n dsätzlich verän dern zu kön n en .

D er Röntgen blick: Was l iegt dem zu gru n de?

Wich tig ersch eint es u n s zu sätzlich , h inter diese gesel lsch aftlich en Ersch ein u n gsform en von H errsch aftsverh ältn issen sowie ih re stru ktu relle Veran keru n g zu gu cken : H errsch aft stü tzt sich au f gru n dlegen de P rin zipien , die jedeR als u n abän derl ich u n d n orm al , als qu asi-n atü r- l ich e Gesetzm äßigkeit, em pfin det. D iese P rin zipien sin d m ateriell n ich t erfah rbar u n d sie werden n ich t u n m ittelbar erlebt. D en n och sin d sie von den I n dividu en so verin n erlich t, dass sie fü r diese die Wirklich keit darstellen u n d som it bedeu tsam fü r ih r D en ken , Entsch eiden u n d H an deln sin d.

D abei liegen H errsch aftsverh ältn issen versch ieden e stru ktu rieren de P rin zipien zu gru n de.

Fü r jede jeweils aktu elle Au sgestaltu n g des Kapitalism u s ist beispielsweise der Zwan g we- sentlich , al les u n d jedeN als Wert zu erfassen u n d vorh an den e Werte im P rodu ktion spro- zess zu verm eh ren − zu verwerten im wah rsten Sin n e des Wortes. D ass aber abstrakte D in - ge (z. B. Arbeit) gen au so wie kon krete D in ge (z. B. Wasch m asch in en ) ü berh au pt ein en Wert h aben , ersch eint u n s als zweifellose „Wah rh eit“.

Gen au so selbstverstän dl ich ist u n s die aben dlich e Wah l zwisch en dem Frau en - u n d dem M än n erklo in der Kn eipe: Gru n dlage von Patriarch at u n d Sexism u s ist die Kon stru ktion u n d der dam it ein h ergeh en de Zwan g zu r Zweigesch lech tlich keit. D as bedeu tet zu m ein en , dass wir es als vollkom m en n orm al em pfin den , dass M en sch en an h an d des Gesch lech ts in zwei gesellsch aftl ich e Gru ppen ein geteilt werden u n d n ich t an h an d des Untersch eidu n gsm erk- m als „ an gewach sen e Oh rläppch en /n ich t an gewach sen e Oh rläppch en“. D er Zwan g zu r Zweigesch l ech tlich keit bedeu tet zu m an deren , sich stän dig zu ein em von zwei Gesch lech - tern ein deu tig zu ordn en zu m ü ssen , sei es bei der Klowah l, dem An kreu zen von offiziel len Form u l aren oder der ersten Frage an die frisch gebacken en Eltern : „Was ist es den n?“ − m it all den Vorstellu n gen von Rollen m u stern , Ch an cen u n d M öglich keiten , die an dieser Frage m it dran h än gen . Oh n e das P rin zip der Zweigesch lech tl ich keit sin d patriarch ale Verh äl tn isse sch lich t n ich t vorstellbar, da n u r in ein h ierarch isch es Verh ältn is zu ein an der gebrach t wer- den kan n , was vorh er von ein an der u ntersch ieden wu rde.

D er Alltagsblick: D er 5-Eu ro-P u tzjob − Wie wir u n d an dere H errsch aft erfah ren

Sch ließlich kan n H errsch aft als persön lich e Erfah ru n g besch rieben werden : D ie besch riebe- n en gru n dlegen den P rin zipien , ih re Veran keru n g in gesellsch aftl ich en Stru ktu ren u n d die

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Ersch ein u n gsform en von H errsch aftsverh ältn issen werden als kon krete Ein sch rän ku n g, al s alltäglich e Frem dbestim m u n g erlebt. D ie poln isch e P u tzfrau kan n oh n e EU-Pass h ier n ich t einfach so arbeiten u n d „ m u ss froh m it dem sein , was sie bekom mt“. Fü r Liesel ottes tran sse- xu elle Toch ter M artin wird der son st so alltäglich e Gan g zu r Toilette in öffentlich en Räu m en eben so zu r großen Qu al wie die taxieren den B licke all derer, die en dlich wissen woll en ,

„ was“ sie den n n u n ist. M igrantI n n en dü rfen sich au fgru n d der Residen zpflich t n ich t au s ih - rem Lan dkreis bewegen , Sozialh ilfekü rzu n gen entsch eiden eben darü ber, ob die Toch ter m it au f die Klassenfah rt fäh rt oder m an ein em Freu n d m al ein en Kaffee au sgeben kan n . Jeder dieser drei B lickwin kel au f H errsch aftsverh ältn isse − d. h . jede der drei Seiten der M e- daille − ist u n serer M ein u n g n ach n otwen dig u n d relevant, u m H errsch aft erken n en , be- n en n en u n d bekäm pfen zu kön n en . Von viel en Gru ppen u n d M en sch en wird jedoch n u r ein ein zeln er B lickwin kel gewäh lt. H u m an itäre Organ isation en oder ch ristl ich e I n itiativen kon zentrieren sich in der Regel vol lkom m en au f den Alltagsblickwin kel: I n diesem B ereich tu n sie du rch au s sin nvolle D in ge, oh n e jedoch die zu gru n deliegen den M issstän de zu th e- m atisieren oder ein e ü ber das I n dividu u m h in au sgeh en de Verän deru n g an zu streben . I n an - deren Kreisen ist es dagegen ü blich , allein die dah interl iegen den P rin zipien zu beton en . H ier werden dan n sch n ell P roteste gegen die u n gerech te Verteilu n g gesellsch aftl ich en Reich tu m s als Lappalie bzw. konterrevolu tion ärer Akt abgetan . Ein e Pol itik, die persön lich e Erfah ru n gen u n d gesellsch aftlich e Ersch ein u n gsform en derart gegen ü ber den zu gru n del ie- gen den P rin zipien u nterbewertet, ist u n serer An sich t n ach elitär. Gen au er gesagt, den Wi- derstan d gegen Sozialh il fekü rzu n gen als Pean u ts abzu tu n , m u ss m en sch sich leisten kön - n en .

D ie Spezialfilter oder Tragen de Säu len der D ickich tkon stru ktion : Wie fu n ktion iert H err- sch aft?

H errsch aftsverh ältn isse kön n en au s versch ieden en B lickwin kel n betrach tet werden . An satz- pu n kte fü r pol itisch e Strategien u n d kon krete Aktion en lassen sich jedoch besser form u l ie- ren , wen n zu sätzlich berü cksich tigt wird, wie sich H errsch aft kon kret u m setzt u n d verm ittel t, d. h . also, welch e widerspen stigen M ech an ism en dazu beitragen , dass Sel bstbestim m u n g fast n irgen dwo zu fin den ist. Um ein e Vorstell u n g davon zu bekom m en , wie H errsch aft fu n ktion iert u n d wie sie sich sch ein bar sel bst stabilisiert, loh nt es sich , die an alytisch e B rille m it versch ieden en Spezialfiltern au szu statten . M it ih rer H ilfe soll en ein ige zentrale, in der Wel t son st kau m entwirr- u n d u ntersch eidbare M ech an ism en von H errsch aft ein m al ein zeln betrach tet werden kön n en .

H errsch aft äu ßert sich zu m ein en als direkte Gewalt m it dem Ziel der Au frech terh altu n g gel - ten der, d. h . „ h errsch en der“ Spielregeln . Wäh ren d direkte Gewal t in Form von ph ysisch em Zwan g au f zwisch en m en sch l ich er Eben e du rch au s alltäglich ist, wird sie au f staatlich er Ebe- n e zu n eh m en d ergän zt du rch polizeil ich e, korrigieren de, sogen an nte „ sau bere“ Gewal t.

B estes B eispiel sin d die als „ h u m an itäre I ntervention en“ bezeich n eten weltweiten kriegeri- sch en Operation en der N ato.

Au f den ersten B lick wen iger sich t- u n d erfah rbar al s direkte Gewal t, aber dadu rch n ich t we- n iger frem dbestim m en d, ist stru ktu relle Gewal t. Zu ih r zäh lt beispielsweise jede Form sozial - er Un gleich h eit u n d − als spezifisch e Form stru ktu reller in Verbin du n g m it direkter Gewal t

− existen zielle Abh än gigkeit. Letztere besteh t darin , dass I n dividu en oder Gru ppen soziale Kooperation en jegl ich er Art n ich t verlassen kön n en , wen n sie es wol len . An ders als bei der direkten Gewalt, wird n ich t direkt ein gegriffen : Es werden ledigl ich alle Altern ativen zu m be- steh en den Leben , Arbeitsverh ältn is etc. n ah ezu u n m öglich gem ach t.

Referenzen

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