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Strafbarkeit eines nicht erledigten Gerichtsgutachtens?

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Strafbarkeit eines nicht erledigten Gerichtsgutachtens?

Das Amtsgericht Chemnitz hat per Strafbefehl die unterlassene Rück- sendung einer Gerichtsakte, die der Arzt zum Zwecke der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens erhielt, als Urkundenunterdrückung gemäß

§ 274 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) angesehen und eine Geld- strafe in Höhe von 3.000 Euro fest- gesetzt. Was war passiert?

In einem Rechtsstreit gegen eine Berufsgenossenschaft wurde ein Arzt mit der ambulanten Untersuchung des Klägers und der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens, insbe- sondere zu den Gesundheitsschäden nach einem Unfallereignis sowie der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers, beauf- tragt. Hierzu übersandte das Sozial- gericht im Februar 2011 die Sach- akte. Trotz wiederholter Anforderun- gen durch das Gericht und Verhän- gung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1.000 Euro durch Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz im März 2012 wurde die Akte durch den Arzt

nicht zurückgesandt. Mit Ausnahme eines Telefonates im Dezember 2011 wurden auch alle Anfragen des Sozi- algerichtes ignoriert. In dem Telefo- nat wurde wahrheitswidrig geschil- dert, dass das Gutachten erstellt gewesen sei und innerhalb von 10 Tagen an das Gericht geschickt

werde. Erst nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und Erwir- kung eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses beim Amtsgericht Chemnitz wurde zu

Beginn der angeordneten Durchsu- chung im Juli 2012 die Akte durch den Arzt freiwillig herausgegeben.

Der Arzt wurde daher beschuldigt, eine Urkunde, welche ihm entweder überhaupt nicht oder nicht aus- schließlich gehört, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unter- drückt zu haben, strafbar als Urkun- denunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Ohne Rücksen- dung der Akte konnte der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren seine geltend gemachten Ansprüche gegen die Berufsgenossenschaft von vornherein nicht durchsetzen. Dem Arzt wurde unterstellt, dass dieser Nachteil für den Kläger die unmittel- bare Folge der unterlassenen Rück- sendung der Akte war.

Im Rahmen der Mitteilung in Strafsa- chen (MiStra) erhielt die Rechtsabtei- lung der Sächsischen Landesärzte- kammer Kenntnis von dem zwi- schenzeitlich rechtskräftig geworde- nen Strafbefehl. Nach der zusätzlich erfolgten berufsrechtlichen Bewer- tung des Sachverhaltes möchten wir zu der Thematik der Gutachtener- stellung für Gerichte und Behörden folgende Hinweise geben:

Grundsätzlich besteht keine allge- meine Pflicht des Arztes zur Erstat- tung von Sachverständigengutach- ten. Eine Verpflichtung besteht nur dann, wenn zur Gutachtenerstat- tung eine Rechtsvorschrift besteht.

Die Mehrzahl der Gutachtenaufträge wird sich aus gesetzlichen Vorschrif- ten bzw. aus vertraglichen Verpflich- tungen hinsichtlich einer erfolgten Behandlung ergeben. Daraus ergibt sich jedoch auch, dass Fremdgutach-

ten, die nicht auf gesetzlichen Vor- schriften bzw. nicht aus einem Behandlungsvertrag resultieren, abgelehnt werden können. Werden Ärzte vom Zivilgericht gemäß § 407 Zivilprozessordnung (ZPO) oder von der Staatsanwaltschaft gemäß § 75 Strafprozessordnung (StPO) zur Erstellung eines Gutachtens ver- pflichtet, haben sie unter Umstän- den ebenfalls die Möglichkeit, die Übernahme abzulehnen. Sind Ärzte wegen Arbeitsüberlastung oder aus anderen triftigen Gründen auf absehbare Zeit zur alsbaldigen Gut- achtenbearbeitung und -erstellung nicht in der Lage und teilen sie die- sen Umstand dem beauftragenden Gericht auch unverzüglich mit, damit dieses dann ohne Zeitverlust einen anderen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragen kann, so können sie im konkreten Einzelfall eine Begutachtung ablehnen.

Wurde allerdings die Ausstellung eines Gutachtens oder Zeugnisses bereits übernommen (dies kann auch konkludent geschehen) oder besteht eine gesetzliche Verpflich- tung hierzu, sind Ärzte gemäß § 25 Satz 2 der Berufsordnung der Sächsi- schen Landesärztekammer (Berufs- ordnung) auch verpflichtet, das Gut- achten innerhalb einer angemesse- nen Frist abzugeben.

Wir können Ihnen daher nur emp- fehlen, im konkreten Einzelfall die tatsächliche Verpflichtung zur Gut- achtenerstellung zu prüfen und gegebenenfalls die Erstellung abzu- lehnen.

Dr. jur. Alexander Gruner Leiter der Rechtsabteilung

Verschiedenes

Ärzteblatt Sachsen 8 / 2013 327

Priv.-Doz. Dr. med. Bernd Wiedemann

Recht und Medizin

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