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ev b

Zuteilung für Bestandsanlagen im Emissionshandel Saubere Luft dank Photokatalyse

Umsetzung von REACh und GHS in der Recyclingindustrie Der Umgang mit Geruchsimmis sionen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen

Ausbreitung von Gerüchen in Kaltluftabflüssen

Immissionsschutz

Zeitschrift für Luftreinhaltung,

Lärmschutz, Anlagensicherheit, Abfall- verwertung und Energienutzung

Luftreinhaltung Luftreinhaltung

Abfallverwertung

www.IMMISSIONSSCHUTZdigital.de

21275

02 .

17. Jahrgang Juni 2012

12

(2)

Gerd Bolte HeidelbergCement Technology Center

Dr.-Ing. Thomas Flassak

Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG

Saubere Luft dank Photokatalyse

Messbarer Beitrag photokatalytisch aktiver Bauprodukte zur Luftreinhaltung

Gerd Bolte / Dr.-Ing. Thomas Flassak

In der Verordnung über Immissionswerte (22. BImSchV) [1]

werden für Stickstoffdioxid Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgegeben. An straßennahen Messstationen wird der seit 2010 gültige Jahresgrenzwert von 40 µg NO2/m3 vielerorts noch immer deutlich über- schritten. Es sind demzufolge in Zukunft weitere Maßnah- men notwendig um die Vorgaben einzuhalten.

Der wissenschaftliche Nachweis der photokatalytischen Oxidation der Stickstoffoxide (NOX) in der Luft wurde inzwi- schen mehrfach erbracht. Eine Überprüfung der Schadstoff- reduzierung in einer Freilandanwendung ist aber aufgrund der Vielzahl an Einflussparametern nicht immer möglich.

Es bestand nun die Aufgabe Labor- und Freilandexperi- mente mit numerischen Modellen zu simulieren um verläss- liche Aussagen für die praktische Anwendung abzuleiten.

Die Berechnung der Konzentrationsverteilung der Stickoxide unter Berücksichtigung der Wirkung der photokatalytisch aktiven Betonoberfläche entstand mit dem dreidimensio- nalen mikroskaligen Strömungs- und Ausbreitungsmodell MISKAM.

1. Einleitung

In vielen Großstädten ist die Luftqualität mittlerweile ein Problem. Neben dem vieldiskutierten Feinstaub sind vor allem Stickstoffoxide (NO, NO2) die relevantes- ten Schadstoffe. Stickstoffoxide entstammen vorwie- gend der Verbrennung fossiler Energieträger (z. B. Ver- kehr, Kleinfeuerungsanlagen). Stickstoffdioxid greift die Atemwege an und begünstigt chronische Bronchitis.

Aus diesem Grund gibt eine EU-Richtlinie [1] den maxi- malen Jahresdurchschnittswert von 40 μg NO2/m3 ver- bindlich vor. In den meisten Großstädten wird dieser Grenzwert jedoch deutlich überschritten. Aus heutiger Sicht ist die Einhaltung der Grenzwerte in der Nähe ver- kehrsreicher Straßen auch in naher Zukunft nicht mög- lich. Es müssen also zusätzliche Maßnahmen erfolgen.

Die Grenzwerte für die Emissionen von Personen- kraftwagen sollen in den kommenden Jahren weiter gesenkt werden. Daher müssen die Automobilherstel- ler immer neue Anstrengungen unternehmen, um für ihre Fahrzeuge eine wirkungsvolle Abgasreinigung zu entwickeln. Für die Ottomotoren ist dies mit Hilfe des Drei-Wege-Katalysators bereits weitestgehend gelun- gen. Der Anteil von Stickstoffdioxid (NO2) nimmt aber in den letzten Jahren an vielen verkehrsnahen Mess- stellen zu. Dies ist dem erhöhten Direktausstoß von Stickstoffdioxid durch Dieselfahrzeuge mit Oxidations- katalysator zuzuschreiben. Und selbst nach der Ein- führung umweltfreundlicherer Dieselfahrzeuge wer- den noch viele Jahre vergehen, bis alle Altfahrzeuge ausgetauscht sind.

Eine sinnvolle Ergänzung, um den Abbau der Schad- stoffbelastung in unseren Städten voranzutreiben, ist die Photokatalyse. Viele Verbindungen werden durch Lichteinstrahlung, insbesondere von energiereicher UV-Strahlung, zersetzt. Dieser natürliche Vorgang der Photolyse läuft in der Regel sehr langsam ab. Die Reak- tion lässt sich aber durch sogenannte Photokatalysato- ren beachtlich beschleunigen. Durch Energiezufuhr aus dem Sonnenlicht bilden sich auf deren Oberfläche hochreaktive Verbindungen, die in der Lage sind z. B.

Stickstoffoxide (NOX) zu oxidieren und somit der Um- gebungsluft zu entnehmen.

Werden mineralische Baustoffe wie Beton mit sol- chen Photokatalysator-Partikeln hergestellt, wirken deren Oberfläche wiederum wie Photokatalysatoren und tragen aktiv zum Abbau von Luftschadstoffen bei.

Prinzipiell kann jedes Betonprodukt so hergestellt wer- den, denn die Photokatalysatorpartikel haben keinen Einfluss auf die Gebrauchseigenschaften des Betons [2].

Besonders lohnenswert ist der Einsatz in der Nähe von hoch belasteten Verkehrsadern mit entsprechend ho- her Luftschadstoffbelastung. Dort können Betonpflas- tersteine und Fahrbahndecken aus photokatalytisch aktiven Beton für eine bessere Luftqualität sorgen.

2. Photokatalyse als Lösungsansatz zum Schadstoffabbau Den wissenschaftlichen Nachweis des nachhaltigen Abbaus der Stickstoffoxidbelastung unter praxisnahen Bedingungen hat unter anderem das von der EU ge för- derte PICADA Projekt (Photocatalytic Innovative Coverings Applications for Depollution Assessment) erbracht [6].

Versuchsanordnungen im Labormaßstab, bei denen ein Gemisch aus Luft und Stickstoffoxiden (NO + NO2) in einer Prüfkammer über einen Probekörper strömen und die Konzentration der Stickstoffoxide am Eintritt und Austritt gemessen werden, ermöglichen die ge- zielte Simulation unterschiedlicher Umweltbedingun- gen durch Variation einzelner Parameter, wie Lichtin- tensität sowie die Konzentration und Zusammenset- zung der Stickstoffoxide in der Aufgabeluft.

Es bestand nun die Aufgabe, Labor- und Freiland- experimente mit numerischen Modellen zu simulieren, um verlässliche Aussagen für andere Anwendungs fälle ableiten zu können.

Die Berechnung der Konzentrationsverteilung der Stickoxide unter Berücksichtigung der Wirkung der photokatalytisch aktiven Betonoberfläche erfolgte mit Hilfe des prognostischen, dreidimensionalen, mikro- skaligen Strömungs- und Ausbreitungsmodell MISKAM [4]. MISKAM wird verwendet zur Prognose von Schad- stoffkonzentrationen in Straßen bis hin zu ganzen Stadtteilen und ist validiert nach Richtlinie VDI 3783 Blatt 9 [9]. Die in die Modellierung eingehende photo- katalytische Abbaugeschwindigkeit kann nicht direkt gemessen werden, sondern muss aus Messungen abge- leitet werden. Dazu wurde im Laborversuch die NOX Abbaugeschwindigkeit (vd, BK) bestimmt und bereinigt um den Strömungswiderstand der Laborprobenkam- mer. Diese abgeleitete photokatalytische NOX Abbau- geschwindigkeiten (vpk) wurden für die Simulation mit MISKAM verwendet.

Für die Modellierung der Wirkung der photokataly- tisch aktiven Betonoberflächen wurde ein Widerstands-

(3)

modell zur Modellierung der bodennahen Strömun- gen integriert. Die Modellierung der bodennahen Flüsse basiert auf einem in der VDI Richtlinie 3782 Blatt 5 [10]

beschriebenen Widerstandsmodell. Der Fluss zum Boden ergibt sich aus dem Produkt der Konzentration und der Depositionsgeschwindigkeit. Die Depositions- geschwindigkeit (vd) setzt sich zusammen aus dem Kehrwert von drei Widerständen, dem turbulenten (ra), dem quasi-laminaren (rb) und einem Widerstand be- dingt durch Adsorption und Photokatalyse (rpk)

vd = 1

(F1) ra + rb + rpk

In der Modellierung wird der aerodynamische Wider- stand (ra) und der quasi-laminare Widerstand rb auf- grund der fahrzeuginduzierten turbulenten Strömung auf null gesetzt. Der Widerstand bedingt durch Adsorp- tion und Photokatalyse (rpk), bzw. der Kehrwert, der die Abbaugeschwindigkeit vpk darstellt, wurde aus Labor- messungen abgeleitet. Tab. 1 zeigt exemplarisch für verschiedene photokatalytisch wirksame Proben die Ein- und Ausgangskonzentration, die prozentuale Min- derungswirkung für NOX sowie die berechnete und um die Strömungswiderstände der Prüfkammer berei- nigte NOX-Abbaugeschwindigkeit vpk.

Für die Laborprüfkammer beträgt der Maximal- wert der photokatalytischen NOX-Abbaugeschwindig- keit (vpk) 0,41 cm/s für Probe A2. Es wird daher bei den folgenden Simulationen mit einer photokatalytischen NOX-Abbaugeschwindigkeit (vpk) 0,4 cm/s gerechnet, sowie (vpk) 0,3 cm/s was einem Wirkungsgrad von 75 % entspricht.

Vergleichbare Abbaugeschwindigkeiten wurden auch in anderen Studien gefunden. So gibt Bruse, Droll [3]

die Abbaugeschwindigkeit mit 0,28 cm/s, Laufs et al. [7]

∼ 0,3 cm/s an.

3. Validierung des Rechenmodells durch die Simulation einer realen Anwendung

Im nächsten Schritt wurde mit dem Ausbreitungs- modell MISKAM die Ergebnisse einer praktischen An- wendung der italienischen Stadt Bergamo simuliert, um zu überprüfen, ob sich mit den aus den Labormes- sungen gefundenen Abbaugeschwindigkeiten die in der Praxis gemessenen Minderungen einstellen.

In der Via Borgo Pallazo in Bergamo wurde auf eine Länge von 500 m photokatalytisch aktives Pflaster verlegt (siehe Abb. 1 und 2). So entstand eine zusam- menhängende photokatalytisch aktive Oberfläche von 7.250 m2. Wenige Wochen nach Abschluss der Bauar- beiten erfolgte eine erste Messreihe zur Erfassung der Luftqualität. Ein Messpunkt (69-TX) befand sich 160 cm über dem photokatalytischen Straßenbelag, der Refe- renz-Messpunkt (103-Asphalt) lag im weitern Verlauf der Straße im Bereich des konventionellen Asphaltbe- lages. Parallel wurden auch Wetterdaten, UV-A Strah- lungsintensität und Verkehrszahlen erfasst.

Die Wirksamkeit der photokatalytisch aktiven Be- tonpflastersteine in der Via Borgo Palazzo wurde mess- technisch erstmals vom 6. bis 17. November 2006 un- tersucht. Für diese Messperiode zeigt Abb. 3 den Mittel- wert der NOX-Konzentrationen im Straßenabschnitt mit dem photokatalytisch aktiven Belag (69-TX) und

am Referenz-Messpunkt (103-Asphalt) zwischen 9:00 und 17:00 Uhr. In der Abbildung wird auch die prozen- tuale Differenz der NOX-Konzentrationen tage- bzw.

wochenweise angegeben. Die NOX-Konzentration ist tagsüber am Messpunkt im Straßenabschnitt mit dem photokatalytisch aktiven Belag im Mittel 44 % niedri- ger als am Referenzmesspunkt.

Mit Hilfe von Simulationen mit dem Ausbreitungs- modell MISKAM und den gefundenen photokataly- tischen Abbaugeschwindigkeiten soll gezeigt werden, inwieweit die in Abb. 3 dargestellten prozentualen Dif- ferenzen der NOX-Konzentrationen durch die photo- katalytisch wirksamen Betonpflastersteine bewirkt werden.

Probe (NO)ein (NO)aus (NO2)ein (NO2)aus Prozentuale Minderungswirkung

NOX

NOX- Abbaugeschwindigkeit

vpk

[ppb] [ppb] [ppb] [ppb] [%] [cm/s]

A1 397,6 214,5 150,3 133,6 36,5 0,23

A2 403,2 162,6 149,7 117,8 49,3 0,41

A3 399,8 177,9 152,7 124,0 45,4 0,34

A4 400,7 246,7 153,6 159,4 26,7 0,14

A5 401,0 193,1 146,7 120,2 42,8 0,30

Tabelle 1:

Gemessene Ein- und Austrittskonzentratio- nen, prozentuale Min- derungswirkung und NOX-Abbaugeschwin- digkeit vpk, bereinigt um die Strömungs- widerstände der Prüf- kammer

Abbildung 1:

Fotos des Straßen- abschnittes der Via Borgo Pallazo in Bergamo (Italien) mit photokatalytisch wirk- samen Betonpflaster- steinen

Abbildung 2:

Übersichtsplan der Via Borgo Palazzo in Bergamo, Italien.

Dunkelgrau: Straßen- abschnitt mit photo- katalytisch wirksa- men Betonpflaster- steinen, Messstation bei Hausnummer 69.

Weiß und Mittelgrau:

konventioneller nicht photokatalytisch akti- ver Straßenbelag, Re- ferenzmessstation bei Hausnummer 103 [5]

(4)

Die dazu notwendige Simulation erfolgte auf Basis der digitalisierten Gebäudeumrisse mit abgeschätzten Gebäudehöhen. Die eingerechneten Emissionen der Kraftfahrzeuge basieren auf den durchgeführten Ver- kehrszählungen. Diese fanden im Messzeitraum vom 6. bis 17. November 2006 an Werktagen zwischen 9:00 und 16:30 Uhr statt. Die mittlere Verkehrsstärke betrug 1.206 Kraftfahrzeuge pro Stunde im Bereich des photoka- talytisch aktiven Straßenbelages und 1.632 pro Stunde im Referenzbereich. Der Anteil an schweren LKW wurde nicht erhoben. Für die Emissionsbestimmung wurde ein Erfahrungswert von 3 % angesetzt. Da die kraftfahrzeug- bedingten Emissionsfaktoren für Italien nicht bekannt sind wurden ersatzweise die NOX-Emissionsfaktoren für Deutschland des Handbuchs für Emissionsfaktoren [8]

angesetzt – Leichtverkehr 0,56 g/(km Fzg) und Schwerver- kehr 7,12 g/(km Fzg). Mit diesen Angaben ergeben sich in dem Straßenabschnitt mit photokatalytisch aktiven Be- tonpflastersteinen kraftfahrzeugbedingte NOX-Emissio- nen von 0,252 mg/(m s) und 0,340 mg/(m s) im Referenz- Straßenabschnitt. Die Querstrassen im Untersuchungs- gebiet sind hin reichend entfernt, weshalb deren Emissi- onen nicht in die Rechnung eingehen.

Die NOX-Vorbelastung ergibt sich durch Bildung der Differenz der Messwerte der NOX-Gesamtbelastung an der Referenzmessstelle (103-Asphalt) und der simulier- ten NOX-Zusatzbelastung des Kraftfahrzeugverkehrs an gleicher Stelle. Diese ist im besonderen Maße abhängig von der angesetzten mittleren Windgeschwindigkeit im Messzeitraum.

Der Messwert der NOX-Gesamtbelastung beträgt 621 μg/m3. Die simulierte NOX-Zusatzbelastung beträgt bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 1,0 m/s 255 μg/m3 und 512 μg/m3 bei einer mittleren Windge- schwindigkeit von 0,5 m/s. Die Angaben der Windge- schwindigkeit beziehen sich immer auf eine Höhe von 10 m. Somit ergibt sich rechnerisch eine NOX-Vorbelas- tung von 366 μg/m3 bei einer mittleren Windgeschwin- digkeit von 1,0 m/s bzw. von 109 μg/m3 bei einer mitt- leren Windgeschwindigkeit von 0,5 m/s. Anhand der Messwerte einer städtischen Hintergrund-Messstelle in Bergamo läst sich folgern, dass eine mittlere Wind- geschwindigkeit zwischen 9:00 und 17:00 Uhr von 0,5 m/s plausibel ist.

Mit diesen Eingangsdaten wurden Simulationen der Strömung und der Ausbreitung mit dem Modell MISKAM durchgeführt. Die Fahrbewegungen der Kraft- fahrzeuge in der Via Borgo Palazzo bewirken eine fahr- zeuginduzierte turbulente Strömung, die in den unte- ren Metern über Grund die Luftmassen „durchrührt“.

In der Simulation wird angenommen, dass infolge der fahrzeuginduzierten turbulenten Strömung die atmo- sphärischen Widerstände ra + rb daher vollständig ver- schwinden, d. h. es bleibt als bestimmender Widerstand bei der Simulation des photokatalytisch bedingten NOX- Abbaus nur der photokatalytische Widerstand (rpk) in Gleichung (F1) übrig.

Bei einer angenommenen Windgeschwindigkeit (U) von 0,5 m/s liegt der Rechenwert für den Messpunkt

„69-TX“ mit 336 μg/m3, nahe am Messwert von 346 μg/m3. Außerdem ergibt sich bei dieser Windgeschwindigkeit eine Differenz zwischen den beiden Messpunkten von rund 47 %, was ebenfalls mit den Messwerten überein- stimmt (Vergleiche Abb. 3).

Mit Hilfe des nun validierten Simulationsmodells ist es möglich die NOX-Konzentration für einen Ort mit und ohne photokatalytischen Abbau vergleichend zu berechnen. D. h. mit dem Modell lässt sich ermitteln, welche NOX-Konzentration im Bereich mit photokata- lytischem Straßenbelag ohne diesen geherrscht hätte.

Basierend auf der Annahme einer Windgeschwindig- keit (U) von 0,5 m/s ergibt sich in der Simulation bei ausgeschaltetem photokatalytischen Abbau am Mess- punkt „TX69“ eine um 39 % geringere NOX-Konzentra- tion gegenüber dem Referenzmesspunkt „103-Aspalt“.

Dies ist der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um zwei unterschiedliche Orte mit unterschiedlichen Durchlüftungsverhältnissen und Verkehrszahlen han- delt. Am Messpunkt „TX69“ ergibt sich somit für eine mittlere Windgeschwindigkeit (U) von 0,5 m/s und ei- ner photokatalytischen Abbaugeschwindigkeit (vpk) von 0,4 cm/s im Mittel eine Minderung der Schadstoff- konzentration von 14 %

Die Schadstoffverteilung innerhalb einer Stra- ßenschlucht ist nicht homogen. Abb. 4. zeigt die flä- chige Verteilung der prozentualen photokatalytischen NOX-Minderungswirkung bei einer mittleren Wind- geschwindigkeit von 0,5 m/s und einer photokatalyti- schen Abbaugeschwindigkeit von 0,4 cm/s unter Ver- nachlässigung der atmosphärischen Widerstände ra + rb. In der Straßenschlucht mit photokatalytisch ak- tivem Straßenbelag ist die prozentuale NOX-Minderung zum Teil deutlich höher als an der gewählten Mess-

Abbildung 3:

Gemessener 8-h- Mittelwert (9:00 und 17:00) der NOX-Kon- zentrationen an den Messstellen „69-TX“

und „103-Asphalt“

sowie die prozentuale Differenz der NOX- Konzentrationen tageweise bzw. wo- chenweise [5]

Tabelle 2:

Simulierte NOX-Ge- samtbelastung an den Messstellen

„69-TX“ und „103- Asphalt“ für photo- katalytische Abbau- geschwindigkeiten vpk = 0,3 cm/s und 0,4 cm/s in Kombi- nation mit mittleren Windgeschwindigkei- ten U von 1,0 m/s und 0,5 m/s

U vpk Vor-

belastung

103- Asphalt

69- TX

Differenz

[m/s] [cm/s] [µg/m3] [µg/m3] [µg/m3] [µg/m3] [%]

0,5 0,3 109 618 336 – 282 – 46

0,5 0,4 109 617 326 – 291 – 47

1,0 0,3 366 618 479 – 139 – 22

1,0 0,4 366 618 473 – 145 – 23

69-TX 103-Asphalt 1000

900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

06. 11. 200607. 11. 200608. 11. 200609. 11. 200610. 11. 200613. 11. 200614. 11. 200615. 11. 200616. 11. 200617. 11. 2006 8-Stunden-Mittelwert µg NOX/m3

Mittelwert: 41 %

Δ % 26 % 47 % 31 % 43 % 56 % 56 % 46 % 51 % 49 % 44 % Mittelwert: 49 %

558 770

409

333 548 590

696 657

845 812

428 453 317 375 243 247

189 409

216 573

(5)

stelle. Es ergeben sich mancherorts Minderungen von 30 bis 40 % und mehr.

4. Numerische Simulation des Schadstoffminderungs- potentials in einfachen Straßenschluchtgeometrien Mit dem nun validierten Modell MISKAM besteht die Möglichkeit exemplarisch das Minderungspotential photokatalytisch aktiver Flächen in einfachen Straßen- schluchtgeometrien zu simulieren. Das Minderungs- potential ist nicht nur von der photokatalytischen Flä- che sondern von den geometrischen Verhältnissen wie z. B. vom Höhen-Breiten-Verhältnis einer Straßenschlucht abhängig. Die Veränderung des Höhen-Breiten-Verhält- nisses verändert nicht nur das Verhältnis der photoka- talytisch aktiven Oberflächen zum Luftvolumen, son- dern nimmt auch Einfluss auf die Durchlüftung der Straßenschlucht was im besonderen Maße Einfluss auf die Schadstoffminderungsrate nimmt. Abb. 5 zeigt das Modell der einfachen Straßenschluchtgeometrie für die Simulationen.

Die angenommenen Schluchtbreiten, Gebäude- höhen, photokatalytische Abbaugeschwindigkeiten und mittlere Windgeschwindigkeiten der untersuchten Fälle sind in Tab. 3 angegeben. In der Straßenschlucht befinden sich zwei Fahrspuren. Jede Fahrspur ist mit 25.000 Fahrzeugen pro Tag bei einem LKW-Anteil von 5 % belegt. Die Berechnung der NOX-Emissionen erfolgt auf Basis des Handbuchs für Emissionsfaktoren [8].

Es wird angenommen, dass in der 105 m langen Stra- ßenschlucht sowohl Fahrbahn als auch Gehweg photo- katalytisch aktiv sind. Die photokatalytisch wirksame Fläche beträgt, wenn nicht anders angegeben, Schlucht- länge mal Schluchtbreite. In einer zusätzlichen Simu- lation wurde angenommen, dass nur der Gehweg mit einer Breite von 4 m photokatalytisch aktiven Beton- belag enthält. Tab. 3 zeigt die prozentuale NOX-Minde- rungswirkung 1,5 m über Grund. Abb. 6 zeigt exempla- risch die prozentuale NOX-Minderungswirkung in einem horizontalen Schnitt jeweils für eine mittlere Windgeschwindigkeit von 0,5 m/s und 1,0 m/s.

Die Minderungen sind bei der niedrigen Wind - geschwindigkeit höher. In der Abb. 6 ist zu erkennen,

dass die größte prozentuale Minderung im Gehwegs- bereich zu beobachten ist. Dies liegt zum einen daran, dass die lokale Windgeschwindigkeit in Richtung zur Wand abnimmt, wodurch die Verweilzeit zunimmt.

Zum anderen ist die Minderungswirkung ausgedrückt in Prozent im Straßenbereich kleiner, da die Konzen- trationen dort höher sind. Die Simulation ergibt eine maximale Minderungswirkung bei einem Verhältnis von Gebäudehöhe zu Schluchtbreite von 1,5 : 1 trotz der im Vergleich kleineren photokatalytisch aktiven Flächen.

Wenn nur der Gehweg photokatalytisch ausge- stattet ist, verringert sich die maximale prozentuale NOX-Minderungswirkung auf 13,6 % gegenüber 23,5 % bei einer photokatalytisch ausgestatteten Straße samt

Abbildung 4:

Prozentuale Minde- rung der NOX-Kon- zentration im Be- reich der Via Borgo Palazzo mit photo- katalytisch aktivem Betonpflaster bei ei- ner mittleren Wind- geschwindigkeit U von 0,5 m/s und einer photokatalyti- schen Abbauge- schwindigkeit vpk

von 0,4 cm/s. Pfeil:

Messstelle „69-TX“

NOX-Minderungswirkung [%]

>= 40

>= 30

>= 20

>= 10

>= 5

Abbildung 5:

Modell der einfachen Straßenschlucht- geometrie. Schlucht- breite und Gebäude- höhe sind variabel, Schluchtlänge beträgt 105 m. Hellgrau: Pho- tokatalytisch wirk- same Fläche

Höhen/

Breiten- Verhältnis

Höhe Breite Fpk vpk Prozentuale Minde- rungswirkung bei U [m] [m] [m2] [cm/s] 0,5 m/s 1,0 m/s

1,5 : 1 30 20 2100 0,4 26,6 % 15,5 %

1 : 1 30 30 3150 0,4 25,4 % 14,8 %

1 : 2 30 60 6300 0,4 24,1 % 13,6 %

1 : 1 20 20 2100 0,4 23,5 % n. b.

1 : 1 20 20 840* 0,4 13,6 % n. b.

1 : 1 10 10 1050 0,4 19,8 % n. b.

*) Nur der Gehweg ist als photokatalytisch aktive Fläche Ausgebildet;

Gehwegsbreite 4 m

Tabelle 3:

NOX-Minderungs- wirkung in der Stra- ßenschlucht für ver- schiedene Werte von Schluchtbreite B, Ge- bäudehöhe H, mittle- rer Windgeschwindig- keit U und photokata- lytisch wirksamer Fläche Fpk

Schluchtenlänge = 105 m

Schluchtenbreite Gebäudehöhe

(6)

Geh weg. Alleine der Einsatz im Gehwegsbereich er- möglicht also bereits einen signifikanten Schadstoff- abbau.

5. Fazit

Es lässt sich zusammenfassen, dass mit der angepass- ten Version von MISKAM die Konzentrationsverteilung der Stickstoffoxide mit und ohne Berücksichtigung der photokatalytischen Wirkung der Oberflächen si- muliert werden kann. Durch Differenzbildung kann die prozentuale Minderungswirkung abgeleitet wer- den. Die Simulation einer Anwendung aus der Praxis belegt eindeutig die Verringerung der NOX-Konzentra- tion in der Luft infolge des photokatalytischen NOX- Abbaus. Aufgrund der schnellen Oberflächen reaktion zeigt sich, dass die klimatischen Bedingungen der ent- scheidende Faktor hinsichtlich der mög lichen photo- katalytischen Stickstoffoxidminderung sind. Deshalb kann es selbst innerhalb eines Straßenzuges mit der üblichen heterogenen Bebauung zu extremen Unter- schieden in den Schadstoffkonzentrationen und der Durchlüftung und somit auch der Schadstoffminde- rungsrate infolge der Photokatalyse kommen. Die pro- zentuale NOX-Minderungswirkung nimmt mit abneh- mender Windgeschwindigkeit zu. Niedrige Windge- schwindigkeiten korrelieren in der Regel mit hohen Schadstoffkonzentrationen. Daher können photokata- lytisch aktive Betonoberflächen dazu beitragen, Im- missionsspitzen zu „kappen“. Durch diese Eigenschaft können die aktiven Flächen effektiv helfen die Anzahl der Überschreitungen des Stickstoffdioxid-Einstunden- mittelwertes über 200 μg/m3 zu reduzieren.

Die numerische Simulation zeigt auch den Ein- fluss des Verhältnisses der photokatalytisch aktiven Oberflächen zum Luftvolumen auf die Schadstoffmin- derungsrate. Photokatalytisch aktive Bauprodukte haben damit das Potential, langfristig und nachhaltig die Luftreinhaltestrategien in den Städten zu unter- stützen.

Literatur

[1] 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) vom 2. Au- gust 2010 bzw. Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG des Rates vom 21. Mai 2008.

[2] Bolte, G.: Innovative Baustoffe – Luftschadstoffreduktion mit TioCem®. In: BFT International, Betonwerk + Fertigteil-Technik 01/2009, S. 4–13.

[3] Bruse, M./Droll, K. (2011): Betonbauteile mit photokalytisch akti- vierten Oberflächen – eine Chance zur Reduzierung des NOX-Ge- haltes in Städten: Untersuchungsergebnisse und Modellierungs- ansätze: BASt Kolloquium Luftqualität an Straßen 2011, Bergisch Gladbach 30–31. 03. 2011, S. 236–258.

[4] Eichhorn/Kniffka (2010): The numerical flow model MISKAM:

State of development and evaluation of the basic version. Meteo- rologische Zeitschrift, Vol 19. No. 1, S. 81–90.

[5] Guerrini, G. L. Peccati, E.: Photocatalytic cementitious roads for depollution: International RILEM Symposium on Photocatalysis, Environment and Construction Materials: 8–9 Oktober 2007, Flo- renze, Italien.

[6] http://www.picada-project.com

[7] Laufs, S./Burgeth, G. et al. (2010): Conversion of nitrogen oxides on commercial photocatalytic dispersion paints. In: Atmospheric Environment 44, S. 2341–2349.

[8] UBA (2010): Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs, Version 3.1/Februar 2010. Dokumentation zur Version Deutsch- land, erarbeitet durch INFRAS AG Bern/Schweiz in Zusammen- arbeit mit IFEU Heidelberg. Hrsg.: Umweltbundesamt Berlin.

http://www.hbefa.net/d/start.html.

[9] VDI (2005): VDI-Richtlinie 3783 Blatt 9. Umweltmeteorologie.

Prognostische mikroskalige Windfeldmodelle. Evaluierung für Gebäude- und Hindernisströmung. Hrsg.: Kommission Reinhal- tung der Luft (KRdL) im VDI und DIN - Normenausschuss, Düs- seldorf, November 2005.

[10] VDI (2006): VDI Richtlinie 3782 Blatt 5. Umweltmeteorologie.

Atmosphärische Ausbreitungsmodelle. Depositionsparameter.

Hrsg.: Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) im VDI und DIN, Düsseldorf, April 2006.

Anschriften der Verfasser Gerd Bolte

HeidelbergCement Technology Center Rohrbacher Str. 95, 69181 Leimen E-Mail: gerd.bolte@htc-gmbh.com Dr.-Ing. Thomas Flassak

Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG An der Rossweid 3, 76229 Karlsruhe E-Mail: thomas.flassak@lohmeyer.de Abbildung 6:

Prozentuale Min- derung der NOX-Kon- zen tration in einer Straßenschlucht (Schlucht breite: 20 m und Gebäudehöhe 30 m) bei einer mitt- leren Windgeschwin- digkeit U von 0,5 m/s (oben) bzw. 1,0 m/s (unten) und einer photokatalytischen Abbaugeschwindig- keit vpk von 0,4 cm/s

>= 25

>= 20

>= 15

>= 10

>= 5

NOX-Minderungswirkung [%]

U = 0,5 m/s

U = 1,0 m/s

Referenzen

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