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licht 06/18 Blick KULTURMAGAZIN C O T T B U S - L A U S I T Z - K O S T E N L O S

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Blick

licht

KULTURMAGAZIN COTTBUS-LAUSITZ-KOSTENLOS 06/18

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Impressum:

Herausgeber:

Blattwerk e.V.

Redaktion:

Bernd Müller, Robert Amat-Kreft

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:

Bernd Müller Mitarbeiter:

Agneta Lindner, Bernardo Cantz, René Kubasch, Angelika Koch, René Lindenau Layout und Edition:

Matthias Glaubitz Anzeigen:

Agneta Lindner anzeigen@blattwerke.de Druck:

Druck & Satz Großräschen Auflage: 4.100 Kontakt:

Blattwerk e.V., Karlstr. 24, 03044 Cottbus, Tel:

0355/4948199 0176/24603810 redaktion@blattwerke.de, www.kultur-cottbus.de

Unaufgefordert eingesandte Texte und Termine haben keinen Anspruch auf Veröffentlichung.

Spenden an:

IBAN: DE09 1805 0000 3111 1038 70, BIC: WELADED1CBN,

Sparkasse Spree-Neiße mit Unterstützung von: zahlreichen Einzelpersonen und des Studentenwerkes Frankfurt/Oder

Das Pfingstwochenende hatte in diesem Jahr etwas Beson- deres, aber auch Sonderbares zu bieten: Die Hochzeit des englischen Prinzen Harry mit Meghan Markle. In Deutschland haben fast sechs Millionen Menschen dieses Spektakel im staatlichen Fernsehen verfolgt. Fast sechs Millionen. Dass die Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenseiten im Internet damit voll waren, muss nicht extra erwähnt werden.

Wenn sich aber hierzulande fast sechs Millionen Menschen anschauen, wie sich ein Mann und eine Frau sich das Jawort geben, frage ich mich schon, was denn so besonders an diesen beiden Personen ist. Oder kam etwa nichts Besseres im Fern- sehen? Oder war das Wetter so schlecht, dass man nicht lieber Spazierengehen möchte.

Gut, die Briten leisten sich noch eine Königin samt Familie und Gefolge. Das ist etwas befremdlich, aber in britische Ge- pflogenheiten muss man sich nicht einmischen. Königtum und Adel entspringen vormodernen Zeiten, ihre gesellschaft- liche Relevanz haben sie verloren. Längst vergessen sind ihre Schand- und Greueltaten. Der britische Staat zahlt der Königs- familie jährlich etliche Millionen Pfund. Wofür eigentlich?

Das ist das paradoxe an unseren modernen Gesellschaften.

Werden Menschen wie die Royals jährlich mit Millionenbeträ-

gen vom Staat alimentiert, sehen wir in ihnen etwas Glamou- röses. Bei ihnen kommen wir ins Schwärmen, wir blicken zu ihnen auf und schauen uns gespannt ihre Hochzeit an. Gleich- zeitig blicken wir verächtlich auf andere, deren Lebensunter- halt auch vom Staat alimentiert wird, nämlich diejenigen, de- ren Einkommen kaum zum Leben reicht und die wirklich auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

Wenden wir aber unseren Blick wieder nach Deutschland, zu Menschen, die im Gegensatz zu den Royals wirklich etwas in ihrem Leben geleistet haben.

Im Mai ereilten uns zwei traurige Nachrichten. Am 1. Mai ver- starb der Politikwissenschaftler Elmar Altvater. Und am 14.

Mai verstarb der Sozialwissenschaftler und ehemalige Pro- fessor an der BTU, Wolf Schluchter. Der erste hat durch sein Wirken maßgeblich die globalisierungskritische Bewegung beeinflusst. Der zweite hat in der Anti-AKW- und Umweltbe- wegung große Spuren hinterlassen. Zu beiden erhielten wir Nachrufe mit der Bitte, diese abzudrucken. Aus Platzgründen hat aber nur der Nachruf auf Wolf Schluchter Eingang in die aktuelle Ausgabe gefunden. Den Nachruf auf Elmar Altvater werden wir auf unserer Internetseite veröffentlichen.

Bernd Müller

Editorial

Cover:

Credits: lieblinge.org

Inhalt

4 Kultur

aktuelles aus der Kulturszene, CD-Tipps

6 Lesebühne

„Anfangen“ von Matthias Heine

8 Filme

Drama: Der seidene Faden, Musikfilm: Sing Street Horror: Hereditary – Das Vermächtnis, Dramedy: Love, Simon

10 Buch-Tipp

Gerd Wiegel: Ein aufhaltsamer Aufstieg. Alternativen zu AfD & Co.

Martin Ehrenhauser: Die Geldroboter, Annette Leo: Das Kind auf der Liste

12 TheaterBlick

„Hüftgold“ für die Seele und den Geist, Wenn Frauen planen…

Cottbuser Kultur- und Theaterleben außerhalb des Staatstheaters

16 Politik

Karl Marx zum 200. Geburtstag, Feindbild – Russe Das Wort zum Montag: Ostern - Ostermärsche gegen den Krieg

17 Gedichte

von René Lindenau

18 Termine

unser Veranstaltungskalender für Cottbus und die Lausitz

35 Adressen

Orientierungshilfe für den Großstadtdschungel

6 18

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(4)

- Kultur

Bereits zum 12. Mal findet auch in diesem Jahr wieder der Fotowettbewerb „Cottbus weltweit“ im Rathaus statt. Gesucht wird das schönste Motiv mit der gelben Cottbustüte. Ob Ostsee oder Zugspitze, ob Alpen oder Meer – der Standortwahl sind keine Grenzen gesetzt. Alle Hobbyfotografen sind herz- lich dazu eingeladen, sich am kreativen Wettstreit zu beteiligen.

PunkOiRama 2018

Ein neues Festival wird zum Leben erweckt: 2018 die Geburtsstunde eines Punk- and Skin-Festivals in Sprem- berg. Warum? Naja, weil wir Bock darauf haben und die Region hier ruhig noch etwas Alternativkultur vertra- gen kann. Deswegen.

Das Punkoirama findet vom 27. bis zum 28.07.2018 erst- malig auf dem Buckwitzhof bei Spremberg statt.

Das Line Up besteht aus Berliner Weisse, Acidez, Zaun- pfahl, Soifass, Nordwand, Oi! Surm Asozial, Eskalation Ost, Astmatica, High Society, Die Bockwurschtbude, Die Kois, Hottntottn, Die Elbtalherzen, Die Durstigen Nach- barn, Biertoifel.

Vvk. Tickets gibt es für 27.- € über Punkoirama.de und LakeTownRecords sowie bei Steeltown Records Das „PunkOiRama“ hat sich dem unpolitischen Spass versprochen und lädt am 27./28.7.2018 zu einer oima- ligen Sause ein. Hier gibt‘s keinen Krieg, hier gibt‘s kei- nen Faschismus, sondern Froide, Mucke, Suff und Pogo.

Auf der Fahne steht natürlich ganz groß Subkultur in allen Farben und Formen des Punkrocks mit einer ge- sunden Lebenseinstellung und damit meinen wir keine Poprock-Kommerzscheisse.

Supportet wird das Festival von Laketown Records, Steeltown Records, dem Muggefug e.V. sowie Einzelper- sonen, die dieses unkommerzielle Projekt unterstützen.

Alle Rebellen die sich hier angesprochen fühlen, ganz egal ob aus Finsterwalde, Frankfurt, Löbau, Cottbus, Weisswasser, Bluno, Spremberg, Beeskow, Lohsa, Senf- tenberg oder auch Hohenbocka: seid mit am Start bei der Oi-Invasion auf dem Buckwitzhof nähe Spremberg.

Also wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt, folgt uns einfach im Netz auf www.punkoirama.de oder auf Facebook. (pm)

Die schönsten und faszinierendsten Aufnahmen werden ab dem 30. November, zum Geburtstag der Stadt Cottbus, in einer Ausstellung im Rathaus am Neumarkt 5 der Öffentlichkeit präsentiert. Erst- mals wird auch ein Sonderpreis für das schönste Cottbuser Ostsee-Foto vergeben.

Wettbewerbsbeiträge können bis zum 31. Oktober

2018 per E-Mail an Eberhard.Nahly@cottbus.de ver- schickt werden. Die Teilnahmebedingungen zum Wettbewerb sind zu finden unter www.wettbewerb.

cottbus.de. Unter dieser Adresse sind auch alle Ein- sendungen abrufbar.

Im vorigen Jahr wurden 439 Fotos von 53 Einsen- dern eingereicht. (pm)

Aufruf zum Fotowettbewerb „Cottbus weltweit“

Frisch und unverbraucht

Über 10.000 Flugkilometer in den Süden der USA und zurück sowie knapp 80.000 km mit dem Tour- bus. Ja und wenn eine Band so viel reist, hat man an- schließend viel zu erzählen - was im umfassenden Booklet auch ausführlich geschieht. All das spürt man, wenn die CD „Way back Home“ im CD-Player ihre Runden dreht.

Kevin O Neal, inzwischen 2-facher Deutscher Beat- boxmeister, gibt den Beat an und bereitet den Groo- ve, auf dem sich die Solisten Chris Kramer und Sean Athens mit Mundharmonika- und Gitarrensoli aus- breiten können. Das Ganze klingt so frisch und un- verbraucht eigenständig, dass man direkt vom die- sem Sound gefangen wird. Je nach Groove wird die Dosis ihrer Zutaten sorgfältig zusammengestellt, so dass sich auch nach mehrmaligem Hören immer weitere klangliche Überraschungen offenbaren.

Chris Kramer & Beatbox ´n´ Blues: Way Back Home, Album-VÖ: 08.06.2018 auf CD

Ein Stück schwarzer Humor

In die aktuellen Debatten um Political Correctness kommt eine Zwischenmeldung von Black Heino:

„Fear of a Black Heino“ ist ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl, der sich an die Volksfront von Judäa glei- chermaßen wendet wie an die judäische Volksfront.

Die Bläckies nehmen‘s mit Humor, wo die Selbst- kritik der anderen versagt. Frei nach Zeltinger be- kennen sie: „Ich bin Assi mit Niwoh, ich les Adorno auf dem Klo“. Die Mittelklasse kriegt wie immer ihr Fett weg und im Zeitalter von Fake- News und Verschwörungstheorien tauchen plötzlich wieder Phantom-U-Boote auf. Sie werden niemals unterge- hen. Musikalisch ist der kompakte Vierer ein Stück schwarzer Humor, gewandet in dunklem Rock. Im üblichen Versuchsaufbau Gitarre, Bass und Schlag- zeug führen die Berliner Beweis, dass deutschspra- chiger Rock noch nicht vollends Jacke wie Hose ist.

Black Heino: Fear of a Black Heino, Album-VÖ:

25.05.2018 auf EP

Foto: pixabay.com / CC0

(5)

Kultur -

Foto: Jugendliche beim DJ-Workshop während der 12. Brandenburger Jugend- kulturtage ©Eric Naundorf

Unter dem Motto „Ein Band durch Europa“ treffen sich vom 31.08.-02.09. ca. 220 polnische, litauische und deut- sche Jugendliche im Alter von 14 bis 25 Jahren im Ju- gendbildungszentrum Blossin (Landkreis Dahme-Spree- wald), um gemeinsam Kultur zu leben und zu erleben.

Sie werden gemeinsam in bis zu 15 verschiedenen Workshops (u.a. Tanz, Trommeln, Veranstaltungs- management, Graffiti, Theater) arbeiten, sich ken-

Faszinierend und erschreckend im selben Augenblick – so offenbart sich die Tagebaulandschaft dem, der sich mit allen Sinnen hineinbegibt. Die 5 beteiligten Künstler, jeder auf seine Weise und mit unterschied-

Die Angst vor Altersarmut

Viele ArbeiterInnen und RenterInnen in Deutsch- land haben Angst vor Altersarmut. Und dies zu recht.

Wenn wir die Prognosen betrachten, wird der Anteil an SeniorInnen die von Altersarmut gefährdet sind, stetig zunehmen. Waren es 2006 noch 10,3% Ren- tenempfängerInnen, die zusätzlich zu ihrer gesetz- lichen Rente Grundsicherung beantragen mussten, so wird es 2035 schon 20% der in Deutschland le- benden Rentnerinnen so ergehen. Dies entspricht einer drastischen Steigerung von knapp 100%. Ins- besondere sind Personen aus dem Niedriglohnsek- tor, Arbeitslose und Frauen betroffen.

Wir möchten mit den Cottbuserinnen und Cottbuser über die verheerende Renten-Problematik spre- chen und laden dazu am 13.06.2018 um 17 Uhr in den SandowKahn, bei Kaffee und Kuchen, ein.

Dieser Nachmittag soll dazu dienen, persönliche Erfahrungen auszutauschen, Wissen zu vermitteln und über die drastischen Folgen der aktuellen Ren- tenpolitik aufzuklären.

Über rege Teilnahme würden wir uns sehr freuen, denn Altersarmut geht JEDEM etwas von uns an!

Eine Veranstaltung organisiert vom „Solidaritäts- netzwerk Cottbus“

nen lernen und abschließend die Ergebnisse mit einem großen Fest präsentieren. Die Workshops werden von erfahrenen und renommierten Künst- lern und Fachleuten geleitet.

Anmelden können sich ab sofort und bis zum 20.06.

alle interessierten Jugendlichen und Jugendgrup- pen im Alter von 14 bis 25 Jahren mit Wohnsitz in Brandenburg auf www.brandenburger-jugendkul-

turtage.de Die Teilnahmegebühr inklusive Unter- bringung und Verpflegung beträgt 25 EUR je Person.

Organisiert werden die 13. Jugendkulturtage von der Stiftung SPI – Niederlassung Brandenburg Süd- Ost. Mitveranstaltet und gefördert durch das Mini- sterium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg sowie unterstützt durch das Deutsch- Polnische Jugendwerk. (pm)

13. Internationale Brandenburger Jugendkulturtage in Blossin Anmeldung eröffnet

lichen Mittel – Malerei, Fotografie, Film – nehmen sehr verschiedene Wege der Annäherung in diese Pro- blemzone. Im besten Sinne erweist sich hier die Chan- ce, dem Unbegreiflichen dieser Umbruchswelt, wo sich der Mensch der Braunkohle wegen immer noch in der Erde festbeißt, im Bildwerk habhaft zu werden.

Das kann durch strenge strukturelle Kompositionen erfolgen, die der Mondlandschaft durchaus ästhe- tische Werte abgewinnen, genauso wie durch Detail- studien oder gar in Form einer Märchenerzählung. So divergierend die künstlerischen Macharten auch er- scheinen, die Künstler begreifen jenen industrialisier- ten Landstrich als grundsätzliche Herausforderung und damit als einen durch und durch symbolischen Ort. Hier bündeln sich die Konflikte der heutigen Welt auf stringente Weise: als akute Problemlandschaft.

Eine Ausstellungsidee, die vor zwei Jahren in Hoyers- werda geboren wurde und nun in erweiterter und ak- tualisierter Form in Cottbus präsentiert wird.

Matthias Jung, Thomas Kläber, Michael Kruscha, Jürgen Matschie, Andreas Schnögl

Ausstellung, Galerie Haus 23

30.6. – 24.8.18, Eröffnung, Freitag, 29. Juni 2018, 20 Uhr

Gebrochene Landschaften.

Michael Kruscha: Sinfonie der Lausitz, 2011, Repro: Ludwig Rauch

(6)

- Lesebühne

Anfangen

Lese bühne

von Matthias Heine

Luise sitzt vor dem leeren Word-Dokument, wie das Kaninchen vor der Schlange. Sie starrt auf das Ende der ersten Zeile. Erschlagen von ihrer Unend- lichkeit. Vierundzwanzig Stunden bleiben ihr. Naja, sechsunddreißig. Eigentlich genug Zeit, um eine anständige Geschichte aufzuschreiben. Im dritten Jahr sitzt sie nun schon auf der Lesebühnencouch zusammen mit drei Jungs. Als einzige Frau! Und auch als einzige, die nicht wie ein Pointen-Katapult funktioniert. Die Jungs beeindruckt das wenig... Die sind gnadenlose Witzmaschinengewehre und schie- ßen dem Publikum die Kalauer über die Rampe, als gäb‘s keine dritte Runde. Das Publikum verspeist sie dankbar, eilig, kaut sie, schluckte sie runter und wartet gierig auf den nächsten Gassenhauer...

Anfangen

Luise hatte sich auf den Hof gesetzt. Den Rechner auf dem Schoß, den Blick in die Baumkrone einer Mordslinde gerichtet. Eine Linde so groß wie zwei Heißluftballons. Jetzt musste ihr bloß noch irgen- detwas einfallen. „Bielefeld.“, dachte sie.

Vor drei Jahren hatte ihr Bruder Florin angefangen in der Bielefelder Kunsthalle zu arbeiten. Als Muse- umspädagoge. Sie liebte ihren Bruder und hatte ihn oft in Bielefeld besucht. Langsam aber schämte sich die gegenwärtige Luise vor der vergangenen Luise.

Sie knetete ihren linken Unterschenkel und tippte mit rechts in Kleinbuchstaben:

nach drei jahren engstem kontakt mit der stadt bielefeld und ihren menschen finde ich den witz über dieselbe und dieselben überflüssig und emp-

fehle ehrlichen herzens allen witzereißern auf die- sen zu verzichten. es gibt ihn nämlich nicht...

Anfangen

Luise hatte sich gerade auf den Hof gesetzt, als sie einen lauten Knall vernahm. Sie konnte der ersten Kugel noch intuitiv ausweichen. Den zweiten lauten Knall hörte dann bloß noch eine Elster und stürzte sich erschrocken vom Ast einer Linde, die so groß war wie drei Heißluftballons. Sie breitete die Flügel aus und segelte über Luisens toten Körper, saftigen, grünen Rasen und zwei aufgeschlagene Reisepässe, einen Russischen und einen Britischen hinweg…

Anfangen

Die Kaffeemaschine rattert. Um fünf Uhr fährt Lui- se aus dem Schlaf. Etwas hatte sie erreicht in die- ser Dunkelheit. Im Badezimmer putzt sie sich die Zähne. Sie mag keinen Kaffee trinken mit so einem Nachtmaul. Da trinkt man den Stinkemund im- mer mit. Luise nimmt sich die Tasse, süßt den Kaf- fee, setzt sich an den Tisch und hält sich die Ohren zu. Das hilft... Manchmal schreibt es sich ganz gut, gleich nach dem Aufstehen. Augen und Ohren zu halten und so in sich hineinhören.

Was kam da in der Nacht zu ihr. Was will so gern auf das Papier? Sie öffnet das linke Auge. Neben ihr liegt das Telefon. Da darf sie jetzt nicht rein schauen.

Das killt alles Kreative. Nur schnell das FB Profil...

und jetzt noch Insta...

(7)

Lesebühne -

Fotos: Die Lesebühne im „Faulen August“ © Schwartzman P. VanderbuilT Anfangen

Nur ein einziges Mal sagte Ismael sagt zu seinem Kapitän:

„Kommst du gerade oder haust du Ahab…?“

Anfangen

Als Luise erwacht, hat sie eine Idee. Schreib doch was über das Anfangen, sagt die innere Luise zu Äu- ßeren. Es müssen ja nicht immer ganze, also vollen- dete Geschichten sein. Es kann doch auch mal eine Geschichte über das Anfangen geben. Eine ganze Geschichte über die unzähligen Texte, die die im- mer wieder gelöscht werden, bevor wirklich so et- was, wie ein erster Satz stehen bleibt.

Das Publikum ist doch sicher daran interessiert?

Warum nicht bei der einhundertsten Lesebühne ei- nen Text über das Schreiben schreiben. Im Erwach- senentheater machen die das doch auch: Das Zei- gen zeigen und zeigen das man das Zeigen zeigt, damit es noch ein bisschen ironischer ist…

„Huch, wer hat denn die vierte Wand weggeräumt...“, hahaha.

„In der Pause dürfen sie sich gern ein Eis im UCI ho- len...“, hihihi.

„Wer nicht mitdenkt, fliegt raus…“ Achso?

Das Publikum immer ein bisschen von der Seite an- machen. Aber nicht zu dolle, weil am Schluss, will man ja schon noch den Applaus und sich verbeugen.

Das, ja! Das muss! Tradition ist Tradition!

Luise hat sich also entschlossen. Sie wird über das Schreiben schreiben. Über das Anfangen. Warum nicht? Es gibt nur etwas zu gewinnen. Einen Kunst- preis oder eben nicht. Nachher sind so oder so wie- der nur 1,50 € pro Nase in der Spendenbox...

Anfangen

Als Luise Mommsen aus unruhigen Träumen er- wachte fand sie sich in ihrem Bett zu einem unge- heuren...

Anfangen

Luise hat den Kaffee getrunken und nun schon eine Ewigkeit auf das gähnend leere Worddokument ge- schaut. Sie beschließt eine Pause einzulegen. Pau- sen sind gut und richtig gegen heranschleichende Überlastungsdepressionen. Luise geht zurück in ihre Wohnung, legt sich auf der Couch auf den Rü- cken und schaut an die Decke.

Auf dem Sofa wird Luise plötzlich warm und wärmer, besonders dort wo Venus keinen geraden Strich mehr zu zeichnen vermag... Alle anderen Planeten drängen sich plötzlich laut zeternd vor ihrem Fen- ster, um wenigsten den allerkleinsten Blick hi- neinwerfen zu können. Nur der Mond balancierte ganz oben und still auf den Ringen des Saturns und schweigt bis Luise wieder leicht ist...

Anfangen

Robert legte die Taschenlampe beiseite. Endlich hatte er eine Idee. Die Idee war kühn. Im Prinzip un- durchführbar und er hatte sie so noch nie gedacht.

Zuerst müsste er sich waschen, sicher… aber dann:

Einen frischen Bogen Papier herausgezogen, die Hand an den Griffel und los ginge es. Wenn das funk- tioniert wäre er einem Lebensziel sicher einen groß- en Schritt näher gekommen. Lusie Mommsen.

Er würde Lusie ein Gedicht schreiben. Das könnte was werden.

Es wäre nicht das erste Herz mit trefflicher Lyrik er- obert...

Anfangen

reise reise (für L.)

wieder und wieder fliegen die gleise an meiner rasenden seele vorbei es krümmt die zeit sich auf jeglicher reise und ruft in die ferne aus eins werde zwei die gleise flüstern mir zu

das lohnende bist du denn keine sei wie diese der tiefste kotau luise Anfangen

Ein richtig guter Anfang wäre: Aufhören!

(8)

Foto: Der seidene Faden © Universal Pictures

Zum Film:

Regie: John Carney Mit: Ferdia Walsh-Peelo, Lucy Boynton, Mark McKenna, Ben Carolan u.a.

Produktionsland: Irland Jahr: 2016

Genre: Musikfilm

Der Film ist seit dem 06. Oktober 2016 als Blu-ray und DVD erhältlich.

- Film-Tipp

Zum Film:

Regie: Paul Thomas Anderson Mit: Daniel Day-Lewis, Vicky Krieps, Brian Gleeson u.a.

Land: USA Jahr: 2017 Genre: Drama

Der Film ist ab dem 07. Juni 2018 als Blu-ray und DVD erhältlich.

Erfolgreicher Modeschöpfer mit menschlichen Fehlern

Drama: Der seidene Faden

London in den 1950er-Jahren, wo eine Modeschöpfer namens Reynolds Wood- cock (Daniel Day-Lewis) lebt. Der lernt schon bald die junge ausländische Kell- berin Alma (Vicky Krieps) kennen. Woodcock ist Junggeselle und hatte schon viele Frauen als Muse in seinem Haus. Er gilt als übersensibel sowie kreativ und hält sein Modebetrieb The House of Woodstock erfolgreich am laufen. Zu seinem Kundenkreis zählen die Mitglieder der High Society und die königliche Familie. Schon bald wird Alma eine Angestellte seines Unternehmens, die sich kurz vorher in Reynolds verliebt hat. Er empfindet auch selbiges für sie und lässt sie schon bald bei sich einziehen. Alma schafft es sogar sich in seiner Nähe zu behaupten. Mit der Zeit bekommt sie mit, wie sehr Regeln und Gewohnheiten Reynolds tägliches Leben bestimmen. Wird es ihre Liebe dennoch schaffen eine fundamentale Beziehung auf Dauer aufzubauen?

Der Film basiert auf einem Originaldrehbuch des Regisseurs. Im Rahmen der Academy Awards 2018 war das Drama für insgesamt sechs Oscars nominiert. U.a.

als Bester Film, Beste Regie (Paul Thomas Anderson) und Bester Hauptdarsteller (Daniel Day-Lewis). Eine Trophäe gab es in der Kategorie Bestes Kostümdesign.

Daniel Day-Lewis gilt als Charakterdarsteller und hat nun schon zum zweiten Mal seine Schauspielerkarriere an den Nagel gehängt. Zu seinen größten Erfol- gen zählen u.a. „There Will Be Blood“ (2007), „Gangs of New York“ (2002) oder

„Lincoln“ (2012). Den ersten Oscar als Hauptdarsteller erhielt Day-Lewis für „Mein linker Fuß“ (1989), als er den schwerbehinderten Christy Brown spielte. (rk)

Rock’n‘Roll is a Risk

Musikfilm: Sing Street

Dublin, Irland in den 1980er Jahren, wo eine Familie mit ihren Finanzen zu kämpfen hat. Da beschließen die Eltern Conor (Ferdia Walsh-Peelo) von der Privatschule abzumelden. Stattdessen kommt er auf die öffentliche Schule na- mens Synge Street. Und als wären die Streitereien seiner Mutter (Maria Doyle Kennedy) und Vater (Aidan Gillen) nicht schon genug, bekommt er es auf der Schule mit dem Halbstarken Barry (Ian Kenny) zu tun. Auch der Schulleiter Bru- der Baxter (Don Wycherley) macht ihm das Leben schwer. Da kommt Schulka- merad Darren (Ben Carolan) gerade recht, um den Außenseiter wichtige Tipps zu geben…

John Carney, der sich für die Regie und Drehbuch verantwortlich zeigte, brach- te seine eigenen Erfahrungen aus der Kindheit als auch Jugend als Haupthand- lung in den Film und übertrug dies auf die Hauptfigur Conor. Man bekommt auch einen guten Eindruck von den damaligen Lebensverhältnissen in Dublin geboten.

Schließlich war es nicht seine erste Arbeit zum Thema Musik. Mit „Once“ (2007) und „Can a Song Save Your Life?“ (2013) schuf er Filme, die ebenfalls in diversen Bestenlisten weit oben zu finden sind. Adam Levine trat in „Sing Street“ in einer Nebenrolle auf und schrieb und sang den Song „Go Now“.

Einfach ein mitreißender Film über glaubhafte als auch teils tragische Figuren, die dem Film eine gewisse Bodenständigkeit verleihen. Eine Geschichte über Verwirklichung von Träumen, die noch lange im Gedächtnis bleiben wird, wenn man sich auf die Faszination einlässt. (rk)

Anmerkung:

Die komplette Filmkritik zu „Sing Street“ ist auf www.11ersfilmkritiken.com verfügbar.

(9)

Zum Film:

Regie: Ari Aster

Mit: Toni Collette, Zackary McArthur, Gabriel Byrne, Alex Wolff uva.

Produktionsland: USA Jahr: 2018

Genre: Drama/Horror Länge: 126 Min.

Der Film läuft ab dem 14 Juni 2018 in allen bundesdeutschen Kinos.

Zum Film:

Regie: Greg Berlanti

Mit: Nick Robinson, Jennifer Garner, Josh Duhamel, Alexandra Shipp uva.Land: USA

Jahr: 2018 Genre: Dramedy Länge: 110 Min.

Der Film läuft ab dem 28 Juni 2018 in allen bundesdeutschen Kinos.

Kino-Tipp -

Foto: Hereditary – Das Vermächtnis © Splendid Film

Ergründung der eigenen Geschichte

Horror: Hereditary – Das Vermächtnis

Der Familie Graham könnte es nicht besser gehen. Sie führen ein ruhiges, aber auch beschauliches Leben an einen etwas abgelegenen Waldrand. Annie (Toni Collette) und ihr Mann Steve (Gabriel Byrne) kümmern sich liebevoll um ihre beiden Kinder Peter (Alex Wolff) und Charlie (Milly Shapiro). Doch plötzlich stirbt Annies Mutter Ellen, die das Oberhaupt der Familie war. Der Familie er- eilen nun mysteriöse und grauenhafte Ereignisse, die auch angsteinflößende Geheimnisse von ihren Vorfahren mit sich bringen. Für Annie, Steve, Peter und Charlie beginnt nun ein Wettlauf gegen ihr dunkles und unheilvolles Schicksal, welches ihre Ahnen ihnen hinterlassen haben…

Der Film lief bereits beim Sundance Film Festival (Januar 2018) und South by Southwest Film Festival (März 2018). Uns erwartet ein Thriller, der mit einer at- mosphärischen, dichten und intelligenten Spannung aufwartet. Die beunruhi- gende Familientragödie setzte der Newcomer-Regisseur und Drehbuchautor Ari Aster um. Vor dieser Produktion inszenierte er sechs Kurzfilme, für die er al- lesamt auch das Drehbuch verfasste. Zu seinen jüngsten Werken zählen „C‘est La Vie“ (2016) und „The Turtle‘s Head“ (2014). Alle seine Filme handeln eben- falls von Traumata und heimischen Ritualen. Aster war selbst von Unglücksfäl- len und Tragödien in der Familie betroffen und lässt sich davon bei seiner Ar- beit inspirieren. Schon jetzt scheint er ein Regisseur zu sein, der sein Handwerk perfekt versteht und seine Visionen kunstvoll als auch sorgfältig ausarbeitet.

Ganz im Stile von Alfred Hitchcock, der seinerzeit unvergessliche Filmklassiker schuf. (rk)

Auf der Suche nach dem Glück

Dramedy: Love, Simon

Basierend auf der Buchvorlage von Becky Albertalli, die den Titel „Simon Vs.

The Homo Sapiens Agenda“ (dt. Nur drei Worte), erwartet uns ein Film, der eine Geschichte zeigt, wo jeder eine große Liebesgeschichte verdient. Aber für den 17-jährigen Simon Spier (Nick Robinson) ist es etwas komplizierter: Er muss Fa- milie und Freunden noch beichten, dass er schwul ist und kennt nicht einmal die Identität des Klassenkameraden, in den er sich online verliebt hat. Beide Probleme zu lösen, erweist sich als gleichzeitig unglaublich witzig, angstein- flößend und lebensverändernd. Doch wird Simon das finden, was er wirklich sucht? Oder wird er am Ende doch enttäuscht?

Inszeniert von Greg Berlanti („Dawson’s Creek“), geschrieben von Isaac Aptaker und Elizabeth Berger („This is us“) und basierend auf Becky Albertallis hochgelobtem Buch, ist „LOVE, SIMON“ eine witzige und herzliche Coming-of-age Geschichte über die spannende Reise auf der Suche nach sich selbst und der ersten Liebe.

Der 23-jährige Nick Robinson hat schon Erfahrungen im Genre des Dra- mas sammeln können. So war er in Rob Reiners „Being Charlie“ zu sehen, wo er einen drogenabhängigen Jugendlichen spielte, der seine Drogensucht in den Griff bekommen möchte. Eine Kritik zu diesem Film findet ihr auf www.11ersfilmkritiken.com. Dazu müsst ihr im Blog nur die Suche benutzen, um schnell zur Kritik zu gelangen.

Greg Berlanti arbeitet neben seiner Regietätigkeit auch als Autor und Produ- zent für US-Serien. Zu seiner Vita zählen u.a. „Eli Stone“ (2008-2009), „The Flash“

(seit 2014) oder „Riverdale“ (seit 2017). (rk)

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AfD

Ein aufhaltsamer Aufstieg

Zum Buch:

Gerd Wiegel

„Ein aufhaltsamer Aufstieg.

Alternativen zu AfD & Co.“

Papyrossa Verlag, Köln (2017) 126 Seiten, Preis: 12,90€

ISBN: 978-3-89438-616-0 10 - Buch-Tipp

„Was tun gegen die AfD?“ ist der Titel eines Diskus- sionspapiers, das von der Interventionistischen Linken (IL) verbreitet wurde. Cottbus spielt in die- sem Papier eine besondere Rolle. Denn darin wird unter anderem diskutiert, was in Cottbus unter- nommen werden könnte, um die sogenannte Neue Rechte nicht weiter erstarken zu lassen. Die Lösung scheint einfach: Um den Einfluss von AfD und „Zu- kunft Heimat“ zurückzudrängen, reicht es der IL zufolge aus, Bündnisse zu schmieden und den anti- faschistischen Widerstand verstärkt auf die Straße zu tragen. So einfach diese Lösung auch scheint, sie erreicht das selbst gesteckte Ziel nicht.

Dafür gibt es einen schlichten Grund: Die Analyse der IL ist falsch. Sie erklärt nicht, weshalb eine mit- gliedsschwache Partei wie die AfD derartige Wahl- ergebnisse einfahren kann. Und während „Zukunft Heimat“ nur wenige Cottbuser mobilisieren kann, erhält die wesensverwandte AfD von jedem vierten Wähler in Cottbus die Stimme. Letztlich muss es für den Erfolg der Neuen Rechten Gründe geben, denen man mit Demonstrationen nichts entgegensetzen kann.

Im Papyrossa-Verlag ist das Buch von Gerd Wiegel

„Ein aufhaltsamer Aufstieg. Alternativen zu AfD &

Co.“ erschienen, mit dem Wiegel die Erfolgsgründe der Neuen Rechten analysiert. Und er zeigt, dass die Situation für Linke ebenso erfolgversprechend sein könnte, wenn sie sich auf ihre Wurzeln besinnen würden.

Der Erfolg der Rechten beruht auf einer – wenn auch unbewussten – Ablehnung des Kapitalismus und Neoliberalismus in breiten Teilen der Gesell- schaft. „Die radikale Rechte in Europa und den USA bezieht sich vor allem auf den Teil der Bevölkerung, der sich nicht als Gewinner dieser Art [der kapitali- stischen – B.M.] der Globalisierung – bzw. einer neo- liberal ausgerichteten EU – sieht. Und dieser Teil ist, auch wenn uns die tägliche Medienberieselung an- deres suggerieren will, nicht klein, vielleicht nicht einmal minoritär.“ (S. 9)

Dieser Teil der Gesellschaft umfasse äußerst he- terogene kulturelle und soziale Gruppen. „Vom mittelständischen Familienunternehmer/in über Selbständige und mittlere Angestellte zu abhän- gig Beschäftigten und Erwerbslosen.“ Und diesen werde von der Rechten „vor allem zwei Antworten auf die Krise des neoliberalen Kapitalismus: Sie benennt politisch Verantwortliche und macht ein – vorgebliches – Lösungsangebot für die von der Kri- se Betroffenen“. Verantwortlich seien die liberalen politischen und kulturellen Eliten, die die Globali- sierung mit all ihren Begleiterscheinungen voran- getrieben haben. Die von den Eliten verkündete Al- ternativlosigkeit der Entwicklung erweise sich jetzt als Bumerang: Wer jede Alternative ausschließt, befördert geradezu die Suche nach radikalen Än- derungen.

Das Lösungsangebot der Rechten ist letztlich das Problem: eine nationalistische, ethnische, teils völkische Definition der Teilhabe am gesellschaft- lichen Reichtum (ökonomisch und kulturell).

Gleichzeitig bietet das Streben nach radikalen Än-

derungen für Linke die Chance, mit eigenen Ant- worten auf die Fragen der Zeit aus dem Schatten hervorzutreten. Denn die Lösungen der Rechten sind nur scheinbare Lösungen. „Niemals wird von dieser Rechten über die allgemeine Ausweitung des gesellschaftlichen Reichtums, über Fragen der Umverteilung von oben nach unten gesprochen.“ (S.

9) An diesem Punkt steht die radikale Rechte näm- lich ganz auf dem Boden des privatkapitalistischen Gesellschaftssystems, das letztlich für die gesell- schaftlichen Verwerfungen verantwortlich ist. Ihre Positionen stimmen sogar auffallend deutlich mit denen der herrschenden Eliten überein.

Rechte und die herrschende Elite teilen die vom Neoliberalismus geprägten Werte des marktkon- formen Individuums, hatte schon der Sozialwissen- schaftler Wilhelm Heitmeyer in seiner Forschung

„Deutsche Zustände“ geschrieben. Wiegel greift di- ese Ergebnisse auf: „Da die eigene Existenz den An- forderungen des Marktes unterworfen werden muss, diese Unterwerfung jedoch als freiwillige Aneig- nung und unbedingte Verfolgung dieser Werte um- gedeutet wird, richten sich Argwohn und Hass auf all jene Individuen oder Gruppen, denen unterstellt wird, von diesen Normen abzuweichen oder sich ihnen gar zu entziehen.“ (S. 25) Deshalb meist vor- dergründig nicht eine rassistische Argumentation gegen Geflüchtete und Zugewanderte ins Feld ge- führt, sondern der sozialrassistische Vorwurf, diese bezögen ein „leistungsloses Einkommen“ in Form von staatlicher Unterstützung, wogegen man selbst sich der täglichen Mühsal des Marktes unterwerfe.

Für Linke sind die Verteilungsfragen eine gute Chance, selbst den Bruch mit dem herrschenden Wirtschaftssystem zu propagieren. „Für die Linke, die genau hier ihr zentrales Feld hat, ergeben sich daraus nachhaltige Probleme.“ (S. 11) Denn die so- ziale Frage als Verteilungs- und letztlich als Macht- frage hat sie fast völlig aufgegeben zugunsten von neoliberalen Ideologiefragmenten. Letztlich fehlt es ihr an einem klaren Klassenstandpunkt und an dem Mut und dem Willen, ihn in der Bevölkerung zu verankern. „Die Linke hat – und das ist die bedrü- ckendste Feststellung – diesem Konzept [der Rech- ten – B.M.] von Ausgrenzung und Rassismus nichts auch nur annähernd so Attraktives und vor allem in den Augen der Wählerinnen und Wähler der Rech- ten Erfolg Versprechendes entgegenzusetzen.“ (S.

10)

Wiegel analysiert die Erfolgsbedingungen der Rechten und überzeugt. Denn er versucht nicht mo- ralisch über die AfD-Wähler zu urteilen, sondern de- ren Motivation zu erhellen, die Rechte zu wählen.

Er macht Schluss mit der Mär, AfD-Mitglieder und -Anhänger seien per se Faschisten. Dem stellt er eine differenzierte Analyse entgegen. Und er weist darauf hin, dass die Neue Rechte weniger stark in der Bevölkerung verankert ist, als die Wahlergeb- nisse suggerieren. Im Kampf um die Köpfe stehen die Chancen für Linke nicht schlecht – wenn sie ihn denn ernsthaft aufnehmen wollen.

Bernd Müller

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Zum Buch:

Annette Leo (2018):

„Das Kind auf der Liste. Die Geschichte von Willy Blum und seiner Familie“

Berlin: Aufbau Verlag 176 Seiten, Preis: 10,00€

ISBN: 978-3-7466-3431-9

Blicklicht Buch-Tipp

Zum Buch:

Martin Ehrenhauser (2018):

„Die Geldroboter.

Wie Hochfrequenzmaschinen unser Erspartes einkassieren und Finanzmärkte destabilisieren“

Wien: Promedia Verlag 240 Seiten, Preis: 17,90 € ISBN: 978-3-85371-435-5

Buch-Tipp - 11

Spielkasino – voll automatisiert

Kapital ist das Elixier unseres Wirtschaftssystems. Und jeder, der etwas mehr Geld hat, als er unmittelbar braucht, kann dieses in Kapital verwandeln. Ein probates Mittel dafür ist der Kauf von Aktien, Rohstoffen oder Währungen an den Börsen.

In Deutschland können sich die Menschen nicht mehr auf die Rente verlas- sen. Sie wurden gezwungen, mittels Riester- und Rüruprente selber für ihren Lebensabend vorzusorgen. Viele legen ihr Erspartes zu diesem Zweck auch in Fonds und Aktien an. Was die meisten von ihnen nicht wissen: Über Gewinn oder Verlust ihrer Geldanlage entscheiden mittlerweile sogenannte Hochfrequenz- händler, die die Kurse mithilfe ausgeklügelter Computersysteme teilweise ma- nipulieren. Das Geld der kleinen Anleger fließt in das Finanzkasino 4.0, wo es die Geldroboter ultra¬schnell und automatisiert einkassieren.

Maschinen, sogenannte Geldroboter, entscheiden mithilfe ausgeklügelter Al- gorithmen fast autonom darüber, welche Wertpapiere in welchem Umfang und zu welchem Preis gekauft oder verkauft werden. „Händler, die noch per Mausklick ihre Orders eingeben, sind selten. Jeder, der das macht, ist ein Idi- ot. Menschen sind für den Börsenhandel ungeeignet. Sie können nicht so viele Informationen in derart kurzer Zeit verarbeiten wie ein Computer. Jeder, der es trotzdem versucht, wird über kurz oder lang verlieren“, sagte Gilles Dumont, mit dem der Betriebswirt und Politikwissenschaftler Martin Ehrenhauser für sein Buch „Die Geldroboter. Wie Hochfrequenzmaschinen unser Erspartes ein- kassieren und Finanzmärkte destabilisieren“ gesprochen hat.

Die Betreiber der Geldroboter sind nicht nur die Gewinner der digitalen Revo- lution, sondern auch der Krisen. Als Griechenland 2012 vor dem Konkurs stand, sackten sie fette Gewinne ein. Als am „Black Monday“, dem 24. August 2015, weltweit die Börsen crashten, verzeichneten sie einen Rekordhandelstag.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im automatisierten Finanzkasino ist die Ge- schwindigkeit. Damit die Geldroboter der Handelsmaschine so nah wie mög- lich kommen, nisten sie sich direkt bei den Großservern der Börsen ein. Um zwischen London und Frankfurt keine Millisekunde zu verlieren, bauen sie ei- nen Mikrowellenturm höher als der Eiffelturm. Obwohl sie Manipulationstech- niken wie das sogenannte „Spoofing“ benutzen, obwohl sie auch schon mal einen ausgemachten Kurseinbruch auslösen und obwohl sie selbst Ex-EU-Kom- missar Michel Barnier als „systematische Gefahr für die Märkte“ bezeichnet, wurde das vom EU-Parlament geplante „Tempolimit“ auf Finanztransaktionen niemals beschlossen.

Martin Ehrenhauser hat die Debatten darüber als EU-Abgeordneter in Brüssel miterlebt und die Aktivitäten der Hochfrequenzhändler in den letzten Jahren gründlich untersucht. Sein Buch offenbart, dass die Finanzmärkte von ihnen sy- stematisch unterwandert und beherrscht werden.

(bm/pm)

Das Kind auf der Liste

Der Roman „Nackt unter Wölfen“ gehört zu den wohl bekanntesten antifaschi- stischen Klassikern. Bruno Apitz machte mit seinem Roman den Namen Stefan Jerzy Zweig, des „Buchenwald-Kindes“, weltbekannt. Das Kind Stefan Jerzy Zweig gab es tatsächlich, und mit ihm ist der Name eines anderen Kindes verbunden:

Willy Blum, der aus einer Familie von Wanderpuppenspieler stammte und eine Zeitlang in Hoyerswerda lebte.

Was beide Kinder verbindet, „ist eine gemeinsame Nummer auf einer zweisei- tigen Liste samt Zusatzblatt: Es handelt sich um eine Transportliste nach Ausch- witz, die Ende September 1944 im Konzentrationslager Buchenwald zusammen- gestellt wurde und die die Namen von 200 Kindern und Jugendlichen umfasst“ (S.

9). Der letzte, hinter der Nummer 200 stehende Name auf der Liste „Zweig, Stefan“

ist durchgestrichen. Auf dem Zusatzblatt steht statt seiner hinter der gleichen Nummer „Blum, Willy“. Die Namen wurden offenbar nachträglich ausgetauscht.

Annette Leo versucht mit ihrem Buch „Das Kind auf der Liste. Die Geschichte von Willy Blum und seiner Familie“ das Leben des nach Auschwitz deportierten und ermordeten Kindes nachzuzeichnen. Mit ihrem Buch macht sie das Menschheits- verbrechen des deutschen Faschismus – dessen Dimension notwendigerweise ab- strakt und damit unvorstellbar bleibt – am Beispiel der Verfolgungsgeschichte von Willy Blum konkret. Blum gehörte zu der der Gruppe der Sinti und Roma, von denen – neben den rund sechs Millionen Juden – rund 500.000 ermordet wurden.

Einen großen Teil des Buches widmet Leo der Nachkriegszeit und des Kampfes der Sinti und Roma, dass ihnen zugefügtes Leid als NS-Verbrechen anerkannt wurden. Denn das war in der Bundesrepublik alles andere als selbstverständlich.

An den Gerichten und bei der Polizei arbeiteten meist noch die Personen, die dort schon unter Hitler gearbeitet hatten und an der Verfolgung der Sinti und Roma beteiligt waren.

„Die Entschädigungsverfahren waren bis in die 1960er Jahre hinein generell für Überlebende der NS-Verfolgung eine peinliche Prozedur […]. Die Sinti jedoch erlebten besondere Diskriminierung und Benachteiligung, weil sie mit der un- heilvollen Kombination von ausgrenzenden Klauseln in der Entschädigungsge- setzgebung und persönlichen Vorurteilen der jeweiligen Bearbeiter konfrontiert waren.“ (S. 133) Als „Experten“ in strittigen Fragen zogen die Entschädigungs- ämter zudem Kriminalpolizisten zu Rate, die während der NS-Zeit in den „Dienst- stellen für Zigeunerfragen“ mit deren Verfolgung befasst waren. Nun seien sie daran interessiert gewesen, die Glaubwürdigkeit der Antragsteller in Frage zu stellen.

In einem Urteil des Bundesgerichtshofes von 1956 hieß es noch, dass den Sinti und Roma zuteil gewordene Diskriminierungen wie Berufsverbote, Zwangsar- beit und Inhaftierung in kommunalen Lagern legitime polizeiliche Reaktionen auf „Asozialität, Kriminalität und Wandertrieb“ von „Zigeunern“ waren. Erst 1963 wurde diese Ansicht revidiert. (bm)

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12 - Theater

Foto©ChristianeSchleifenbaum

Eigentlich hat alles mal sehr klein angefangen. Die Cottbuser Choreografin und Tanzpädagogin Golde Grunske eröffnete 2008 einen Tanzkurs für Erwach- sene. Dabei sollte es nicht nur um die reine Bewe- gung zur Verbesserung der persönlichen Fitness und die allgemeine Freude am Tanzen gehen, son- dern auch Kreativität und die Erfahrung von Orten, Zuständen und Befindlichkeiten mit den Mitteln des Tanzes zu erfassen, gehörten von Anfang an dazu.

Daraus entwickelte sich anfangs eine kleine Perfor- manz, die in kleinen Rahmen vor Freunden gezeigt wurde.

Aus den Erfahrungen der gemeinsamen Arbeit er- wuchs der Wunsch, diese Erlebnisse auch mit an- deren Menschen zu teilen und so wagte die Grup- pe den großen Schritt auf die Bühne und es folgten 2013 das Stück „13“ und ein Jahr später die Produk- tion „Sinne“, 2015 „ein leben lang“ und 2017 „wege“, welche alle im „piccolo theater“ uraufgeführt wur- den.

In einer Zeit, in der auch im Tanz der ewige Drang nach „Höher“, „Schneller“, „Jünger“ zum Teil unsin- nige Auswüchse angenommen hat, treten diese er- wachsenen Frauen mutig an die Öffentlichkeit und werfen sich mit ihrem Stolz, ihrer Schönheit und ih- rer Körperlichkeit gegen den Strom dieser Zeit.

Gastspiele führten die Gruppe bereits zu den Tanz- wochen nach Dresden und in das Mondstaubtheater in Zwickau.

Am 27.04.2018 erlebte nun mit „RÄUME“ die neu- ste Produktion von „Hüftgold“ im „piccolo thea- ter“ ihre Premiere und vereinte gleich zwei Kurse der Tanzwerkstatt, die von Golde Grunske und Io- annis Avakoumidis unterrichtet werden. Die Tatsa-

che, dass beide Vorstellungen ausverkauft waren und Interessenten weggeschickt werden mussten, spricht erst einmal dafür, dass „Hüftgold“ nicht nur schon einen eigenen Fankreis gewonnen hat, son- dern auch, dass das Publikum inzwischen mit groß- en Erwartungen zu den Aufführungen der Gruppe kommt.

Diese wurden bei der Premiere am 27. April 2018 im „piccolo theater“ sogar noch übertroffen. Golde Grunske und Ioannis Avakoumidis teilen den Thea- terraum und das Publikum in zwei Hälften. Während auf der einen Seite das Publikum wirkungsvolle Tanzvideos der Gruppe, gedreht in der Umgebung von Cottbus zu sehen bekommt, ertanzen sich zur gleichen Musik die Tänzerinnen und ein Tänzer den anderen Raum. Noch tastend zu Beginn, erobern sie sich mehr und mehr den Ort und füllen ihn mit ihren Erwartungen und Wünschen, ihren Bewegungen und Körpern. Behutsam führen beide Choreografen ihre Compagnie und geben unterschiedlichen Be- gabungen und Individualitäten den nötigen Raum, ohne dabei jemals das Gemeinsame, das Verbin- dende zwischen allen Tänzerinnen zu vernachläs- sigen. Die zum Teil schlichten choreografischen Formen entfalten dabei eine enorme künstlerische Dimension, welche aus der Individualität und Er- fahrung der Interpretinnen entspringt.

Im erst genannten Raum, gehen die Tanzvideos nun in eine Liveübertragung der anderen Seite über, die zu den Tänzerinnen und dem Tänzer eine unge- wöhnliche Nähe schafft.

Zum grandiosen Höhepunkt der Inszenierung ge- riert, wenn die Darstellerinnen sich mit altbacke- nen, ja schrägen Perücken fast verunstalten und

diese Last mit großer Würde und stolzem Trotz in beiden Räumen zur Schau tragen. Nach den vorher eindrücklich getanzten Versuchen von vorsichtiger Annäherung und behutsamer Kontaktaufnahme, lässt dieses Bild den Betrachter förmlich erstarren.

Die Würde des Einzelnen wird unantastbar, allen Äußeren Widrigkeiten zum Trotz.

Zum zweiten Teil ergreifen die Mitglieder der Com- pagnie das Publikum bei der Hand und führen es in den anderen Raum, auf das die Betrachtung der Re- alität des Lebens aus einer anderen Sichtweise neu beginnen möge.

Ein Abend der einen besonderen Eindruck beim Zu- schauer hinlässt. Beeindruckend getanzt von Ramo- na Rettig-Bertko, Dörthe Gaudet, Jeanette Pellen, Birgit Kothe, Kathrin Hornung, Sabine Krüger- Deus- sen, Verena Nagel, Anne Kaiser, Susanne Riepe, Gui- lain Vernimmen, Kristina Kölzsch, Anne Scharnholz, Grit Scheppan, Melanie Takla, Mandy Düsterhöft, Anke Palme und Kathrin Nabila Wiegand.

Für die filmtechnische Umsetzung sorgte Jae-Pyung Park und die technische Abteilung des „piccolo the- aters“ erfüllte in gewohnter Manier alle Wünsche in Fragen Licht, Bühnenraum und Tonübertragung.

Am 03.Juli 2018 um 20.00 Uhr ist die Produktion ein weiteres Mal zu erleben. Auf Grund des großen Inte- resses hat die Tanzwerkstatt Cottbus übrigens einen dritten Kurs für Erwachsene eröffnet.

Weitere Informationen unter: tanzwerkstatt-cott- bus.de

Karten für die Vorstellung am 03. Juli über das „pic- colo theater“ in Cottbus unter: 0355-23687 Michael Apel

„Hüftgold“ für die Seele und den Geist

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Suzanne Kockat und Julia Graf (v.l.n.r.) in einer Szene aus „Weiberabend“

© Sandra Mattner

Theater Blick

Theater - 13

sich, ist dies der Kitt, der ihre Freundschaft zusam- menhält?

Doch dann geschieht etwas Unerwartetes. Elena eröffnet Amanda, sterben zu wollen. Nicht etwa ein Selbstmord mit Tabletten oder Gift, oder gar ein Sprung vom Balkon. Nein, sie räumt einfach ihre Wohnung auf und legt sich bequem auf ihren Futon, um dann ganz allmählich durch Meditation vom Le- ben in den Tod zu geleiten.

War das Stück bisher heiter und freundlich, be- kommt die Geschichte nun eine skurrile Wendung die dem Zuschauer zahlreiche komische, aber auch ernsthafte und nachdenkliche Momente beschert.

Dabei unternimmt die Handlung kunstvolle Wen- dungen und bleibt so spannend bis zur letzten Mi- nute.

Die „Theaternative C“ hat mit Julia Graf und Suzan- ne Kockat zwei hervorragende Interpretinnen, die an keiner Stelle der Inszenierung den Kontakt zur Geschichte oder gar zum Publikum verlieren.

Julia Graf gibt die Elena mit einer herrlich aufge- setzten Gelassenheit, durch die sie ihre Freundin auf eine falsche Fährte zu locken versucht. Dabei nutzt sie gekonnt die breite Palette an Gesten, Tonlagen und spielerischen Nuancen, in der dann anschei- nend völlig normale Sätze, plötzlich zu Halbwahr- heiten, Irritationen und gedanklichen Verwechs- lungen mutieren.

In der Rolle der karrierebewussten Amanda scheint sich Suzanne Kockat sichtlich wohl zu fühlen. Sie ge- staltet präzis die verschiedensten Stufen zwischen Das neue Konzept der „Theaternative C“, der klei-

nen Komödie in Cottbus scheint zu funktionieren.

Der Theaterleiter Hauke Tesch überrascht nicht nur mit neuen Veranstaltungsreihen und der Gründung eines Seniorentheaterclubs, sondern auch in der Auswahl der Stücke richtet er sein Augenmerk auf aktuelle Texte, die die Leiden und Luxusprobleme einer im Wohlstand aufgewachsenen Generation, zwischen ihren Erwartungen an das Leben und den Miseren des Alltags, beschreibt.

Mit „Weiberabend - eine Frau braucht einen Plan“

hat er hier einen vorzüglichen Griff getan.

Zwei Frauen, so Ende 30 pflegen ihre jahrelange Freundschaft mit einem regelmäßigen „Weibera- bend“. Jeden zweiten Dienstag treffen sie sich zum gemeinsamen Rotwein und zur endlosen Plauder- stunde, bei der sie lästern und klagen, sich gegen- seitig trösten und eben einfach alles erzählen kön- nen, was immer ihnen gerade auf dem Herzen liegt oder über die Leber gelaufen ist. Eine dicke Freund- schaft, zwischen die kein Blatt zu passen scheint, obwohl beide von Art, Charakter und beruflicher Entwicklung völlig unterschiedlich sind.

Die eine Managerin, führt ein geordnetes, wohl- habendes und durchgeplantes Leben an der Seite eines Bankers. Die Andere hat offensichtlich ihr Studentenleben immer noch nicht abgelegt, be- sitzt einen Teeladen, lebt in der Welt der Esoterik und pflegt eine Beziehung mit Jacob, einem Yoga- Lehrer. Irgendwie jedoch scheint es, als sehnen sich beide nach dem Leben der Anderen und man fragt

Sucht nach Anerkennung im Beruf und der tiefen Sehnsucht nach einem ruhigen Leben, welches ihre Freundin wahrscheinlich führt. Grandios, wenn sie Elena den erbärmlichen Zustand ihrer Ehe be- schreibt und spürbar Souveränität, Stärke und Überzeugungskraft förmlich wie Luft aus ihrem Körper weichen.

Die Autorin Susanne Feiner hat ein intelligentes Stück über eine Frauengeneration von heute ge- schrieben und gibt mit der Geschichte ihren Spielfi- guren viele Möglichkeiten zu Heiterkeit und Tragik oder zu ernsthafter Philosophie und witziger Slap- stick. Verständlich, dass dieses Stück seit seiner Pre- miere in Wien 2017, nun schon an vielen Theatern Publikum und Darsteller gleichermaßen erfreut.

Regie führte Helmut Meier-Lautenschläger der die Handlung und seine Protagonistinnen geschickt laufen lässt, mit feiner Hand die notwendigen Ar- rangements formt und auf aufgesetzte Klischees verzichtet.

Das Publikum in der ausverkauften Premiere fei- erte die Darstellerinnen und den Regisseur mit lan- gem Applaus.

Ein herrlicher Abend, den niemand verpassen sollte und der dem neuen Konzept der „Theaternative C“ trefflich zu Gesicht steht. Die nächsten Vorstel- lungen finden am 01. Juni – 19.30 Uhr und am 17.

Juni – 18.00 Uhr statt. Karten unter 0355/ 22024 oder http://kleine-komoedie-cottbus.de/

Michael Apel

Wenn Frauen planen…

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1 - Politik

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Friedrich Schillers Behauptung, in einem seiner „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen“ zu finden, bezog sowohl das Kind, den Heranwachsenden als auch den Erwachse- nen mit ein. Dieser Satz hat nichts von seiner Richtigkeit verloren. Spielerisch sich mit der Welt,

dem Leben und seinen Widersprüchen auseinanderzusetzen ist allemal besser, als dumpf an den Gegebenheiten zu verzweifeln.

In Cottbus haben Spielinteressierte verschiedene Anlaufstellen, um ihre natürliche Kreati- vität der frühen Kindheit nicht verloren gehen zu lassen oder auch wieder auszugraben und Theater zu spielen, zu tanzen, zu malen oder zu singen.

Bühne 8 mit Neustart

Ich besuchte im April die Bühne 8, die von 1996 – September 2017 unter Leitung von Matthias Neu- bert stand und seit Oktober 2017 mit den beiden jungen Theaterpädagogen Katharina Riedel und Patrick Niegsch einen Neuanfang wagt. Der besteht darin, dass die bis jetzt vor allem für Schauspie- linszenierungen und Improtheatervorstellungen bekannte Bühne sich für weitere Kunst- und Kul- turdisziplinen öffnen will. Der Theaterraum der Erich-Weinert-Straße 2 soll Ort werden, an dem Kultur passiert, und er hat sich schon seit längerem auch Nicht-Uniangehörigen geöffnet. So ist inzwi- schen ein kleiner Uni-Chor gegründet worden, ein- mal im Monat wird ein sogenanntes „Play out“ ver- anstaltet, währenddessen man ausprobieren kann, miteinander zu spielen und das ohne Zwang und Verpflichtung. Im Juni wird es einen studentischen Flohmarkt geben. Die Theaterprojekte sollen mehr Werkstattcharakter bekommen und dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Studenten oft nur kür- zere Zeit am Ort verweilen, zu Praktika oder Prü- fungen müssen oder auch aus anderen Gründen sich nicht zu lange binden können oder wollen. So verstehen sich die beiden TheaterpädagogInnen auch nicht als künstlerische Leiter, sondern mehr als Coaches, die Leute anleiten wollen, selber etwas

zu machen. Es wäre z.B. nicht unwichtig, dass am Ort des studentischen Kabarettfestivals „Ei(n)fälle“, das in diesem Jahr schon zum 23. Mal in Cottbus stattfand, die BTU wieder ein eigenes Studentenka- barett aufbieten könnte. Die räumlichen Möglich- keiten und die Unterstützung des Studentenwerks und der BTU sind da.

Labyrinth

Trotzdem wird natürlich auch Theater gespielt, und am 30.4.2018 präsentierte das generationsü- bergreifende Ensemble nach dreimonatiger Erar- beitungsphase „Labyrinth⁴“, Untertitel [eine Werk- statt].

Der Titel kam zustande, weil dieser Theaterabend sich aus den Ergebnissen von vier Projekten zusam- mensetzt. Zum einen erarbeitete Volkmar Weitze mit einer Spielerin zwei Monologe des Autors Rein- hard Stöckel („Ariadnes vergessener Faden“ und

„Mein Sohn, der Minotaurus“). Zum anderen hatten sich andere Interessierte bei einem Wochenend- workshop unter Leitung von Karoline Leder dem Thema „Labyrinth“ zeichnerisch genähert. Die Kunstwerke sind in den Räumen der Bühne 8 zu se-

hen. Zum dritten kreierten die SpielerInnen unter Anleitung von Patrick Niegsch in einem Workshop

„Kreatives biografisches Schreiben“ verschieden Texte zu den Themen „Verstrickungen, Sackgassen, Irrwege, Entscheidungen und das Finden der Mitte“

und wählten schließlich jeweils einen aus, den sie dann für den Theaterabend als szenisches Spiel in der Regie von Katharina Riedel und Patrick Niegsch erarbeiteten.

Die Macher des Abends bauten in den recht be- engten Kellerräumlichkeiten der Bühne 8 tatsäch- lich ein Labyrinth, und der Zuschauer wurde im Lau- fe des Abends mehrmals, von lockenden Stimmen aus den Lautsprechern und den drei Parzen, die zu Beginn die Zuschauer im Thekenraum auf das Kommende einstimmten, an den nächsten Spielort geführt. Am Interessantesten waren dann auch die Hörspielstimmen, deren Texte als Überleitungen zwischen den vier Monologen und einer kleiner Spielszene fungierten. Die spielerische Umsetzung von Monologen ist selbst für Profis keine einfache Sache, wie erst für Laien. Die Monologe, in denen wenig agiert bzw. wenig überzeugend gespielt wur- de, waren dann eher ermüdend, und man kann nur hoffen, dass beim nächsten Projekt wieder mehr miteinander gespielt wird.

Cottbuser Kultur- und Theaterleben außerhalb des Staatstheaters

Bühne 8 „Labyrinth “, gesehen am 30.4.2018, Piccolo-Jugendclub „Bilder deiner großen Liebe“, gesehen am 20.4.2018

FotoLabyrinth⁴©Bühne8

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Politik - 1

Dass Miteinanderspielen sowohl für SpielerInnen als auch Zuschauer mitreißend sein kann, konnte ich am 20.4.2018 im Piccolo Theater Cottbus in der neuesten Produktion des Piccolo Theater Jugend- clubs erleben.

In der Qualität der Inszenierung zeigt sich, was Kon- tinuität in der Theaterjugendarbeit ausmacht. Ob- wohl die Gruppe erst seit August des vorigen Jahres in dieser Zusammensetzung besteht, hat man den Eindruck, als ob die Mitglieder schon seit langem zusammen spielen. Das liegt zum einen daran, dass Spielleiter Matthias Heine die neuen Anwärter für seine Truppe gut vorbereitet und mit Spielerfah- rung aus den anderen Spielgruppen, die seine Kol- legInnen am Piccolo führen, auswählen kann, zum anderen ist er selbst das Kontinuum, denn er leitet den Piccolo Theater Jugendclub seit vielen Jahren.

Matthias Heine schafft es immer wieder, die jun- gen Leute so anzuleiten, dass aus der Gruppe Ideen im Erarbeitungsprozess einfließen und vor allem auch der Ehrgeiz der SpielerInnen geweckt wird, al- les aus sich herauszuholen, um ein überzeugendes Ergebnis präsentieren zu können. Da werden Extraproben(auch ohne ihn) angesetzt, in denen die Älteren die Jüngeren anleiten, z.B. die Sprechchöre üben oder an der Choreographie feilen.

Nun präsentierten die 15 Spielerinnen und Spie- ler des Piccolo Theater Jugendclubs „Bilder dei- ner großen Liebe“ mit Texten aus dem letzten, un- vollendeten Werk des Autors Wolfgang Herrndorf, verknüpft mit Auszügen aus Herrndorfs Tagebuch

„Arbeit und Struktur“, und es entstand eine ein- drucksvolle theatrale Übersetzung dieses Episo- denromans über die Reise des Mädchens Isa.

In „Bilder deiner großen Liebe“ schuf Herrndorf, der an einem irreparablen Hirntumor litt und seinem Leben 2013 ein Ende setzte, sich einen ungewöhn- lichen Schutzengel, der ihn mit in seinen vorhersag- baren Tod begleiten sollte. Das Mädchen Isa hatte

in Herrndorfs erfolgreichem Jugendbuch „Tschick“

schon einen kleinen „Auftritt“, und nun folgen wir der aus der Jugendpsychiatrie ausgerissenen Isa auf ihrem „Roadmovie zu Fuß“ durch eine Welt, die aus Autobahnen, Müllhalden, Waldstücken, Indus- triebrachen und ebenso verschiedenartigen Men- schen, die sie trifft, besteht.

In der Inszenierung des Piccolo Jugendclubs gibt es 15 Isas, denn jede der 10 Spielerinnen und 5 Spie- ler erzählt Isas Geschichte, alle sind in Camoufla- ge-Hosen und weiße T- Shirts gekleidet und spielen mit großer Konzentration und Intensität. Das Büh- nenbild besteht aus sechs Säulen, die einen Wald assoziieren, einem Iglu, in das immer mal einzelne Spieler oder auch die gesamte Gruppe verschwin- det, in dem es eine Kamera und ein Mikrophon gibt und einzelne Episoden über diese Medien auf eine Videoleinwand, die in Form eines halben Schirms im Hintergrund der Bühne hängt, projiziert wer- den. Das Iglu kann Zelle, Rückzugsort, Schutzraum, Eingeschlossen sein im eigenen Ich bedeuten, auf jeden Fall ist es ein interessantes Bühnenelement, das vielfältige Spielmöglichkeiten eröffnet. Aber im Laufe der Inszenierung wird der Spielraum auch bis in die letzte Zuschauerreihe ausgeweitet, und das Spiel bekommt damit eine zusätzliche Dimen- sion und Intensität.

Toneinspielungen mit Auszügen aus Herrndorfs letztem Tagebuch verbinden die Abschnitte von Isas Wanderung und lassen dadurch deutlich wer- den, wie wichtig für Herrndorf diese seine letzte li- terarische Figur war.

Die 80 Minuten der Aufführung vergehen wie im Flug, und die vornehmlich jugendlichen Zuschau- er sind in den Bann geschlagen, weil ihnen da von der Bühne eine geballte Ladung von Spielfreude und Spielideen entgegenschlägt. Hier wird exakt chorisch gesprochen, wie überhaupt die Sprach- behandlung aller SpielerInnen erstaunlich gut

Bilder meiner großen Liebe

ist. Geräusche, wie ein Gewitterregen in all seinen Phasen, ein Rasensprenger oder vorbeifahrende Autos, werden von den Spielern selbst produziert.

Auch das chorische Spiel, wenn man es denn so nen- nen darf, ist exakt und dann doch wieder individu- ell. Die Spielerlnnen überzeugen mit Natürlichkeit im Spiel, witzigen Momenten, Brüchen. Es wird das Lied von den „freien Gedanken“ in Gebärdenspra- che übersetzt, die Szenen, in denen kleinere Spie- lerInnengruppen agieren, überzeugen ebenso wie die choreografischen Übersetzungen von Isas Wan- derungen. Dabei unterstützen kurze Videos das Bild des Weges durch Waldabschnitte. Erstaunlich, wie gerade auch die Tanzpassagen (Choreografie Zai- da Ballesteros Parejo) von allen SpielerInnen glei- chermaßen getragen werden und überzeugen und niemals zum Selbstzweck werden, sondern eine an- dere Form der Fortbewegung auf dieser Reise dar- stellen. Ich hätte auf die Kopfbedeckungen von vier Spielerinnen, die den Wald in anderer Form noch- mals andeuteten, gerne verzichten können, denn das körperbetonte Spiel benötigte diese Art von Re- quisiten eigentlich an keiner Stelle.

Zu Recht ist der Piccolo Theater Jugendclub mit sei- ner vorigen Produktion „KRG.“ für den deutschen Amateurtheaterpreis nominiert.

Während das Piccolo Theater mit rund 220 Ak- teuren im Alter von 6-21 Jahren in 10 Theater-, 10 Tanz- und zwei Tanztheatergruppen längst an sei- ne Belastungsgrenzen gekommen ist und sich kei- ne Nachwuchssorgen zu machen braucht, sollten sich erwachsene Interessenten, die Lust an eigener kultureller Betätigung in sich spüren, vertrauens- voll an die Bühne 8 wenden. Auf deren Internetseite kann man sich über die nächsten Veranstaltungen und Projekte informieren.

Angelika Koch

Foto: Bilder deiner großen Liebe © Michael Helbig

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1 - Politik

Diesen Sommer findet das erste Klimacamp Leip- ziger Land im Mitteldeutschen Braunkohle Revier bei Leipzig statt. Vom 28. Juli bis 5. August treffen sich Klimaaktivist*innen aus ganz Deutschland und Europa in Pödelwitz. Nach Plänen der MIBRAG soll das Dorf für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain abgebaggert werden.

Die MIBRAG ist ebenfalls Teil des tschechischen Fir- menkonglomerats EPH, das auch Eigentümer der LEAG (Lausitzer Energie Bergbau AG) ist. Für den Profit des Konzerns werden sowohl in der Lausitz als auch im Mitteldeutschen Revier ganze Dörfer vernichtet, Landstriche zerstört und der Klimawan- Wenn nun am 1. Mai 2018 die „Initiative für ein sor- bisches/wendisches Parlament“ alle Bürgerinnen und Bürger, welche sich zur slawischen Minderheit in Deutschland bekennen, zur Eintragung in die Wählerlisten aufruft, dann ist dies ein neuer Höhe- punkt in einer lang währenden Debatte über eine demokratisch gewählte parlamentarische Interes- senvertretung des sorbischen/wendischen Volkes.

So hieß es in einer kleinen Anfrage von Abgeordneten von Bündnis 90/ Die Grünen schon im Jahr 2010: „Es ist unbestritten, dass dem sorbisch-wendischen Volk als nationaler Minderheit in Deutschland entspre- chende Minderheitenrechte und partielle Selbstbe- stimmungsrechte zustehen. Doch beim Einfordern und bei der Umsetzung dieser Rechte gibt es noch viele offene Fragen. Gutachten wie die von Prof. Peter Pernthaler (Innsbruck) und Dr. Markus Kotzur (Leip- zig) zeigen, dass die politische und juristische Vertre- tung der Sorben/Wenden 20 Jahre nach der demokra- tischen Revolution noch immer nicht geregelt ist.

Prof. Peter Pernthaler beschreibt die derzeitige Si- tuation bezüglich der Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V., welche als Vertreterin des sorbischen Volkes in § 5 des Gesetzes über die Rechte der Sor- ben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbenge- setz – SächsSorbG) ausdrücklich anerkannt wird:

„Eine vereinsmäßige Organisation ist geeignet für die Vertretung konkreter Interessen, aber ungeeig- net, ein „Volk“ zu repräsentieren. Diese Funktion kann nur eine vom Volk selbst demokratisch legiti- mierte öffentlich-rechtliche Vertretung erbringen, die gemeinwohlorientiert die unterschiedlichen Interessen im Volk ausgleicht und so nach außen eine Integration des Volkes politisch hervorbringt und vertreten kann.“ Die fehlende demokratische Legitimation durch das sorbisch-wendische Volk macht sie nach außen, aber auch nach innen hand- lungsunfähig. Dies geht zu Lasten der Bewahrung und Fortentwicklung sorbischer Kultur. Deshalb ist die Bundesrepublik Deutschland gemäß der Proto- kollnotiz zum Artikel 35 im Einigungsvertrag gefor-

dert, Rechtssicherheit in Bezug auf die politische und rechtliche Vertretung der Sorben zu schaffen.“

(Drucksache 17/2759)

Auch Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt formulierte in seinem Gutachten im Auftrag der „Stiftung für das sorbische Volk“: „Ein Ziel ist die Erneuerung der sor- bischen Zivilgesellschaft durch die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Personalkörperschaft.“

Im Ergebnis dieses Gutachtens und der sich daraus entwickelnden öffentlichen Diskussionen berief der Stiftungsrat mehrere Arbeitsgruppen, u. a. eine zum Thema „Körperschaft des öffentlichen Rechts“.

Diese Arbeitsgruppe schlug zwei Modelle zur Neu- ordnung der politischen Interessenvertretung des sorbischen/wendischen Volkes vor.

In Erwartung dieser Ergebnisse versprach die Bun- desregierung in ihrer Antwort auf die oben auf- geführte Anfrage der Abgeordneten: „Eine der Arbeitsgruppen beschäftigt sich mit der Frage der Verbesserung der sorbischen Organisations- struktur. In der Arbeitsgruppe bewerten Vertre- ter von Ministerien des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen, Mitglieder der Landtage, der Präsident des Sächsischen Finanzgerichts, der Vorsitzende der Domowina sowie Vertreter der Bundesregierung die rechtliche Zulässigkeit und praktische Umsetzbarkeit dieser Frage. Der Stif- tungsrat wird ab November 2010 über die Arbeits- gruppenergebnisse beraten und die notwendigen Maßnahmen beschließen.“

Genau dies tat der Stiftungsrat jedoch nicht. Er nahm das Papier zur Kenntnis und legte es taten- los zu den Akten. Die daraufhin folgende Gründung der „Initiative für eine sorbische/wendische Volks- vertretung“ war ein logischer Schritt und entfachte eine teils sehr emotionale Debatte über die Organi- sationsstruktur und die politische Interessenvertre- tung des sorbischen/wendischen Volkes.

Die wohl beste Neuerung im Ergebnis dieser Debat- te waren die Änderungen zur Wahl des „Rates für die Angelegenheiten der Sorben und Wenden“ im Land

Brandenburg. Im Sommer 2015 bestand somit erst- malig die Gelegenheit sich zur Wahl für dieses Gre- mium in Wahllisten einzutragen und auch durch eine Briefwahl daran teilzunehmen. Dieser Wahl- modus führte zu einer viel höheren Wahlbeteiligung und verlieh so dem neuen „Sorbenrat“ eine höhere Akzeptanz bei den sorbischen/wendischen Bürge- rinnen und Bürgern und ein wirkungsvolleres Man- dat gegenüber dem Brandenburgischen Landtag.

Es wäre ein riesiger Erfolg gewesen, wenn es gelun- gen wäre dieses Modell auch im Freistaat Sachsen einzuführen, denn dort wird der „Sächsische Sor- benrat“ immer noch nur durch den Bundesvorstand der Domowina vorgeschlagen.

Mit der Unterstützung der EFA-Abgeordneten im Europaparlament, die ihre Mitwirkung als Wahlbe- obachter zugesagt haben, aber ohne Geld und ohne Unterstützung von Bund, Ländern und Kommunen und gegen den Willen des Bundesvorstandes der Do- mowina ruft die Initiativgruppe nun alle Sorben und Wenden in Brandenburg und Sachsen auf, sich bis zum 13.08. 2018 in die Wählerlisten einzutragen um an der ersten Wahl für ein sorbisches/wendisches Parlament, einen „Serbski Sejm“ teilzunehmen.

Nicht das Wahlergebnis, sondern die Wahlbeteili- gung wird die entscheidende Frage sein, ob die Ar- beit der Initiativgruppe von Erfolg gekrönt und ein neues Kapitel in der politischen Interessenvertre- tung und innersorbischen Diskussion eröffnet wird.

Dabei wird in Brandenburg wohl die Wahlbeteili- gung der letzten „Sorbenrats-Wahl“ von 2015 der mögliche Gradmesser sein.

Weitere Informationen unter: http://www.serbski-sejm.de Michael Apel

Michael Apel lebt in Cottbus, ist Mitglied der Domo- wina und war von 2010 bis 2015 gewählter Vertreter der Sorben und Wenden aus Brandenburg im Stif- tungsrat der Stiftung für das sorbische Volk.

Ein „Serbski Sejm“ für die Sorben und Wenden in Deutschland.

del immer weiter angeheizt.

Damit muss Schluss sein! Deshalb unterstützt das Lausitzcamp in diesem Jahr das Klimacamp Leip- ziger Land, um auch im dritten deutschen Braun- kohlerevier ein Klimacamp zu etablieren. Das Camp ist ein Ort des Austauschs mit einem vielfältigen Bildungsangebot und kreativen Protestaktionen.

Dabei wird die Zukunft der Lausitz eine wichtige Rolle spielen. In vielen Workshops und Diskussions- runden könnt ihr euch über die aktuelle Situation in der Region informieren, mit Aktivist*innen aus der Lausitz ins Gespräch kommen und gemeinsam über Strategien und Aktionsformen für den Braunkohle-

protest 2019 diskutieren.

Auf dem Klimacamp wird außerdem die Degrowth- Sommerschule zu Gast sein. Die Degrowth-Bewe- gung sieht in der Wachstums- und Profitorientierung unserer Wirtschaft eine grundlegende Ursache für soziale, globale Ungleichheit. Kernstück der Som- merschule sind mehrtägige Kurse, die sich mit Visi- onen und Fragen für eine soziale, ökologische und demokratische Gesellschaft befassen.

Deswegen heißt es dieses Jahr: Lausitzcamp goes Pödelwitz! Kommt alle mit!

Alle Informationen zum Klimacamp Leipziger Land findet ihr hier: www.klimacamp-leipzigerland.de

Lausitzcamp goes Pödelwitz

Referenzen

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