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Lernberatung, Lerncoaching. Praxisorientiert. Realistisch. Detailliert. Alexander Geist LESEPROBE

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Academic year: 2022

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Alexander GeistLernberatung, Lerncoaching.

Lernberatung, Lerncoaching.

Praxisorientiert. Realistisch. Detailliert.

Alexander Geist

LESEPROBE

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Lernberatung, Lerncoaching.

Praxisorientiert. Realistisch. Detailliert.

Alexander Geist

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Das umfangreiche Praxismaterial finden Sie unter https://www.edidact.de/praxismaterial-lerncoaching.html zum Download.

Für Abonnenten entstehen keine Kosten.

1. Auflage 2020

© 2020 Mediengruppe Oberfranken GmbH & Co. KG, Kulmbach Druck: Appel & Klinger Druck und Medien GmbH, Schneckenlohe

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein an- deres Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Titelbild: © ijeab – stock.adobe.com www.mgo-fachverlage.de

Handbuch der Schulberatung – Sonderausgabe 2020

Das Handbuch der Schulberatung ist seit über 30 Jahren der Praxisbegleiter für Beratungslehrkräfte und Schulpsychologinnen und -psychologen aller Schularten.

Weitere Informationen: www.handbuch-schulberatung.de

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 5

Teil A: Theorieteil . . . 7

1. Der brüchige Boden der Lernberatung . . . 7

2. Definition von Lernberatung / Lerncoaching . . . 13

3. Grundhaltungen eines Lerncoaches und Gelingensbedingungen für die Lernberatung . . . 19

3.1 Der Lerncoach in der Beziehung zu sich selbst und zu seinem Wissen . . 19

3.2 Beziehungsarbeit als Basis für jede Lernberatung . . . 19

3.3 Diagnose ja, Problemtrance nein . . . 21

3.4 Grundsätze für eine gelingende Veränderungsarbeit . . . 22

4. Instrumente der Lerndiagnose und Mittel der Lernberatung . . . 23

5. Lernstrategien – Lernbedingungen – Lerntechniken – Lernmethoden . . . 25

Teil B: Expertenwissen für Lernberater/-innen . . . 27

1 Fachunabhängige oder fachübergreifende Themen der Lernberatung . . . 28

1.1 Schriftliche und mündliche Hausaufgaben . . . 28

1.1.1 Zeitliche Aspekte: Zeitaufwand, Zeitpunkt, Taktung . . . 28

1.1.2 Lernort und Rahmenbedingungen . . . 37

1.1.3 Atmosphäre, Stimmung und Beziehung . . . 40

1.1.4 Reihenfolge . . . 51

1. 1.5 Planung . . . 55

1.1.6 Selbstüberprüfung – Fremdüberprüfung . . . 59

1.2 Langfristige Aspekte des Lernens . . . 66

1.2.1 Vergessen und wiederholen . . . 66

1.2.2 Lücken erkennen und schließen . . . 77

1.2.3 Grundsätze der Prüfungsvorbereitung . . . 84

1.3 Übergreifende Herausforderungen beim Lernen . . . 92

1.3.1 Selbstständigkeit und Hilfe zur Selbsthilfe . . . 92

1.3.2 (Selbst-)Organisation und die Tücken des Alltags . . . 104

1.3.3 Trödeln und Tempoprobleme bei der Aufgabenbearbeitung . . . 107

1. 3.4 Konzentration . . . 117

1.3.5 Motivation . . . 129

1. 3.6 Schriftprobleme – Störungen der Grafomotorik . . . 133

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Lernberatung

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2 Fachbezogene Themen der Lernberatung . . . 136

2.1 Fremdsprachen . . . 136

2.1.1 Vokabeln . . . 137

2.1.2 Grammatik . . . 142

2.1.3 Prüfungsvorbereitung in modernen Fremdsprachen . . . 144

2.1.4 Sprechprobleme . . . 145

2.1.5 Lernprobleme bei Schülern/-innen mit besonderen Belastungen . . . 146

2.2 Deutsch . . . 147

2.2.1 Mythen zum Fach Deutsch . . . 148

2.2.2 Aufsatztraining (Training inhaltlicher und stilistischer Kompetenzen) . . . 154

2.2.3 Rechtschreiben trainieren . . . 158

2.3 Mathematik . . . 158

2.3.1 Mythen der Mathematik . . . 159

2.3.2 Lerndiagnose . . . 161

2.3.3 Fehlertypen: Gründe und Lösungswege . . . 163

2.3.4 Prüfungen und Prüfungsvorbereitung in Mathematik . . . 172

Literaturverzeichnis . . . 174

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Vorwort

Vorwort

Von älteren Schulpsychologen/-innen wird das Thema Lernberatung gerne als etwas betrachtet, was man doch den „jungen Kollegen/-innen“ oder den Beratungslehrkräften überlassen könne. „Richtige“ schulpsychologische Beratungsarbeit befasse sich mit ande- ren Themen.

Nun, ich wage die Gegenthese: Wenn man wie ich seit über 30 Jahren ganz praktisch als Schulpsychologe an einer Schule arbeitet, weiß man, dass Lernberatung (neudeutsch: Lern- coaching) in sicher 80 % der Beratungsfälle ein wesentlicher Teil der Intervention ist, egal ob Kinder und Jugendliche „nur“ wegen Leistungsproblemen oder (auch) wegen Prüfungs- ängsten, Konzentrationsstörungen, Legasthenie, depressiven oder Entwicklungskrisen usw.

kommen. Genauso wichtig: Lernberatung ist bei genauem Hinsehen etwas überaus Kom- plexes, bei dem keine einfachen „lösungsorientierten“ Ansätze genügen. Vielmehr müssen Berater/-innen auch hier multiperspektivisch, multifaktoriell, systemisch und hoch differen- ziert denken, diagnostizieren und beraten – und ungemein viel in die Beziehungsarbeit mit den Kindern, Jugendlichen oder Eltern investieren, damit diese zu Änderungen bereit sind.

Seit ich an der Ausbildung und Fortbildung von Schulpsychologen/-innen bzw. Beratungs- lehrkräften beteiligt bin, möchte ich dieses Buch schreiben: als ein Werk, das sich zum einen kritisch mit vielem auseinandersetzt, was als Lösung von Lernproblemen behauptet und verbreitet wird, und so manche Mythen aufzudecken versucht und das zum anderen die erwähnte Komplexität und Differenziertheit aufzeigt und für die konkrete Beratungspra- xis nutzbar macht. Endlich ist es mir gelungen, das Buch zu verfassen. Ob ich meine Ziele erreicht haben, müssen natürlich andere beurteilen, und ich würde mich freuen, in einen Dialog mit Kollegen/-innen zu treten.

Im ersten Teil des Buches geht es um die Auseinandersetzung mit dem, was wir über Lern- beratung wissen. Und ich nehme es vorweg: Wir wissen furchtbar wenig sicher. Es wird viel zu unterrichtlichem Lernen geforscht, aber unglaublich wenig zu dem, was wir in der Lern- beratung „verkaufen“. Außerdem versuche ich mich an einer Definition von Lernberatung und einer Beschreibung der Gelingensvoraussetzungen.

Der zweite Teil behandelt diverse fachunabhängige, fachübergreifende und fachspezifische Lernprobleme und Lernthemen, denen wir in der Beratung begegnen. Zu diesem Teil gehört auch ein sehr umfassender Materialteil, der über die Seite https://www.edidact.de/praxis material-lerncoaching.html für Abonnenten des „Handbuchs der Schulberatung“ kostenlos zugänglich ist. Er enthält Checklisten, Gesprächsleitfäden, Info-Blätter für Schüler/-innen oder Eltern u. v. a. m.

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Lernberatung

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Abschließend danke ich von Herzen allen Schülerinnen und Schülern, von denen ich zum Thema Lernberatung dreißig Jahre so viel lernen durfte und nach wie vor darf, und allen Fachkollegen/-innen, die mir ebenfalls zahlreiche Anregungen gaben.

München, November 2020 Alexander Geist

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Teil A TheorieteilTheorieteil

Teil A: Theorieteil

1. Der brüchige Boden der Lernberatung

Die Lernberatung steht in einem gehörigen Spannungsfeld: Einerseits ist sie Kernaufga- be beraterischen Handelns von uns Beratungslehrkräften und Schulpsychologen/-innen.

Andererseits gibt es eine Reihe von Punkten, die einen zweifeln lassen, ob wir denn wis- sen, was wir da tun und wie effektiv das Ganze ist:

• Lernberatung und Lerntechniken spielen im Studium oder in Weiterbildungskursen allenfalls am Rande eine Rolle und werden weitaus weniger intensiv behandelt wie andere Themen. Das suggeriert Einfachheit, die aber gar nicht gegeben ist.

• In wissenschaftlichen Standardwerken werden Lerntechniken gewöhnlich nur abstrakt und summarisch behandelt, nicht in einer für die Praxis leicht umsetzbaren Weise. Arti- kel in Fachzeitschriften gibt es nur wenige und verstreut über zig Publikationen, wie ich bei den Recherchen für dieses Buch feststellen musste. Ein gesicherter Stand der Forschung zu Lerntechniken ist nicht erkennbar, es scheint auch so, als ob in diesem Bereich kaum Forschung betrieben wird.

• Auf der anderen Seite gibt es einen überbordenden Markt an Büchern oder Trainings- material zum „Lernen lernen“, aber ohne Rekurs auf eine empirische Überprüfung, oft genug sogar ohne wenigstens einigermaßen stringente Ableitung aus psychologischen Grundkonzepten.

• Die bildungspolitische und pädagogische Diskussion in Medien betont die Wichtig- keit des Methodenlernens. Dabei werden bestimmte Leitbegriffe (Lernen mit allen Sin- nen, Lerntypen, Ganzheitlichkeit, hirngerechtes Lernen usw.) wie die Sau durchs Dorf getrieben und von Autoritäten aller Art (Bildungsforschern, Stiftungen, Kultusministeri- en, Jurys von Schulwettbewerben) gepriesen; das suggeriert, es handle sich um wis- senschaftlich wohlabgesicherte Befunde, tatsächlich fehlen diese jedoch.

Dieser desolate Umstand in Bezug auf empirische Evidenz fördert zwangsläufig die Gefahr, dass Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen/-innen Opfer von Mythen und unreflektiert weitergegebenen Traditionen zu werden. Dazu kommt es auch deshalb, weil Berater/-innen (wie Lehrkräfte, Eltern oder bildungspolitisch Tätige) nicht zwischen echter Wirksamkeit und rein statistischer Signifikanz unterscheiden. Ein bisschen etwas Positives bewirken fast alle Methoden, Strategien oder Formen des Lehrens und Lernens, aber Höhe und Bedeutsamkeit einer solchen Wirksamkeit (d. h. ihre Evidenz) erweisen sich erst im Ver- gleich mit anderen Methoden usw. (vgl. Zierer 2015, S. 7). Und da gibt es, wie Hattie zeigt, gewaltige Unterschiede. Zierer (2015, S. 8f.), Wisniewski (2015) oder Vogel (2014) verdeut- lichen, dass die weit verbreitete Annahme, der Bildungserfolg hänge nur von den richtigen Unterrichtsmethoden ab, in dieser Allgemeinheit nicht zu halten ist. Überraschenderweise Text für den „lebenden Kolumnentitel“ in

der Zelle unterhalb eingeben. Dieser Text erscheint dann im Kopf. Anstatt einen Tabu- lator in der Überschrift bitte ein Halbgeviert- leerzeichen (Strg+Umschalt+N) setzen.

DISES Textfeld muss vor der Zahl der Über- schrift verankter sein. Gegebenenfalls muss das Dokument geschlossen und neu geöff- net werden, damit der Kolumnentitel ange- zeigt wird.

Theorieteil

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Lernberatung Teil A

8

zeigen sich aber Hatties Meta-Metastudie sehr bedeutsame Effektstärken allgemein für Lerntechniken (0,59, das ist deutlich über dem Wert von 0,4, ab dem laut Hattie überhaupt erfolgreiche Verfahren beginnen) und speziell für metakognitive Strategien (0,69) hinsicht- lich des Lernerfolgs (vgl. Hattie 2013, S. 193, 224f.). Betrachtet man die Einzelergebnisse (vgl. ebd., S. 226), gibt es Plausibles, Überraschendes, jedoch auch Frag-Würdiges.

Der weitgehend fehlende Nutzen eines unterrichtlichen, fachunabhängigen Metho- dentrainings wurde dabei schon früher nachgewiesen: bei der empirischen Überprüfung der Wirksamkeit des Methodentrainings von Klippert, das in der pädagogisch-bildungspo- litischen Fachdiskussion lange als Goldstandard galt (vgl. Killus 2011). „Ein Nachweis der Wirksamkeit der […] Methodentrainings existiert nicht. Eine umfangreiche Basis an empi- rischen Untersuchungen bestätigt, ‚dass die Vermittlung von allgemeinen (auf verschiede- ne Lerninhalte und Aufgabentypen anwendbaren) Strategien wenig effektiv ist‘ (Wild et al.

2001, 254). Zentrales Kriterium für die Wirksamkeit der Schulung oder des Trainings von Lernstrategien ist folglich die Verbindung der einzelnen Strategien mit fachlichen Inhalten.

Aus diesem Grund ist besonders der Sinn von ‚Lernen-lernen‘-Kursen, in denen Metho- den unabhängig vom Fachunterricht gelehrt und geübt werden, stark anzuzweifeln.“ (Wis- niewski 2013, S. 164)

Diese Aussage trifft sich mit Erfahrungen von Beratungsfachkräften oder Schulpsycholo- gen/-innen, die solche Kurse halten und kritisch reflektieren. Die Lerntrainings mögen zwar werbewirksam sein (insb. gegenüber Eltern) und können Kinder u. U. zum ersten Mal dazu bringen, über ihr Lernen zu reflektieren. Aber da die Kurse gewöhnlich in Realschulen und Gymnasien häufig gleich nach dem Übertritt stattfinden (um Lernproblemen vorzubeugen), ist die Motivation der Kinder, etwas anzunehmen, sehr gering – sie haben einfach keinen Grund, an ihrem Lernverhalten etwas zu verändern, denn bislang sind sie damit gut durch- gekommen1. Wenn dann Lernprobleme auftauchen, ist das Wissen aus den Kursen als „trä- ges Wissen“ längst verschwunden. Wären die Kurse wirksam, dürften in den Folgejahren eigentlich keine Schüler/-innen mehr leistungsmäßig ins Trudeln geraten.

Damit kommen wir aber schon zur Kritik der Kritik: Denn der Umstand, dass solche Kurse nichts bringen, sagt nichts über die vermittelten Lernmethoden aus, sondern über die zeit- liche Platzierung und die zwangsläufig fehlende individuelle Anbindung von Methoden an

1 Zur Illustration und als Beleg ein Blick auf die Ergebnisse einer Evaluation von umfassenden Lerntrainings, die ich in den 1990er-Jahren an drei Gymnasien zu Beginn der 5. Jgst. hielt: Auf die Frage, wie es den Schülern/-in- nen gefallen habe, antworteten fast 100 Prozent zustimmend. Die Frage hingegen, was von den vermittelten Inhalten in den Lernalltag übernommen wurde, führte zur Ernüchterung. Die bei weitem führende Antwort war:

„beim Lernen Pausen machen“.

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Teil A Theorieteil

konkrete Lernprobleme eines konkreten Kindes. Wenn Beratungslehrkräfte oder Schulpsy- chologen/-innen jedoch ein solches konkretes Kind mit konkreten Lernproblemen vor sich haben, kann es sehr wohl sein, dass die Vermittlung von Lernstrategien sich als hilfreich erweist. Natürlich kommt es auch auf den Fachbezug an und können schulische Bera- ter/-innen keine speziellen, im engeren Sinne fachbezogenen Methoden vermitteln. Doch das Vokabellernen zeigt, wie nötig es sein kann, dass in der Lernberatung ein eigentlich fachspezifisches Thema individuell behandelt wird; denn die Thematisierung entsprechen- der Methoden im Fachunterricht erfolgt leider oft genug auch nur pauschal, nicht individu- alisiert.

Es ist hier nicht der Platz für einen umfassenden Überblick über den Forschungsstand zur Wirksamkeit von Lernmethoden und -strategien (das muss einem späteren Artikel im

„Handbuch der Schulberatung“ vorbehalten sein). Nur ein kurzer Einblick anhand dreier populärer Konzepte ist möglich:

• Zwei seit Jahrzehnten verbreitete Konzepte sind das „Lernen mit allen Sinnen“ und die „Lerntypentheorie“. Zu letzterer gibt es keinerlei Forschungsarbeiten, zur ersteren vereinzelte Wirksamkeitsstudien, die aber alle zu einem negativen Ergebnis kommen (vgl. Wisniewski 2014, 2015). Es sprechen auch fundierte inhaltliche Argumente gegen die Theorien: So kann die reine Informationsaufnahme (über Sinneskanäle) nicht mit der Weiterverarbeitung der Informationen gleichgesetzt werden. Relevant ist außerdem z. B. das Vorwissen, an dem Informationen andocken können oder nicht können. Inter- essanterweise dringt diese kritische Literatur nicht zu Autoren vor; selbst ein so promi- nenter Verfasser (und Wegbereiter) von Anleitungen zum effektiven Lernen wie Gustav Keller verbreitet die Mehrkanal-Theorie nach wie vor (vgl. Keller 2015, 2016). Ande- rerseits zeigt die Erfahrung, dass es schon Schüler/-innen gibt, die auf einem Kanal stärker als auf dem anderen sind. Beim mehrkanaligen Lernen mag die verbreitete Tri- vialversion tatsächlich nicht überzeugen, aber die Intensität der kognitiven Auseinan- dersetzung nimmt bei einer Kombination von Kanälen zu, z. B. wenn man etwas erklärt oder etwas mit dem Lernstoff tut, d. h. ihn beispielsweise anwendet. Auch die mit der Lerntypentheorie üblicherweise verbundenen Anwendungsbeispiele zeigen Lernme- thoden auf, bei denen plausibel anzunehmen ist, dass die kognitive Verarbeitungstiefe durch Kombination erhöht wird (wenn Vokabeln z. B. geschrieben, gesprochen und mit einem Bild oder einer Bewegung verbunden werden), was ja zugleich zur vernetzten Abspeicherung im Gehirn führt.

Schließlich spielen Sinnesmodalitäten bei der Informationsverarbeitung bzw. -spei- cherung sehr wohl eine Rolle, wie gedächtnispsychologische Befunde belegen (vgl.

Hoffmann/Engelkamp 2017): Die Entwicklung bildhafter Vorstellungen zum Lehrstoff oder eine Verknüpfung von Stoffbestandteilen auf lautlicher Ebene (z. B. durch Reime

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Lernberatung Teil A

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oder Klangähnlichkeiten) fördern den Merkprozess erheblich. Natürlich hebt die trivi- ale Mehr-Kanal-Theorie die Wichtigkeit der Informationsaufnahme auf verschiedenen Kanälen hervor, aber wenn das im Unterricht oder beim Lernen geschieht, fördert das plausiblerweise auch die Informationsverarbeitung mit verschiedenen Sinnen.

• Umgekehrt liest man in der Fachliteratur (sogar von Methodenkritikern, vgl. Winsiewski 2013, S. 162) durchaus Empfehlungen, die ebenfalls seit Jahrzehnten unkritisch tradiert werden. Ein klassisches Beispiel ist die SQ3R-Methode zum Lernen mit Texten. Ihr Ziel ist es, dass Lernende sich den Inhalt eines Textes besser merken, und zwar in fünf Schritten: (1) Überblick verschaffen (survey), (2) Fragen formulieren (questions), (3) Text lesen (read), (4) Inhalte frei wiedergeben, d. h. auch die vorher entwickelten Fragen beantworten, (5) abschließend nochmals die Hauptinhalte bzw. Haupt- und Unterthe- men in Erinnerung rufen (review); bei den ersten beiden Schritten heißt es oft auch noch, dass man das Vorwissen zu dem Textthema aktivieren solle. Die Methode mag für Oberstufenschüler/-innen, Studierende und auf Personen mit fortgeschrittenem Wis- sensstand in einem Gebiet (also keine Novizen) hilfreich sein. Aber die Erfahrung eines Deutschlehrers, der ich auch bin, lehrt: (a) Junge Sekundarstufenschüler/-innen über- fordert schon der erste Schritt; sie bleiben bei diesem Überblick im Regelfall an Sen- sationellem oder Interessantem hängen (oder auch an etwas auf den ersten Blick sehr Unklarem, was sie dann abschreckt). (b) Der zweite Schritt ist nur sinnvoll, wenn beim ersten intuitiv die Textgliederung erfasst wurde, man also weiß, um welche Haupt- und Unterthemen es geht. Bis zur Oberstufe hinauf tun sich aber Lernende sehr schwer, selbst bei genauer und konzentrierter Analyse diese Gliederung zu erkennen. (c) Viele Schüler/-innen lesen darüber hinaus so ungenau, dass die Antworten auf ihre Fragen unvollständig oder fehlerhaft sind/sein können – und ob sie den Text so erfasst haben, dass sie Fragen anderer (z. B. von Lehrkräften) beantworten können, ist mehr als zwei- felhaft.

Es gibt also sehr gewichtige Erfahrungswerte und Argumente gegen die SQ3R-Metho- de, auf der anderen Seite aber fand ich keine empirische Studie, die ihre Wirksamkeit nachweisen würde. Umgekehrt zeigt eine Arbeit, dass die Vorwissensaktivierung als solche durchaus problematisch werden kann, weil defizitäres bzw. falsches Vorwissen den folgenden Lernprozess stört (vgl. Ohst u. a. 2014).

Im Kern verlangt die Informationsentnahme aus Texten die Fähigkeit zur Textzusam- menfassung, die wiederum die Fähigkeit zur Unterscheidung von Wichtigem und Unwichtigem. Die SQ3R-Methode vermittelt die nötigen Strategien dazu nicht. Hinzu kommt: Jede Deutschlehrkraft weiß, wie viele Jahre, wie viele Übungen und wie viele Durchläufe es braucht, damit Schüler/-innen jene Fähigkeit entwickeln. Das funktioniert im Übrigen umso schlechter, umso weniger eine entscheidende Frage geklärt wird (die in Lerntrainingsbüchern schon gar nicht gestellt wird): Woran erkenne ich denn, was wichtig ist? Es führt hier zu weit, diese interessante Frage zu beantworten (ja, es gibt

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Teil A Theorieteil

Antworten). Doch sind die Merkmale so komplex und bedürfen so vieler Übung, dass sie keinen Platz in einem Lerntraining und auch nicht in einer Lernberatung haben kön- nen.

Unabhängig von der Forschungslage zu konkreten Methoden ist die zur generellen Bedeutsamkeit von Lernstrategien für den Leistungserfolg sehr uneinheitlich und undurchsichtig. Das betrifft zum einen die Unschärfe und mangelnde Überschneidungs- freiheit vieler theoretischer Konstrukte (vgl. Wild 2010, S. 483), zum anderen die großen Unterschiede bezüglich der „Analyseebene (spezifische Lernsequenzen vs. übergreifen- de Lernpräferenzen), der Untersuchungsmethodik (experimentelle Laborforschung, Feld- forschung auf der Basis von Fragebogenverfahren […]), des Lernkontextes (Texte, com- putergestützte multimediale Lernumgebungen […]) und insbesondere des theoretischen Ansatzes“ (a. a. O., S. 480); das dritte Manko ist die „geringe diagnostische Qualität der Lernstrategieerfassung […] oder der Leistungsbewertungen“ (a. a. O., S. 483) als Ziel- kriterium. Das zuletzt genannte Problem bewirkt, dass „in der Mehrzahl der in Schule und Hochschule durchgeführten Feldstudien zwar signifikante und positive, in der Höhe jedoch nur geringe Korrelationen zwischen Lernstrategien und Leistungsbewertungen“

(ebd.) gefunden wurden, während experimentelle und labornahe Studien mit besserer Lern erfolgsmessung für einen bedeutsamen Einfluss von Lernstrategien auf Lernleistun- gen sprechen (vgl. ebd.). Ich muss hier aber einwenden: Natürlich kann man bei der übli- cherweise gekünstelten Konstruktion in Experimenten einen schönen und sich immer auch auf einen sehr begrenzten Lernstoff beziehenden Lernerfolgstest konstruieren, doch in der Schulpraxis besteht der Stoff stets aus sehr vielen Inhalten und Kompetenzen, die selten einfach abgefragt werden können.

Zwischenfazit: Insgesamt zeigen die bisherigen Ausführungen, dass Pädagogik, Didak- tik und Beratung beim Thema Lernmethoden auf sehr brüchigem Eis stehen. Man erlebt im Laufe der Jahrzehnte immer wieder, wie gefährdet diese Disziplinen sind, Ansätze zu verabsolutieren, modischen Trends hinterherzulaufen, den Glauben an die Wirksamkeit mit dem Nachweis derselben zu verwechseln und generell lerntechnische Inhalte zu wenig kri- tisch und differenziert zu durchleuchten. Ich verweise hier nur auf Trends der Vergangen- heit wie NLP, Hypnotherapie und Kinesiologie oder in der Gegenwart die unkritische Erhö- hung des Konstruktivismus zum Dogma der Beratung und Therapie. Nach einigen Jahren schrumpfen die Götter dann doch auf menschliches Maß und es bleibt einiges an brauch- barem Inventar übrig. Aber der nächste Heilsbringer wartet schon.

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Lernberatung Teil A

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Die Kritik richtete sich bislang gegen die Praktiker. Aber können wir von der empirischen Wissenschaft das Heil erwarten? Leider auch nicht: Studien, die nachweisen, dass eine Methode nicht erfolgreich ist, werden oft nicht veröffentlicht. Damit wird die Wahrnehmung des Lesepublikums verzerrt; umgekehrt würden solche Studien wichtige Hinweise liefern, unter welchen spezifischen Bedingungen etwas funktioniert vs. nicht funktioniert. Wenn Studien mit schwachen Ergebnissen veröffentlicht werden, ergibt sich die Schwäche nicht selten aus der Forderung nach Interventionsreinheit: In der Untersuchung soll nur eine einzelne Interventionsmaßnahme angewendet werden. Dass so oft nur magere Ergeb- nisse herauskommen, wundert den Praktiker nicht, denn er weiß: Im pädagogisch-psy- chologischen Bereich führt in der Regel keine Einzelmethode zu einem nennenswerten Erfolg, es sind immer Kombinationen, und die Intervention hängt stark von systemischen Faktoren ab (Beziehungsqualität Schüler/-in – Lehrkraft bzw. Berater/-in), nicht nur von der eng umgrenzten Interventionsmaßnahme. Schließlich dominieren in der Wissenschaft praxisferne Grundlagenforschungen mit experimentellen Designs, die weit weg von der Beratungs- und Schulpraxis sind. Eine nennenswerte Erforschung (schul-)beraterischer Themen ist mir gänzlich unbekannt. Last but not least stellt sich ein fundamentales Prob- lem beim Versuch der Übertragung wissenschaftlicher Befunde auf die Praxis: Dass eine Methode für eine Untersuchungsgruppe eine statistisch bedeutsame vs. nicht bedeutsame Effektstärke hat, bedeutet nicht, dass diese Methode für jedes Gruppenmitglied erfolgreich vs. nicht erfolgreich war. Es gibt immer Abweichungen. Würde ich mich in der Praxis allein an der Majorität orientieren, kann das zum Fehlschlag führen – denn vielleicht ist genau das individuelle Kind, das mir in der Beratung gegenübersitzt, eines mit Merkmalen, die auch in der Studie dazu geführt haben, dass die Interventionsmaßnahme bei Einzelnen anders gewirkt hat als bei der Mehrheit.

Was tun?

• Wir können nicht abwarten, bis die Wissenschaft etwas liefert. Denn der genuine Auf- trag von Beratungslehrkräften und Schulpsychologen/-innen ist es, einem konkreten Kind im Hier und Jetzt zu helfen.

• Wenn bei Lernstrategien und -techniken fundierte Bedenken bestehen (s. die zuvor erörterten Beispiele), muss man sie in der Beratung berücksichtigen. Ansonsten aber wird man Techniken vermitteln, solange sie plausibel aus einer anerkannten wissen- schaftlichen Theorie abgeleitet werden können.

• Ein gehöriger Teil der Lernberatung bezieht sich auch auf in ihrer Wirksamkeit nach- gewiesenen metakognitiven Strategien sowie auf die positive Beeinflussung von Lernbedingungen.

• Insgesamt gilt für die Effizienzüberprüfung in der Beratung: Wenn eine Methode bei einem Kind wirksam ist, ist sie – solange keine unvertretbaren „Nebenwirkungen“

auftreten und sie nicht ohne jeden wissenschaftlichen Boden ist – die richtige.

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Vor dem Hintergrund seiner über 30-jäh- rigen Berufspraxis als Schulpsychologe setzt sich der Autor kritisch mit vielem auseinander, was als Lösung von Lernpro- blemen behauptet und veröffentlicht wird.

Er deckt dabei zahlreiche verbreitete (und gern geglaubte) Mythen auf. Doch bleibt er dabei nicht stehen: Aufgeschlüsselt nach fachunabhängigen, fachübergreifenden und fachspezifischen Lernproblemen und Lernthemen bietet der Autor Lösungsan- sätze für die konkrete Beratungspraxis.

Ein umfangreicher Materialteil mit Check- listen, Gesprächsleitfäden und Infoblättern steht als Download zur Verfügung.

Softcover, 176 Seiten, 2020

39,90 Euro, ISBN 978-3-96474-403-6

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