Eingereicht von Jeannine Schönleitner BSc. Angefertigt am Zentrum für Kriminolo-gie Beurteiler / Beurteilerin
MMag. Dr. Martin Kitz-berger
Oktober 2019
DIE VERWEILDAUER PSYCHISCH KRANKER
RECHTSBRECHER IM MAßNAHMEN BZW.
MAßREGELVOLLZUG IN ÖSTERREICH,
DEUTSCHLAND UND DER SCHWEIZ
Masterarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Social Sciences
im Masterstudium
Soziologie
JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ
Inhaltsverzeichnis
1. Eidesstaatliche Erklärung
5
2. Kurzbeschreibung Deutsch und Englisch
6
3. Einleitung
7
4. Abkürzungsverzeichnis
9
5. Gesetzliche Regelungen in Österreich, in Deutschland, und
in der Schweiz 10
5.1. Österreich
10
5.1.1. Strafgesetzbuch
11
5.1.2. Strafprozessordnung
18
5.1.3. Strafvollzugsgesetz
20
5.1.4. Maßnahmenvollzugsgesetz
23
5.2. Deutschland
23
5.2.1. Strafgesetzbuch
24
5.2.2. Strafprozessordnung
31
5.2.3. Strafvollzugsgesetz
32
5.2.4. Maßregelvollzugsgesetz
32
5.3. Schweiz
36
5.3.1. Strafgesetzbuch
37
5.3.2. Strafprozessordnung
42
5.3.3. Strafvollzugsgesetz
43
5.3.4. Maßregelvollzugsgesetz
44
5.5. Zusammenfassung
50
6. Soziologische Betrachtungsweise von Kriminalität
54
6.1. Gesundheit und Krankheit in der Soziologie
54
6.2. Soziologische Theorien
58
6.3. Verbrechen und Strafe
61
6.4. Totale Institutionen
62
6.4.1. Forensische Psychiatrie
68
6.4.2. Antipsychiatrie
69
6.5. Figurationsbegriff
75
6.5. Detentionsakzeptanz
76
7. Rechtssoziologie
79
7.1. Soziologischer Rechtsbegriff
80
7.2. Theoretische Ansätze in der Rechtspsychologie
82
7.2.1. Der Mensch als soziale Person
82
7.2.2. Erklärungsmodelle sozialen Verhaltens
83
7.2.3. Normtheoretische Erklärungsansätze
83
7.2.3.1. Innere Verhaltensmuster
83
7.2.3.2. Die Handlungswirksamkeit
innerer Verhaltensmuster
85
7.2.3.3. Die faktische Geltung von Norm
und die Messung der Wirksamkeit
86
8. Daten und Fakten aus Österreich, Deutschland und Schweiz 88
8.1. Österreich
88
8.4. Zusammenfassung der drei Länder
150
9. Schlussdiskussion
153
10. Zusammenfassung
157
11. Literaturverzeichnis
159
1. Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wört-lich und sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntwört-lich gemacht habe. Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.
Ampflwang, am 16. Oktober 2019
2. Kurzbeschreibung Deutsch und Englisch
In den letzten Jahren ließ sich sowohl in Österreich, Deutschland und auch der Schweiz ein Trend zur längeren Anhaltedauer im Maßregel- bzw. Maßnahmenvollzug feststellen. Doch welche Faktoren führen zu der „scheinbar“ immer längeren Anhaltedauer? Genau diese Frage soll in der folgenden Arbeit anhand verschiedener Theorien und Daten/Fakten beantwortet werden. Die untergebrachten Personen im Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzug haben einen Anspruch darauf, dass ihre psychische Krankheit oder Störung angemessen behandelt wird. Allerdings hat auch die Gesellschaft ein Recht darauf, vor den untergebrachten Personen ge-schützt zu werden. Jede Behandlung in einem Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzug findet also in einem Spannungsfeld zwischen gesetzlich bestimmten Therapieauftrag und dem Sicher-heitsbedürfnis der Bevölkerung statt (vgl. Jung 2012: 15). Genau dieses Spannungsfeld soll in der nachfolgenden Arbeit diskutiert werden.
In recent years, there has been a trend towards a longer set-up period in “Maßnahmenvollzug” in Austria, Germany and Switzerland. But what factors lead to the duration of the study? This question has to be answered in the following work on the basis of different theories and data / facts. The persons accommodated in the course of “Maßnahmenvollzug” have a claim that their mental illness or disorder is adequately treated. However, society also has a right to be protected against the patients. Thus, each treatment in “Maßnahmenvollzug”-control system takes place in a tension field between the legally determined therapy task and the security needs of the population (see Jung 2012: 15). Exactly this stress field is to be discussed in the following work.
3. Einleitung
Zumindest seit dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends lässt sich ein Trend hin zu einer längeren Verweildauer psychisch kranker Rechtsbrecher im sogenannten Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzug in Österreich, Deutschland und der Schweiz feststellen. In dieser Arbeit soll dieser Trend der längeren Anhaltedauer rechtssoziologisch untersucht werden.
Um dieses Faktum rechtlich verständlich und soziologisch vergleichbar untersuchen zu kön-nen, wird im ersten Teil der Arbeit die diesbezügliche Gesetzgebung dieser drei deutschspra-chigen, mitteleuropäischen Staaten dargestellt. Als Rechtsgrundlage zum Thema wird die je-weilige Strafgesetzgebung (StGB), die Strafprozessordnung (StPO), das Strafvollzugs- bzw. Unterbringungsgesetz (StVG, UbG) und die jeweiligen Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzugs-gesetze gegenübergestellt und wo zum genaueren Verständnis notwendig, näher darauf ein-gegangen (Unterschiede von Zurechnungsfähigkeit, Unzurechnungsfähigkeit und deren ge-setzlichen Bestimmungen zur Unterbringung, Kriterium der Einweisungsrelevanz etc.). Eben-falls werden die jeweiligen rechtlichen und organisatorischen Unterschiede der Anhaltung und Vollziehung – psychiatrische bzw. forensische Klinik, Sonderjustizanstalt – einer Maßnahme oder Maßregel dadurch transparent und verständlich dargestellt. Dazu kommen besondere Bestimmungen in der Vollziehung der Maßnahme bzw. Maßregel.
Im zweiten Teil dieser Arbeit werden die durchschnittlichen Anhaltedauern (rechts)soziolo-gisch untersucht, und mit Hilfe der vorhandenen soziolo(rechts)soziolo-gischen Theorien in Verbindung mit den Vorstellungen von Kriminalität psychisch Kranker, und den dazu passenden Kriminalitäts-theorien untersucht und interpretiert. Nicht zuletzt stellt sich die Frage in wieweit die Systeme der Maßnahme bzw. Maßregel die Funktion eines (post)moderenen Hôpital général gemäß der Untersuchungen Foucaults (vgl. Focault 1976: 94 – 357) eingenommen haben, wofür ei-nige Aspekte, wie die doppelte Funktion, von staatlich angeordneter Fürsorge einerseits, sowie jedoch strenger Regeln bezüglich Sicherheit und Aufhebung der Freiheitsentziehung anderer-seits zeigen. Nicht zuletzt scheint Stigmatisierung in diesem Zusammenhang ein sehr wichti-ges Thema zu sein.
Im dritten Teil der Arbeit wird die durchschnittliche Anhaltedauer im Maßnahmen- bzw. Maß-regelvollzug in Österreich, Deutschland und der Schweiz gegenübergestellt. Hierbei ist das Ziel die bestmögliche Darstellung im Sinne vergleichbarer Daten der durchschnittlichen Ver-weildauer in den jeweiligen Systemen der Maßnahme bzw. Maßregel dieser Staaten. Hierzu werden neben den Daten auch verschiedene wissenschaftliche Artikel von unterschiedlichen
zumal, wie die Empirie zeigt, die Datenführung aufgrund der unterschiedlichen institutionellen Verwaltungen dieser Staaten, aber auch innerhalb – Land/Kantone-Bund-Kompetenzen – große Differenzen aufweist.
4. Abkürzungsverzeichnis
MNV = Maßnahmenvollzug Österreich
MRV = Maßregelvollzug Deutschland, Schweiz UAO = Unterbringungsanordnung Deutschland
StGB = Strafgesetzbuch Österreich, Deutschland Schweiz StPO = Strafprozessordnung Österreich, Deutschland, Schweiz StVG = Strafvollzugsgesetz Österreich, Schweiz
SMVG = Straf- und Maßnahmenvollzugsgesetz Deutschland BMG = Bundesministerium für Gesundheit Österreich
UbG = Unterbringungsgesetz Österreich, Schweiz StVollzG = Strafvollzugsgesetz Deutschland BayMRVG = Bayrisches Maßregelvollzugsgesetz
SMVG = Gesetz über den Straf- und Maßnahmenvollzug Bern UnterbrG = Unterbringungsgesetz Deutschland
WHO = World Health Organisation
IRKS = Instituts für Recht- und Kriminalsoziologie EMRK = Europäischen Menschenrechtskonvention
5. Gesetzliche Regelungen in Österreich, Deutschland und in der
Schweiz
In diesem ersten Teil der Arbeit werden die gesetzlichen Regelungen für den Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzug der jeweiligen Länder. Für jedes Land das Strafgesetzbuch (StGB), die Strafprozessordnung (StPO) und das Strafvollzugsgesetz (StVG) herangezogen. Das Strafge-setzbuch sieht in seinem Sanktionssystem eine Zweispurigkeit von Strafen und Maßnahmen. Für beide Sanktionen ist eine Anlasstat notwendig (setzt eine Tat im strafrechtlichen Sinne voraus), allerdings orientiert sich die Strafe an der Schult des Täters, die Maßnahme an der Gefährlichkeit. Die Strafprozessordnung regelt das Verfahren zur Unterbringung, und das Strafvollzugsgesetz regelt die Anordnung des Vollzugs von Strafen und Maßnahmen. An-schließend wird auf die jeweiligen Maßnahmen- bzw. Maßregelvollzugsgesetze näher einge-gangen. Außerdem werden exemplarisch zu den Bundesgesetzen noch Ländergesetze auf-gezeigt. Zuerst werden alle für die Arbeit relevanten Paragraphen beschrieben. Anschließend werden die drei Länder auf Grund ihrer Gesetzgebung bzw. auf Grund der Paragraphen ver-glichen. Für eine bessere Lesart der Paragraphen wurden teilweise Stellen die für die Arbeit nicht relevant sind gekürzt (…) oder Absätze ausgelassen. In diesem Teil der Arbeit wird au-ßerdem auf die Genderschreibweise verzichtet, da die Gesetzgebungen ebenfalls nur die männliche Schreibweise verwenden.
5.1. Österreich
Begonnen wird zunächst mit der Gesetzgebung in Österreich. In Österreich unterscheidet man hierbei den § 21 (1) StGB für geistig abnorme zurechnungsunfähige Rechtsbrecher und den § 21 (2) für geistig abnorme zurechnungsfähige Rechtsbrecher. Zur Vollständigkeit und Ver-gleichbarkeit werden auch die weiteren Möglichkeiten des Maßnahmenvollzuges der jeweili-gen Länder kurz angeführt. In dieser Arbeit wird für Österreich vor allem der § 21 (1) betrachtet werden. Bevor nun mit dem StGB begonnen wird, muss noch angeführt werden, dass es in Österreich ein Unterbringungsgesetz (UbG) gibt. Dieses Gesetz dient psychisch kranken schen die in Krankenanstalten untergebracht werden. Wichtig hierbei ist, dass diese Men-schen nicht straffällig wurden. Im UbG geht es vor allem um den Schutz der Persönlichkeits-rechte, den Geltungsbereich und den Voraussetzungen sowie der Aufhebungsgründe der Un-terbringung.
5.1.1. Strafgesetzbuch
Gemäß dem Strafgesetzbuch (1974) sind für den Maßnahmenvollzug folgende Paragraphen, Inhalte beziehungsweise strafrechtliche Ableitungen relevant.
Keine Strafe ohne Schuld
§ 4 StGB. Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt.
Eine Schuld muss rechtlich vorgeworfen werden können. Dies ist bei Zurechnungsunfähigkeit ausgeschlossen.
Zurechnungsfähigkeit
§ 11 StGB. Wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen „einer geistigen
Behin-derung“, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schwe-ren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, handelt nicht schuldhaft.
Im Detail zum besseren Verständnis die Unterscheidung der einzelnen Definitionen:
• Geisteskrankheit: funktionelle und organische Psychosen (Schizophrenie, manisch-depressive Erkrankungen, körperlich begründbare Psychosen)
• Geistige Behinderung: Geistesschwäche erheblichen Grades (angeborene, ge-burtstraumatische und frühkindliche Hirnschäden)
• Tiefgreifende Bewusstseinsstörung: Zustände, die geistig-seelische Funktionen ausschalten, ohne Krankheiten im engeren Sinne darzustellen (z.B. Alkohol- und Dro-genintoxikation, Dämmerzustände)
• Andere schwere, einem dieser Zustände gleichwertige seelische Störung: schwere Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, organische Wesensänderung, schwere Impulskontrollstörungen (vgl. Schanda 2015: 5)
zurechnungsun-Um einen Überblick dafür zu bekommen was unter Geisteskrankheit oder einer seelischen Störung gemeint ist, werden im Folgenden diese Definitionen genauer betrachtet. Manche Störungen werden nur kurz angeführt. Die Kapitel die für geistig abnorme unzurechnungsfä-hige Rechtsbrecher am wichtigsten sind (da diese Störungen am häufigsten auftreten) werden genauer erklärt. Hierfür wird die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10. Revision – BMG- Version 2014 verwendet. Psychische und Verhaltensstörungen werden im Kapitel V behandelt und gliedern sich wie folgt:
1. Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F00-F09 2. Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (F10-F19)
Dieser Abschnitt beinhaltet viele verschiedene Störungen unterschiedlichen Schweregrades und mit verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern
.
Deren Gemeinsamkeit ist der Gebrauch einer oder mehrerer psychotroper Substan-zen (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 206).3. Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen (F20-F29)
In diesem Abschnitt geht es um die Schizophrenie als wichtigstes Krankheits-bild dieser Gruppe, die schizoptypen und wahnhaften Störungen und um eine Gruppe akuter vorübergehender psychotischer Störungen (vgl. Bundesministe-rium für Gesundheit 2013: 209). Da diese Störungen einen großen Teil der Di-agnosen der MaßnahmenInsassen ausmachen soll ein Auszug daraus kurz ge-nauer erklärt werden:
a. Schizophrenie: Diese Störung ist im Allgemeinen durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmungen ge-kennzeichnet. Psychopathologische Phänomene hierbei sind kenlautwerden, Gedankeneingebung oder Gedankenentzug, Gedan-kenausbreitung, Wahnwahrnehmungen, Kontrollwahn, Beeinflussungs-wahn, Stimmen die in der dritten Person den Patienten kommentieren oder über ihn sprechen, Denkstörungen und Negativsymptome. Der Verlauf kann kontinuierlich episodisch mit zunehmenden oder stabilen Defiziten sein, oder es treten eine oder mehrere Episoden mit vollstän-diger oder unvollstänvollstän-diger Remission auf (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 209).
b. Schizotype Störungen: Dies ist eine Störung mit exzentrischem Verhal-ten und Anomalien der Stimmung und des Denkens, die schizophren wirken, allerdings nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind. Phänomene hierbei sind Tendenz zu sozi-alem Rückzug, paranoide und bizarre Ideen, zwanghaftes Grübeln,
Denk- und Wahrnehmungsstörungen und Episoden mit intensiven Illu-sionen, akustischen und anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen, meist ohne äußere Veranlassung (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 210).
c. Anhaltende wahnhafte Störungen: Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Störungen, bei denen langandauernder Wahn das einzige oder das am meisten ins Auge fallende klinische Charakteristikum dar-stellt, und die nicht als schizophren, organisch oder affektiv klassifiziert werden können (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 211). d. Induzierte wahnhafte Störung: Diese wahnhafte Störung wird von zwei
Personen mit einer engen emotionalen Bindung geteilt. Nur eine dieser Personen leidet unter einer echten psychotischen Störung. Die Wahn-vorstellungen bei der anderen Person sind induziert und werden bei der Trennung des Paares meist aufgegeben (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 212).
4. Affektive Störungen (F30-39)
5. Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F40-F48) (vgl. Bundes-ministerium für Gesundheit 2013: 218)
6. Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F50-F59) (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 225)
7. Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60-F69)
Diese Störungen sind geprägt durch meist länger anhaltende Zustandsbilder und Verhaltensmuster. Diese sind Ausdruck des charakteristischen, individuel-len Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Men-schen. Da auch diese Störungen einen großen Teil der Diagnosen bei Maßnah-menInsassen ausmachen, werden wieder ein paar daraus genauer betrachtet:
a. Spezifische Persönlichkeitsstörungen: Hierbei handelt es sich um schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens der Person, die nicht direkt auf eine Hirnkrankheit oder –schädigung oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen sind. Sie umfassen ver-schiedene Persönlichkeitsbereiche und gehen so gut wie immer mit per-sönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einher. Sie treten meist in der Kindheit oder in der Adoleszenz in Erscheinung und bestehen wäh-rend des Erwachsenenalters weiter (vgl. Bundesministerium für Ge-sundheit 2013: 230).
führen, aber nicht die spezifischen Symptombilder der spezifischen Per-sönlichkeitsstörungen aufweisen (vgl. Bundesministerium für Gesund-heit 2013: 232).
c. Andauernde Persönlichkeitsstörungen, nicht in Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns: In dieser Gruppe finden sich Persönlich-keits- und Verhaltensstörungen ohne vorbestehende PersönlichPersönlich-keits- Persönlichkeits-störungen nach extremer oder übermäßiger, anhaltender Belastung o-der schweren psychiatrischen Krankheiten (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 232)
8. Intelligenzminderung (F70-79)
Hierbei handelt es sich um einen Zustand von verzögerter oder unvollständiger Entwicklung der geistigen Fähigkeiten. Besonders beeinträchtigt bei Intelligenz-minderung sind Fertigkeiten, die sich in der Entwicklungsperiode manifestieren und die zum Intelligenzniveau beitragen, wie Kognition, Sprache, soziale und motorische Fähigkeiten (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 236)
9. Entwicklungsstörungen (F80-89)
10. Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F90-F98) (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013: 242)
11. Nicht näher bezeichnete psychische Störungen (F99-F99) (vgl. Bundesministe-rium für Gesundheit 2013: 247)
Die folgenden Paragraphen sind entscheidend für die Unterscheidung der Zurechnungs(un)fä-higkeit von Rechtsbrechern.
Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
§ 21 (1) StGB. Begeht jemand eine Tat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe
bedroht ist, und kann er nur deshalb nicht bestraft werden, weil er sie unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, so hat ihn das Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn nach seiner Person, nach seinem Zu-stand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen und seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.
(2) StGB. Liegt eine solche Befürchtung vor, so ist in eine Anstalt für geistig abnorme
Rechts-brecher auch einzuweisen, wer, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad eine Tat begeht, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. In einem solchen Fall ist die Unterbringung zugleich mit dem Ausspruch über die Strafe anzuordnen.
Hier noch einmal die wesentlichen Punkte zu den §§ 21 (1) und 21 (2): • (1) Geistig abnorme zurechnungsunfähige Rechtsbrecher
o eine mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Anlasstat o Anordnung auf unbestimmte Zeit
o kein Schuldspruch!
o jährliche Überprüfung des Fortbestehens der einweisungsrelevanten Gefähr-lichkeit
• (2) Geistig abnorme zurechnungsfähige Rechtsbrecher
o eine mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Anlasstat o Anordnung auf unbestimmte Zeit
o Schuldspruch! (zusätzliche Freiheitsstrafe)
o jährliche Überprüfung des Fortbestehens der einweisungsrelevanten Gefähr-lichkeit
Im StGB gibt es noch den § 22 für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher. Auf diesen wird allerdings nicht näher eingegangen. Ebenfalls gibt es noch den § 23 StGB für gefährliche Rückfallstäter. Dieser findet in Österreich kaum noch Verwendung und wird daher als soge-nanntes „totes Recht“ bezeichnet.
Bedinge Nachsicht von vorbeugenden Maßnahmen
§ 45 (1) StGB. Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist
be-dingt nachzusehen, wenn nach der Person des Betroffenen, seinem Gesundheitszustand, sei-nem Vorleben, nach der Art der Tat und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen, (…) , anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer Behandlung außerhalb der Anstalt und allfälligen weiteren in den §§ 50 bis 52 vorgesehenen Maßnahmen ausreichen werde, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende
Maß-nach § 21 beträgt zehn Jahre, ist die der Unterbringung zugrundeliegende strafbare Handlung aber mit keiner strengeren Strafe als einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren bedroht, fünf Jahre.
Reihenfolge des Vollzugs von Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentziehung verbunde-nen vorbeugenden Maßnahmen
§ 24 (1) StGB. Die Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher … ist vor
der Freiheitsstrafe zu vollziehen.
Dauer der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme
§ 25 (1) StGB. Vorbeugende Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit anzuordnen. Sie sind so
lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert.
(2) Über die Aufhebung der vorbeugenden Maßnahme entscheidet das Gericht.
(3) Ob die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher … noch
notwen-dig ist, hat das Gericht von Amts wegen mindestens jährlich zu prüfen.
Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme § 47 (1) StGB. Aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sind die Eingewiesenen
stets nur unter Bestimmung einer Probezeit zu entlassen.
(2) Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden
Maßnahme ist zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, ge-gen die sich die vorbeuge-gende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.
(3) Wird der Rechtsbrecher aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher … vor Ablauf
der Strafzeit bedingt oder unbedingt entlassen, so ist nach § 24 Abs. 1 letzter Satz vorzugehen.
Probezeiten
§ 48 (2) StGB. Die Probezeit bei der Entlassung aus einer Anstalt für geistig abnorme
Rechts-brecher … beträgt zehn Jahre, ist die der Unterbringung zugrundeliegende strafbare Handlung aber mit keiner strengeren Strafe als einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren bedroht, nur fünf Jahre.
Dies bedeutet, dass die Entlassung aus dem MNV innerhalb der Probezeit von zehn oder fünf Jahren jederzeit wegen nicht Einhaltung der Vorschriften widerrufen werden kann. Kommt es während der Probezeit wieder zu einer Straftat tritt § 53 (2) StGB „Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung einer Freiheitsstrafe“ in Kraft. Ebenfalls kann widerrufen werden, wenn die Gefährlichkeit weswegen der Rechtsbrecher eingewiesen wurde weiterhin besteht.
Entlassung von Weisungen und Anordnung der Bewährungshilfe
§ 50 (1) StGB. Wird einem Rechtsbrecher … die mit Freiheitsentziehung verbundene
vorbeu-gende Maßnahme bedingt nachgesehen oder wird er aus einer … mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen, so hat das Gericht ihm Weisungen zu erteilen oder Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten.
Weisungen
§ 51 (1) StGB. Als Weisungen kommen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung
geeignet scheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhal-ten. Weisungen, die einen unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte oder in die Le-bensführung des Rechtsbrechers darstellen würde, sind unzulässig.
Bewährungshilfe
§ 52 (1) StGB. „Ordnet das Gericht die Bewährungshilfe an, so hat der Leiter der zuständigen
Geschäftsstelle für Bewährungshilfe dem Rechtsbrecher einen Bewährungshelfer zu bestellen und diesen dem Gericht bekanntzugeben.“ Der Bewährungshelfer hat sich mit Rat und Tat darum zu bemühen, dem Rechtsbrecher zu einer Lebensführung und Einstellung zu verhelfen, die diesen in Zukunft von der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen abzuhalten vermag. Soweit es dazu nötig ist, hat er ihn auf geeignete Weise bei seinen Bemühungen zu unterstüt-zen, wesentliche Lebensbedürfnisse zu decken, insbesondere Unterkunft und Arbeit zu finden.
Widerruf der bedingten Nachsicht und der bedingten Entlassung bei einer vorbeugen-den Maßnahme
§ 54 (1) StGB. Die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme
… Rechtsbrecher und die bedingte Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten sind unter den im § 53 genannten Voraussetzungen zu widerrufen, wenn sich aus den dort genannten Umständen ergibt, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeu-gende Maßnahme richtet noch besteht.
(2) Wird im Falle des Abs. 1 die bedingte Nachsicht der Unterbringung in oder die bedingte
Entlassung aus einer im § 21 bezeichneten Anstalt nicht widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit bis auf höchstens fünfzehn Jahre verlängern. Beträgt die Probezeit nur fünf Jahre, so kann sie das Gericht bis auf höchstens zehn Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls es noch nicht geschehen sein sollte, Bewährungshilfe anzuordnen ist.
(3) Bestehen gegen Ende der ursprünglichen oder verlängerten Probezeit besondere Gründe
zur Annahme, dass es weiterhin der Anordnung der Unterbringung bedarf, um die Gefährlich-keit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, hintanzuhalten, so kann das Gericht die Probezeit um höchstens drei Jahre verlängern. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig.
5.1.3. Strafprozessordnung
Vom Verfahren zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB
§ 429 (1) StPO. Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, dass die Voraussetzungen
des § 21 Abs. 1 StGB gegeben seien, so hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Unter-bringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher zu stellen. Für diesen Antrag gel-ten die Bestimmungen über die Anklageschrift dem Sinne nach. Für das Verfahren auf Grund eines solchen Antrages gelten sinngemäß die Bestimmungen über das Strafverfahren, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird.
(2) Für das Ermittlungsverfahren gelten folgende Besonderheiten: 2. Der Betroffene ist
min-destens durch einen Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie zu untersuchen.
(4) Liegt einer der im § 173 Abs. 2 und 6 angeführten Haftgründe vor, kann der Betroffene
nicht ohne Gefahr für sich oder andere auf freiem Fuß bleiben oder ist seine ärztliche Be-obachtung erforderlich, so ist seine vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme
Rechtsbrecher oder seine Einweisung in eine öffentliche Krankenanstalt für Geisteskrankhei-ten anzuordnen. Diese KrankenanstalGeisteskrankhei-ten sind verpflichtet, den Betroffenen aufzunehmen und für die erforderliche Sicherung seiner Person zu sorgen.
Dies bedeutet zuerst muss geklärt werden, ob nach § 21 (1) StGB gehandelt werden kann. Wenn ja, wird ein Sachverständiger herangezogen der dann den Patienten untersucht. An-schließend wird er in eine passende Anstalt eingewiesen. Welche Anstalten als passend gel-ten, wird im nächsten Kapitel des Strafvollzugsgesetzes näher erklärt.
§ 430 (1) StPO. Zur Entscheidung über den Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für
geis-tig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB ist das Gericht berufen, das für ein Straf-verfahren auf Grund einer Anklage oder eines Strafantrages gegen den Betroffenen wegen seiner Tat zuständig wäre; an Stelle des Einzelrichters ist jedoch das Landesgericht als Schöf-fengericht berufen.
Es ist somit immer das jeweilige Landesgericht aus dem Bundesland zuständig, in welchem die Anlasstat verübt wurde.
§ 432 StPO. Im geschworenengerichtlichen Verfahren ist den Geschworenen eine Zusatzfrage
zu stellen, ob der Betroffene zur Zeit der Tat zurechnungsunfähig war. Haben die Geschwore-nen diese Frage bejaht und etwaige andere Zusatzfragen verneint, so ist vom Schwurgerichts-hof gemeinsam mit den Geschworenen über die Unterbringung zu entscheiden.
5.1.4. Strafvollzugsgesetz
Anordnung des Vollzugs der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maß-nahme
§ 157 (1) StVG. Für die Anordnung des Vollzuges der mit Freiheitsentziehung verbundenen
vorbeugenden Maßnahmen gelten die §§ 3 bis 5 und 7 dem Sinne nach, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist.
(2) Ist der Vollzug einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme drei
Jahre, nachdem die Maßnahme vollstreckbar geworden ist, noch nicht eingeleitet worden, so darf die Maßnahme nur vollzogen werden, wenn festgestellt wird, dass die Gefährlichkeit, ge-gen die sich die Maßnahme richtet, noch besteht. Die Entscheidung, dass die Gefährlichkeit nicht mehr besteht, steht einer bedingten Entlassung aus der betreffenden Maßnahme gleich.
Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher
§ 158 (1) StVG. Die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher ist in den dafür besonders
bestimmten Anstalten oder in den dafür besonders bestimmten Außenstellen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen zu vollziehen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird.
(2) In den Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher darf auch der Strafvollzug an
Strafge-fangenen durchgeführt werden, die wegen ihres psychischen Zustandes in anderen Vollzugs-anstalten nicht sachgemäß behandelt werden können oder die sich wegen psychischer Be-sonderheiten nicht für den allgemeinen Vollzug eignen. …
(3) Bei der Einrichtung von Anstalten, die der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des StGB
die-nen, ist insbesondere auf die Erfordernisse Bedacht zu nehmen, die sich im Zusammenhang mit der psychiatrischen Behandlung der Untergebrachten ergeben. Die Anstalten sind zur Füh-rung und AufbewahFüh-rung von Krankengeschichten zu verpflichten.
(4) Die Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des StGB darf durch die Annahme in eine öffentliche
Krankenanstalt für Psychiatrie vollzogen werden, wenn 1. unter Berücksichtigung des Zustan-des Zustan-des unterzubringenden Rechtsbrechers mit den Einrichtungen Zustan-des Auslangen gefunden werden kann, wie sie in der öffentlichen Krankenanstalt für die Unterbringung von psychisch Kranken nach dem Unterbringungsgesetz bestehen, im Fall einer besonderen Vereinbarung, aber mit den danach vorgesehenen Einrichtungen; 2. der Rechtsbrecher und sein gesetzlicher
Vertreter ihre Zustimmung erteilen und 3. dem Leiter der Krankenanstalt Gelegenheit zu einer Äußerung gegeben worden ist.
Bestimmung der Zuständigkeit
§ 161 StVG. Die Entscheidung darüber, in welcher von mehreren Anstalten für geistig abnorme
Rechtsbrecher, … der Vollzug allgemein oder im Einzelfall durchzuführen ist, steht dem Bun-desministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zu.
Vollzugsgericht
§ 162 (1) StVG. Vollzugsgericht ist auch das in Strafsachen tätige Landesgericht, in dessen
Sprengel die mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme vollzogen wird.
Das Vollzugsgericht entscheidet außerdem unter anderem über die Notwendigkeit der Unter-bringung oder weiteren UnterUnter-bringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, über die bedingte Entlassung aus einer dieser Anstalten, über den Widerruf der bedingten Entlas-sung, und darüber dass die bedingte Entlassung endgültig ist.
Zwecke der Unterbringung
§ 164 (1) StVG. Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher soll die
Untergebrachten davon abhalten, unter dem Einfluss ihrer geistigen oder seelischen Abartig-keit mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen. Die Unterbringung soll den Zustand der Un-tergebrachten soweit bessern, dass von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenden und den Er-fordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen.
(2) Soweit die Zeit der Anhaltung auf die zugleich mit ihrer Anordnung ausgesprochene Strafe
anzurechnen ist, soll der Vollzug auch den Unwert des der Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens aufzeigen.
Der nachfolgende Paragraph ist einer der wesentlichsten, wenn es um die Einweisung von geistig abnormen unzurechnungsfähigen Personen geht.
Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches
§ 165 (1) StVG. Für den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des StGB gelten folgende
Bestimmungen: 1. Die Untergebrachten sind unter Berücksichtigung ihres Zustandes zur Er-reichung der Vollzugszwecke und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten so zu behandeln wie es den Grundsätzen und anerkannten Methoden der Psychiat-rie, Psychologie und Pädagogik entspricht. Rechte der Untergebrachten, (…), dürfen dabei nur insoweit beschränkt werden, als dies zur Erreichung der vorgenannten Zwecke unerläss-lich ist. Die Rechte der Untergebrachten, die den in den (…), sowie die Menschenwürde der Untergebrachten dürfen nicht beeinträchtigt werden. Beschwerden, von denen es offensicht-lich ist, dass ihre Erhebung ausschließoffensicht-lich auf die geistige und seelische Abartigkeit des Un-tergebrachten und nicht auf eine Beeinträchtigung seiner Rechte zurückzuführen ist, sind je-doch ohne förmliche Verfahren zurückzulegen. 2. Die Z1 gilt dem Sinne nach auch für allge-mein oder im Einzelfall getroffene Anordnungen hinsichtlich der Pflichten der Untergebrachten sowie hinsichtlich der Maßnahmen gegenüber Untergebrachten, die Handlungen begangen haben, die bei einem Strafgefangenen als Ordnungswidrigkeit anzusehen wären; solche Maß-nahmen dürfen außerdem den Untergebrachten in ihrer Gesamtauswirkung keiner ungünsti-geren Behandlung unterwerfen, als dies bei einem Strafgefangenen zulässig wäre.
Vollzug durch Aufnahme in öffentliche Krankenanstalten für Psychiatrie
§ 167a (1) StVG. Die öffentlichen Krankenanstalten für Psychiatrie sind verpflichtet, (…)
Per-sonen aufzunehmen und anzuhalten.
Ärztliche Nachbetreuung
§ 179a (1) StVG. Einem Rechtsbrecher, der bedingt entlassen wird, kann die Weisung, sich
weiterhin einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizini-schen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutimedizini-schen Wohneinrichtung Auf-enthalt zu nehmen, auch mit der Maßgabe erteilt werden, dass die Behandlung oder die sozi-altherapeutische Betreuung für den Verurteilten unentgeltlich durch eine Forensische Ambu-lanz, durch eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung, durch einen Psychotherapeuten oder durch einen Arzt durchgeführt wird, die oder der sich zur Durchführung solcher Behandlungen und Betreuungen dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Jus-tiz gegenüber verpflichtet hat. (…)
Widerruf der bedingten Entlassung
§ 180 (3) StVG. Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die bedingte
Entlassung widerrufen und der Entlassene aus diesem Grund flüchten werde oder die Bege-hung weiterer mit Strafe bedrohter Handlungen unmittelbar bevorsteht, ist seine Festnahme zulässig, zu der die Kriminalpolizei von sich aus berechtigt ist, wenn wegen Gefahr im Verzug eine Anordnung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Für das wei-tere Verfahren gelten die Bestimmungen des 9. Hauptstücks sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Haft bis zur Entscheidung über den Widerruf einen Monat nicht übersteigen darf.
(4) Davon, dass eine bedingte Entlassung endgültig geworden ist, ist die Sicherheitsbehörde
des Aufenthaltsortes des Entlassenen zu benachrichtigen.
5.1.5. Maßnahmenvollzugsgesetz
Derzeit gibt es in Österreich noch kein einheitliches Maßnahmenvollzugsgesetz. Dies ist aller-dings in Bearbeitung und ein erster Gesetzesentwurf lag im Frühling 2016 vor. Dieser wurde überarbeitet. Der vergangene Minister Dr. Moser ließ den Entwurf weiterbearbeiten, kündigte ihn allerdings dann als zweimal verschoben an.
5.2. Deutschland
In Deutschland gibt es verschiedene Anwendungsgebiete des Maßregelvollzuges. In dieser Arbeit wird sich vor allem auf den § 63 Strafgesetzbuch der Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus konzentriert. Zu beachten ist, dass das deutsche Strafvollzugsgesetz jeweils ein Landesgesetz ist und kein deutsches Bundesgesetz (zum Vergleich in Österreich ist das Straf-vollzugsgesetz ein Bundesgesetz). Die Strafvollstreckungskammern in Deutschland gibt es an den Landesgerichten. Daher werden im deutschen Teil der Gesetze anschließend auch weni-ger Paragraphen des Strafvollzugsgesetztes herangezogen beziehungsweise nur exempla-risch für ein Bundesland.
Bevor nun die einzelnen Gesetze aus Deutschland genauer betrachtet werden gibt es folgen-des zu beachten. Wie in Österreich, gibt es auch in Deutschland ein sogenanntes
gungsgesetz (UnterbrG). Dieses regelt unter anderem die Voraussetzungen der Unterbrin-gung, den Unterbringungszweck, die Unterbringung der Betreuung und die Aussetzung bezie-hungsweise Entlassung.
5.2.1. Strafgesetzbuch
Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung
§ 20 StGB. Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften
seeli-schen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischenAbartigkeit unfähig ist, dass Unrecht der Tat einzu-sehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Verminderte Schuldfähigkeit
§ 21 StGB. Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser
Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichnenden Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Diese zwei Paragraphen sind maßgebend für die Einweisung in ein psychiatrisches Kranken-haus in Deutschland.
Übersicht
§ 61 StGB. Maßregeln der Besserung und Sicherung sind 1. die Unterbringung in einem
psy-chiatrischen Krankenhaus, 2. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, 3. die Unterbrin-gung in der Sicherungsverwahrung, 4. die Führungsaufsicht, 5. die Entziehung der Fahrer-laubnis, 6. das Berufsverbot.
Damit jemand im Maßregelvollzug nach § 63 in Deutschland untergebracht werden kann, müs-sen also drei Voraussetzungen erfüllt sein:
• Es wurde eine Straftat begangen.
• Es muss die Erwartung bestehen, dass der Täter aufgrund seines Zustandes weitere Taten begeht.
• Der Täter ist wegen psychischer Krankheit, Störung oder Intelligenzminderung nicht oder nicht voll schuldfähig (vgl. Jung 2012: 30).
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§ 62 StGB. Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn
sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.
Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus
§ 63 StGB. Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der
verminderten Schuldfähigkeit begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist die einzige unbefristete freiheits-entziehende Maßnahme im deutschen Strafrecht (vgl. Jung 2012: 30).
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
§ 64 StGB. Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende
Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das
Ge-Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
§ 66 (1) StGB. Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an wenn,
1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a. sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b. unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäu-bungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c. …
2. der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindes-tens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehen-den Maßregel der Besserung und Sicherung befunfreiheitsentziehen-den hat und
4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allge-meinheit gefährlich ist.
Eine Maßregel der Besserung und Sicherung muss zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten in einem angemessenen Verhältnis stehen. Ebenfalls muss der Grad der vom Täter ausgehenden Gefahr berücksichtigt werden (vgl. Jung 2012: 15).
Reihenfolge der Vollstreckung
§ 67 (1) StGB. Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer
Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu
vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. …
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das
Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel
§ 67a (1) StGB. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus … angeordnet
worden, so kann das Gericht die untergebrachte Person nachträglich in den Vollzug der ande-ren Maßregel überweisen, wenn ihre Resozialisierung dadurch gefördert werden kann.
(4) Die Fristen für die Dauer der Unterbringung und die Überprüfung richten sich nach den
Vorschriften, die für die im Urteil angeordnete Unterbringung gelten.
Aussetzung zugleich mit der Anordnung
§ 67b (1) StGB. Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
… an, so setzt es zugleich deren
Vollstre
ckung zur Bewährung aus, wenn besondere Um-stände die Erwartungen rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch eine Freiheitsstrafe zu verbü-ßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.(2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.
Späterer Beginn der Unterbringung
§ 67c (1) StGB. Wird eine Freiheitsstrafe vor einer wegen derselben Tat oder Taten
angeord-neten Unterbringung vollzogen und ergibt die vor dem Ende des Vollzugs der Strafe erforder-liche Prüfung, dass 1. der Zweck der Maßregel die Unterbringung nicht mehr erfordert oder 2. …. setzt das Gericht die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Ausset-zung tritt Führungsaufsicht ein.
(2) Hat der Vollzug der Unterbringung drei Jahre nach Rechtskraft ihrer Anordnung noch nicht
ist. Das Gericht ordnet den Vollzug an, wenn der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist der Zweck der Maßregel nicht erreicht, rechtfertigen aber besondere Umstände die Erwartungen, dass er auch durch die Aussetzung erreicht werden kann, so setzt das Ge-richt die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Füh-rungsaufsicht ein. Ist der Zweck der Maßregel erreicht, so erklärt das Gericht sie für erledigt.
Dauer der Unterbringung
§ 67d (2) StGB. Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so
setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. …
(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist
da-mit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem
psychiatri-schen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnis-mäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes er-hebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen seelischen Schä-digung gebracht werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Füh-rungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der FühFüh-rungsaufsicht an, wenn zu er-warten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.
Überprüfung
§ 67e (1) StGB. Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der
Unterbrin-gung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muss dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung …, in einem psychiatrischen Krankenhaus ein
Jahr, … .
(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung
oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.
Befristete Wiederinvollzugsetzung; Krisenintervention
§ 67h (1) StGB. Während der Dauer der Führungsaufsicht kann das Gericht die ausgesetzte
Unterbringung nach § 63 … für eine Dauer von höchstens drei Monaten wieder in Vollzug setzen, wenn eine akute Verschlechterung des Zustandes der aus der Unterbringung entlas-senen Personen oder ein Rückfall in ihr Suchtverhalten eingetreten ist und die Maßnahme erforderlich ist, um einen Widerruf … zu vermeiden. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann es die Maßnahme erneut anordnen oder ihre Dauer verlängern; die Dauer der Maß-nahme darf insgesamt sechs Monate nicht überschreiten.
Voraussetzungen der Führungsaufsicht
§ 68 (1) StGB. Hat jemand wegen einer Straftat, bei der das Gesetz Führungsaufsicht
beson-ders vorsieht, zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verwirkt, so kann das Gericht neben der Strafe Führungsaufsicht anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass er wei-tere Straftaten begehen wird.
(2) Die Vorschriften über die Führungsaufsicht kraft Gesetzes bleiben unberührt.
Aufsichtsstelle, Bewährungshilfe, forensische Ambulanz
§ 68a (1) StGB. Die verurteilte Person untersteht einer Aufsichtsstelle; das Gericht bestellt ihr
für die Dauer der Führungsaufsicht eine Bewährungshelferin oder einen Bewährungshelfer.
(2) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer und die Aufsichtsstelle stehen im
Ein-vernehmen miteinander der verurteilten Person helfend und betreuend zur Seite.
(3) Die Aufsichtsstelle überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht und mit Unterstützung der
Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers das Verhalten der verurteilten Person und die Erfüllung der Weisungen.
(4) Besteht zwischen der Aufsichtsstelle und der Bewährungshelferin oder dem
Bewährungs-helfer in Fragen, welche die Hilfe für die verurteilte Person und ihre Betreuung berühren, kein Einvernehmen, entscheidet das Gericht.
Wenn vom untergebrachten Täter also aus juristischer und therapeutischer Sicht keine Gefahr mehr besteht, wird die Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. Damit verbunden ist dann eine mehrjährige Führungsaufsicht.
Weisungen
§ 68b (1) StGB. Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht
oder für eine kürzere Zeit anweisen, … . Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. … .
(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine
kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Frei-zeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen. Die Betreuung und Be-handlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. …
(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilen Person keine
unzumutba-ren Anforderungen gestellt werden.
Dauer der Führungsaufsicht
§ 68c (1) StGB. Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das
Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.
Beendigung oder Ruhen der Führungsaufsicht
§ 68e (1) StGB. Soweit sie nicht unbefristet oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden
Maßregel eingetreten ist, endet die Führungsaufsicht 1. mit Beginn des Vollzugs der freiheits-entziehenden Maßregel, 2. mit dem Beginn des Vollzugs einer Freiheitsstrafe, neben der eine freiheitsentziehende Maßregel angeordnet ist, 3. mit Eintritt einer neuen Führungsaufsicht.
(2) Das Gericht hebt die Führungsaufsicht auf, wenn zu erwarten ist, dass die verurteilte
Per-son auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird. Die Aufhebung ist frühestens nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer zulässig. Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Aufhebung der Führungsaufsicht unzu-lässig ist.
5.2.2. Strafprozessordnung
Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus
§ 81 (1) (StPO): Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des
Be-schuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, dass der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend
verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer
von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
Einstweilige Unterbringung
§ 126a (1) StPO. Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass jemand eine
rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit began-gen hat und, dass seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Ent-ziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen
Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden.
Maßregeln der Besserung und Sicherung
§ 463 (4) StPO. Im Rahmen der Überprüfung nach § 67e des Strafgesetzbuches soll das
Gericht nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Kran-kenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder
untergebrachte Person befindet. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. …
5.2.3. Strafvollzugsgesetz
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
§ 136 StVollzG. Die Behandlung des Untergebrachten in einem psychiatrischen Krankenhaus
richtet sich nach ärztlichen Gesichtspunkten. Soweit möglich, soll er geheilt oder sein Zustand soweit gebessert werden, dass er nicht mehr gefährlich ist. Ihm wird die nötige Aufsicht, Be-treuung und Pflege zuteil.
Anwendung anderer Vorschriften
§ 138 (1) StVollzG. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer
Entziehungsanstalt richtet sich nach Landesrecht, soweit Bundesgesetze nichts anderes be-stimmen.
5.2.4. Maßregelvollzugsgesetz
In Deutschland sind nicht alle Gesetze die den Maßregelvollzug betreffen in einem Bundesge-setz verankert. In verschiedenen Bundesländern gibt es eigene GeBundesge-setze für den Maßregelvoll-zug. Anschließend wird ein Maßregelvollzugsgesetz exemplarisch dargestellt.
Gesetz über den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie der einst-weiligen Unterbringung - Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz
Anwendungsbereich
Art. 1 BayMRVG. Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung von Personen in einem
psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzugseinrichtung) auf Grund einer strafgerichtlichen Entscheidung.
Ziele und Grundsätze
Art. 2 (1) BayMRVG. Ziel der Unterbringung ist, die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer
Straftaten zu schützen. Weitere Ziele sind bei der Unterbringung
1. gemäß § 63 des Strafgesetzbuches (StGB), die untergebrachte Person zu heilen oder ihren Zustand soweit zu bessern, dass sie keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt,
2. gemäß § 64 …
(2) Die Unterbringung soll den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich
angegli-chen werden und die untergebrachte Person auf ein straffreies Leben vorbereiten. Die famili-äre, soziale und berufliche Eingliederung soll gefördert werden.
(3) Bei allen Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes soll auf das Alter, das Geschlecht, die
ethnische Herkunft, den Gesundheitszustand und die Lebensumstände der untergebrachten Person Rücksicht genommen werden.
(4) Die Maßregelvollzugseinrichtungen sollen mit Behörden, Gerichten, Einrichtungen der
Wis-senschaft und Forschung sowie sonstigen Stellen und Personen zusammenarbeiten, soweit diese die Ziele der Unterbringung fördern können.
Stellung der untergebrachten Person
Art. 3 (1) BayMRVG. Der untergebrachten Person ist Gelegenheit zu geben, an der
Gestal-tung ihrer Behandlung und der weiteren Maßnahmen, die der Verwirklichung der in Art. 2 ge-nannten Ziele und Grundsätze dienen, mitzuwirken. Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Gestaltung ist zu wecken und zu fördern.
(2) Die untergebrachte Person unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen
Beschränkun-gen ihrer Freiheit. Soweit dieses Gesetz keine besondere Regelung enthält, dürfen der unter-gebrachten Person Beschränkungen nur auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Si-cherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung des geordneten Zusammenle-bens in der Maßregelvollzugseinrichtung unerlässlich sind.
(3) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die
un-tergebrachte Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
(4) Im Rahmen der Unterbringung getroffene Entscheidungen und Anordnungen sind der
un-tergebrachten Person unverzüglich bekannt zu geben und, soweit es ihr Gesundheitszustand zulässt, zu erläutern. …
Behandlung psychischer Erkrankungen
Art. 6 (1) BayMRVG. Die untergebrachte Person erhält die nach den anerkannten Regeln der
ärztlichen Kunst zur Erreichung der Ziele der Unterbringung gebotene Behandlung ihrer psy-chischen Erkrankungen.
(2) Behandlungsmaßnahmen, die in die körperliche Unversehrtheit eingreifen, bedürfen der
schriftlichen Einwilligung der untergebrachten Person. Die Einwilligung muss auf der Grund-lage einer ärztlichen Aufklärung der untergebrachten Person erfolgen und auf deren freien Willen beruhen.
Vollzugslockerungen
Art. 16 (1) BayMRVG. Der Vollzug der Unterbringung ist zu lockern, sobald
1. zu erwarten ist, dass dadurch die Behandlung und die soziale Wiedereingliederung gefördert werden und
2. nach allen aus der bisherigen Behandlung gewonnenen Erkenntnissen davon auszu-gehen ist, dass die untergebrachte Person die ihr eingeräumten Vollzugslockerungen nicht missbrauchen wird.
(2) Vollzugslockerungen sind
1. das Verlassen der Maßregelvollzugseinrichtung oder des gesicherten Bereichs der Maßregelvollzugseinrichtung für eine bestimmte Tageszeit in Begleitung von Beschäf-tigten oder ohne Aufsicht;
2. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung unter Auf-sicht von Beschäftigen der Einrichtung oder deren AufAuf-sicht.
Weisungen, Widerruf von Lockerungen des Vollzugs
Art. 20 (1) BayMRVG. Lockerungen des Vollzugs können mit Weisungen verbunden werden,
die im Interesse der Sicherheit oder des Gesundheitszustandes der untergebrachten Person erforderlich sind.
(2) Die Lockerungen des Vollzugs können widerrufen werden, wenn
1. nachträgliche Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine anfängliche Versa-gung gerechtfertigt hätten,
2. die untergebrachte Person die Lockerung missbraucht oder 3. die untergebrachte Person Weisungen nicht nachkommt.
Festnahmerecht
Art. 23 BayMRVG. Hält sich die untergebrachte Person ohne Erlaubnis außerhalb der
Maß-regelvollzugseinrichtung auf, so kann sie durch Beschäftigte der MaßMaß-regelvollzugseinrichtung oder auf deren Veranlassung hin festgenommen und in die Maßregelvollzugseinrichtung zu-rückgebracht werden.
Besondere Sicherungsmaßnahmen
Art. 25 (1) BayMRVG. Gegen eine untergebrachte Person können besondere
Sicherungs-maßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres Gesund-heitszustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Per-sonen oder Sachen oder die Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung besteht.
Überprüfung der Voraussetzungen der Unterbringung
Art. 35 (1) BayMRVG. Die Maßregelvollzugseinrichtung hat während der Gesamtdauer der
Unterbringung zu prüfen, ob die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt oder ob die Unterbringung für erledigt erklärt werden könnte. Hält die Maßregelvollzugsein-richtung dies für möglich, unterrichtet sie unverzüglich die Vollstreckungsbehörde.
(2) Um die Entlassung vorzubereiten, wirkt die Maßregelvollzugseinrichtung darauf hin, dass
der untergebrachten Person bei Bedarf nachsorgende ambulante Betreuung und Behandlung, insbesondere auch durch forensisch-psychiatrische Ambulanzen, zur Verfügung stehen
wer-(3) Auf Anordnung der Vollstreckungsbehörde übermittelt die Maßregelvollzugseinrichtung
eine gutachterliche Stellungnahme zur Vorbereitung der gerichtlichen Fortdauerentscheidun-gen.
Trennung des Vollzugs
Art. 38 BayMRVG. Die gemeinsame Zimmerbelegung mit anderen untergebrachten Personen
ist nur mit Zustimmung der einstweilig untergebrachten Person oder aus wichtigem Grund zu-lässig.
Vollzugszuständigkeit
Art. 45 (1) BayMRVG. Für den Maßregelvollzug nach diesem Gesetz sind die Bezirke
zustän-dig. Sie werden auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörde tätig.
5.3. Schweiz
In der Schweiz gibt es verschiedene Anwendungsgebiete des Maßregelvollzuges. In dieser Arbeit wird sich vor allem auf den Art. 59 Strafgesetzbuch Behandlung von psychischen Stö-rungen konzentriert. Zu beachten ist, dass das schweizer Strafvollzugsgesetz jeweils ein Lan-desgesetz ist und kein schweizer BunLan-desgesetz (zum Vergleich
in Österreich ist das
Straf-vollzugsgesetz ein Bundesgesetz). Daher werden im schweizer Teil der Gesetze anschließend auch weniger Paragraphen des Strafvollzugsgesetztes herangezogen beziehungsweise nur exemplarisch für ein Kanton.Anders als in Österreich und Deutschland gibt es in der Schweiz kein eigenes Unterbringungs-gesetz. Die Unterbringung ist hier im Zivilgesetzbuch verankert. Der dritte Abschnitt des Zivil-gesetzbuches regelt unter anderem die Unterbringung zur Behandlung oder Betreuung, die Zuständigkeiten für die Unterbringung und Entlassung, die periodische Überprüfung und die Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
5.3.1. Strafgesetzbuch
Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit
Art. 19 (1) StGB. War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen
oder gemäß dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
(2) War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder
gemäß dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe.
Grundsätze
Art. 56 (1) StBG. Eine Maßnahme ist anzuordnen, wenn: a. eine Strafe allein nicht geeignet
ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen; b. ein Behandlungsbedürfnis des Täters besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert; und c. die Voraussetzungen der Artikel 59-61, 63 oder 64 erfüllt sind.
(2) Die Anordnung einer Maßnahme setzt voraus, dass der mit ihr verbundene Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismäßig ist.
(3) Das Gericht stützt sich beim Entscheid über die Anordnung einer Maßnahme nach den
Artikeln 59-61, 63 und 64 sowie bei der Änderung der Sanktionen nach Artikel 65 auf eine sachverständige Begutachtung. Diese äußert sich über: a. die Notwendigkeit und die Erfolg-saussichten einer Behandlung des Täters; b. die Art und die Wahrscheinlichkeit weiterer mög-licher Straftaten und; c. die Möglichkeiten des Vollzugs der Maßnahme.
(5) Das Gericht ordnet eine Maßnahme in der Regel nur an, wenn eine geeignete Einrichtung
zur Verfügung steht.
(6) Eine Maßnahme, für welche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, ist aufzuheben.
Zusammentreffen von Maßnahmen
Art. 56a (1) StGB. Sind mehrere Maßnahmen in gleicher Weise geeignet, ist aber nur eine
notwendig, so ordnet das Gericht diejenige an, die den Täter am wenigsten beschwert.
Verhältnis der Maßnahmen zu den Strafen
Art. 57 (1) StGB. Sind die Voraussetzungen sowohl für eine Strafe wie für eine Maßnahme
erfüllt, so ordnet das Gericht beide Sanktionen an.
(2) Der Vollzug einer Maßnahme nach den Artikeln 59-61 geht einer zugleich angesprochenen
sowie einer durch Widerruf oder Rückversetzung vollziehbaren Freiheitsstrafe voraus. Ebenso geht die Rückversetzung in eine Maßnahme nach Artikel 62a einer zugleich ausgesprochenen Gesamtstrafe voraus.
(3) Der mit der Maßnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen.
Vollzug
Art. 58 (2) StGB. Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom
Straf-vollzug getrennt zu führen.
Stationäre therapeutische Maßnahmen. Behandlung von psychischen Störungen Art. 59 (1) StGB. Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre
Behandlung anordnen, wenn: a. der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht; und b. zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehende Taten begegnen.
(2) Die stationäre Behandlung erfolgt in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder
ei-ner Maßnahmenvollzugseinrichtung.
(3) Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in
einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Artikel 76 Abs. 2 behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist.
(4) Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel
höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Maßnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbre-chen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ver-längerung der Maßnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen.