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Palliative Care in der Region Kagera Tanzania Januar 2022

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Krebsliga Ostschweiz, Palliativer Brückendienst, Flurhofstrasse 7, 9000 St.Gallen

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Palliative Care in der Region Kagera Tanzania

Januar 2022 Ganz im Norden von Tanzania nicht weit von der Grenze zu Uganda steht in Kibanga eine Dispensary mit Arztpraxis, Labor, Apotheke und vier Pflegebetten. Eine für die Region nicht ungewohnte Gesundheitseinrichtung, jedoch mit einer etwas anderen Dienstleistung. Bettina Kuria-Isler baute mit ihrem Team die Dispensary auf und führt diese nun seit drei Jahren als nicht staatliche Organisation (NGO).

Bettina und ich waren vor Jahren in der Spitex Buchs Arbeitskolleginnen. Aufgrund meiner Spezialisierung im Bereich Palliative Care fragte sie mich, ob ich mir einen Arbeitseinsatz in Tanzania vorstellen könnte. Natürlich war dies der Fall. So kam es, dass ich im Oktober 2021 für sechs Wochen nach Kibanga reiste.

Bettina, eine Pflegefachfrau mit viel Lust auf Reisen und eintauchen in andere Kulturen,

entschloss sich 2012 nach Tanzania zu gehen. Erstmals hatte sie von der Schweiz aus Kontakt zu einer Familie im Bezirk Muleba. Diese Familie war dabei eine Schule aufzubauen und suchte Freiwillige mit Bereitschaft mitzuwirken. Bettina reiste an den abgelegenen, landschaftlich sehr schönen Ort und bald veränderte sich ihr Leben.

Ganz schnell wurde bekannt, dass im Dorf eine weisse muuguzi (Pflegefachfrau) wohnt und es ging nicht lange bis die Dorfbewohner sie aufsuchten und sie nach Rat in gesundheitlichen Belangen fragten. In dieser Region sind die Menschen sehr arm und vorwiegend Selbstversorger.

Das Gesundheitssystem ist nur schwach ausgebaut und für viele Menschen kaum bezahlbar.

Bettina wurde mit den verschiedensten Problemen der Menschen und deren Lebensumstände konfrontiert, welche ein Wegschauen einfach nicht zuliessen. Zurück in der Schweiz schilderte sie die Lebenssituation der Menschen in der Region. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Maisha Mema1 Foundation gegründet. Seither wird Bettina in ihren Anliegen ideell und finanziell unterstützt.

1Maisha Mema heisst in der vor Ort gesprochenen Sprache (Swahili) Gutes Leben!

Bettina Kuria

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Bettina lernte Swahili, die Sprache die in Tanzania die Amtssprache ist und von der ersten Klasse an in der Schule gelehrt und unterrichtet wird. Bald wurde sie Tag und Nacht in ihrem Haus kontaktiert und um Hilfe in allen möglichen Belangen gebeten. Sie traf den Möglichkeiten

entsprechend erste Notfallmassnahmen, organisierte einfache Medikamente zur Behandlung von Krankheiten oder Linderung von Symptomen, versorgte Wunden, instruierte Angehörige in der Pflege und ermöglichte Spitalaufenthalte zur Diagnostik und Operationen wie auch

Tumortherapien. Sie verbesserte mit einfachen Massnahmen und wenig Kosten die Lebenssituation von Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen.

Bettina testet den kleinen Jungen auf Malaria

Als Bettina 2016 das Angebot Land zu kaufen erhielt, konnte sie sich ihre Vision Aufbau einer Gesundheitseinrichtung (Dispensary), ermöglichen.

Ein paar Fakten zur Gesundheitsversorgung in der Region:

- Das nächste Spital ist mindestens 25km entfernt – es gibt ein Röntgen, das aber sehr selten funktioniert und schon gar kein MRI. Analyse der Blutwerte und die Klinik2 der Patienten muss reichen um eine Behandlung aufzugleisen.

2 Körperliche Untersuchung, Beobachtungen am Patienten

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- Möglichkeit zur modernen Medizin besteht in Mwanza, eine Stadt die acht Stunden Busreise entfernt ist. Nur der Weg dahin ist für viele Menschen kaum bezahlbar.

- 90% der Menschen in der Bevölkerung haben keine Krankenkasse. Es gibt eine staatliche Krankenversicherung für CHF 60.-- im Jahr. Zudem auch eine Gemeindekrankenkasse für die ganze Familie für CHF 11.-- im Jahr, jedoch mit limitierten Versicherungsleistungen!!!

Aufwändigere Diagnostik oder Therapien werden daraus nicht mehr bezahlt. Vielen ist diese Möglichkeit nicht bekannt oder sie ist immer noch zu teuer.

- Die Medikamentenkosten, um eine Malaria oder Aids zu behandeln, übernimmt der Staat.

- Eine Kateraktoperation (grauer Star) ist aktuell in der ganzen Region (fast so gross wie die Schweiz) nicht möglich, weil es keinen Arzt gibt, der die Operation ausführen kann.

Und vieles mehr findet ihr unter https://www.maishamemafoundation.org

Die Dispensary, erbaut 2019

Nun aber zur Palliative Care in Tanzania.

Der sehr interessante Artikel von Andrea Buhl zu Palliative Care in Tanzania: Die Versorgung von Krebspatienten, in der Fachzeitschrift palliative ch3, beschreibt die Situation in Tanzania und somit auch in der Region Kagera sehr gut.

Dr. David, der Arzt der Dispensary, mit Ausbildung in Palliative Care, zeigt mir auf, welche Krebserkrankungen am häufigsten auftreten. Leider wird die Krebserkrankung oft erst im Spätstadium diagnostiziert. Und wie erwähnt ist der Zugang zu erfolgreicher Behandlung

erschwert. Die Konzepte der Palliative Care sind auch hier, mit deutlich weniger Ressourcen als in Europa, wertvoll und wichtig. Palliative Care trägt viel zur Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Menschen bei.

3 Zeitschrift der Schweiz, Ausgabe Nr. 4-2021. Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung

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Als Gast in der Dispensary erhielt ich Einblick in den spannenden Arbeitsalltag der Mitarbeiter.

Einerseits auf der Station, anderseits auch auf Hausbesuchen bei Patienten. Überall wo es ging half ich mit und es entstand ein reger Austausch über Möglichkeiten in der Schweiz und

denjenigen vor Ort. Gemeinsam überlegten wir, welche Strukturen die Erfassung der Situationen erleichtern und Folge dessen die Betreuungsqualität verbessern könnten. Wir im palliativen Brückendienst verwenden unter anderem ein Assessment Instrument4 zur individuellen ganzheitlichen Erfassung der Ressourcen und Probleme der Patienten und ihren Angehörigen.

Damit kamen wir ganz schnell von der Theorie, den Zielen und Aufgaben in der Palliative Care, in die praktische Arbeit.

Ich durfte nebst der Tätigkeit in der Dispensary auch vier Tage im nächstgelegenen Spital in Rubia hospitieren und erhielt dabei einen Einblick in die Spitalstrukturen, deren Möglichkeiten und Grenzen und auch in die Tätigkeit des Palliative Care Dienstes im Spital. Dieser betreut nicht nur hospitalisierte Patienten, sondern geht auch regelmässig zu den betroffenen Menschen nach Hause. Sie versuchen da genau wie wir, der palliative Brückendienst, die Anliegen, Sorgen und Wünsche der von schwerer Krankheit betroffenen Menschen und ihren Angehörigen zu erfassen.

Dies zur bestmöglichen Linderung der Symptome, welche die Erkrankung mit sich bringt.

Auf Hausbesuch gemeinsam mit Beatrice, Dr. David und Sadam, einem Sozialarbeiter in Ausbildung

Die vor Ort tätige Pflegefachfrau, Beatrice, absolvierte ihre Ausbildung Palliative Care in Uganda.

Uganda ist eines der wenigen Drittwelt Länder, welches über ein gut organisiertes Palliative Care Netzwerk verfügt.

Die Spitalleitung bat mich, ihnen in einem Vortrag Palliative Care näher zu bringen. So kam es, dass wir, Bettina, Dr. David und ich, ein Referat über die Bedeutung und Entwicklung von

4 Assessment Instrument SENS (Steffen Eychmüller)

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Palliative Care in der Schweiz hielten. Der Austausch mit rund 70 Teilnehmern aus allen im Spital erforderlichen Berufsgruppen war lebendig und für mich sehr aufschlussreich. Es wurde

eindrücklich deutlich, dass die Vorstellungen und die Bedürfnisse der Menschen am Lebensende und im Sterben unabhängig von Kultur und Prägung sehr ähnlich sind. Seitens der Spitalleitung entstand der Wunsch zu mehr Zusammenarbeit. Als nächster Schritt ist die Bildung eines Palliative Care Netzwerkes geplant. Ein Netzwerk, welches sich vorerst Gedanken macht, wie die Konzepte der Palliative Care in der Öffentlichkeit und in den Spitälern bekannt gemacht werden kann.

Vortrag über Palliative Care

Mit dem Motorrad auf Hausbesuchen! In zum Teil unwegsames Gebiet. Hier mit dem Sozialarbeiter der Dispensary PS: Da zog ich es vor abzusteigen!

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Nun aber ganz konkret zu zwei Fallbeispielen aus dem Dispensary Alltag:

Zuleja

Zuleja ist 55 alt und verheiratet. Sie und ihr Mann haben zwei erwachsene Töchter und sind auch schon Grosseltern. Gemeinsam pflanzen sie auf recht viel Land Getreide, Gemüse und Früchte an.

Seit drei Jahren und unendlich vielen Spitalbesuchen, weiss sie nun von ihrer Diagnose Gebärmutterhalskrebs.

Zuleja lebt im selben Dorf wie ein Mitarbeiter der Dispensary. Es gibt im jeden Dorf einen Gesundheitsbeauftragten. Diese hören und sehen sich um und wenn in einer Familie gesundheitliche Probleme auftreten, melden sie ihre Beobachtungen dem Spital oder einer Dispensary. Dieses Mal ging die Meldung an Jovinus, einen Arzt in Ausbildung, an Maisha Mema.

Dr. David macht vor ein paar Wochen einen Hausbesuch bei Zuleja und weist sie aufgrund der schon grossen Symptomlast ins Spital Rubia ein. Im Spital wurde deutlich, dass der Krebs Ableger bildete und die Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium ist. Wie schon vorgängig erwähnt kann die Diagnostik im Spital Rubia und deren beschränkten Möglichkeiten nicht mit unserer

differenzierten Diagnostik in der Schweiz verglichen werden kann.

Im Spital werden die Symptome erstmals mit Medikamenten gelindert. Massnahmen (wie Diagnostik und Therapien im weit entfernten Spital in Mwanza) sind aufgrund der Kosten keine Möglichkeit. Zuleja, bereits sehr geschwächt und mit Schmerzen, welche mit dem Einwachsen von Tumorzellen in umliegendes Gewebe oder Organe in Zusammenhang gebracht werden kann, hat die Möglichkeit, bis zu ihrem Lebensende im Spital zu bleiben. Der Ort ist, aufgrund den

Räumlichkeiten, für sie und ihre Angehörigen sehr unpraktisch und unpersönlich. Zuleja würde ein Bett unter vielen auf einer grossen Station bekommen. Dies, ohne geeignete

Aufenthaltsmöglichkeiten ausserhalb des Bettes und ohne Schlafmöglichkeit für die Angehörigen, welche vor Ort sind, um die Pflege zu übernehmen.

Eine Pflegefachfrau auf der Station ist grundsätzlich nicht für die körperliche Pflege der Patienten zuständig. Pflegefachkräfte führen medizinische Verordnungen aus und instruieren Angehörige in der Pflege. Viele der Angehörigen sind daher vor Ort. Sie schlafen ausserhalb des Spitals in mehr schlechten als rechten Unterkünften – oder sogar am Fussende im Bett des Patienten!!

Zuleja entscheidet sich wieder nach Hause zu gehen. Dr. David unterstützt Zuleja und ihre Angehörigen in ihrem Anliegen und steht ihnen beratend zur Seite. Die Familie organisiert zuerst eine Matratze, auf welcher Zuleja bequemer liegen kann. Ich darf Dr. David bei seinem

Zweitbesuch bei Zuleja zuhause begleiten. Wir treffen sie auf der Matratze liegend und sehr geschwächt an. Sie leidet unter Schmerzen, kann deshalb nicht schlafen. Sie mag nichts essen, kann auch schon ein paar Tage nicht auf die Toilette. Zuleja hat kraftlose Beine, knickt beim Gehen ein und kann nur mit viel Mühe und Hilfe aufstehen. Wahrscheinlich sind Nerven betroffen und es bildet sich eine Paraplegie5. Die Angehörigen sind sehr besorgt. Zulejas Wunsch ist einfach weniger Schmerzen zu haben. Dr. David erfuhr bereits einen Tag zuvor von der

Schmerzproblematik. Es gelang ihm aber nicht, ein Opiat (Morphium Tropfen) zur Linderung des

5 Querschnittlähmung

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Schmerzes zu bekommen. Opiate sind im Land Tanzania nur unter viel Aufwand und Bürokratie erhältlich. Die Angst vor dem Missbrauch und deren Probleme sind immer noch gross.

Gemeinsam eruieren wir Möglichkeiten vor Ort. Letztendlich ist es dann der Wunsch von Zuleja, den Weg in die Dispensary Maisha Mema auf sich zu nehmen. Sie wurde von Jonas, dem Fahrer von Masha Mema, mit dem Jeep abgeholt. Leider verfügen sie über kein Fahrzeug für einen idealen Krankentransport. Aber immerhin kann der Sitz so eingestellt werden, dass der Transport zumutbar ist. Zuleja wird von ihrer Tochter und deren kleinen Sohn begleitet.

In der Dispensary ziehen Zuleja und ihre Tochter in ein Zimmer mit zwei Betten ein. Die Pflege und Begleitung wie auch die Linderung der Symptome werden hier möglich gemacht. Täglich

evaluieren Arzt und Pflege die Wirksamkeit der Behandlung und das Wohlbefinden von Zuleja. Sie schätzt besonderes die frisch gemolkene Ziegenmilch, die täglich von den Ziegen der Maisha Mema kommt. Durch die Symptomlinderung, die Sicherheit welche ihr das Team vermittelt und nicht zuletzt die Möglichkeit, sich in der rollstuhlgängigen Dispensary zu bewegen, verbessert sich Zulejas Lebensqualität deutlich.

Anmerkung von Bettina: Zulejas Zustand hat sich mit gut eingestellter Medikation so verbessert, dass sie wieder nach Hause konnte. Sie kann unterdessen wieder aufstehen und kleine Strecken gehen. Sie hat viel weniger Schmerzen und Ängste. Sie geht sogar, wenn es die Kräfte zulassen, ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und bestickt Kissen und Bettwäsche. Ich darf glaube ich erwähnen, dass das Anamnesetool verursacht hat, dass wir sie so gut und persönlich auf sie angepasst medikamentös einstellen konnten. Zuhause wird Zuleja weiterhin von Maisha Mema zweimal die Woche besucht und die gesponserten Medikamente übergeben. Ebenfalls erhält sie weiterhin Maisha Mema-Ziegenmilch.

Damian

Damian ist 37 Jahre alt, verheiratet, Vater von sieben Kindern. Gut 2 Std. Autofahrt entfernt baut er gerade mit seiner Frau Dora ein kleines Geschäft auf. Sie verkaufen Land und schaffen mit dem daraus gewonnenen Geld das Material, welches sie für ihre Geschäftsidee benötigen, an. Sie dekorieren Räume, Häuser, stellen Tische und Bänke für Festivitäten bereit. Ihr Geschäft

entspricht einem Bedürfnis in der Gesellschaft, was gerade in dem größeren Wohnort zwar noch ungewöhnlich, aber vielversprechend ist.

Nach ca. einem halben Jahr gutgehender Arbeit treten bei Damian gesundheitliche Probleme auf.

Kraftlosigkeit in beiden Händen bereiten ihm Mühe. Zudem Heiserkeit, welche nicht mit einer Erkältung erklärbar ist. Dauernd fallen ihm Dinge aus den Händen.

Darauf folgen diverse kostspielige Spitalaufenthalten mit vielen Untersuchungen und Therapieversuchen. Als ihr Mann bereits nicht mehr gehen kann und das Aufrechthalten des Kopfes ihm Mühe bereitet, nimmt Dora das letzte bisschen Geld in die Hand und reist mit Damian nach Rubya ins Spital. Zum Glück trifft sie dort auf das Palliative Care Team und Dr. David, der genau an dem Tag auf Hospitation ist. Sofort erkennt er, dass mit der besten Medizin der Welt hier keine Heilung möglich ist und verspricht ihnen, sie daheim zu besuchen, um weitere Schritte zu planen.

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Nach gut einem Monat besuchen Bettina und Anastelda, eine Pflegefachfrau der Dispensary, die Familie Damian. Von der Geschichte der Familie und deren grossen Armut tief betroffen, wissen beide nicht so genau, wie sie hier weiterhelfen können. Für regelmässige Hausbesuche wohnt die Familie zu weit weg. Eine Pflegeinstitution, wo Damian fachgerecht gepflegt werden könnte, gibt es nirgends. Die beiden verabschieden sich mit dem Versprechen, zurückzukehren und Vorschläge zu bringen, wie der Familie geholfen werden könnte.

Im Team der Maisha Mema Dispensary stand schnell fest: Wir sollten den Mann vorübergehend bei uns aufnehmen. Zur Entlastung der Ehefrau, aber auch um ihn mit allen möglichen Mitteln aufzupäppeln.

In der Dispensary wurde dann erstmals die Verdachtsdiagnose ALS ausgesprochen. Da Damian auch zunehmend mehr Mühe mit dem Gehen hatte, stimmte er dem Vorschlag zu, in der Dispensary zu bleiben. Seine Frau kehrte im Juli ohne ihren Mann zurück nach Hause. Dora ist schwanger und kurz vor der Entbindung ihres siebten Kindes. Sie schickt ihren zweitältesten, 17-jährigen Sohn Dismas, der gerade aus der Schule kam, nach Kibanga, um vor Ort seinen Vater zu pflegen.

Damian hat mittlerweile eine verwaschene Sprache, immer mehr Mühe mit schlucken und folglich auch mit ausreichend Nahrung zu sich zu nehmen. Das Voranschreiten der Erkrankung ist

offensichtlich. Damian wirkt bedrückt auf uns. Auf Nachfrage teilt er Magenbeschwerden mit. Er meint, das Magenulcus habe er aufgrund seiner Sorgen.

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Während den letzten drei Monaten wurde ein weiteres Haus auf dem Areal gebaut. Ich durfte mich bei den letzten Arbeiten in und ums Haus beteiligen. Das Haus soll ein Frauenhaus werden.

Ein Haus für Frauen, welche aus unterschiedlichen Gründen aus ihren Familien verstossen wurden.

Sei es aufgrund einer chronischen Erkrankung, die ein selbständiges Erwerbsleben nicht zulässt oder Frauen nach der Geburt eines behinderten oder unehelichen Kindes (Leider gibt es noch viele Vergewaltigungen).

Schnell wurde klar, dass einer der Räume im Haus ein Zimmer für Damian werden soll. So kann er ein Zimmer sein Eigen nennen. Er erhält die notwendige ärztliche Begleitung mit mehr Wohnatmosphäre. Er und sein Sohn sind bereits schon sehr gut in die Familie der

Langzeitbewohner der Dispensary integriert.

So kam es dazu, dass am Tag der Einweihung des Hauses Amani, nicht nur Mama Baracka und Mama Anita mit ihren Kleinkindern, wie auch Emelius, Theodorus und Salva, sondern auch Damian mit seinem Sohn einzieht. Seine Frau und alle Kinder wurden ans Fest eingeladen. Dora bleibt mit den drei kleinsten Kindern für eine Woche. Diese Woche nutzen wir um mit Damian und seiner Frau über ihre Anliegen, Sorgen und die familiäre Gesamtsituation zu reden. Im strukturierten Gespräch nach SENS6 äusserte Damian deutlich, dass er das Legen einer

Ernährungssonde, sollte er nicht mehr ausreichend essen können, ablehne. Wenn er nicht mehr selber essen kann, dann werde er wohl bald zum Schöpfer gehen. Die grösste Sorge gilt einem Konflikt innerhalb der Familie und wie es mit seiner Familie weitergeht, wenn er nicht mehr da ist.

Letzteres belaste ihn sehr. Dora ist jetzt schon auf Unterstützung anderer angewiesen. Mit Bitte um Gaben ist es ihr noch möglich, die Kinder in die für alle kostenpflichtige Schule zu schicken.

6 SENS Assessment Instrument

Damian mit Ehefrau Dora und der jüngsten Tochter Diana

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Das Land, welches im vorangegangenen Jahr für den Geschäftsaufbau und danach für die Krankheitskosten verkauft wurde, fehlt schmerzlich. So kann Dora keine gewinnbringende Selbstversorgung gewährleisten. Es besteht ein Hoffnungsschimmer, dass es den zwei ältesten Söhnen gelingt einer Arbeit nachzugehen. Mit Löhnen die ausreichen, um für die normalen Lebenskosten der gesamten Familie aufzukommen. Zumindest so lange, bis die Kleinste so weit selbstständig ist, dass Dora wieder selber einer Arbeit nachgehen kann. Im Moment ist die Familie Damian auf Unterstützung angewiesen.

Der Konflikt besteht darin, dass die Mutter von Damian im Ungewissen ist. Sie macht ihrer Schwiegertochter den Vorwurf, sie hätten ihren Sohn einfach weggebracht und damit auch eine Behandlung durch den Naturheilmediziner verunmöglicht. Dora`s Versuche der Schwiegermutter die Situation zu erklären bringen nichts. Damians Mutter hört nicht auf sie und sie scheint zu glauben, dass Damian nicht mehr lebt. Gration, der Sozialarbeiter, welcher seit zwei Monaten in der Dispensary angestellt ist, zeichnet mit seinem Handy eine Videobotschaft von Damian für seine Mutter auf. Dann macht er sich auf den langen Weg, um die Botschaft vor Ort der Mutter zu übermitteln.

Tags darauf gegen Mittag kommt Gration mit der Mutter von Damian und einigen seiner Geschwister, insgesamt 7 Personen im Auto, wieder zurück!! Das Wiedersehen zwischen Sohn und Mutter ist zutiefst berührend. Darauf folgen Gespräche innerhalb der Familie aber auch mit Gration und Bettina, in welchen die Mutter Verständnis zeigt. Sie ist sehr dankbar, sie kann nun sehen, dass ihr Sohn hier in Maisha Mema, an einem guten Ort ist.

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Bettina und ihr Team (übrigens alles Leute aus der Region) sehen noch viel Bedarf zur

Verbesserung ihres Angebots. Verschiedene Projekte sollen mithelfen die Gesundheitsversorgung und somit auch die Lebensqualität der betroffenen Menschen vor Ort nachhaltig zu verbessern.

Im Verlaufe der nächsten Monate wird der Bau eines weiteren Borloches, welches für eine Zulieferung von sauberem Trinkwasser benötigt wird, realisiert.

Der Bau eines weiteren Hauses steht an. Die Dispensary bietet nicht mehr ausreichend Platz für alle Dienstleistungen, welche Maisha Mema erbringt. Zudem soll in den nächsten zwei bis drei Jahren aus der Dispensary ein Healthcenter entstehen. Ein Healthcenter verfügt über eine Infrastruktur, in welcher Operationen wie Sectio7 oder Augenoperationen (vielleicht käme ein Schweizer Augenarzt vor Ort) gemacht werden können. Unter anderem mit einer grösseren Bettenstation. Was bedeutet, dass auch mehr Übergangspflege angeboten werden kann. Durch effiziente Behandlungen können Krankheiten geheilt oder so gelindert werden, dass mit Unterstützung (Physiotherapie, Hilfsmittel, Soziale Unterstützung) eine Reintegration in die Dorfgemeinschaft wieder möglich wird.

Und nicht zuletzt ist Maisha Mema auch der strategisch richtige Ort, um Menschen ein gutes Leben bis zuletzt zu ermöglichen.

Die Realisierung eines Healthscenters mit Hospiz wäre ein enormer Gewinn für die Bevölkerung in der Region. Es sieht nun ganz danach aus, dass das Projekt Hospiz und Übergangspflege in

Kibanga mich in nächster Zeit noch beschäftigen wird.

7Kaiserschnitt

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Tagesplanung mit Bettina und Greiton

Blick von der Dispensary aus

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Dispensary, erbaut 2019

Babu, was in Swahili Grossvater heisst. Nach Heilung eines Hodentumors, welcher operativ entfernt werden konnte, lebt er nun in der Dispensary. Bettina hat ihm ein kleines Haus gebaut.

Der Mann, der lebenslang Kuhhirt war und nur selten ein Dach über dem Kopf hatte, geniesst seinen für ihn komfortablen Ruhestand.

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Auf Hausbesuch… die Patientin rechts mit Nachbarn. Ana, 54 Jahre alt, kann nicht gehen und ist auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen. Maisha Mema baute ihr ein Häuschen. Zuvor lebte sie in einem Unterstand.

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Durch Sümpfe und Fluss.. zum Glück sind die Flusspferde am schlafen.

Visit bei Joanes. Seit sein Diabetes gut eingestellt ist, kann er zuhause wieder im Gartenbau arbeiten. Die Medikamente werden über Maisha Mema finanziert.

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Der Samstag Club, für Eltern oder Grosseltern von Kindern mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung. Erik im Bild organisiert die Treffen. Arzt, Physiotherapeut, Pflegefachperson und Sonderpädagoge sind regelmässig an dem Treffen anwesend. Es entsteht jeweils ein reger

Austausch unter den Erwachsenen. Die Förderung und das Wohlbefinden des Kindes stehen im Vordergrund. Ein Treffen dieser Art ist einmalig in der Region und für die mittlerweile vielen Teilnehmer nicht mehr weg zu denken.

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Eine Frau wird nach der Geburt ihres Kindes mit dem Namen des Kindes angesprochen. Afra, ein sechs jähriges Mädchen mit Down Syndrom, hier mit Bettina in Mamas Restaurant! Mama Afra trennt sich von ihrem Mann. Er konnte das Mädchen nie akzeptieren. Bettina lernte sie durch den Samstagclub kennen.

Mama Afra stand ohne Einkommen da. Gemeinsam erarbeiten sie ein Business Plan. Mama Afra macht in einem Restaurant in Bukoba ein Praktikum. Sie lernte das Kochen für Gäste. Maisha Mema mietet ein Raum, in welchem Mama Afra ihre Gäste bewirtet. Hinter dem Haus steht ihre neuaufgebaute Küche. Das Restaurant ist registriert. Ein Bankkonto wurde eröffnet. Gration der Sozialarbeiter begleitet das Projekt solange, bis Mama Afra das «Geschäften» versteht. Sie kocht sehr gut und die Gäste kommen! Das Restaurant ist rentabel. Dass Mama Afra mit einem

behinderten Kind ein Restaurant führen kann, erstaunt viele im Dorf.

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Das Labor – Das Team macht durchaus umfassende Analysen. Aktuell fehlt noch ein grösseres Mikroskop zur differenzierten Erkennung der Malaria Erreger und Folge dessen zur präziseren Behandlung.

Mama Baraka mit ihrem Sohn in ihrem Zimmer im Frauenhaus.

Referenzen

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