E M E N DER ZEIT
eine Kontrollgruppe aus 80 gesunden Bürgern nach Lebensgewohnheiten und Krebsrisiken befragt wurden.
Ein erstes vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidel- berg bestätigtes Ergebnis liegt vor:
Während denkbare Belastungen wie Arbeit auf dem Gelände der ehemali- gen Sprengstoff-Fabriken, Rauchen, Strahlenbelastung und Krebserkran- kungen in der Familie keine Auffäl- ligkeiten ergaben, ist nach Angaben von Prof. Havemann bei den Nutz- gärten ein „deutlicher Trend" er- kennbar. Danach haben sich die Stadtallendorfer Leukämie-Patien- ten deutlich häufiger mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten ernährt als die Vergleichsgruppe der Gesunden.
Verzicht auf Obst
Das Überraschende ist: Nur ein kleiner Teil der Kranken lebte auf dem als TNT-belastet eingestuften Gelände, die überwiegende Mehr- zahl der Leukämie-Patienten wohnte im alten Dorf, wo sie auch ihr Gemü- se anbauten. Für die Menschen auf dem belasteten Gelände gibt es be- reits seit Jahren die Empfehlung, auf Früchte aus dem eigenen Garten zu verzichten. Müßte dies jetzt auf das ganze Stadtgebiet ausgedehnt wer- den?
Sprecherin Renate Gunzenhau- ser: „Es ist ein erster Verdacht. Für eine Ausweitung der Verzehremp- fehlungen sehen wir im Moment aber noch keine Notwendigkeit." Denk- bar wäre nach Einschätzung des Mi- nisteriums auch, daß in den Nutzgär- ten des alten Dorfes in früheren Jah- ren krebserregende Pflanzenschutz- mittel angewandt wurden. Hier will man zunächst den für Ende dieses Jahres geplanten Abschluß der Stu- die abwarten, um dann über weitere Forschungen nachzudenken. Die Leukämiefälle in der „Industriestadt im Grünen" nehmen jedoch nicht ab. 1993 wurden im Marburger Uni- versitätsklinikum vier neue Erkran- kungen von Stadtallendorfer Bür- gern sowie eine aus Kirchhain regi- striert. Zufällig sei dies jedenfalls nicht, so Prof. Dr. med. Klaus Have- mann. Gesa Coordes
BERICHTE
Leberversagen nach Ecstasykonsum
Ecstasy ist derzeit die beliebte- ste Designer-Droge. Obwohl ihr Ge- brauch bei den Anwendern als harm- los gilt, gehen von ihr nicht unerheb- liche Gefahren für die Gesundheit aus. In der Disco-Szene ist bekannt, daß nach Einnahme von Ecstasy beim Dauertanzen ein großer Was- serverlust auftritt, der durch viel Trinken ausgeglichen werden muß.
Weniger bekannt ist, daß es nach Einnahme von Ecstasy bei starker körperlicher Aktivität zu einem Hitz- schlag mit schweren Hirnschädigun- gen und zum Leberversagen kom- men kann. Ein solcher Fall ist gerade am Klinikum Rechts der Isar der TU München behandelt worden. Nach der Einnahme einer halben Tablette Ecstasy war es bei einem 18jährigen Mädchen zum Leberzerfall gekom- men. Die junge Frau konnte nur durch eine Lebertransplantation ge- rettet werden. EB
Hörverlust durch zu laute Musik
Im Rahmen einer Studie des Umweltbundesamtes an 1 814 Män- nern über den Einfluß lauter Musik auf die Hörfähigkeit wurde bei knapp einem Viertel der Untersuchten eine deutlich meßbare Beeinträchtigung des Gehörs nachgewiesen. Die Män- ner waren zwischen 16 und 24 Jahre alt und hatten als beliebteste Freizeit- beschäftigung den Besuch von Disko- theken beziehungsweise Tanzveran- staltungen angegeben. Dort ver- brachten die Befragten durchschnitt- lich 7,5 Stunden pro Woche. 60 Pro- zent von ihnen gaben an, wöchentlich mehr als 12 Stunden lang laute Musik zu hören.
Die Kommission „Soziakusis"
des Umweltbundesamtes und des In- stituts für Wasser-, Boden- und Luft- hygiene, die die Untersuchung durch- geführt hat, leitet daraus folgende Ri- sikoabschätzung ab: Nach fünf Jahren regelmäßigen Walkmanhörens seien bei rund zehn Prozent der Jugendli-
chen im Frequenzbereich von durch- schnittlich vier kHz Hörverluste von mindestens zehn dB zu erwarten.
Nach zehn Jahren wiederum werde bei etwa 0,3 Prozent der Jugendlichen bereits im Alter von 30 Jahren die Sprachhörfähigkeit merklich einge- schränkt sein. Bei zusätzlichen Disko- thekenbesuchen erhöhe sich die Gehörgefährdung merklich. Sp
Neurodermitis und Sozialstatus
Kinder aus sozial gehobenerem Milieu leiden häufiger an der allergi- schen Hauterkrankung Neurodermi- tis als jene aus sozial benachteiligte- ren Schichten. Eine von der Medizini- schen Hochschule Hannover (MHH) veröffentlichte Untersuchung ergab, daß in der niedersächsischen Landes- hauptstadt je nach Stadtteilen die Häufigkeit der Erkrankung zwischen 2,8 und 25 Prozent schwankt. Stadttei- le mit guter Wohnlage seien „erheb- lich mehr" von Neurodermitis betrof- fen als solche, in denen eine sozial be- nachteiligte Bevölkerung lebe, teilte Kurt Buser von der Abteilung Epide- miologie und Sozialmedizin der MHH mit.
Unterschiede in den Lebensstilen könnten Unterschiede im körperli- chen Abwehrsystem bewirken. In die dreijährige Studie seien 4 219 Schul- anfänger einbezogen worden. Die Untersuchung würde zudem bestätigt durch andere Studien bei über 13 000 Kindern in Niedersachsen, teilte die Hochschule mit. In Hannover litten 10,5 Prozent der Kinder im Alter zwi- schen sechs und sieben Jahren an die- ser Erkrankung. Keine Unterschiede gebe es zwischen Jungen und Mäd- chen.
Außerdem spiele die genetische Anlage eine wesentliche Rolle: 68,2 Prozent der neurodermitiskranken Kinder seien prädisponiert. Das Er- krankungsrisiko der Kinder liege bei zehn Prozent, wenn die Eltern nicht unter Neurodermitis leiden. Umwelt- einflüsse wie Luftqualität, Verkehrssi- tuation und Grünflächen konnten nach Angaben der Hochschule nicht nachgewiesen werden. afp Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 30, 28. Juli 1995 (31) A-2061